Exchange 2007: Hardware-Bedarf und -Richtlinien

01.01.2007 von Holger Kattner
Exchange Server 2007 wird im Produktionsbetrieb nur noch auf 64-Bit-Hardware unterstützt. Zudem wird trotz der angestrebten Effizienzverbesserung auch mehr Mindestausstattung verlangt werden. Je nach Benutzeranzahl steigt der Bedarf dann noch entsprechend. Hier ein Blick auf die wichtigsten Hardwarerichtlinien.

Als Anwender von Computertechnologie ist man es im Grunde genommen schon gewohnt. Jede noch so rasante Entwicklung auf dem Hardwaresektor wird auf der Softwareseite spielend aufgefangen. Ein Anwender hat heute das Gefühl, noch genauso lange auf den Rechner zu warten wie bei den Rechnergenerationen zuvor. Dass der Computer in der verstrichenen Zeit eine Menge mehr tut, manchmal Sinnvolles und manchmal nicht ganz so Sinnvolles, fällt dabei meist nicht auf. Letztlich orientieren sich die Softwaredesigner bei den implementierten Funktionen einfach an der aktuell verfügbaren Rechenzeit auf einem üblichen Zielsystem und einem als annehmbar akzeptierten Antwortverhalten. Entsprechend steigen von Version zu Version die Anforderungen, während die empfundene Verarbeitungsgeschwindigkeit konstant bleibt.

Auch bei der neuen Version von Exchange Server sind die Mindestanforderungen wiederum merkbar gestiegen: von 133 MHz auf voraussichtlich 800 MHz und von 256 MByte auf 1 GByte. Ursprünglich waren noch 512 MByte angestrebt und für die Betas und Postfach-Server gar 2 GByte verlangt worden. Im realen Leben sind diese Ausstattungsvarianten aber wohl in allen Fällen sehr knapp kalkuliert. Die endgültigen Werte sind zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Artikels leider noch nicht verfügbar. Es kann deshalb eventuell noch kurzfristig zu Änderungen kommen. Für die Betatestversionen von Exchange 2007 hat Microsoft die folgenden Mindestanforderungen veröffentlicht:

Prozessoren

Bei Prozessoren macht Microsoft einen vergleichsweise radikalen Bruch. Standardmäßig wird Exchange Server 2007 nur noch auf 64-Bit- Architekturen im Produktionsbetrieb unterstützt. Damit läuft die neue Version auf einer ganz anderen Rechnertechnologie als der Vorgänger, die noch für die alten 32-Bit-Prozessoren geschrieben wurde.

An manchen Stellen werden als Prozessor-Voraussetzung auch nur die reinrassigen Serverprozessoren Intel Xeon und AMD Opteron genannt. Auf den Consumer-Prozessoren Core (Duo) und Athlon64 wird Exchange 2007 aber genauso laufen, da sie die gleichen Befehlssätze unterstützen. Hier wird wohl nur implizit eine Empfehlung für die etwas leistungsfähigeren, „echten“ Serverprozessoren der Chiphersteller ausgesprochen.

Es wird aber auch für Exchange 2007 eine 32- Bit-Version geben. Sie ist allerdings nur zu Testund Demonstrationszwecken freigegeben. Hintergrund hierfür ist, dass Microsoft das Produkt nur noch als 64-Bit-Version entwickeln will. Die 32- Bit-Version wird nur eine mit entsprechenden Einstellungen übersetzte Variante des 64-Bit-Produkts sein. Die Kosten für die ausführlichen Tests, die für eine Produktivfreigabe notwendig wären, sollen hier eingespart werden. Insbesondere soll kein zweiter Code-Zweig speziell für 32-Bit-Rechner entstehen, der parallel gepflegt werden müsste. Dies könnte bei Kompatibilitätsproblemen zwischen 32 Bit und 64 Bit schnell notwendig werden. Eine solche Trennung birgt allerdings nicht zu unterschätzende Kosten und Stabilitätsrisiken. Davon zeugt nicht zuletzt die Entwicklung des 64-bittigen Windows XP.

Somit läuft auch die Version 2007 auf fast allen neueren Intel-Prozessoren. Einzige Ausnahme bildet die Itanium IA64-Familie. Für diese Prozessoren wird es von Exchange 2007 im Gegensatz zu Windows Server 2003 keine eigene Version geben. Der Grund dürfte der gleiche wie bei der 32-Bit-Version sein, nämlich die Notwendigkeit eines eigenen Code-Astes.

