ERP und mehr

Freie Business-Software Odoo zeigt erstaunliche Reife

01.03.2016 von Holger Reibold
Quelloffene Unternehmenslösungen gab es immer wieder, der Erfolg blieb aber überschaubar. Mit dem Komplettpaket Odoo, das ERP, CRM, ECM, Projektplanung und mehr bietet, zeigt sich ein Silberstreif am Horizont.

Odoo ist eine freie Unternehmenssoftware, die eine breite Aufgabenpalette abdeckt. Buchhaltung, Lager- und Produktverwaltung, Personalwesen, Projektmanagement, E-Commerce und Marketing - für jedes dieser Themen bietet Odoo eine mal mehr, mal weniger ausgereifte Lösung.

Immer wieder gab es verschiedenste Versuche, Konkurrenten zu SAP & Co. aus der Taufe zu heben. Compiere etwa startete mit vielen Vorschusslorbeeren, endete aber letztlich wie viel Open-Source-Projekte in der Selbstzerfleischung und in verschiedensten Fork-Projekten wie ADempiere, OpenBravo und OpenZ, Auf nennenswerte Markanteile brachte es keines dieser Projekte. Auch anderen ERP- und CRM-Projekten wie vTiger, SugarCRM etc. erging es nicht viel besser. Ein Grund hierfür ist sicherlich, dass die Funktionen zu eingeschränkt sind und eine Integration in bestehende IT-Infrastrukturen nur schwer möglich ist.

Odoo nach der Erstinstallation: Über die Modulverwaltung können Anwender nach Bedarf die gewünschten Module installieren und sich so ihre Arbeitsumgebung zusammenstellen.
Foto: Odoo

Ein weiteres Problem: Die Abläufe in Unternehmen werden immer komplexer und anspruchsvoller. Damit einher gehen gestiegene Anforderungen an eine Unternehmenslösung. Mit Odoo gibt es ein bislang weniger bekanntes ERP-System, das vieles von dem kann, was man heute in Unternehmen braucht. Neben klassischen ERP-Funktionen bietet die Umgebung CRM, E-Commerce, Content-Management, Projektplanung, Lagerverwaltung, Buchhaltung, Personalmanagement, Portal, Knowledge Base und mehr. Das System stellt auch Module für die Bereiche E-Business, E-Marketing und E-Commerce zur Verfügung. Inzwischen gibt es über 6.700 Module - und täglich werden es mehr. Ende Januar 2016 stehen im Add-on-Verzeichnis mehrere Tausend Erweiterungen zur Verfügung.

Kleine und mittlere Unternehmen können damit alle Bereiche im Unternehmen abbilden, versprechen die Entwickler. Was also ist dran an Odoo?

Die Odoo-Basics

Die Basis von Odoo bildet das einstige OpenERP, das auf einer typischen Three-tier-Architektur basiert. Das Herzstück ist der Applikationsserver, der für die Geschäftslogik verantwortlich ist und den Zugriff auf die Datenbank steuert. Der Odoo-Server integriert einen Web-Layer, der als Bindeglied zwischen dem Applikationsserver und dem Benutzer dient. Die Daten verwaltet Odoo in einem PostgreSQL-Datenbankserver, der für die businessrelevanten Daten und die Systemkonfiguration zuständig ist. Der Zugriff auf das System erfolgt üblicherweise mit einem Webbrowser beziehungsweise mit einem mobilen Client.

Dank dieser Architektur können die verschiedenen Komponenten prinzipiell auf verschiedenen Servern betrieben werden. Der Datenbankserver kann verteilt in einer Cluster-Konfiguration verwendet werden. Per Load Balancer können auch mehrere Odoo-Server genutzt werden, die prinzipiell auch den Einsatz in größeren Umgebungen zuließen. Unter https://www.odoo.com/de_DE/customers/ können Sie sich einen ersten Eindruck verschaffen, wer aktuell bereits mit Odoo arbeitet. Die bekannteste Referenz in Deutschland dürfte Burda Digital System sein, eine Tochter von Burda Medien.

