Fax und E-Mail in einem Boot

16.10.1998
Die Entscheidung für oder gegen einen Faxserver hat Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen. Legen Sie mehr Wert auf die Integration von E-Mail oder wollen Sie Faxpolling-Aktionen starten. Oder steht Ihnen nur der Sinn nach Faxübertragungen?

Von: Hans-Jörg Schilder

Die Hersteller von Faxservern hätten am liebsten, daß keine Unterscheidung zwischen Fax-versand und E-Mail mehr stattfindet. Dem ist aber nicht so. Es ist ein erheblicher Unterschied, ob ein Fax abgesendet wird oder eine E-Mail. Wer ein Fax abschickt, will, daß es auf der Gegenseite als papierene Vorlage zum Vorschein kommt. Der Vorgang wird quittiert und gilt als dokumentenecht. Beim E-Mail ist das anders. Es liegt elektronisch vor und erreicht den Adressaten auch so.

Deshalb ist es unsinnig, das Fax als Tiff-Datei dem E-Mail anzuhängen. Es muß erst wieder ausgedruckt werden. Zwar bieten die meisten Faxserver die Option an, diese Dokumente elektronisch auszudrucken. Darüber hinaus bietet die Industrie Geräte an, zum Beispiel den "Scanjet" von Hewlett-Packard, die vorhandene Grenzen zwischen E-Mail und Fax verwischt. Es bleibt jedoch der unterschiedliche Einsatzzweck der beiden Kommunikationsarten. Auch die Anwender, die sich in der Vergangenheit mit dem simplen Faxgerät angefreundet haben, spielen eine Rolle: Sie lassen sich nur schwer von der PC-basierten Integration überzeugen.

Als Ergänzung zu [1] haben wir diesmal vier Faxserver unter Windows NT untersucht. Diesmal haben wir die Softwarepakete jedoch nicht mit einer Brooktrout-Karte, sondern mit der aktiven ISDN-Karte "B1" von AVM betrieben (siehe Textkasten "ISDN im Handumdrehen"). Bei den Programmen wurden folgende Produkte getestet:

"David" für Windows NT beziehungsweise Netware von Tobit, "Faxserve" von Computer Associates, "Ifax" von Servonic sowie "Faxination" von Fenestrae.

Wesentliche Gesichtspunkte bei den Tests war, wie sich die Software mit der ISDN-Hardware verträgt, welche Testfunktionen die Programme bieten und wie sich vorhandene Datenbanken integrieren lassen. Dafür hatten wir unsere genutzten Winfax-Pro-Daten gedacht, die in dem Faxserver als zentrale Datenbank ihren Dienst versehen sollte.

Exchange Server vorausgesetzt

Der Faxserver "Faxination" vom niederländischen Hersteller Fenestrae unterstützt seit der letzten Version 3.0 auch den ISDN-Standard CAPI. Deshalb haben wir diese Software in den Test mitaufgenommen. Allerdings benötigt das Programm als einziges Produkt in unserer Testreihe eine volle Installation des Exchange Servers. Bei der Installation mault er zwar nur den Exchange Administrator an, der auf derselben CD-ROM wie der Exchange Server zu finden ist.

Eine kleine Überraschung hält Faxination für die nicht zufriedenen Kunden parat: Nach der Installation erscheint in der Readme-Datei: "If you do not agree to these terms and conditions, please return the unopened package to the place of purchase within 30 days from the date of purchase and you will receive a refund." Hier wird nicht zufriedenen Kunden angeboten, daß sie das Geld zurückerhalten, falls sie die Software unverpackt zurückzusenden. Wie soll das gehen, nachdem die Meldung nur erscheinen kann, wenn die CD-ROM ausgepackt wurde?

Faxinination nutzt den Exchange Server für seine Dienste. Wer in Exchange eine zentrale Adreßdatei einrichten will, ist auf das kryptische csv-Format angewiesen. Hier fehlen ODBC-Treiber, um eine existierende Datenbank zu importieren.

Wir hatten für unseren Test eine "vorläufige Endversion" von "David" zur Verfügung, in der folgende Funktionen noch nicht enthalten waren. Dies umfaßt den

David Postman für Windows NT und im Service Pack 1 Neuerungen sowie Bugfixes zu: David Service Layer, Admin, Client für Windows, Fax Editor für Windows, Druckertreiber für Windows NT und 95, Message-Reminder sowie TLD für Class-2-Modems.

Beides steht mittlerweile unter http://www.tobit.com zum Abruf bereit. Das Versenden und Empfangen von E-Mails wird bei David von einem eigenen Modul, dem David Postman, übernommen. Er kümmert sich um Versand und Empfang von E-Mails über das Internet. Dabei werden ein- und ausgehende Mails in den entsprechenden Logbüchern protokolliert. Darüber hinaus lassen sich eingegangene Mails auch automatisch direkt an bestimmte Empfänger verteilen.

Wenn der Postmann

zweimal klingelt

Der Postman kann sowohl als MTA (Message Transfer Agent) als auch als UA (User Agent) eingesetzt werden. Beim Betrieb als MTA verläuft die gesamte Kommunikation über das SMTP-Protokoll. Man spricht bei dieser Betriebsart auch von einem "SMTP-Listener", da über die Standleitung permanent nach Mails "gelauscht" wird. Der Einsatz als UA wird auch als "POP3-Requester" bezeichnet, da die Kommunikation zum MTA hier über das POP3-Protokoll geschieht und aufgrund der Wählleitung eine Verbindung nur auf "Request" besteht.

