Erster Test: SUSE 9.3 Professional

22.04.2005 von Jürgen Donauer
Nach dem offiziellen Release von SUSE 9.3 haben wir einen ersten Blick auf das neue Linux geworfen.

Das Betriebssystem bringt als Desktop-Manager KDE 3.4 und GNOME 2.10 mit. Als Office-Version dient ein Pre-Release von OpenOffice.org 2.0. Für E-Mail und zur Kalender- und Kontaktverwaltung dienen Novell Evolution 2.0 und Kontact 3.4.

Weiterhin sollen erweiterte Notebook-Funktionalitäten mit Centrino-Unterstützung, Bluetooth-Funktionalität und verbesserte WLAN-Unterstützung sowie Energieverwaltung vorhanden sein. Zur Grafikbearbeitung setzt SUSE 9.3 auf Gimp 2.2. Herzstück ist der neueste Kernel Version 2.6.11. Mit von der Partie ist auch XEN, die erste Open-Source-Virtualisierungslösung.

SUSE LINUX Professional 9.3 ist ab sofort über den Fachhandel sowie über Online-Shops zum Preis von 89,95 Euro erhältlich. Kunden, die SUSE LINUX Professional bereits in einer früheren Version einsetzen, erhalten das Update zu einem vergünstigten Preis von 59,95 Euro. Auch Studenten haben die Möglichkeit, das Produkt zu demselben ermäßigten Preis zu beziehen.

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Test

Wir haben die Messlatte für SUSE Linux 9.3 Professional von Anfang an hoch angelegt und ein Notebook zum Test verwendet. Die Installation verlief ohne Probleme. Eine Sache fiel besonders positiv auf: Während der Installation ist eine Verkleinerung bestehender Windows-Partitionen möglich, um Platz für Linux zu schaffen. Bis auf die Wireless-Lan-Karte wurde die komplette Hardware erkannt.

Fairerweise muss man sagen, dass es keine nativen Linux-Treiber für eine "Dell True Mobile 1300"-WLAN-Karte gibt. Mit Hilfe des Pakets ndiswrapper, welches in der Distribution enthalten ist, war das Problem mit dem drahtlosen Netzwerk jedoch schnell gelöst. Ndiswrapper bedient sich der Windows-Treiber und bindet diese ins Linux-System ein. Das Ganze funktioniert so:

ndiswrapper -i datei.inf

ndiswrapper -m

ifconfig wlan0 up

Angenehm überraschen konnte auch das Zusammenspiel mit dem Wide-Screen-Dsiplay des Dell-Notebooks. Eine Auflösung von 1900 x 1200, gestochen scharf und ohne verschwommene Konturen überzeugte.

Einen im laufenden Betrieb eingesteckten USB-Stick erkannte das OS sofort als neuen Datenträger und band diesen in /media/ ein. Beim Powermanagement funktionierte "Suspend to Disk" auf Anhieb.

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Anwendungs-Software

Die mitgelieferte Software-Auswahl ist umfangreich und bietet für jeden Geschmack etwas. Über 1000 Open-Source-Anwendungen bringt 9.3 auf teilweise aktuellstem Stand mit. Dabei kommt sowohl Anwendungs- wie auch Server-Software nicht zu kurz. MySQL 4, Apache 2, Postfix, SpamAssassin, AntiVir, Firewall, Gimp 2, die Liste ließe sich nahezu endlos weiterführen. Über YaST lässt sich das komplette System einfach administrieren.

Pre-Release von OpenOffice 2.0: Die freie Office-Suite ist gewohnt gut und einfach zu bedienen. Das Interessanteste ist allerdings, dass eine Access-ähnliche Datenbank enthalten ist. Mit Hilfe von Wizards und ein paar Klicks ist sehr schnell eine Datenbank nebst Formularen erstellt.

Man scheint sich bei SUSE ernsthafte Gedanken gemacht zu haben, was ein Mensch an Dokumentvorlagen so brauchen könnte. Die mitgelieferten Vorlagen sind sinnvoll und umfangreich. Es gibt zum Beispiel ein automatisch rechnendes Benzinverbrauchs-Spreadsheet oder die Vorlage für einen PKW-Kaufvertrag.

Als Browser dient der mittlerweile auf Linux zum Standard gewordene Firefox (Version 1.01). Bei anderen Distributionen muss man das Java- und Flash-Plugin oft händisch nachinstallieren. Hier sind beide angenehmerweise in der Installation enthalten.

Mit Akregator ist ein schnörkelloser Newsreader auf dem System enthalten. Dieser bindet sich unauffällig in die Kontrolleiste ein. So ist man immer auf dem aktuellen Stand.

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Weitere Anwendungs-Software

Real Player 10 ist als Multimedia-Anwendung mit von der Partie. An Multimedia-Software mangelt es sowieso nicht: Xmms, Kdetv, Kaffeine, K3b - um die prominentesten Anwendungen zu nennen. Für die kleine Unterhaltung zwischendurch sorgt zum Beispiel eine freie Umsetzung des Evergreens Civilization. Diverse Brett- und Arkade-Spiele sind ebenso enthalten.

Auch wissenschaftliche Software ist reichlich vorhanden. Verschiedene Taschenrechner, das Periodensystem der Elemente, ein Latein-Vokabeltrainer, mathematische Lernspiele, und so weiter. Hobby-Astronomen finden sicher Gefallen an Kstars.

YaST Online Update ist mit wenigen Klicks bereit, holt Updates und Sicherheits-Patches aus dem Internet und spielt diese auf dem System ein.

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Fazit

SUSE 9.3 Professional bietet ein stressfreies Rundumpaket. Es ist einfach zu administrieren, sehr gut in der Hardware-Erkennung und bietet umfangreiche Software. Neueinsteigern wird der Schritt zu Linux angenehm einfach gemacht.

Aber auch fortgeschrittene Benutzer dürften mit einigen Einschränkungen ihren Spaß haben. Am Systemverwaltungs-Tool YaST könnten sich andere Distributionen eine Scheibe abschneiden. SUSE-Entwickler, das war ein guter Job!

Meinung

Jürgen Donauer, Redakteur tecCHANNEL

Für Windows-User war es definitv nie einfacher, auf Linux umzusteigen. Das SUSE-Paket an sich funktioniert wunderbar. Neueinsteiger haben mit Sicherheit einen Heidenspaß an der Software. Mit wenigen Klicks zum Ziel und zu sichtbaren Ergebnissen zu gelangen, ermutigt, mehr hinter die Kulissen zu schauen.

Aber: Gerade beim Blick hinter die Kulissen stößt man sich zu oft an Ecken und Kanten dieser Linux-Distribution. Fortgeschrittene Benutzer, die zum Beispiel einen eigenen Kernel kompilieren möchten, werden frustriert scheitern. Es ist einiges an Handarbeit nötig, um das zu realisieren. SUSE patcht am System, was das Zeug hält. Nicht selten kommt es dabei zu Inkompatibilitäten mit Original-Sourcen. Und dieser Umstand vermiest mir den Spaß an SUSE gewaltig. Persönlich verzichte ich lieber auf den wirklich tollen YaST, administriere mein Debian/Fedora auf der Kommandozeile und genieße den Vorteil, mich freier bewegen zu können.

Einen Artikel darüber, welche Probleme mit SUSE und dem Vanilla-Kernel auftreten, finden Sie im neuesten tecCHANNEL-Compact "Linux-Praxis für Profis", das Sie online für 9,90 Euro bestellen können. (jdo)

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