Mittlerweile werden bereits seit einiger Zeit, jedenfalls in den großen Industrienationen, fast ausschließlich Rechner verkauft, die zumindest neben 32 Bit auch 64 Bit unterstützen. Da es erfahrungsgemäß noch geraume Zeit dauern wird, bis die meisten Organisationen komplett nach Exchange 2007 migriert sind, dürfte die 64-Bit- Vorschrift in den meisten Fällen zu keinen nennenswerten Einschränkungen führen, da 64-Bitfähige Hardware dann sehr wahrscheinlich flächendeckend vorhanden sein wird.

Rechnerkerne

Eine weitere Entwicklung neben dem Schritt von 32 Bit nach 64 Bit ist die zunehmende Verbreitung von parallelen Recheneinheiten. Auch Rechner mit nur einem Prozessor besitzen heute häufig zwei Kerne oder mehrere parallele Verarbeitungsströme (Hyperthreading). Das Problem dabei ist allerdings, dass die Software dafür geeignet sein muss. Ein einfaches Programm, das aus einer einzelnen Befehlskette besteht, kann nur auf einem einzelnen Prozessorkern ausgeführt werden, eventuell vorhandene andere Prozessorkerne sind zur Untätigkeit verdammt. Dieses Problem tritt aber heute vor allem bei Anwendungsprogrammen auf, weniger im Serverbereich.

Exchange Server besteht aus einer ganzen Reihe parallel laufender Programme und Dienste. Diese machen teilweise massiven Gebrauch von parallel ausführbaren Codestücken (Threads). Die Arbeit kann deshalb gut parallel von vielen Prozessorkernen geleistet werden. Hierdurch eignet sich die Software hervorragend für Mehrprozessorsysteme und verwandte Technologien. Bei Verdoppelung der Prozessoranzahl konnten auf gut ausgelasteten Systemen Leistungsgewinne von bis zu 70% beobachtet werden. Durch die zusätzliche Verwaltungsarbeit, die die Verteilung der Programme auf mehrere Prozessoren mit sich bringt, ist dies ein nahezu optimales Ergebnis.

Tabelle 1: Empfehlungen für die Anzahl von Rechnerkernen bei den verschiedenen Serverrollen.

Rolle

Minimum

Empfohlen

Maximum

Postfach

1

4

8

Edge Transport

1

2

4

Hub Transport

1

4

4

Clientzugriff

1

4

4

Unified Messaging

1

4

4

Multi-Rollen

1

4

4

Exchange 2003 unterstützt allerdings aufgrund interner Beschränkungen nicht mehr als acht Prozessoren. Bei noch mehr Prozessoren pro System muss deshalb mit Prozessor-Partitionen gearbeitet werden. Für Exchange 2007 liegen bisher noch keine offiziellen Messungen zu dem Thema vor. Besonders Dual-Core- (und mittlerweile auch Quad-Core-) und Hyperthreading-Prozessoren bieten in diesem Bereich ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Der Einsatz dieser Prozessortypen ist deshalb für Exchange 2007 sehr empfehlenswert.

Speicherausbau

Das größte Problem der 32-Bit-Architekturen ist mittlerweile die Beschränkung des Hauptspeichers auf 4 GByte. Exchange kann auch von vorhandenen Technologien, die diese Grenze umgehen, nur sehr begrenzt Gebrauch machen. 64-Bit-Rechner kennen diese Grenze nicht. Hier sind theoretisch Speicheradressierungen im Exabyte- Bereich möglich. Das sind mehrere Milliarden GByte. Der reale Maximalausbau wird daher auf absehbare Zeit von den Rechnern und den verfügbaren Speichermodulen vorgegeben werden. Bei Neuanschaffung von Exchange-Hardware ist es deshalb empfehlenswert, besonders auf den maximal installierbaren Speicher zu achten.

Von Seiten Microsofts sind Angaben für den maximalen Speicherausbau von 32 GByte für Exchange 2007 zu vernehmen. Allerdings wird betont, dass es sich dabei nicht um eine physische Grenze handelt, sondern mehr um eine pragmatische, kosteneffiziente Empfehlung in Anbetracht der derzeit verfügbaren Hardware.

