Exchange Server und 64 Bit

01.03.2006 von Lars Riehn
64-Bit-Hardware ist klar auf dem Vormarsch. Doch was genau sind die Vorteile dieser neuen Hardware für einen Exchange-Server? Oder sind es gar Nachteile? Und wie sieht es bei den Betriebssystemen aus? Dieser Artikel erläutert die Details nicht nur für die aktuellen Exchange-Versionen 2000 und 2003, sondern bietet auch einen Ausblick darauf, wie es zukünftig mit E12 aussieht.

Da die Bezeichnung „64-Bit“ für sich genommen noch keine wirklich klare Definition ist, müssen wir diese zunächst liefern. In der Microsoft-Welt geht es hier um Hardware, die mit einem der folgenden Prozessormodellen ausgestattet ist:

Als Betriebssystem kommt die 64-Bit-Version von Windows Server 2003 dazu.

Bei der Hardware ist es in der Tat so, dass die meisten der aktuell verkauften Server bereits über die entsprechenden Prozessoren verfügen. Das gilt selbst für viele Einstiegsmodelle. Beim Betriebssystem ist das noch anders, aber die Verbreitung der x64-Version von Windows Server 2003 steigt langsam aber sicher an. Häufig wird aber noch die 32-Bit-Version von Windows Server eingesetzt, obwohl die neu gekaufte Hardware sogar schon 64-Bit unterstützen würde.

Exchange Server 2000

Beim Exchange Server 2000 hat sich die Frage nach der 64-Bit-Unterstützung schnell erledigt. Denn eine x64-Version gibt es nur für den Windows Server 2003, nicht aber für den Windows Server 2000. Und da Exchange 2000 nicht auf Windows 2003 läuft, fehlt hier einfach das entsprechende Betriebssystem.

Exchange Server 2003

In der 2003er Version läuft der Exchange-Server natürlich auf Windows Server 2003. Ein 64-Bit-Betriebssystem ist also theoretisch verfügbar. Auch wenn Exchange selber eine 32-Bit-Anwendung ist, sollte es auf dem 64-Bit-Server laufen können, denn schließlich unterstützt dieser ja grundsätzlich auch 32-Bit-Anwendungen.

Bild 1: Sobald man auf ein 64-Bit Windows umsteigt, müssen auch alle Treiber in 64 Bit implementiert werden. Daran scheitert Exchange 2003.

Doch leider gibt es bei Exchange 2003 das Exchange Installable File System (ExIFS). Es dient unter anderem dazu, die E-Mails im Informationsspeicher als Datei ansprechen zu können. Doch leider müssen die Komponenten von ExIFS im Kernel Mode laufen. Und da 32-Bit-Komponenten auf dem 64-Bit-Betriebssystem nicht im Kernel Mode laufen können, läuft auch der Exchange Server 2003 nicht auf 64 Bit. Das ist bedauerlich, denn gerade für stark ausgelastete Exchange-Server wären bei Verwendung vom x64 Windows Server einige Vorteile zu erzielen. So bleibt nur das Warten auf E12.

Exchange 12

E12 ist die nächste Version von Exchange, die derzeit entwickelt wird. E12 wird vermutlich in weniger als einem Jahr, also Anfang 2007 verfügbar sein. Daher ist es auch bei der Beschaffung neuer Hardware für Exchange 2003 zum heutigen Zeitpunkt wichtig, auf die Anforderungen der neuen Version zu achten. Denn in vielen Fällen soll die in diesem Jahr für Exchange 2003 beschaffte Hardware in einem oder vielleicht zwei Jahren bei einem Upgrade auf E12 weiterhin nutzbar sein.

Um diese Planungssicherheit zu gewährleisten, hat Microsoft bekannt gegeben, dass E12 ausschließlich auf 64-Bit-Hardware laufen wird. Zwar ist für Test- und Schulungszwecke eine 32-Bit-Version der Software geplant, aber diese wird im produktiven Einsatz nicht unterstützt. Und vor allem wird die 32-Bit-Version deutlich schlechtere Performance bieten als heute Exchange 2003. Das liegt daran, dass die vorgenommenen Optimierungen für 64 Bit sich kontraproduktiv in der 32-Bit-Welt auswirken.

Natürlich wird dann auch ein 64-Bit-Betriebssystem für E12 vorausgesetzt. Hier wird zunächst die entsprechende Version von Windows 2003 unterstützt und dann natürlich der Longhorn Server.

Mit dem vollständigen Wechsel auf eine 64-Bit-Architektur gehen viele Vorteile einher, die die oben erwähnten Probleme mit Exchange 2003 lösen.

Die Skalierbarkeit steigt deutlich, da die Verfügbarkeit von Kernel-Mode-Speicher drastisch steigt. Einer der Faktoren, der die maximal mögliche Zahl von Benutzern auf einem Exchange-Server einschränkt, ist zunehmend die maximal verfügbare Menge von Kernel-Mode Speicher. Und diese Nutzung ist bei Exchange 2003 abhängig von der Art der Benutzer. Und was noch problematischer ist: Der Verbrauch von Kernel-Mode-Speicher pro Benutzer sowie durch das Betriebssystem an sich nimmt ständig zu. So kann es durchaus sein, dass ein Exchange-Server bei einem Kunden problemlos 4000 Benutzer verkraftet, bei einem anderen Kunden die gleiche Hardware aber bereits bei 2000 Benutzern versagt.

