Faxen - einfach kompliziert

16.10.1998
Faxübertragung, ob im Netzwerk oder mit dedizierten Faxgeräten, ist ganz einfach: Hier eine Nachricht oder Papier rein, auf der Gegenseite kommt ein Fax raus. Was passiert aber im Hintergrund? Und welche Auswahl hat der Anwender, der hohe Ansprüche an die Übertragung stellt, zum Beispiel beim Massenfaxversand?

Von: Thomas Kock

Worauf muß man beim Faxen achten? Welche Unterschiede gibt es bei Faxkarten? Wo lassen sich Kosten sparen? Was steckt hinter T.30? Solche Fragen stellen sich im Zusammenhang mit dem simplen Vorgang Faxen. Wir erläutern in diesem Artikel die Faxübertragung nach dem Gruppe-3-Standard (G3). Dagegen hat die Gruppe-4-Faxübertragung (Übermittlung mit 64 kBit/s, 400 Zeichen pro Inch) keine große Verbreitung gefunden und bleibt daher ausgenommen. Speziell die Vor- und Nachteile der für die Übermittlung eingesetzten Geräte, wie herkömmliche Faxgeräte, Faxmodems und Faxkarten sowie ISDN-Karten, sollen betrachtet werden. Diese Faxgeräte wickeln die Kommunikation auf Basis des T.30-Protokolls ab, das den Verbindungsaufbau, den Austausch der Absender-Faxnummern und die Übertragung und Quittierung der einzelnen Zeilen des Dokuments definiert.

Die Übertragung mit 300 Bit/s in den Trainingsphasen ist in der G3-Norm festgelegt. Um bei der Übertragung der Seiten noch Zeit einzusparen, gibt es drei Kompressionsverfahren, die alle verlustfrei arbeiten:

MH - Modified Huffmann, MR - Modified Read und MMR - Modified Modified Read. Die Modified-Huffmann-Kodierung (MH) komprimiert immer zeilenweise. Es wird anstelle aller Punkte nur die Anzahl folgender weißer oder schwarzer Punkte übermittelt. Modified Read (MR) nutzt die Ähnlichkeit mit der vorhergehenden Zeile und überträgt nur die Unterschiede zu dieser. Das führt zu Einsparungen von bis zu 35 Prozent gegenüber MH. Modified Modified Read (MMR) war ursprünglich für reine G4-Faxübertragung vorgesehen. MMR setzt ECM-Übertragung voraus und bringt damit bis zu 50 Prozent Zeitersparnis gegenüber der MH-Kompression.

Ein "Fallback", also ein Zurückschalten auf niedrigere Geschwindigkeiten wie 7200, 4800 oder 2400 Bit/s, wird genutzt, wenn Störungen oder Rauschen die Übertragung beeinträchtigen. Der "Error Correction Modus" (ECM) prüft jedes übertragene Datenpaket auf Fehler und fordert die fehlerhaften Pakete neu an. Dieses verlängert die Übertragung ein wenig, führt aber insgesamt zu kürzerer Übertragung, da fehlerhafte Seiten nicht noch einmal komplett neu übertragen werden müssen.

Fehlerkorrektur spart Übertragungszeit

Während der "Pre Message Training"-Phase wird von beiden Endgeräten die Kombination aus Geschwindigkeit und Kompressionsverfahren ausgehandelt. Abhängig von der Funktion der beiden Endgeräte wird die bestmögliche Geschwindigkeit und Kompression gewählt. Für die Übertragung mit MR/MMR-Kompression ist eine Neukomprimierung der Faxdaten notwendig, was von von der sendenden Stelle "on the fly" zu erledigen ist - wenn die Faxhardware diesen Modus unterstützt.

Faxmodems unterscheiden sich in Klasse 1, 2 und 2.0. In einem Klasse-1-Modem trägt der Rechner die Hauptlast der Kommunikation. Das Modem selbst überträgt nur den reinen Datenstrom und übernimmt keine Aufgaben des T.30-Protokolls. Der Server muß also die gesamte (zeitkritische) Arbeit des Protokollhandlings übernehmen.

Faxmodems: Die Klassiker

für die Faxübertragung

Bei Klasse-2- und -2.0-Geräten wurden mehr Funktionen auf das Modem verlagert. Klasse 2 ist nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zum Standard 2.0, wobei Hersteller einfach den noch nicht verabschiedeten Stand der Spezifikation implementierten. Modems nach dem offiziellen Klasse-2.0-Standard verfügen über das T.30-Protokoll und ECM. Der Server liefert nur noch die Faxdaten. Das T.30-Protokoll ist fest in der Modem-Firmware eingebrannt und läßt keine Veränderungen oder Anpassungen zu.