Odoo ist in Python geschrieben

Odoo ist in Python programmiert und bietet eine moderne Weboberfläche, die auf HTML 5.0 und JavaScript setzt. Für Unternehmen, die Anpassungen der Umgebungen benötigen und bestehende Daten in das System integrieren wollen, ist der ORM-Layer ein wichtiges Element, da er für Anwender Zugriffe auf PostgreSQL vereinfacht und die Entwicklung eigener Module erlaubt. Odoo verfügt außerdem über eine Workflow-Engine, mit der Unternehmen neue Geschäftsprozesse modellieren und implementieren können.

Odoo-Versionen im Vergleich

Odoo-Versionen im Vergleich

Seit Odoo 9.0 ist die Unternehmenslösung in zwei Versionen verfügbar: Community und Enterprise Edition. Beide können auf eigenen Servern oder bei einem Hosting-Partner ausgeführt werden. Die Enterprise Edition ist mit einem Wartungsvertrag verknüpft, der neben Support verschiedene Zusatzfunktionen beinhaltet. So bietet beispielsweise die Buchhaltung ein erweitertes Mahnwesen und die Projektmanagement-App Gantt Charts. Die interessantesten Zusatzfunktionen bieten die CRM- und Verkaufsmodule. Sie integrieren VoIP-Telefonie, beinhalten ein Kundenportal und unterstützen Abonnements und digitale Produkte. Einen detaillierten Vergleich finden Sie auf der Projekt-Website.

Für die ersten Gehversuche mit Odoo stellen die Entwickler fertige Installationspakete für Linux und Windows-Plattformen zur Verfügung. Unter Windows steht Ihnen ein komfortabler Setup-Assistent zur Verfügung, der etwa durch die Datenbankkonfiguration führt. Der Zugriff auf das Web-Interface erfolgt bei einer lokalen Installation über diese URL: http://localhost:8069

Wenn Sie später Änderungen der Konfiguration vornehmen wollen, bearbeiten Sie hierfür die Server-Konfigurationsdatei. Die finden Sie unter Windows üblicherweise in dem Verzeichnis C:\Program Files\Odoo 9.0-x\server\openerp-server.conf und unter Linux hier: /etc/odoo/openerp-server.conf

Für die ersten Gehversuche sind keine Änderungen an dieser Basiskonfiguration erforderlich. Nach der Installation müssen Sie eine Datenbank für Odoo und das Passwort für den Administrator anlegen. Außerdem bestimmen Sie die Sprachvariante. Odoo ist nahezu vollständig mit einer deutschsprachigen Benutzerschnittstelle verfügbar. Sie können außerdem Beispieldaten laden.

Erste Schritte mit Odoo

Am einfachsten ist der Einstieg in Odoo mit der Installation eines Komplettpakets, da Sie hier unmittelbar mit der Business-Lösung arbeiten können. Odoo stellt Ihnen - ähnlich einem Lego-Baukasten - 32 Standardmodule zur Auswahl bereit, die sich mit einem Klick auf Installieren aktivieren lassen. Mit einem weiteren Klick auf einen Moduleintrag rufen Sie zusätzliche Informationen zur jeweiligen Funktion ab.

Exemplarisch installieren wir das Modul Verkaufsmanagement, das dem Erstellen und Verwalten von Angeboten, Aufträgen und Rechnungen dient. Odoo lädt aus dem Add-on-Archiv die benötigten Komponenten. Nach der Modulinstallation finden Sie die zugehörigen Funktionen Partner-Kontakte, Verkäufe und Abrechnung in der Menüleiste.

Jedes Modul stellt üblicherweise seine Standardfunktionen und eigene Einstellungen zur Verfügung. Über die Einstellungen des Abrechnungsmoduls passen Sie beispielsweise die Standardwährung an und können auf die Unternehmensdaten wie Unternehmensnamen, Logo, Adresse, Kontakten etc. zugreifen.

Kunden und Bestellungen gehören per se zusammen, denn ohne Kunden gibt es auch keine Bestellungen. Um einen ersten Kunden in Odoo anzulegen, öffnen Sie das Menü Verkäufe und wechseln zum Menüeintrag Kunden. Dort klicken Sie auf Anlegen, um einen Kunden einzurichten. Wenn Sie bei der Installation die Einrichtung der Beispieldaten aktiviert haben, finden Sie in der Kundenverwaltung bereits verschiedene Einträge. Einem Kunden können Sie die typischen Kontaktdaten zuweisen. In der Kundenverwaltung legen Sie auch fest, ob der Kunde Lieferant oder ein "normaler" Kunde ist und welche Zahlungsbedingungen vereinbart wurden. Sie können einem Kunden auch Tags zuweisen.