Neben Kostengründen steht dahinter vor allem die Überlegung, dass der Speicherinhalt zu großen Teilen auf einen Festplattenspeicher gelesen und geschrieben werden muss. Speicherausbauten über 32 GByte werden aber durch den verfügbaren Plattendurchsatz zwangsläufig ausgebremst. Dies gilt insbesondere für Zeiten, in denen der Speichercache von der Festplatte neu befüllt werden muss, beispielsweise nach einem Systemneustart. Deshalb sieht Microsoft derzeit 32 GByte als den Punkt an, wo sich die Kosten für zusätzlichen Speicher aufgrund der negativen Seiteneffekte nicht mehr auszahlen.

Es ist schwer, in Sachen Speicherausbau eine Empfehlung auszusprechen. Häufig gibt hier das vorhandene Budget eine gute Leitlinie ab. Bei einer feststehenden Anzahl von Postfächern kann, wie weiter unten gezeigt wird, eine empfohlene Speicherausstattung abgeleitet werden. In größeren Organisationen geht es allerdings auch darum, wie viele Postfächer pro Server geplant werden. Dies lässt sich umgekehrt aus den Kosten eines Systems ableiten. Große Speichermodule, die für einen maximalen Speicherausbau notwendig sind, sind zumeist besonders teuer. Demgegenüber führen viele installierte kleine Module manchmal zu einer Drosselung der Speicherzugriffsgeschwindigkeit, da der Bus andernfalls überlastet würde.

Rollenunterschiede

Exchange Server 2007 wird sich in verschiedenen Rollen installieren lassen. Nicht alle diese Rollen haben den gleichen Ressourcenhunger. Die Verwaltung der Postfach-Datenbank ist und bleibt der arbeitsintensivste Prozess, während Spam und Virenfilterung etwas einfacher von der Hand gehen. Im Einzelnen ergeben sich für die verschiedenen Rollen folgende Überlegungen:

Der Postfach-Server ist das Arbeitstier der Exchange- Organisation und benötigt im Regelfall die meisten Ressourcen. Entscheidend ist hierbei die Anzahl der verwalteten Postfächer und die Art der Postfachnutzung. Das Hilfsprogramm Exchange Profile Analyzer von Microsoft kann hier Daten beisteuern, um das durchschnittliche Nutzerverhalten zu analysieren. Ein generischer Durchschnittsanwender kann bei circa 10 gesendeten und 40 empfangenen E-Mails pro Arbeitstag angenommen werden. Microsoft empfiehlt, pro 1000 solcher Durchschnittsanwender aus einem Server einen Prozessorkern zu verwenden. Bei intensiverem oder weniger intensivem Nutzungsverhalten muss die Einstufung entsprechend angepasst werden.

Für den Speicherausbau muss ebenfalls die Anzahl und das Nutzungsverhalten berücksichtigt werden. Für Postfach-Server gelten 2 GByte als Minimum. Hierzu sollten zwischen 2 bis 5 MByte pro Postfach addiert werden, je nach Nutzungsverhalten. 3,5 MByte gelten als Faktor für den genannten generischen Durchschnittsanwender, 5 MByte für die intensive Nutzung. 32 GByte gelten aus den genannten Gründen als Empfehlung für den maximalen Ausbau, was einer maximalen Postfachanzahl von 8000 bis 10000 Nutzern pro Postfach- Server entspricht. Die Zahlen dieser Empfehlung variieren allerdings je nach Quelle. An anderer Stelle wird etwas defensiver mit 5 bis MByte pro Postfach kalkuliert, ohne dabei genauer auf die Art der Nutzung einzugehen.

Tabelle 2: Empfehlungen für den Speicherausbau bei den verschiedenen Serverrollen.

Rolle

Minimum

Empfohlen

Maximum

Postfach

2 GByte

2 GByte + 2-5 MByte pro Postfach

32 GByte

Edge Transport

1 GByte

1 GByte pro CPU-Kern (2 GByte)

16 GByte

Hub Transport

1 GByte

1 GByte pro CPU-Kern (4 GByte)

16 GByte

Client-Zugriff

1 GByte

1 GByte pro CPU-Kern (4 GByte)

4 GByte

Unified Messaging

1 GByte

512 MByte pro CPU-Kern (mind. 1 GByte)

4 GByte

Multi-Rollen

2 GByte

4 GByte + 2-5 MByte pro Postfach

8 GByte

Einen Einfluss des Speicherausbaus gibt es auch bei der Anzahl der verwendeten Speichergruppen. Speichergruppen helfen die Postfächer einer Organisation besser zu organisieren. Exchange Server 2007 unterstützt jetzt bis zu 50 Speichergruppen pro Server. Da jede Speichergruppe einen Mindestbedarf an Hauptspeicher für den Datenbank- Cache mit sich bringt, reduziert sich die Anzahl der empfohlenen Speichergruppen je nach Speicherausbau des Systems. Einen Überblick über die maximal empfohlene Anzahl gibt Tabelle 3.

