ERP-Zufriedenheitsstudie 2013

ERP erneuern und IT-Investitionen sichern mit System

15.05.2013 von Karsten Sontow und Peter Treutlein
Never change a running system? Für in die Jahre gekommene ERP-Anwendungen gilt diese IT-Weisheit nicht. Vielmehr zahlt es sich aus, frühzeitig über eine gründliche Renovierung nachzudenken.

Anwender von ERP-Systemen sehen sich mit einer ganzen Reihe von "Trends" konfrontiert: Den Experten zufolge kommt man künftig um "ERP aus der Cloud" nicht herum, weil damit angeblich der ERP-Einsatz flexibiler wird und sich gleichzeitig Kosten sparen lassen. Der Trend zu mehr "Business Intelligence" ist stark mit dem Begriff "Big Data" verbunden, der gleichermaßen das Problem - ständig wachsende Datenfluten - und die Lösung - Software, mit deren Hilfe Daten in nützliche Informationen verwandelt werden können - bezeichnet.

Business Apps in Verbindung mit Smartphones oder Tablet-PCs sollen den ERP-Einsatz mobiler machen und ermöglichen die Arbeit mit der ERP-Lösung von überall und zu jeder Zeit. Die Anbindung von Social Networks wie LinkedIn, Xing und Facebook eröffnet neue Chancen für Marketing und Vertrieb sowie für die Bindung von Mitarbeitern oder Kunden durch entsprechende Gruppen und Foren.

Digitalisierung nimmt zu

Über diese Hype-Themen hinaus offenbart die Praxis, dass immer mehr Aufgabenbereiche in den Unternehmen digitalisiert werden. So wachsen die Softwarelandschaften rund um CRM, ECM, BI und SCM zunehmend zusammen. Über das Ziel sind sich dabei alle einig: eine bereichsübergreifende Auftragsabwicklung sowie Planung und Steuerung der Unternehmensressourcen ohne Probleme durch Medienbrüche, Mehrfacheingaben und inkonsistente Datenhaltung. Allerdings treten in diesem Zusammenhang zwei gegenläufige Trends auf. Der eine geht zu immer umfassender integrierten Softwarepaketen, die alle Anforderungen aus einer Hand abdecken und die Vorteile der Durchgängigkeit und der Einheitlichkeit betonen. Demgegenüber steht die Vision des Best-of-Breed, bei der die jeweils besten Speziallösungen weitgehend frei miteinander kombiniert werden können.