Die Funktionen für das Anlegen von neuen Produkten finden User ebenfalls im Menü Verkäufe unter Angebote. Das manuelle Anlegen von Verkäufen ist mit dem Anlegen von neuen Kunden vergleichbar. Sie klicken in der Produktübersicht auf Anlegen und bestimmen die Produkteigenschaften. Eine bestehende Produktpalette kann über die Importfunktion aus CVS-Dateien oder SQL-Datenbanken übernommen werden.

Odoo unterscheidet zwischen Gütern und Services. Download-Produkte sind nur in der Enterprise Edition oder über die Integration von Magento verwendbar. Nach dem Anlegen können Sie den Status, den Lagerbestand und Verkaufsaktionen anlegen. Über das Abrechnungsmodul können Sie über Konfiguration > Einstellungen auf die Firmeneinstellungen zugreifen. Dazu folgen Sie dem Verweis Konfigurieren Sie die Unternehmensdaten.

Um eine erste Bestellung in der Umgebung anzulegen, öffnen Sie im Menü Verkäufe das Untermenü Verkaufsaufträge und legen mit einem Klick auf Anlegen einen Ordner an. Der zugehörige Dialog erlaubt die komfortable Auswahl von Kunde, Produkt und das Anlegen der weiteren Bestelleigenschaften wie Lieferdatum und -adresse, Zahlungsziele etc. Aus der Bestellkonfiguration heraus lassen sich Lieferscheine und Rechnungen drucken, eine Bestellbestätigung versenden und die Bestellung vollständig abarbeiten. Oberhalb der Bestellformulars blendet Odoo den Bestell-Workflow ein. Mit einem abschließenden Klick auf Speichern wird die Bestellung abgeschlossen.

CRM mit Odoo

Eine der zentralen Aufgaben von Odoo ist das Customer Relationship Management (CRM). Hierfür steht Unternehmen das Modul Kundenverwaltung zur Verfügung. Die Optimierung des Beziehungsmanagements verspricht mehr Aufträge und mehr Absatz. Die Visualisierung der verschiedensten Informationen hilft Unternehmen, Folgeschritte zu planen, sich auf die wichtigsten Kunden und Projekte zu konzentrieren und das bestehende Absatzpotenzial zu erhöhen.

Odoo kann aus allen eingehenden E-Mails automatisch Lead-Einträge erzeugen. Die Umgebung besitzt sogar eine Lead-Analysefunktion, die die Bewertung der Effektivität von Kampagnen und verkaufsfördernden Maßnahmen erlaubt.

CRM-Modul der freien Unternehmenssoftware Odoo.
Foto: Odoo

Das CRM-Modul muss - wie alle anderen Funktionen auch - zunächst über die App-Verwaltung installiert werden. Wie bei anderen CRM-Systemen spielt der Account Manager in Odoo dabei eine besondere Rolle. Er ist für Kunden-Accounts und für die Kundenzufriedenheit zuständig. Um einen solchen Account anzulegen, wechseln Sie in die Benutzerverwaltung, legen einen neuen Benutzer an und weisen ihm im Auswahlmenü Verkauf die Rolle Manager zu. Diesen Verantwortlichen können Sie dann in der Kundenverwaltung den gewünschten Kunden zuweisen.

Das Anlegen von Leads ist ebenfalls einfach: Hierzu öffnen Sie im Verkäufe-Menü das Leads-Untermenü. Odoo präsentiert Ihnen einen Dialog, der dem Kundendialog sehr ähnlich ist. Neben typischen personenbezogenen Informationen können Sie dem Lead-Eintrag Tags und Notizen zuweisen.

Aus der Lead-Verwaltung heraus können Kontakte in Verkaufsoptionen konvertiert werden. Dazu klicken Sie im Kopfbereich auf Verkaufschancen und weisen dem Eintrag die gewünschte Möglichkeit zu. Das CRM-Modul hat eine weitere Besonderheit zu bieten: Die Verkaufschancen können in der Kanban-Darstellung visualisiert werden. So haben Sie das gesamte Potenzial, das Ihnen Ihre Kontakte bieten, auf einen Blick parat.