Voraussetzung zur Nutzung dieser Kommunikationsart ist eine bestehende und korrekt konfigurierte Verbindung zum Internet. Zum Einsatz von Postman ist es notwendig, mindestens einen SMTP-Port einzurichten. Das Installationsprogramm führt menügesteuert durch die Einrichtung eines neuen Ports. Die Software arbeitet als richtiger eigenständiger Mail-Host und empfängt Mails direkt über einen TCP/IP-Router, der entweder als Software- oder Hardware-Modul installiert ist, aus dem Internet.

Weiterhin ist für den Betrieb des Postman die Einrichtung des TCP/IP-Protokolls am Server notwendig. Sobald ein User eine E-Mail für den Versand freigibt, überträgt David die Nachricht zunächst an den Postman. Dieser nimmt die E-Mail auf und überträgt sie über das Simple Mail Transfer Protocol (SMTP) unverzüglich über das Internet an die Zieladresse. Empfängt die Software E-Mails über das Internet, so leitet er diese an David weiter. David übernimmt anschließend die Verteilung entsprechend der Empfängeradresse und kann dabei den Empfänger automatisch über den Eingang der E-Mail informieren.

Einfache Installation

Bei der Installation zeigen sich die Stärken des Produktes. Wie schon in [1] unter Netware richtet sich der Faxserver ohne größere Umschweife ein. In der jetzigen Version lassen sich beide Betriebssysteme, also Windows NT und Netware, auf der CD-ROM ansprechen. Einziges Hindernis ist die Eingabe der 22stelligen Lizenznummer, die hohe Anforderungen an die Konzentration stellt. Ansonsten erkennt David sofort die ISDN-Hardware und das erste Testfax läßt sich im Handumdrehen aussenden.

Die Einrichtung einer zentralen Datenbank ist bei David nicht ganz trivial. Zwar liefert Tobit einen ODBC-Treiber mit, der auch dBase, Excel und andere Formate importiert. Allerdings ist die Verfahrensweise etwas kryptisch, so daß der Tobit-Support den Import einer Textdatei empfiehlt, in der die Daten mit ";" getrennt werden. Hier sollte der Hersteller noch eine verbesserte Importregelung nachlegen.

Primärer Domain-Controller gefordert

Immerhin in einer deutschen Version präsentiert sich "Faxserve für Windows NT" von Cheyenne beziehungsweise Computer Associates. Einen Anspruch macht die Software sehr schnell deutlich: Sie verlangt die Windows-NT-Installation als "Primären Domain-Controller". Das Programm richtet sich als Verzeichnis auf dem Server ein, auf das die -Clients zugreifen können. Welche Version wir testeten, war weder auf der CD-ROM noch auf der Verpackung dokumentiert.

Und hier zeigt sich ein folgenschwerer Fehler: Um eine Neuinstallation durchzuführen, wurde die Software mit dem NT-Bordwerkzeug "Systemsteuerung/ Software" entfernt. Die anschließende Wiedereinrichtung entdeckte aber eine existierende Installation. Per Hand ließ sich Faxserve nicht deinstallieren - also blieb ein funktionsunfähiger Faxserver zurück.

Faxpolling inclusive

"Ifax" von Servonic legt großen Wert auf die Beachtung von Standards. Immerhin haben es die Olchinger geschafft, bei den ISDN-Kartenherstellern in puncto Faxintegration in die CAPI ein offenes Ohr zu finden. Empfohlen werden die aktiven Karten von Hypercope, Eicon, AVM und ITK. Auch die Router von Bintec erzielen zusammen mit der virtuellen CAPI gute Ergebnisse.

Wir hatten die Version 4.5 und die aktuelle Version 4.61 zur Verfügung. Die Installation geht schnell vonstatten. Anschließend läßt sich im Administrator die ISDN-Hardware konfigurieren und der Faxdienst hochfahren. In der Systemsteuerung taucht ein Icon auf, in dem sich die benutzten Adreßbücher einstellen lassen - eine pfiffige Lösung. Darüber hinaus verfügt Ifax über die Option, Faxe vom Server abzurufen - Faxpolling genannt. Ein Wizard begleitet den Anwender bei der Einrichtung.

Die Einrichtung der Faxserver geht immer mit der Nutzung von Supportleistungen einher. Deshalb sollten Sie bei der Auswahl Wert auf den Support legen. Unsere Erfahrungen mit Tobit waren durchweg positiv. Der Rückruf erfolgte sofort. Dagegen mußte bei Fenestrae eine Nummer in Holland gewählt werden. Negativ fiel der Support von Cheyenne auf. Hier verweist die in den Unterlagen angegebene Telefonnummer auf eine Adresse in Dortmund. Diese verteilt eine Kunden- und Bearbeitungsnummer. Anschließend wird man in die Warteschleife gespeist - und das kann dauern. Unsere Werte lagen bei nervigen 15 bis 20 Minuten.

Literaturhinweise

[1] Schilder, Hans-Jörg: Mehr als Faxen; Gateway 1/98, Seite 106