10 Trends im ERP-Markt 2013
Für das Jahr 2013 sind wichtige Entwicklungen in Sachen ERP-Software und ERP-Markt abzusehen. Für Anwender interessant zu wissen, denn ERP-Systeme bilden das Rückgrat der betrieblichen Informationsverarbeitung und verschlingen einen großen Teil des jährlichen IT-Budgets.
1. Der ERP-Markt bleibt dynamisch
Die schon seit Jahren vorhergesagte, aber bisher nicht eingetroffene Konsolidierung des Marktes für Enterprise Resource Planning wird auch 2013 nicht erfolgen. Zwar werden wieder einige traditionelle Anbieter aufgeben oder Systeme aus der aktuellen Weiterentwicklung nehmen, aber dieser Effekt wird durch zwei wesentliche Zuflüsse neuer ERP-Anbieter mehr als ausgeglichen: zum einen drängen noch immer internationale Anbieter auf den deutschen Markt, wie in den letzten Jahren Plex oder Jeeves. Zum anderen entwickeln sich bisherige Nischenanbieter mehr und mehr zu vollwertigen ERP-Anbietern, etwa der Berliner Anbieter Projektron, der mit seiner Lösung BCS ein vollwertiges ERP-System für projektorientierte Dienstleister anbietet.
2. Weiter hohe Investitionsbereitschaft
Die vom Center for Enterprise Research betriebene ERP-Trendstudie 2012 brachte eine erstaunlich hohe Investitionsbereitschaft der ERP-Anwender ans Licht. Fast 70 Prozent der Unternehmen befassen sich derzeit mit Investitionen in ihre ERP-Landschaft, das heißt, planen in ihre ERP-Systeme zu investieren oder machen gegenwärtig bereits. Vor diesem Hintergrund ist mit einer erheblichen Abkühlung der Investitionsbereitschaft im ERP-Umfeld im Jahr 2013 nicht zu rechnen.
3. ERP-Bedeutung nimmt ab
Trotz der hohen Investitionsbereitschaft sind die Tage gezählt, in denen das ERP-System die einzige unternehmensweite Anwendungslösung darstellte. Gerade Unternehmen mit spezialisierten Prozessen gehen zunehmend dazu über, neben das ERP-System weitere unternehmensweit genutzte Anwendungen zu stellen. Dennoch bleibt das ERP-System weiterhin der Maßstab für die betriebswirtschaftliche Bewertung der Geschäftsabläufe und auch führendes System für die meisten Stammdaten.
4. Anbieter werden professioneller
Viele deutsche Mittelständler haben sich zu internationalen Weltmarktführern entwickelt und ihre Organisation sowie ihren Auftritt entsprechend angepasst. Die Softwarelieferanten dieser "Hidden Champions" haben diese Professionalisierung bisher erst teilweise absolviert. Das Center for Enterprise Research sieht jedoch bei vielen Anbietern große Anstrengungen, die für Softwareanbieter wichtigen Prozesse Vertrieb, Support und Entwicklung deutlich zu professionalisieren.
5. Big-Data-ERP ohne Business Analytics
Während noch vor wenigen Jahren die Beschaffung von Daten über Kundenverhalten oder Fertigungsprozesse ein großes Problem darstellte, hat sich der Fokus nunmehr auf die Auswertung dieser großen Datenmengen - Big Data - verschoben. Eine aktuelle Untersuchung des Lehrstuhls www.wettbewerbsfaktor-analytics.de zeigt, dass ERP-Systeme in diesem Punkt wenig leistungsfähig sind und sich dieses Manko in naher Zukunft auch kaum ändern wird.
6. ERP muss Prozesse besser abbilden
Die Anbieter kämpfen gegenwärtig mit ganz anderen Baustellen. Immer mehr Kunden verlangen umfassende Lösungen für das Geschäftsprozess-Management, die eng mit dem ERP-System verzahnt sind. Im Idealfall ist dies nicht nur für das Einführungsprojekt von Vorteil, sondern auch für Schulung und Support in der Betriebsphase. Diesen Anforderungen werden die Anbieter unterhalb der SAP-Liga derzeit nur unzureichend gerecht.
7. Technologie und Architektur werden wichtiger
Der Hype um serviceorientierte Architekturen ist weitgehend vorbei. Nachdem sich der Pulverdampf um dieses Thema verzogen hat, wird folgendes deutlich: Die Anwender schauen stärker auf die Architektur und den Beitrag der vom ERP-Anbieter verwendeten Technologie zur Integrationsfähigkeit ihres ERP-Systems. Dabei ist nach wie vor die Funktionalität eines der wichtigsten ERP-Auswahlkriterien.
8. ERP wird mobiler
Der Trendreport der Universität Potsdam zeigt bei mobilen Lösungen einen deutlichen Unterschied zwischen den Interessen der Anwender und den Investitionsschwerpunkten der Anbieter. Während für Anbieter der Funktionsausbau für mobile ERP-Oberflächen den wichtigsten Entwicklungsschwerpunkt darstellt, ist das Interesse der Anwender noch eher zurückhaltend. 40 Prozent der befragten Unternehmen haben derzeit kein oder nur ein geringes Interesse an mobilen Lösungen.
9. Die Cloud bleibt wolkig
Kaum ein Thema wurde 2012 so intensiv diskutiert wie Cloud Computing. Wesentliche Hürden sind dabei, wie vertrauliche Informationen behandelt werden, und wie die Abrechnung der genutzten Services erfolgt. Folgender bisher weniger stark diskutierter Aspekt wird 2013 jedoch stärker ins Bewusstsein treten: die sehr stark branchenbezogene Cloud-Nutzung. Während die Serienfertiger zu fast 80 Prozent eine abwartende Haltung einnehmen, besteht bei 50 Prozent des stationären Handels und sogar 60 Prozent des Online-Handels ein starkes Interesse an Cloud-Lösungen.
10. ERP ist spannend
Das Schöne an den vorgestellten Trends und Entwicklungsperspektiven ist, dass Anbieter und Anwender durch ihr Marktverhalten dazu beitragen können, diese Trends zu gestalten. Insofern wird 2013 auch wieder ein spannendes ERP-Jahr werden.

Neue Anforderungen an ERP

Und nicht zuletzt sorgt auch der Gesetzgeber für Gesprächsstoff, wenn es um ERP geht. Neue Anforderungen an die Lösungen resultieren beispielsweise aus den Regularien für den einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum (SEPA) und aus den ab dem Geschäftsjahr 2013 verpflichtenden Vorgaben für die E-Bilanz.

Wenn Unternehmen angesichts dieser Flut von Trends derzeit ihre ERP-Infrastruktur erneuern wollen - sei es durch Modernisierung der vorhandenen oder Anschaffung einer neuen Lösung -, dann sollten sie sich auf das Wesentliche konzentrieren: ERP ist letztlich ein Werkzeug, das hilft, Strategien zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen mit Leben zu füllen.