Finanzen im Griff

Ein Unternehmen ist bekanntlich immer nur so gut, wie es seine Finanzen unter Kontrolle hat. Die App Finanzen und Buchhaltung bietet alle wichtigen finanzspezifischen Funktionen. Nach der Installation des Finanzmoduls stehen die zugehörigen Funktionen über das Menü Abrechnung zur Verfügung. Beim Öffnen der App fallen zunächst die Charts auf, die die wichtigsten Informationen zu den Ein- und Ausgangsrechnungen, zur Bank und zur Kasse anzeigen.

In den Abrechnungseinstellungen von Odoo passen Sie unter anderem die verwendete Währung an und greifen auf die Unternehmensdaten zu.
Foto: Odoo

Bevor Sie sich um die Verarbeitung beziehungsweise das Erstellen von Rechnungen kümmern können, sollten die App-Einstellungen überprüft und angepasst werden. Neben der Konfiguration des Geschäftsjahres, der Standardwährung und den relevanten Steuersätzen legen Sie in Untermenü Konfiguration > Einstellungen beispielsweise fest, wie Bankauszüge importiert, welche Zahlungsmethoden genutzt werden, ob die Verwendung von mehreren Währungen erforderlich ist und ob auch das Budget-Management gefragt ist. In den App-Einstellungen legen Sie Konten, Journale und Zahlungsbedingungen an. Sie können die Zahlungsberichte an Ihre Bedürfnisse anpassen.

Die Verarbeitung beziehungsweise das Erstellen von Eingangs- oder Ausgangsrechnungen ist kinderleicht in Odoo gelöst. Um eine Ausgangsrechnung anzulegen, öffnet man das zugehörige Menü und klickt auf Anlegen. Im Rechnungsformular bestimmt man den Kunden, die Zahlungsbedingungen, natürlich die Produkte oder Dienstleistungen und bestätigt den Vorgang. Die Eingänge kann man leicht unter Zahlungen verbuchen. Für die Buchhaltung nicht unwichtig ist das Anlegen von Konten und Kontennummern. Auch das ist unter Kontenplan einfach möglich.

Die Berichtsfunktion der Buchhaltungs-App kann sich ebenfalls sehen lassen. Odoo kann die Umsätze nach Kunden und das Saldo nach Geschäftspartnern anzeigen sowie eine Gewinn- und Verlust-Übersicht, eine (vorläufige) Bilanz und sogar einen vollständigen Finanzbericht generieren. Sie legen dabei den Zeitraum fest und richten gegebenenfalls weitere Filter ein. Odoo erzeugt dann einen PDF-Bericht.

Das Projektmanagement von Odoo

Für die Business-Lösung steht eine Projektmanagement-App zur Verfügung, die sich mit einem Klick in der App-Verwaltung einrichten lässt. Projekte werden über das Project-Menü verwaltet. Dort können Sie neue Vorhaben anlegen und bestehende bearbeiten. Odoo unterscheidet zwischen Kunden-, Mitarbeiter- und Privatprojekten. Nach dem Anlegen weisen Sie den Projekten Aufgaben und gegebenenfalls Dokumente zu. Die Projektverwaltung erlaubt Ihnen das Anlegen von Meilensteinen, mit denen sich Projektetappen festlegen lassen. Die Projektverwaltung geht davon aus, dass Sie jeder einzelnen Aufgabe bestimmte Mitarbeiter zuweisen wollen.

Ein wenig versteckt erlaubt die Projektverwaltung auch die Chart-artige Darstellung von Aufgaben und deren Status. Ein Kalender stellt verschiedene Übersichten der Termine dar. Auch eine Budgetplanung ist in der Project-App vorgesehen. Projektleiter, die lieber einen zahlenmäßigen Überblick über den Stand der Dinge haben, können mit der Darstellung Kumulierter Fluss eine tabellarische Übersicht der Aufgabenzahl, der geplanten und der verbleibenden Zeit einsehen. Für agiles Projektmanagement taugt diese App allerdings leider nicht.

Odoo als Content Management System

Unternehmen benötigen Werkzeuge, mit denen Sie online Kundeninformationen, Produktbeschreibungen und Produktdokumentationen etc. erstellen und pflegen können. Auch hierfür hat Odoo ein Modul anzubieten: Mit der Website-App können Anwender auf ein einfaches, aber für die meisten Fälle ausreichend leistungsfähiges Content-Managementsystem (CMS) erweitern. Sicher, die Funktionalität ist nicht mit der von Joomla!, WordPress & Co. vergleichbar, aber das muss sie auch gar nicht.

