Erster Test: Radeon X1900 XTX gegen GeForce 7800 GTX 512

24.01.2006 von Bernhard  Haluschak
Die kanadische Grafikchipschmiede ATI greift mit den zwei neuen Topmodellen Radeon X1900 XTX und Radeon 1900 XT nach dem 3D-Grafikthron. Ob NVIDIA mit der GeForce 7800 GTX 512 den Platz räumen muss, zeigt unser erster Test.

Der Kampf um den leistungsfähigsten 3D-Grafikchip zwischen ATI und NVIDIA geht in die nächste Runde. Konnte NVIDIA im November 2005 mit der GeForce 7800 GTX 512 gegen den ATI Radeon X1800 XT noch punkten, schicken die Kanadier mit dem Radeon X1900 XTX und dem Radeon X1900 XT zwei neue Anwärter auf die Spitzenposition in der 3D-Liga. Diese basieren auf der Radeon-X1800-Architektur mit einigen interessanten neuen Features.

Zu den wesentlichen Neuerungen der Radeon-X1900-Baureihe, Codename R580, zählt die höhere Shader-Performance und das High Dynamic Range Rendering mit Kantenglättung sowie winkelunabhängiges Anisotropic Filtering. Ersteres soll besonders bei Shader-lastigen Anwendungen und Spielen für eine entsprechende Beschleunigung sorgen. Die übrigen Techniken können laut Hersteller Lichteffekte und Bildszenen noch realitätsgetreuer darstellen als bisher.

tecCHANNEL hat die ATI-Grafikchips Radeon 1900 XTX und Radeon 1900 XT in einem ersten Test anhand einiger ausgewählter 3D-Benchmarks unter die Lupe genommen. Darüber hinaus erörtern wir, welche technischen Features ATI in seinen neuen Grafikchips einsetzt und zeigen die Unterschiede der einzelnen Grafikchipmodelle.

Architektur: Radeon X1900 XTX/XT

Um die 3D-Performance gegenüber den Radeon-X1800-Modellen signifikant zu erhöhen, stattete ATI die neun Highend-Modelle X1900 XTX und X1900 XT mit zwölf statt bisher vier parallelen Quad-Pixel-Shader-Cores aus. Die acht Vertex-Shader ließ der Hersteller unverändert. Für die Verdreifachung der Shader Units musste ATI die Transistorzahl von 320 auf 380 Millionen gegenüber dem Vorgänger erhöhen. Dagegen verfügt der NVIDIA GeForce 7800 GTX 512 über insgesamt 24 Pixel-Pipelines und sechs Vertex-Shader. Um die vielen komplexen Schaltkreise auf einem Chip kostengünstig unterzubringen, lässt ATI die X1900-Modelle im 90-Nanometer-low-k-Prozess vom taiwanischen Halbleiterhersteller TSMC fertigen. Auch die X1800-Chips werden bereits in dieser Strukturbreite produziert. NVIDIAs Highend-Modellreihe GeForce 7800 entsteht noch nach dem 110-Nanometer-Verfahren.

ATIs Topmodell Radeon X1900 XTX taktet den Core und den 512 MByte großen Speicher mit 650 beziehungsweise 775 MHz. Der Radeon X1900 XT arbeitet mit einem Chiptakt von 625 MHz und einem Speichertakt von 725 MHz. Der Vorgänger Radeon X1800 XT begnügt sich mit 625 und 750 MHz und NVIDIAs GeForce 7800 GTX 512 arbeitet mit 550 und 850 MHz. Laut ATI soll die elektrische Leistungsaufnahme der X1900-Modelle unter “Worst-Case-Bedingungen“ nicht mehr als 100 Watt betragen. Für die nötige Frischluftzufuhr des Grafikprozessors sorgt bei den Testkarten ein Zwei-Slot-Kühlsystem, das besonders durch den hohen Lärmpegel auffällt.

Nach Aussagen von ATI soll die völlig neue X1000-Grafikchiparchitektur inklusive den X1800- und X1900-Chips deutlich effizienter arbeiten als die der Vorgänger. Im Bestfall sollen die Shader-Engines eine Auslastung von 95 Prozent erreichen. Dafür sorgt ein zentraler Ultra-Threading-Dispatch-Prozessor. Dieser kann mehrere Threads bearbeiten und zusammenführen sowie redundante Berechnungen vermeiden (Dynamic Branching). Zusätzlich soll eine ausgeklügelte Branch Execution Unit den Overhead bei Thread-Wechseln minimieren, da alle Threads im Cache gehalten werden.

