Intelligentes Klimatisierungskonzept

Free Cooling - Energiekosten in Rechenzentren und Serverräumen senken

22.11.2010 von Markus Schmitz
In Rechenzentren und Serverräumen suchen IT-Verantwortliche ständig neue Lösungen, um Energiekosten nachhaltig zu reduzieren. Free Cooling ist eine Technologie, die in Verbindung mit einem intelligenten Kühlungskonzept ein deutliches Einsparpotenzial verspricht.

Der Energiebedarf für den Betrieb von Servern steigt trotz der verbesserten Systemleistung im Verhältnis zur Stromaufnahme in den vergangenen Jahren stetig an. Besonders der hohe Stromverbrauch von Klimaanlagen wirkt sich auf die Energiebilanz und somit auf die Kosten der IT-Systeme negativ aus.

Dies führt zu einer Energiekostenspirale, die bei vielen Unternehmen zur Folge hat, dass bereits heute schon die Kosten für die Energie zum Betrieb und zur Kühlung der Systeme die reinen Anschaffungskosten übersteigen. Die Technologir der "freien Kühlung" bietet da Lösungsansätze.

Intelligente Klimatisierung: Free-Cooling-Kaltwassersätze bieten Einsparpotenziale immer dann, wenn Kaltwasser bei niedrigen Außenlufttemperaturen erzeugt werden muss.
Foto: Econdition GmbH

Freie Kühlung kann auf verschiedene Art umgesetzt werden. Man unterscheidet direkte und indirekte freie Kühlung. Beim System der direkten freien Kühlung wird die Außenluft in die zu kühlenden Räume transportiert. Dabei entstehen jedoch erhebliche Kosten für die erforderliche Befeuchtungsenergie.

Dieser Beitrag befasst sich mit dem System der indirekten freien Kühlung. Dieses System nutzt die kühleren Umgebungstemperaturen, um kaltes Wasser für den Einsatz in Klimaanlagen zu erzeugen. Free-Cooling-Kaltwassersätze bieten Energieeinsparpotenziale immer dann, wenn Kaltwasser bei niedrigen Außenlufttemperaturen erzeugt werden muss. Allerdings birgt das Free-Cooling-Konzept auch entsprechende Nachteile beziehungsweise Besonderheiten.

Wie funktioniert freie Kühlung und wo ist der Einsatz sinnvoll?

Free-Cooling-Kaltwassersätze unterscheiden sich von konventionellen Flüssigkeitskühlern durch einen zusätzlichen Wasser-Luft-Wärmetauscher vor dem Verflüssiger-Register. Die von den Verflüssiger-Lüftern angesaugte Luft durchströmt zuerst den Wasser-Luft-Wärmetauscher und danach den Verflüssiger des Kältekreislaufs. Durch Verwendung dieses zusätzlichen Wärmetauschers kann mit der niedrigen Außenlufttemperatur das Wasser vor dem Eintritt in den Verdampfer gekühlt werden. Free-Cooling-Kaltwassersätze können in drei Weisen betrieben werden:

  1. Normaler Betrieb (mechanische Kühlung)

  2. Teilweise freie Kühlung (Mischbetrieb)

  3. 100-prozentige freie Kühlung

Das folgende Schema demonstriert die Funktionsweise des Systems. Während des normalen Betriebs ist am Ventil "5" Durchgang "III" geöffnet und Durchgang "II" zum Freikühlregister geschlossen. Sobald die Außenlufttemperatur zwei Kelvin unter die Rücklauftemperatur des Wassers sinkt , öffnet Ventil "5" Durchgang "II" und schließt Durchgang "III", um das Wasser zum Freikühlregister zu leiten. Dort wird es durch die Außenluft gekühlt, bevor es in den Verdampfer eintritt.

Details: Funktionsweise des Systems.
Foto: Econdition GmbH

Während der teilweisen freien Kühlung wird das Wasser zum Teil im Freikühlregister und zum anderen Teil im Verdampfer unter Verwendung der mechanischen Kühlung gekühlt. Während des Betriebsmodus "100-prozentige freie Kühlung" wird die volle Kühlleistung durch das Freikühlregister erbracht.

Sinnvoll ist der Einsatz der freien Kühlung überall dort, wo ganzjährig konstante Wärmelasten anstehen, beispielsweise in der Präzisions- und DV-Klimatisierung, in Telekommunikationsklimaanlagen, Internet-Serverfarmen und industriellen Prozessen. Da die Effizienz eines Freikühlsystems direkt von der Temperaturdifferenz der Außenluft und des Kaltwassers abhängt, ist dieses System auch empfehlenswert für alle Anlagen, die nicht das ganze Jahr über in Betrieb sind, aber mit hohen Vorlauftemperaturen betrieben werden. Beispielsweise beim Einsatz in Bürogebäuden mit Kühldecken, Kühlbalken oder ähnlichem.