Die App erweitert eine Odoo-Installation um die beiden Menüs Website und Website Administration. In der Website-Administration können Sie den Titel und den Google Analytics Key angeben und insbesondere etwaige Social-Media-Konten hinterlegen. Auch einige Performance-relevanten Einstellungen finden Nutzer dort.

Die eigentlichen Website-Inhalte legen Sie mit einem Editor an, der ein wenig an frühe Versionen von Netobjects Fusion erinnert. Die Seitengestaltung erfolgt überwiegend per Drag & Drop, wobei Sie die Seitenelemente flexibel auf den Seiten platzieren können. Die CMS-App verwendet Container, die sie im zweiten Schritt positionieren und dann mit Inhalten füllen können. Dabei lassen sich auch komplexere Strukturen erzeugen. Für verschiedene Aufgaben wie beispielsweise das Anlegen einer FAQ oder einer Galerie stehen vordefinierte Elemente zur Verfügung. Das CMS-Modul besitzt sogar rudimentäre SEO-Funktionen.

E-Commerce - mit Odoo oder mit anderer Software

Ganze egal ob man Odoo nun in einem produzierenden Gewerbe, einem Handelshaus oder einem Mischunternehmen einsetzt: Die E-Commerce-App ist einfach gehalten und stellt die relevanten Funktionen für die Implementierung eines Online-Shops bereit. Überall dort, wo man lieber auf eine bestehende Shopping-Umgebung setzen möchte, kann man auf Konnektoren für die Anbindung an Magento & Co. zurückgreifen.

Magento-Anbindung

Die Einführung einer neuen Unternehmenssoftware dient dazu, die Abläufe im Unternehmen zu optimieren. Doch damit einher gehen verschiedenste Probleme. Wie nutzt man bestehende Daten und Umgebungen? Wie sorgt man für die Anbindung und den reibungslosen Datenaustausch von kritischen und weniger kritischen Informationen? Wie kann überhaupt eine Migration erfolgreich durchgeführt werden? Und was ist mit Infrastrukturkomponenten, die man nicht ersetzen möchte?


Für Odoo existiert ein einfaches E-Commerce-Modul, das es allerdings nicht mit dem Platzhirsch Magento aufnehmen kann. Auch dürften Fragen der Rechtssicherheit schwierig sein, weil Odoo zwar weitgehend lokalisiert ist, aber eben in weiten Teilen doch nicht entsprechend deutschen Vorgaben entsprechen dürfte. Der Aufwand für die notwendigen Anpassungen wäre in der Praxis unwirtschaftlich.

Das Gute an Odoo: Dank der offenen Architektur gibt es inzwischen Konnektoren, die eine Anbindung an verschiedene Umgebungen erlauben. Allen voran das Odoo Connector Framework, das die Grundlage für die Entwicklung von spezifischen Konnektormodulen erlaubt, die beispielsweise mit WordPress, Drupal, Ebay, Amazon, Zabbix, Drupal und Salesforce kommunizieren können.

Speziell für die Anbindung eines bestehenden Magento-Shops wird der Odoo Magento Connector (http://odoo-magento-connector.com) auf Basis dieses Frameworks entwickelt. Während verschiedene Anbieter derlei Adapter zu horrenden Preisen anbieten, unterliegt der Magento Connector der AGPLv3. Der bidirektionale Konnektor kann alle relevanten Shop-Informationen synchronisieren: Produkte, Kunden, Bestellungen, Rechnungen etc. Selbst die Zahlungsabwicklung kann über den Konnektor abgewickelt werden.

Laut Angaben der Odoo Community Association, kurz OCA, die für die Entwicklung des Konnektors verantwortlich ist, können über das Modul problemlos 10.000 Magento-Bestellungen täglich an Odoo übermittelt werden. Die Inbetriebnahme ist allerdings nicht trivial und verlangt die Auseinandersetzung mit verschiedensten Fragestellungen, beispielsweise welche manuellen oder automatischen Zahlungsmethoden verwendet werden oder ob Magento oder Odoo für die E-Mails-Vorgänge verwendet wird, die für Kaufvorgänge obligatorisch sind.