Speicher-Interface der X1000-Radeon-Generation

Mit der Einführung der X1000-Grafikchips inklusive X1900 und X1800 nutzt ATI beim Memory-Controller eine neue Speichertechnologie. Die Anbindung der Speicherchips an den Controller erfolgt erstmals über einen internen 2x 256 Bit breiten Ringbus. Dieser arbeitet mit GDDR3-Speicherchips und erreicht bei dem Radeon X1900 XTX eine Bandbreite von 49,6 GByte/s. Der Radeon X1900 XT arbeitet mit einem theoretischen Speicherdurchsatz von 46,4 und der Radeon X1800 XT mit maximal 48 GByte/s (Basis 1000). Auch zukünftige Speichertechnologien wie GDDR4 soll die X1000-Architektur unterstützen können.

Das externe Speicher-Interface der X1000-Chips bleibt wie bei dem Vorgänger 256 Bit breit. Allerdings erfolgt der Datenaustausch zum internen Ringbus nicht mehr über vier 64-Bit-Kanäle (vier Bänke pro DRAM) sondern über acht 32 Bit breite Schnittstellen (acht Bänke pro DRAM). Die Ringbusstruktur soll höhere Taktraten des Speichers ermöglichen und die Zugriffszeiten signifikant verkürzen. Zusätzlich soll es das Layout von Grafik-Boards vereinfachen.

Einen weiteren Vorteil der Ringspeicherarchitektur bietet das neue Cache-Design. Es erhöht durch einen “Fully-Associative-Zugriff“ zwischen dem Grafikspeicher und den Grafikchip-Caches die Effizienz beim Datenaustausch. Darüber hinaus kann die programmierbare Arbitration-Logik den Datenfluss des Speicher-Controllers durch einfache Upgrades via Software weiter optimieren. Einen positiven Einfluss auf die Speicher-Performance haben auch die implementierten Funktionen wie priorisierte Memory Access Requests und ein Feedback-System im Memory-Controller.

Weitere Details

Zum Standard der ATI-X1000-Chips gehört Smart-Shader-Modell-3.0 und die Funktion “High Dynamic Range Rendering“ (HDRR), die ein größeres Farbspektrum darstellen kann als bisher. So sind feinere Abstufungen bei Farbverläufen und realitätsnahe Überblendeffekte mehrerer Lichtquellen möglich. Die Radeon-X1900-Familie beherrscht zusätzlich das HDR mit Anti Aliasing. Diese Funktion vermag Lichteffekte ohne störende Treppenbildung darzustellen.

Neben der bekannten temporalen Kantenglättung zählt zum Repertoire der ATI-X1000-GPUs auch das Adaptive Kantenglättungsverfahren. Es kombiniert die Bildqualität von Supersampling mit der Geschwindigkeit von Multisampling und kann feine Strukturen wie beispielsweise einen Drahtzaun ohne treppenförmige Kanten auflösen.

Für eine physikalisch korrekte Abbildung von Lichtquellen sorgt bei den X1000-Chips die Funktion Volumetric Lighting. Dagegen ist die Technik Dynamic Soft Shadows für die entsprechende Darstellung von Schatteneffekten zuständig. Darüber hinaus integrierte ATI eine Echtzeit-Partikel-Engine, um die realitätsgetreue Simulation und Darstellung von Regen und Wasser zu ermöglichen.

Mit der Einführung der X1000-Grafikchipfamilie bietet ATI zusätzlich die Avivo-Technologie, ähnlich NVIDIAs PureVideo. Diese enthält eine Reihe von Verfahren zur Beschleunigung von komprimierten Video-Streams und zur Verbesserung der Bildqualität.

Radeon-Modelle im Überblick

In der folgenden Tabelle geben wir einen Überblick über die technischen Unterschiede der aktuellen ATI-Grafikchips. Zusätzlich listen wir die empfohlenen Verkaufspreise für Grafikkarten mit den entsprechenden Chips auf.

Radeon-Grafikchip

X1900 XTX

X1900 XT

X1800 XT

X1800 XL

X1600 XT

X1600 PRO

X1300 PRO

X1300

X1300 HM

Chiptakt (MHz)

650

625

625

500

590

500

600

450

450

Speichertakt (MHz)

775

725

750

500

690

390

400

250

500

Pixel Shader

48

48

16

16

12

12

4

4

4

Vertex Shader

8

8

8

8

5

5

2

2

2

Textureinheiten

16

16

16

16

4

4

4

4

4

Speicherbusbreite (Bit)

256

256

256

256

128/256

64/128

64/128

32/64

32/64

Grafikspeicher (MByte)

512

512

256/512

256

128/256

128/256

128/256

128/256

128

Crossfire 2 Edition

nein

ja

ja

ja

nein

nein

nein

nein

nein

zirka Kartenpreis (Euro)

650

550

400/500

300

200/250

100/150

90/120

70/90

50

Benchmark-Vorbetrachtung

Alle Grafikchips testen wir unter Windows XP inklusive SP2 und DirectX 9.0c. Wir verwenden aktuelle 3D-Benchmarks. Als Ansteuerung für die NVIDIA-GeForce- und bisherigen ATI-Karten kommen die zurzeit aktuellsten ForceWare- beziehungsweise Catalyst-Treiber zum Zuge. Für die neuen Grafikkarten von ATI verwenden wir den Catalyst-Treiber 5.13. Es handelt sich hierbei um einen Beta-Treiber, der noch nicht offiziell freigegeben wurde.