Fokus auf mehr Effizienz

Es gibt einiges zu optimieren an der ERP-Software in deutschen Unternehmen (Angaben in Prozent).
Foto: Trovarit AG

Laut den Teilnehmern der Trovarit-Studie "ERP/Business Software: Nutzenbeitrag der Modernisierung" besteht die wichtigste IT-relevante Strategie der kommenden Jahre darin, Effizienz und Schnelligkeit der Unternehmensprozesse zu steigern. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Dynamik in den Geschäftsprozessen und der bereichsübergreifenden Vernetzung der Informationen verwundert es nicht, dass dichtauf solche Strategien folgen, die insbesondere darauf abzielen, Prozesse nicht nur effizient zu gestalten sondern auch effizient umgestalten zu können.

1. Cubeware BI
Mit “Cubeware BI” bietet die Cubeware GmbH aus Rosenheim native Anwendungen für iOS und Android, die den mobilen Zugriff auf Reports und Management-Dashboards von unterwegs ermöglichen.
2. Reboard
“Reboard” ist ein auf Mobile BI spezialisierter Anbieter aus Stuttgart, der sich ausschließlich auf iOS fokussiert. Die mobile BI-App punktet mit großer Flexibilität bei der Datenintegration und der individuellen Gestaltung von Berichten.
3. Roambi Analytics
“Roambi Analytics” gehört zu den Vorreitern im Bereich Mobile Business Intelligence und wartet mit einer erstklassigen App auf, die in Sachen Usability und Benutzerfreundlichkeit kaum zu übertreffen ist. Diese ist für iPhone und iPad verfügbar.
4. Pentaho Mobile BI
Anders als die bereits erwähnten Lösungen, die nativ umgesetzt sind, bietet Pentaho mit “Pentaho Mobile BI” eine für iPad optimierte Version seines Web-basierenden Systems an. Damit kann man Berichte nicht nur aufrufen, sondern auch selber mit dem Tablet erstellen.
5. JasperMobile
Der BI-Spezialist Jaspersoft adressiert mit “JasperMobile” sowohl iOS- als auch Android-Nutzer. Die Apps basieren auf Web-Technologien und bieten vielfältige Integrationsmöglichkeiten, lassen aber beim Bedienkomfort einiges zu wünschen übrig.
6. Tableau Mobile
“Tableau Mobile” verfolgt ebenfalls einen hybriden Ansatz und bedient die zwei wichtigsten Mobile-Plattformen iOS und Android. Von einfachen Textdateien, über Tabellenkalkulationen bis hin zu komplexen Data-Warehouses: Das Tool unterstützt zahlreiche Datenquellen.

Für den tatsächlichen Einsatz von Business-Software leiten sich aus dieser Entwicklung sowohl auf der strategischen Ebene als auch im täglichen operativen Betrieb Anforderungen ab, die bei einer ERP-Auswahl unbedingt zu berücksichtigen sind. Hierzu zählen unter anderem:

Empfehlung für mittelständische Unternehmen

Die beschriebenen Trends haben zu einer nahezu unüberschaubaren Vielfalt an Softwarelösungen geführt, die sich dem Mittelstand verschrieben haben. Für Anwenderunternehmen auf ERP-Suche kann die Investitionsentscheidung somit ein mühseliges und in Anbetracht der Investitionsvolumina, des Einführungsaufwands und der langfristigen Auswirkungen auch ein durchaus riskantes Unterfangen werden. Deswegen sollten auch mittelständische Unternehmen unbedingt auf eine strukturierte Vorgehensweise zurückgreifen, die über die Klärung der Anforderungen (Prozesse, Lastenheft) und Marktrecherche (Messen, Fachzeitschriften, Internet, Rechercheplattformen) zu einer überschaubaren Favoritenliste führt. Anschließend lässt sich über Präsentationen und Systemtests vor Ort der Kandidat für Vertragsverhandlungen ermitteln. Dabei sollte nicht zuletzt berücksichtigt werden:

Aber nicht nur anlässlich einer Neueinführung gilt es, sich intensiv mit den eigenen Anforderungen an die Business-Software auseinanderzusetzen. Angesichts der voranschreitenden technologischen Entwicklung und der sich ändernden Abläufe in den Unternehmen driften ERP-Lösung und Prozesse fast zwangsläufig immer schneller auseinander. Wird hier nicht regelmäßig durch Modernisierung der Software und Überprüfung der Prozesse nachjustiert, kann sich der Mehrwert des Einsatzes von Business-Software signifikant reduzieren.

Moderner ist besser

Die Trovarit-Studie belegt eindrucksvoll, dass technologisch aktuelle ERP-Installationen hinsichtlich ihres Nutzens deutlich besser bewertet werden. Vor allem wenn es um die Einfachheit, die Transparenz und die Schnelligkeit von Prozessen geht, werden die neueren Installationen besonders gut bewertet. Es zeigt sich also, dass die regelmäßige Pflege der Lösungslandschaft ebenso einen erheblichen Beitrag leisten kann, die Prozesse zu beherrschen, wie eine erfolgreiche Neuauswahl. (uk/sh)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der TC-Schwesterpublikation COMPUTERWOCHE.