Das E-Commerce-Modul erlaubt das unkomplizierte Anlegen von Produkten, wobei Sie auf bestehende Daten und Content-Elemente zurückgreifen können. Dank des visuellen Editors ist es kein Hexenwerk, die Inhalte zu gestalten. Alternativ können Sie auch auf einen integrierten HTML-Editor zurückgreifen. Das Shop-Modul deckt die gesamte Bandbreite von typischen Online-Shops ab, angefangen von der Kategorienverwaltung, über das Kundenmanagement, die Bestellabwicklung inklusive Zahlungsmodalitäten bis hin zu SEO-Maßnahmen.

Für den mobilen Zugriff stehen besondere Themes zur Verfügung. Mit dem E-Commerce-Modul können Sie auch mehrsprachige Shops realisieren, Rücksendungen verwalten, Gutscheine anlegen und den Warenbestand verwalten. Dabei greift die App auf Funktionen des Odoo-Basissystems zurück. Auch Marketingaktionen sind mit dem Modul möglich.

Einstieg in Odoo-Administration

Odoo ist insgesamt eine komplexe Umgebung - und die Komplexität nimmt mit jeder weiteren App-Installation zu. Deshalb ist die Administration besonders wichtig. In der Kopfzeile finden Anwender den Menüpunkt Einstellungen, der ihnen den Zugriff auf die Benutzerverwaltung erlaubt. Hier können User neue Benutzer mit entsprechenden Rollen anlegen und die Übersetzungsdateien für mehrsprachige Umgebungen laden. Die zugehörige Übersicht verrät, wie viele Apps bereits installiert wurden und wie viele aktive Benutzer existieren.

Die Anpassung der Unternehmensdaten - wichtig für Emails, Briefköpfe, Rechnungen und mehr.
Foto: Odoo

Ein Highlight ist der Bereich Implementierung. Hier stellt Odoo verschiedene Assistenten für die Einrichtung der Verkäufe, der Abrechnungsmodalitäten und weitere installierter Appsbereit. Das Softwarepaket bietet darüber hinaus weitere administrative Anpassungsmöglichkeiten wie beispielsweise Import und Export von Daten, E-Mail-Konfiguration, das Optimieren der Sicherheit und vieles mehr. Diese Möglichkeiten verbergen sich hinter dem Entwicklermodus, den Nutzer über das Administrator-Menü aktivieren können. Öffnen Sie mit About den Info-Dialog und klicken Sie auf Activate the developer mode.

Wenn Sie die Kommunikationsmöglichkeiten von Odoo nutzen wollen, müssen Sie die E-Mail-Server für die ein- und ausgehenden Nachrichten konfigurieren. Die beiden Server tragen Sie unter Technisch > E-Mail ein. In diesem Menü finden Sie auch Duzende Vorlagen für Einladungen, Bestellbestätigungen etc., die Sie an Ihre Bedürfnisse anpassen können.

In der Odoo-Administration können Sie die Datenbankstrukturen einsehen und bearbeiten, Automatisierungsroutinen anlegen, Berichte konfigurieren und die Sicherheitseinstellungen für Benutzer und Daten anpassen. Auch die Basis-URL kann angepasst werden.

Ein wenig irritierend ist, dass im Developer-Modus keine Backup-Funktion der Odoo-Datenbank vorgesehen ist, denn die Software verfügt über einen Datenbankmanager, der bei einer lokalen Installation unter folgender URL verfügbar ist: http://localhost:8069/web/database/manager

Der Datenbankmanager erlaubt das Sichern und Wiederherstellen von Datenbanken. Unternehmen sollten die Möglichkeit nutzen, dem Datenbankmanager ein Master-Passwort zuzuweisen, damit nicht Unberechtigte diese Funktion missbrauchen können.

Fazit

Mit Odoo steht kleinen und mittleren Unternehmen eine vollständige Unternehmenslösung zur Verfügung, die alle Funktionen abdeckt, die man üblicherweise benötigt. Dank der starken Community und dem rasanten Tempo, in dem Monat für Monat neue Apps veröffentlicht werden, darf man sich ständig über neue oder verbesserte Module freuen. Schade ist allerdings, dass die Entwicklung von mobilen Apps für Android und iOS ins Stocken geraten ist.