Da das T.30-Protokoll Interpretationsspielräume zuläßt, kommt es manchmal zu Inkompatibilitäten. Diese führen zu Verbindungsabbrüchen oder zu Ungereimtheiten mit Gegenstellen, die eventuell mit einem Modemtyp erreichbar sind, mit einem anderen aber nicht. Die Erkennung von Durchwahlstellen ist nicht möglich, so daß ein Eingangsrouting von Faxen nur anhand des Modemkanals (COM-Port) oder der Absenderkennung (CSID) vorgenommen werden kann - beides im Netzwerk keine befriedigende Lösung. Durch die genannten Einschränkungen und die Beschränkung auf die MH-Kompression sind Modems nur für den Einsatz bei kleinem Faxaufkommen geeignet.

CAPI-Karten haben eine weite Verbreitung für den Faxversand gefunden. Diese Schnittstelle definiert für Fax das SFF-Format (Structured Fax File), in dem Faxdaten vom Faxserver an die CAPI übergeben werden. Der CAPI-Treiber und die Karte gemeinsam wickeln dann die Faxübertragung ab, indem Sie aus den Faxdaten ein analoges Signal erzeugen und dieses übertragen.

Eine passive ISDN-Karte leistet nur etwas mehr als die elektrische Anpassung ans ISDN. Die Faxübertragung mit diesen Karten beansprucht die CPU und den Speicher des Rechners sehr stark, da die analogen Daten von der CPU des PCs errechnet werden müssen. Die "AVM Fritz Card" zum Beispiel erwartet dafür eine Pentium-100-CPU mit mindestens 16 MByte Arbeitsspeicher. Dies ist für eine Einzelplatzlösung akzeptabel, im Serverbetrieb aber nicht zu empfehlen.

ISDN-Karten: Weite Verbreitung dank CAPI-Unterstützung

Aktive ISDN-Karten besitzen dagegen einen eigenen Prozessor, der das ISDN-Protokoll abwickelt und die analogen Daten errechnet. Zum Teil werden auch Modemchips auf Zusatzboards eingesetzt. Der Rechenaufwand für die Datenumwandlung belastet die CPU des PCs so stark, daß einige Karten zwar auf zwei Kanälen bei 14 400 Bit/s Faxe senden, aber nur auf einem Kanal mit 9600 Bit/s empfangen können und den zweiten Kanal während des Empfangs lahmlegen. Die Treiberimplementation der ISDN-Kartenhersteller beschränkt sich auf die Übertragungsgeschwindigkeiten 9600 und -14 400 Bit/s mit dem Kompressionsmodus MH. Auf die Neukomprimierung "on the fly" wird verzichtet.

Auch für ISDN-Karten gilt dasselbe wie für Modems: Das Potential einer besser ausgestatteten Gegenstelle wird nicht ausgeschöpft und damit eine längere Übertragungszeit und somit höhere Telefongebühren in Kauf genommen. Hinzu kommen eine höhere Belastung der Server-CPU und gegebenenfalls die Reduzierung auf Einkanal-Empfang.

Dedizierte Analog- oder

ISDN-Faxkarten

Dedizierte Faxkarten von Brooktrout und Gammalink verfügen je Kanal über einen digitalen Signalprozessor und eigenen Speicher. Sie übernehmen die vollständige Übertragung und On-the-fly-Kompression ganzer Seiten im bestmöglichen Format. Der Prozessor auf der Karte führt eine Firmware aus, die bei Initialisierung auf die Karte heruntergeladen wird. Damit läßt sich die Faxkarte neuen Entwicklungen des T.30-Protokolles anpassen. Die Erkennung von DTMF-Tönen, die von der TK-Anlage übergeben werden, ermöglicht bei eingehenden Faxen eine Zuordnung zu Durchwahlstellen und damit Mitarbeitern. Dedizierte Faxkarten mit ISDN-Leitungsinterface sind nichts anderes als analoge Faxkarten, die über ein ISDN-Anschlußinterface mit eigener Firmware verfügen. Die erweiterten ISDN-Signalisierungsmöglichkeiten werden für einen schnelleren Verbindungsaufbau und die Auswertung von Durchwahlstellen bei eingehenden Faxen genutzt.

