Die „Feature-Liste“ der neuesten Fedora-Ausgabe 11 ist lang. Das unter anderem von Red Hat gesponserte Linux-Betriebssystem kombiniert die Virtualisierungslösungen QEMU und KVM in einem einzigen Paket und bringt unter anderem eine bessere Unterstützung für Fingerabdruck-Leser mit sich. Ebenso gibt es ein Update für K12Linux, die Implementierung des Linux Terminal Server Project (LSTP) in Fedora. Weiterhin befinden sich die aktuellsten Beta-Versionen von Mozilla Firefox 3.5 und Thunderbird 3 an Bord oder in den Repositories.
Als Dateisystem kommt bei Fedora 11 als Standard ext4 zum Einsatz. Dieses Dateisystem kann mit Datenträgern bis zu einer Größe von einem Exabyte umgehen, zudem unterstützt es Dateien bis zu einer Größe von 16 TByte. Schenkt man Spekulationen Glauben, dann ist Fedora 11 so etwas wie eine Vorschau für Red Hat Enterprise Linux 6. Das Open-Source-Unternehmen LINBIT nimmt an, dass die neuen Funktionen von Fedora 11 fast komplett übernommen werden. Somit dürfte das Betriebssystem gerade für Administratoren von großem Interesse sein.
Hardwareanforderungen und Download
Fedora 11 gibt es für die Systemarchitekturen PPC, x86 und x86_64. Laut Aussage der Entwickler ist das Betriebssystem für die empfohlenen Mindestanforderungen nicht besonders hardwarehungrig. Bei x86-Architekturen kommt Fedora 11 bereits mit 256 MByte RAM und einem 400-MHz-Pentium-II aus. Das Gleiche gilt für PPC. Für x86_64 dürfen es hingegen schon 512 MByte RAM sein. Eine Vollinstallation aller Pakete kann über 9 GByte Festplattenplatz in Anspruch nehmen. Eine Minimal-Installation benötigt hingegen nicht mehr als 90 MByte Platz.
Installierbare Live-CDs für i686- und x86_64-Systeme sind in den Geschmacksrichtungen GNOME und KDE als Torrent oder von einem der Spiegel-Server erhältlich. Ebenso stellen die Entwickler CD- und DVD-Versionen von Leonidas zur Verfügung. Dabei bringt das Betriebssystem ausschließlich freie Software mit sich. Ein Nachteil dabei ist beispielsweise, dass sich kein mp3-Codec in den Repositories befindet. Da Software selten fehlerfrei ist, stellen die Entwickler eine Liste mit den bekanntesten Fehlern zur Verfügung.
Installation
Die einfachste Variante, das Betriebssystem zu installieren, ist vermutlich die Verwendung einer installierbaren Live-Variante. Diese Vorgehensweise ist inzwischen durchaus üblich beim Einspielen einer Linux-Distribution.
Nach dem Starten der CD können Sie die Sprach- und Tastatureinstellungen auf Deutsch umstellen. Die KDE-Live-Variante gibt Ihnen diese Optionen leider nicht. Bei einer Installation fragt diese lediglich nach den Tastatureinstellungen. Die Sprache müssen Sie später manuell umstellen. Abschließend haben Sie die Möglichkeit, das System als Live-Variante zu begutachten.
Mit der auf dem Desktop befindlichen Schaltfläche „Auf die Festplatte installieren“ können Sie den Fedora-Installer starten und das Betriebssystem einspielen. Der Wizard führt Sie durch den Installationsprozess. Interessant ist die Partitionierung: Hier bietet Fedora 11 die Möglichkeit, das System zu verschlüsseln, um die Sicherheit zu erhöhen.
Haben Sie alle Stufen des Wizards durchlaufen, beginnt die Installation. Die Dauer dieses Vorgangs ist stark hardwareabhängig. Ist das Einspielen der Daten abgeschlossen, startet das System neu. Danach stellen Sie mittels eines weiteren Wizards das Betriebssystem nach Ihren Vorstellungen ein. Ebenso legen Sie hier einen Anwender fest und können sogar die Option „Netzwerk-Login nutzen“ auswählen.