Vorraussetzungen für Free Cooling

Welche Daten müssen im Vorfeld erhoben werden und welche Vorraussetzungen sind grundsätzlich nötig, um dieses Kühlungsprinzip zu verwirklichen? Grundsätzlich hängt der Anteil der freien Kühlung von folgenden Faktoren ab:

  1. Außenlufttemperatur

  2. Temperatur des Kaltwassers

  3. Kühllast.

Daten und Fakten: Die in Prozentwerten angegebene Y-Achse betrifft die Nennlast des Systems.
Foto: Econdition GmbH

Die folgende Abbildung zeigt das Verhältnis zwischen der Freikühlleistung und der mechanischen Kühlleistung. Die Wassertemperaturen dieser Anlage betragen 15/10 Grad Celsius. Das Gerät produziert bei einer Außentemperatur von zwei Grad Celsius eine Freikühlleistung von 100 Prozent. Beträgt die geforderte Kälteleistung im Winter 75 Prozent der Nenn-Kälteleistung der Anlage, kann die gesamte Kühllast schon bei fünf Grad Celsius Außenluft durch freie Kühlung abgedeckt werden.

Freie Kühlung beginnt zu arbeiten, sobald die Wasserrücklauftemperatur zwei Kelvin unter der Außenlufttemperatur liegt. Der Betriebspunkt 100 Prozent freie Kühlung stellt sich bei einer Differenz von zirka elf Kelvin zwischen der Wasserrücklauftemperatur und der Außentemperatur ein.

Kenndaten: Mögliche Einsparung bei der vorstehenden Anlage bei einer konstanten Kühllast.
Foto: Econdition GmbH

Deshalb gilt: Je höher die Wassertemperatur der Anlage, desto höher die Energieeinsparung durch den Kaltwassersatz. Dieser Zusammenhang sollte bei allen Planungen berücksichtigt werden. Systemtemperaturen können auch variabel betrieben werden.

Des weiteren muss eine geeignete Aufstellfläche für den Kaltwassersatz vorhanden sein, wobei sich die Abmessungen eines Free-Cooling-Kaltwassersatzes nicht von denen eines herkömmlichen Kaltwassersatzes unterscheiden. Moderne Hersteller bieten kompakte Systeme sowohl zur Innen- als auch Außenaufstellung in Standard- oder extrem leisen Ausführungen an.

Hemmnisse und Besonderheiten

Zur effizienten Regelung eines Free-Cooling-Kaltwassersatzes ist ein spezielles Regelsystem erforderlich, das auf die systembedingten Besonderheiten eingeht. Die meisten Betriebsstunden arbeitet ein Free-Cooling-Kaltwassersatz im Mischbetrieb, bei dem sowohl die mechanische Kühlung mittels Kompressorenergie als auch die freie Kühlung aktiviert ist. Freie Kühlung bedeutet in diesem Fall, dass die Ventilatoren mit maximaler Drehzahl betrieben werden sollten, um eine hohe Freikühlleistung zu erzielen. Kompressorbetrieb bei kühleren Umgebungstemperaturen bedeutet jedoch, dass der Verflüssigungsdruck geregelt werden muss. Dies kann beispielsweise durch eine Anpassung der Luftmenge erfolgen, was jedoch eine deutliche Verringerung der Freikühlleistung zur Folge hat.

Sobald die Temperatur der angesaugten Außenluft zwei Kelvin unter der Rücklauftemperatur des Wassers liegt, wird der Freikühlbetrieb automatisch aktiviert. Das Dreiwegeventil ist völlig geöffnet und die Ventilatoren laufen mit maximaler Drehzahl, um die höchste Kühlleistung zu erzielen. Die Verflüssigungsregelung wird nicht von den Ventilatoren, sondern von einem automatischen Druckventil gewährleistet, welches den Flüssigkeitspegel im Verflüssiger verändert und damit den Verflüssigungsdruck regelt (=Anstauregelung). Vorteil: Es steht immer die volle Luftleistung zur Verfügung, wodurch eine hohe Freikühlleistung erzielt wird.

Bei zu hoher Kühlleistung schaltet der Mikroprozessor die Leistungsstufen der Verdichter in Folge und, falls erforderlich, die Verdichter komplett ab. Falls die Kälteleistung bei abgeschalteten Verdichtern noch zu hoch ist, regelt der Mikroprozessor die Ventilatoren stufenlos herunter, bis alle Ventilatoren stehen. Falls auch dann die Kälteleistung noch zu hoch ist, wie zum Beispiel bei Windböen gegen das Freikühlregister, wird der Mikroprozessor das Freikühlsystem langsam schließen, bis das Freikühlregister nicht mehr durchströmt wird. Die Schaltung vom Freikühlbetrieb zum Betrieb mit mechanischer Kühlung erfolgt mit derselben Logik in umgekehrter Reihenfolge.