Da immer eine vollständige Seite an die Faxkarte zur Übertragung übergeben wird, belasten diese den Server nicht und ermöglichen Systeme mit vielen Leitungen bis hin zu S<->2M<-> oder einem mehrfachen davon. Faxkartenhersteller treiben einen hohen Aufwand, um die Kompatibilität mit bestehenden Faxgeräten zu erreichen. Die Sicherheit im Netz wird erhöht, da die Karten nur das T.30-Protokoll verwenden und keine Modembetriebsarten oder RAS-Services nutzbar sind. Durch die Übertragung mit voller Geschwindigkeit in allen drei Kompressionsstufen erreicht solche Karten kürzeste Übertragungszeiten und ein beträchtliches Gebühreneinsparungspotential.

Dedizierte Faxkarten werden primär von amerikanischen Faxlösungen unterstützt, da ISDN und vor allem CAPI in den USA nicht so weit verbreitet sind. Hierzu gehören etwa Cheyenne "Faxserve" für Novell und NT, "Fenestrae Faxination", Omtool "Fax Sr.", Optus "Facsys", "Rightfax" sowie "I*Fax" von Servonic.

Zuverlässigkeit der Faxhardware ist gefragt

Für die Dienstleistung "Fax im Netz" ist Zuverlässigkeit entscheidend. Ein per Faxgerät verschicktes Fax kommt leicht kontrollierbar auf der anderen Seite an. Wird ein Fax per Faxserver verschickt, muß dieser Dienst Vertrauen genießen. Dieses Vertrauen ist schnell verspielt, wenn der Server nicht stabil läuft oder Gegenstellen aufgrund von Übertragungsproblemen nicht erreicht. Bei gut funktionierenden Systemen erkennen die Mitarbeiter schnell, welch ein Werkzeug sie an der Hand haben. Aus "Gelegenheitsfaxern" werden "Power-Faxer", das Volumen steigt und die Kosten für die Übertragung folgen parallel dazu.

Die Folgekosten sind daher unbedingt in die Betrachtung mit einzubeziehen: Für 500 Seiten Fax am Tag sind etwa 500 Minuten Übertragungszeit notwendig. Verteilt zur Hälfte auf Tag und Abendversand, ergibt das etwa 165 Mark Telefonkosten/Tag (0,44 Mark und 0,22 Mark/Minute). Bei 200 Arbeitstagen sind das also -33 000 Mark Telefonkosten pro Jahr. Das Einsparungspotential hängt jetzt von der Faxkarte, der Qualität der Gegenstellen und den Kompressionsmodi ab. Gerade im Weitverkehrsbereich oder auch beim Faxversand ins Ausland können durch leistungsfähige Faxkarten schnell hohe Einsparungen erzielt werden.

Im Gelegenheitsbetrieb mag dieses alles nicht so wichtig erscheinen. Anders sieht es aus, wenn Unternehmen sich auf den Faxserver verlassen müssen, weil sie beispielsweise Mahnungen oder Bestellungen aus einem SAP-System verschicken (siehe Beispiel im Textkasten). Hier muß der Benutzer davon ausgehen, daß das System durchgängig und problemlos zur Verfügung steht. Der Faxserver ist nicht einfach nur ein "Faxserver für Exchange", sondern ein fester Bestandteil der Unternehmenskommunikation.

Sowohl die Serverhardware und die Faxkarten als auch die Faxsoftware und das Betriebssystem müssen einem Rund-um-die-Uhr-Betrieb unter Last standhalten. Zusätzlich muß sich das System remote administrieren lassen. Die Skalierbarkeit mit steigendem Faxvolumen ist ebenso relevant. Mit CAPI-Faxkarten ist nur eine bestimmte Anzahl von B-Kanälen möglich, ohne die Server-CPU zu stark zu belasten. Mit dedizierten Faxkarten, die mit -S<->0<->-Schnittstellen bis zu vier Kanäle je Karte unterstützen, ist die CPU-Belastung kaum spürbar. Damit lassen sich dann auch S<->2M<->-Anschlüsse oder ein mehrfaches umsetzen. Faxkarten mit bis zu 60 Kanälen werden bereits von Herstellern angekündigt. Da dedizierte Faxkarten eine höhere Leistung und einen besseren Durchsatz erbringen, werden weniger Übertragungskanäle benötigt. Kein Wunder, daß die meisten Massenfaxversender dedizierte Faxkarten einsetzen.

(hjs)

Thomas Kock

ist Leiter der Distribution bei Net at Work Netzwerksysteme. Das Unternehmen sitzt in Paderborn.