Unterstützt die verwendete Hardware PAE (Physical Address Extension), erkennt dies die Installationsroutine des 32-Bit-Systems und verwendet den entsprechenden Kernel. Somit könnten Sie mit einer 32-Bit-Installation bis zu 64 GByte Arbeitsspeicher verwenden.
Enthaltene Desktop-Software
Betrachtet man die mitgelieferte Software, wird einem schnell klar, dass Fedora andere Prioritäten setzt als Desktop-orientierte Distributionen. Weder in der GNOME- noch in der KDE-Ausgabe ist zum Beispiel OpenOffice.org enthalten. Viele Anwendungen der Open-Source-Prominenz lassen sich allerdings mittels Paketmanager auf einfache Weise nachinstallieren. Der Rest des Artikels wird sich mit der etwas ausgereifter wirkenden GNOME-Version befassen. Der Paket-Manager Synaptic ist logisch in verschiedene Bereiche aufgeteilt. Dies macht es einfacher und angenehmer, bestimmte Softwarepakete zu finden.
Serienmäßig befindet sich die leichtgewichtige Textverarbeitung Abiword an Bord. Als E-Mail- und Kalender-Anwendung dient Evolution. Beim Web-Browser haben sich die Entwickler für eine Beta-Version von Mozillas Firefox entschieden. Auch Pidgin, Transmission und Gimp befinden sich an Bord. Um CDs und DVDs zu brennen, verwendet die Distribution das für GNOME übliche Brasero. Für das Entertainment sorgen Totem und Rythmbox.
Und damit fangen die Unannehmlichkeiten an: Fedora bekennt sich ausdrücklich zu freier Software. Somit bietet die Distribution keinerlei unfreie oder geschützte Pakete an. Abhilfe schafft hier die Seite rpmfusion.org. Das Portal versorgt Red-Hat- und Fedora-Anwender mit Software, die Red Hat nicht ausliefern will. Eine Aktivierung des Repositories ist denkbar einfach. Entweder Sie laden die installierbaren Pakete für freie und unfreie Software herunter, oder Sie erledigen dies via Kommandozeile:
su -c 'rpm -Uvh http://download1.rpmfusion.org/free/fedora/rpmfusion-free-release-stable.noarch.rpm http://download1.rpmfusion.org/nonfree/fedora/rpmfusion-nonfree-release-stable.noarch.rpm'
Server-relevante Pakete
Fedora 11 soll laut Spekulationen so etwas wie eine Vorschau für Red Hat Enterprise Linux 6 sein. Das Open-Source-Unternehmen LINBIT nimmt an, dass die neuen Funktionen von Fedora 11 fast komplett übernommen werden. Somit dürfte das Betriebssystem gerade für Administratoren von großem Interesse sein. Die Entwickler verwenden an mehr Stellen als vorher den SHA-256-Digest-Algorithmus. Man versuchte laut eigener Aussage von den schwächeren Verschlüsselungsverfahren SHA-1 und MD5 abzusehen, wo es nurmöglich war. Den meisten üblichen Server-Paketen spendierte man Updates. Somit befinden sich zum Beispiel Apache 2.2.11, Wordpress 2.7.1, Dovecot 1.1.11, MySQL 5.1.31, PostgreSQL 8.3.6, vsftpd 2.1.0, Samba 3.3.1 und ntfs-3g 2009.2.1 an Bord. Für an Cluster-Systemen Interessierte haben die Entwickler ebenfalls ein ausführliches Changelog zur Verfügung gestellt.
Weiter von großem Interesse dürfte das standardmäßige Verwenden des Dateisystems ext4 sein. Festplattenvolumen können damit die Größe von bis zu einem Exabyte annehmen. Des Weiteren ist das Dateisystem in der Lage, mit Dateien bis zu 16 TByte umzugehen. Bei einer manuellen Partitionierung sollten Sie jedoch Vorsicht walten lassen. Grub kann derzeit nicht von ext4 starten. Somit muss die Boot-Partition (/boot) als ext2 oder ext3 formatiert sein. Als technologische Vorschau ist Unterstützung für das Dateisystem btrfs mit von der Partie. Die Entwickler warnen jedoch vor einer Verwendung. Es befinde sich in der Entwicklung und sei nicht für Produktivsysteme geeignet.