Alleine durch den Service Pack 1 stieg der Bedarf des Betriebssystems selbst an Kernel-Mode-Speicher um ca. 10 Prozent. Dieser Speicher steht dann den Anwendungen wie Exchange nicht mehr zur Verfügung. Das verstärkte Freigeben von Ordnern, der häufigere Zugriff auf Exchange durch mobile Geräte und generell gestiegenes Mail-Aufkommen oder die höhere Zahl der Verbindungen beim Einsatz des Outlook 2003-Cached Mode zehren zusätzlich Kernel-Mode-Speicher auf.

Ein anderer, wohlbekannter Faktor, der die Menge der Benutzer pro Server limitiert, ist die verfügbare Zahl von Disk I/Os. Microsoft konnte hier durch Optimierungen unter 64 Bit die Zahl der notwendigen Disk I/Os pro Benutzer um über 70 Prozent reduzieren. Das würde bedeuten, dass man alleine aufgrund dieser Optimierung die Zahl der Benutzer pro Server mehr als verdreifachen könnte. Diese Steigerung im Bereich der Software ist auch deshalb so bedeutend, weil sich hier auf der Hardwareseite relativ wenig tut. Laut Seagate ist die Kapazität der Festplatten von 1987 bis 2004 um das 15000-fache gestiegen. Gleichzeitig stieg die I/O-Performance aber nur um den Faktor 11. Microsoft geht davon aus, dass bis zum Erscheinen von E12 Fesplatten mit einer Kapazität von 500 GByte die Regel und Platten mit 1 TByte verfügbar sein werden. Bei der I/O-Performance geht man von keiner großen Steigerung aus.

Einige der geplanten Funktionen von E12 sind in großen Umgebungen nur in einer 64-Bit-Umgebung realisierbar, da nur hier ausreichend Arbeitsspeicher zur Verfügung steht. So ist zum Beispiel geplant, dass man in E12 die von jedem Benutzer angelegte Black List und White List der unerwünschten beziehungsweise der gewünschten Absender auf den Exchange-Server zentral hochladen kann. Dadurch kann dann der Spam-Filter von E12 bereits am Gateway diese Einstellungen berücksichtigen.

Global Catalog Server

Ein anderer interessanter Aspekt, den man bei dem Thema „64 Bit und Exchange“ berücksichtigen sollte, sind die Global Catalog Server. Und hier kann man schon heute vom 64-Bit-Windows Server profitieren.

Exchange 2003 und auch Exchange 2000 nutzen die GCs intensiv, und auch bei E12 wird sich daran nichts ändern. Somit hat eine Leistungssteigerung bei den GCs auch immer das Potential einer Leistungssteigerung für Exchange.

Die Leistungsfähigkeit von Global Catalog-Servern und Domain-Controllern an sich steigt beim Einsatz von Windows 2003 x64 mit entsprechender Hardware dramatisch an. Erste Großkunden berichten, dass sie durch den Umstieg auf 64-Bit-Hardware die Zahl der benötigten Global Catalog-Server um den Faktor 11 reduzieren konnten. Das ist natürlich beeindruckend, hinterlässt aber die Frage, ob auch in kleineren Umgebungen Vorteile zu erzielen sind. Die Antwort lautet: ja.

Zum einen sind aktuelle 64-Bit-Prozessoren generell leistungsfähiger als ältere Modelle. Das liegt auch an der Multikern-Architektur. Diese gestattet es nicht nur, mehrere GCs durch einen zu ersetzen, sondern auch die Konsolidierung anderer Server wird ermöglicht. Und das ist gerade für kleinere Installationen interessant, bei denen ein GC häufig noch andere Aufgaben wie Teminal Server oder File Server mit übernehmen muss oder sollte. Hinzu kommt, dass moderne Rechner natürlich auch wieder mit den neuesten Verbesserungen auf anderen Gebieten ausgeliefert werden, wie zum Beispiel mit höheren Bus-Geschwindigkeiten und besseren I/O-Systemen.

Von besonderem Vorteil ist aber, dass ein Global Catalog Server mit x64-Architektur einen deutlich größeren Adressraum hat. Und das erhöht die Chance, die komplette Datenbank des Active Directory (DIT) im Arbeitsspeicher zu halten, auch wenn die DIT ein oder mehrere Gigabyte groß ist. Denn bei einer 32-Bit-Architektur kann man unter absolut optimalen Umständen maximal eine DIT von 2,6 GByte komplett in den Arbeitsspeicher bekommen. In den meisten Fällen scheitert das schon deutlich früher. Und natürlich profitiert auch ein GC von der gesteigerten Performance durch das gestiegene Angebot an Kernel-Mode-Speicher.

Zusammenfassung

Als Konsequenz der in diesem Artikel angestellten Überlegungen ergibt sich eine klare Schlussfolgerung: Sie sollten ab sofort für Ihre Exchange-Server nur noch 64-Bit-Hardware einkaufen. Als Betriebssystem muss allerdings nach wie vor das 32-Bit-Windows zum Einsatz kommen. Sie gewinnen also durch 64-Bit-Hardware an sich nicht unmittelbar, aber durch entsprechende Vorausplanung vermeiden Sie in der Zukunft beim Erscheinen von E12 die Notwendigkeit, neue Hardware besorgen zu müssen.

Zusätzlich sollten Sie Ihre Domain-Controller-Landschaft daraufhin überprüfen, ob sie ebenfalls schon heute von 64-Bit profitieren kann und Sie somit indirekt über den Global Catalog Server auch die Leistungsfähigkeit der aktuellen Exchange Server-Versionen steigern können.