Hub-Transport und Client-Zugriff

Für die Rollen Hub Transport und Client-Zugriff gelten als Empfehlung Rechner mit vier Kernen und einem Speicherausbau von 4 GByte bei großen Organisationen, die mit einer möglichst geringen Serverzahl auskommen. Bei kleineren Installationen kann auch ein Server mit ein oder zwei Kernen und 1 bis 2 GByte Speicher ausreichend sein. Allgemein wird 1 GByte pro installierten Rechnerkern empfohlen. Als empfohlener Maximalausbau gilt bei der Client-Zugriffs-Rolle 4 GByte.

Für die etwas speicherintensivere Arbeit des Hub Transport sollen bis zu 16 GByte verwendet werden. Hier gibt es ebenfalls eine Faustregel auf Basis der vorgehaltenen Warteschlangen. Für jede wartende Nachricht sollen 4 KByte zum Basiswert addiert werden, sowie 1 KByte für jeden zusätzlichen Empfänger auf den einzelnen Nachrichten. Ein Maximalausbau von 16 GByte entspricht deshalb einer durchschnittlichen Warteschlangenlänge von mehreren Millionen Nachrichten.

Die Unified-Messaging-Rolle ist die genügsamste Installation von Exchange Server 2007. Sie kommt bereits mit 512 MByte pro Rechnerkern aus. Aber auch hier gilt ein Minimum von 1 GByte pro Installation. Aufgrund der notwendigen zeitnahen Verarbeitung von multimedialen Inhalten (Sprachaufzeichnungen) sind mehrere verfügbare Rechnerkerne besonders sinnvoll. Es werden deshalb auch hier vier Kerne empfohlen. Die Edge-Transport-Rolle verhält sich ähnlich wie ein Hub-Transport-Server. Hier gelten zwei Kerne und 2 GByte als empfohlene Ausrüstung. Der Unterschied zum Hub-Transport-Server liegt vor allem darin, dass Microsoft für Edge-Transport- Rollen aus Gründen der Ausfallsicherheit rät, lieber zwei kleinere Server als einen großen zu betreiben. Der Maximalwert liegt hier ebenfalls bei 16 GByte aufgrund der gleichen Faustformel, die für den Hub-Transport-Server gilt.

Für Server mit mehreren Rollen gilt es, die genannten Überlegungen zu kombinieren und den sich ergebenden Maximalwert zu nehmen. Bei den Faustregeln sollte mit etwas defensiveren Werten gearbeitet werden, um dem Fakt Rechnung zu tragen, dass der Server mehr Arbeit nebenher zu erledigen hat. Bei einer Ein-Server- Installation sollte deshalb bei der Postfach-Faustregel nicht mit 1000 Anwendern pro Kern gerechnet werden, sondern besser nur noch mit 800. Zudem sollte man eine höhere Speichergrundausstattung einplanen (4 GByte statt 2 GByte).

Tabelle 3: Die empfohlene maximale Anzahl von Speichergruppen bei unterschiedlichem Speicherausbau.

Hauptspeicherausbau

Speichergruppen

2 GByte

2

4 GByte

8

8 GByte

24

12 GByte

40

16 GByte

50

Außerdem schränkt Microsoft die Empfehlung für den maximalen Speicherausbau auf 8 GByte ein. Dies hängt beispielsweise damit zusammen, dass für den Postfachspeicher weniger Bandbreite für den Festplattenzugriff zur Verfügung steht. Damit kommt der geschilderte Effizienzknick bereits früher. Die anderen Rollen brauchen die Festplatte ja auch hin und wieder.

Zum anderen ist dies wohl auch Teil einer Strategie, die Anwender vom Betrieb allzu großer Ein- Server-Installationen abzubringen. Das Problem dabei ist, dass der Ausfall eines solchen Systems schnell die Arbeit eines ganzen Unternehmens zum Stillstand bringen kann. Die damit verbundenen Kosten sind schnell deutlich höher als die Betriebskosten eines Mehrserversystems. Die Tabellen 1 und 2 fassen die wichtigsten Empfehlungen für Speicher- und Prozessorausbau bei Exchange Server 2007 noch einmal zusammen.