Virtualisierung mit KVM und QEMU
Virtualisierung gewinnt zunehmend an Bedeutung, auch auf Client-Ebene. Daher bemüht sich Red Hat/Fedora schon seit einiger Zeit, Virtualisierung immer weiter zu optimieren. Eine große Neuerung in Fedora 11 ist die Zusammenführung der Pakete von QEMU und KVM. Dieser Schritt wurde laut eigener Aussage gemacht, um die Wartbarkeit auf ein Minimum zu reduzieren. QEMU-Gast-Systeme können mittels KVM direkt, ohne Übersetzung auf der Host-Hardware, laufen. Somit ist ein merkbarer Geschwindigkeitsanstieg des Gast-Systems zu spüren. Weitere Informationen über die Zusammenführung von KVM und QEMU finden Sie im Fedora-Wiki.
Der Virtual Machine Manager hat ein Update auf Version 0.7.0 erhalten. Dieses Paket ist eine grafische Oberfläche für virtinst und libvirt. Damit lassen sich virtuelle Instanzen sowohl verwalten als auch anlegen. Sehr schmuck ist das Tool nicht, aber es macht Virtualisierung zu einem Kinderspiel und ist keinesfalls komplizierter zu bedienen als die Konkurrenten von VMware, VirtualBox oder Parallels. Weitere Informationen über die Virtualisierungseigenschaften von Fedora 11 finden Sie in den Release-Notizen.
Für Entwickler
Das Betriebssystem setzt auf Linux-Kernel 2.6.29. Wer einen eigenen Kern basteln will, findet im Fedora-Wiki wichtige Tipps. Für die Verwendung von speziellen Grafikkarten-Treibern (ATI, NVIDIA) stellen die Entwickler ebenfalls Hinweise zur Verfügung. Die kompletten, umfangreichen Release-Notizen können Sie hier einsehen.
Dort finden sich auch die Änderungen, die für Entwickler von Bedeutung sind. Eine Installationsanleitung für das Aufsetzen eines LTSP-Servers unter Fedora 11 finden Sie bei fedorahosted.org. Für Entwickler dürfte interessant sein, dass NetBeans 6.5, gcc 4.4 und Python 2.6 ebenfalls unter den Paketen sind.
Fazit
Fedora 11 ist schnell und wirkt ausgereift. Wie bisher auch gibt es jedoch andere Distributionen, die als Desktop einfacher zu handhaben sind. Dies liegt aber in erster Linie daran, dass Fedora ausschließlich freie Software mitbringt. Fehlende Codecs und Software können daher schnell zum Ärgernis für unerfahrene Umsteiger werden. Diese Anwender sind wohl besser bei Mandriva, openSUSE oder Ubuntu aufgehoben. Diese drei bieten von Haus aus unfreie Treiber in den Repositories an, und es ist keine Handarbeit nötig, um an eine bestimmte Software zu kommen.
Ganz klare Stärken zeigt das neueste Fedora-Betriebssystem wie gewohnt im Server-Bereich. Da Red Hat der Sponsor ist, dürfte dies auch wenig verwunderlich sein. Der Distributor mit dem roten Hut gilt nach wie vor als Klassenprimus im Linux-Server-Markt. Gerade in Sachen Virtualisierung macht es Ihnen Fedora 11 wirklich leicht. Mittels Paketmanager spielen Sie in wenigen Schritten die benötigten Pakete ein. Danach hilft der Virtual Machine Manager dabei, mit minimalem Zeitaufwand eine virtuelle Instanz zu erstellen. Man darf durchaus schlussfolgern, dass den Entwicklern Fedora 11 auf ganzer Linie gelungen ist und sie ihre Ziele erreicht haben. (mje)