Dieses System kann nur durch den Einsatz eines intelligenten, vorlaufgesteuerten Regelsystems sichergestellt werden. Es misst die Außentemperatur, Wasserrücklauftemperatur, Wasservorlauftemperatur und die Verdichterlaufzeiten, wobei die bestimmende Regelgröße stets die Wasservorlauftemperatur, also Austrittstemperatur am Kaltwassersatz ist.

Vorteile einer Sollwertkompensation

Die Einsparungen der Betriebskosten im Freikühlbetrieb verhalten sich proportional zu den Temperaturdifferenzen zwischen Wassereintritt in den Flüssigkeitskühler und der Außenluft. Natürlich hängt dies auch von den klimatischen Bedingungen des Aufstellungsortes der Anlage ab.

Um freie Kühlung auch in Gegenden mit höheren Außentemperaturen maximal auszunutzen, sollte die Wassereintrittstemperatur in das Kühlregister erhöht werden. Dazu bietet sich eine automatische Sollwertkompensation an. Bei der Sollwertkompensation wird die zu erzeugende Kaltwassertemperatur mittels eines externen Parameters, wie Außenlufttemperatur, Kühllast der Anlage, relative Raumfeuchte oder andere Parameter geregelt.

Theorie und Praxis: Auf der X-Achse ist die Außenlufttemperatur in Celsius festgehalten, auf der Y-Achse die Austrittstemperatur des Kaltwassers ebenfalls in Celsius.
Foto: Econdition GmbH

Bei normalen Bedingungen entspricht die Vorlauftemperatur des Kaltwassers dem Auslegungswert (zum Beispiel sieben Grad Celsius) und steigt proportional zu dem externen Parameter. Deshalb bewirkt der Anstieg der Wasservorlauftemperatur einen Anstieg der Wasserrücklauftemperatur, das heißt der in das Freikühlregister eintretenden Temperatur, was zu einer weiteren Verbesserung der Kühlleistung des Flüssigkeitskühlers und dessen Wirkungsgrades führt. Die Abbildung zeigt die mögliche Sollwerteinstellung der Kaltwasservorlauftemperatur bei entsprechender Außenlufttemperatur.

Parameter der Limatisierung: Sollwerteinstellung der Vorlauftemperatur des Kaltwassers.
Foto: Econdition GmbH

Freikühlsysteme werden in der Regel mit konstanten Wasservolumenströmen betrieben. Eine weitere Energieeinsparung ist durch eine Umstellung des Systems von konstanten auf variable Wasservolumenströme möglich. Um zu verstehen, wie dieses System arbeitet, ist es notwendig, die Unterschiede zwischen Anlagen mit variablem Volumenstrom und Anlagen mit konstantem Volumenstrom zu kennen. Eine Reduzierung des Volumenstroms um beispielsweise 42 Prozent reduziert die Kühlleistung, die durch das Freikühlregister bereitgestellt wird, nur um 15 Prozent.

Natürlich entstehen beträchtliche Energieeinsparungen, wenn der Wassereintritt zum Freikühlregister der Rücklauftemperatur entsprechen würde. Im konkreten Darstellungsfall arbeitet das System mit einer um 3,7 Grad Celsius höheren Außentemperatur im Freikühlbetrieb, als dies mit einem traditionellen Free-Cooling-System möglich wäre. Dieses Verhältnis vergrößert sich weiter mit abnehmender Last beziehungsweise abnehmendem Volumenstrom. Das nachfolgende Bild zeigt, wie diese Systeme installiert werden.

Aufbau: Installation der Systeme
Foto: Econdition GmbH

Zur Ausführung sind Free-Cooling-Kaltwassersätze erforderlich, die mit variablen Volumenströmen betrieben werden können. Diese Kaltwassersätze verfügen über spezielle Verdampfer. Ein herkömmlicher Free-Cooling-Kaltwassersatz erlaubt diese Funktionsweise nicht, da immer ein 100-prozentiger Wasserfluss durch den Verdampfer sicher gestellt sein muss. Des weiteren werden Innengeräte mit proportional regelnden 2-Wege-Regelventilen verwendet. Die Pumpenstation wird druckgeregelt. Dies hat eine weitere Reduzierung der Betriebskosten zur Folge. Ein zusätzlicher Pufferspeichers ist für dieses System nicht erforderlich.

Fazit

Als Fazit lässt sich festhalten, dass eine freie Kühlung wesentlich früher beginnt als bei Systemen mit konstantem Volumenstrom. Die Pumpenleitung wird deutlich reduziert. Und ein separater Wassertank ist ebenfalls nicht erforderlich. Im vergleich zu herkömmlichen Lösungen bietet Free Cooling somit ein deutliches Einsparpotenzial. (hal)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation Computerwoche.