Die Benchmark-Ergebnisse der Grafikchips von NVIDIA sowie ATI stellen wir auf den folgenden Seiten grafisch gegenüber. Als Testsystem für die Radeon-Karten kommt das Asus-Mainboard A8R-MVP mit einem ATI-RD480-Chipsatz zum Einsatz. Dagegen diente für die NVIDIA-Grafikkarten das A8N-SLI des gleichen Herstellers als Testplattform. Bestückt sind die Mainboards mit einem Athlon 64 FX 60 von AMD und mit 2x 1024 MByte Speichermodulen der Firma Corsair.

Mehr Details, Benchmarks und spielebezogene Messungen – auch zur ATI-X1900-Crossfire-Version - finden Sie online und in der nächsten Print-Ausgabe unserer Schwesterpublikationen GameStar und PC-Welt.

F.E.A.R.

F.E.A.R. setzt ganz auf DirectX9. Dieses 3D-Spiel zeichnet sich durch komplexe Szenarien aus. Die Anforderungen an die Hardware und besonders an die Speicherbandbreite der Grafikkarten sind bei Auflösungen ab 1024 x 768 Punkten und mit maximalen Detaileinstellungen sehr hoch.

Quake 4

Die OpenGL-Performance ermitteln wir unter anderem mit Quake 4. Durch die umfangreichen 3D-Szenen bietet der Benchmark einen guten Anhaltspunkt für die Leistungsfähigkeit der Grafikchips bei anspruchsvollen 3D-Anwendungen.

Splinter Cell 3

Splinter Cell 3 ist ein DirectX9-Benchmark. Er bietet komplexe Licht- und Schatteneffekte sowie große Texturen. Besonders bei hohen Auflösungen und Farbtiefen wird die Hardware stark belastet. Das Spiel profitiert vor allem von der Performance der eingesetzten Grafik-Hardware. Darüber hinaus bietet es Shader-Model-3.0-Unterstützung.

Fazit

Das ATI-Topmodell Radeon X1900 XTX und das niedriger getaktete Pendant Radeon X1900 XT haben unseren Testparcours als Gesamtsieger durchlaufen. Sie konnten in Bezug auf die 3D-Leistung überzeugen. Allerdings offenbaren sich auch Schwächen, wie zum Beispiel beim OpenGL-Shooter Quake 4. Dieses Spiel ist nicht besonders Shader-lastig, so dass der NVIDIA GeForce 7800 GTX in dieser Disziplin die Nase vorne behält. Die Leistungsfähigkeit der 48-Shader-Einheiten zusammen mit der Ringspeicherarchitektur kommt bei dem anspruchsvollen Spiel F.E.A.R außerordentlich gut zum Tragen. In der 1600er Auflösung erkämpft sich der ATI-X1900-XTX-Chip gegenüber dem NVIDIA-Topmodell einen Vorsprung von mehr als 37 Prozent.

Bei der Treiberstabilität und der Grafikqualität überzeugen die Testkandidaten trotz Beta-Treiber. Texturfehler oder „Aussetzer“ haben wir nicht festgestellt. Einen Wermutstropfen hinterlässt allerdings das etwas zu laute Kühlsystem – hier gibt es bessere Lösungen. Im Feature-Vergleich liegen ATI und NVIDIA dicht zusammen mit leichten Vorteilen für die Kanadier durch zukunftsweisende Features wie HDR mit Anti-Aliasing, winkelunabhängiges Anisotropic Filtering und der Ringspeicherarchitektur des Memory-Controllers.

Sowohl Highend-Grafikkarten mit dem Radeon X1900 XTX wie auch mit dem GeForce 7800 GTX 512 kosten etwa 650 Euro. Ein stolzer Preis, der sich nur für absolute Spieleliebhaber lohnt, die um jedes Frame kämpfen. Für zirka 550 Euro ist die Radeon X1900 XT zu haben. Für „normale“ Anwender aber empfiehlt es sich, auf preiswertere Modelle der Hersteller zurückzugreifen. Diese Karten verfügen über eine akzeptable Performance - auch für aktuelle Spiele - und belasten den Geldbeutel weniger.

Erste Grafikkarten mit den ATI-Grafikchips Radeon X1900 XTX und Radeon 1900 XT sollen ab sofort bei den Händlern verfügbar sein. Auch eine X1900-Crossfire-Version für etwa 600 Euro will ATI anbieten. (hal)