Klimatisierung im Rechenzentrum

Energiespartipps für die Unternehmens-IT

15.07.2014 von Jan-Bernd Meyer
Energiesparen in Serverräumen und Rechenzentren hilft, laufende Kosten für die IT zu reduzieren. Die Marktforscher von Gartner versprechen Einsparungen von über 50 Prozent, wenn sich die IT-Verantwortlichen bei der Klimatisierung von Servern an bestimmte Empfehlungen halten.

Der Energiebedarf in den Rechenzentren und Serverräumen steigt stetig an. Laut dem Marktforschungsunternehmen Gartner wendet ein durchschnittliches Rechenzentrum etwa 35 bis 50 Prozent der gesamten Energie für Kühlungsmaßnahmen der Server auf. Allerdings wäre es durch gezielte Maßnahmen bei der Klimatisierung der Server-Systeme möglich, den Stromverbrauch auf zirka 15 Prozent zu reduzieren.

Das Thema optimale Energieversorgung und Klimatisierung von Server- und Storage-Systemen wird mittelfristig einer der dominierenden Faktoren im Rechenzentrum werden, so die Analysten. Laut Untersuchungen ist Energie heute schon der zweitgrößte Kostenfaktor neben dem Wartungs- und Administrationsaufwand bei den Betriebskosten eines Serverraumes beziehungsweise Rechenzentrums.

Bildergalerie: Tipps zur effektiven Kühlung von Serverräumen und Rechenzentren.
Heiß und kalt: Die Racks müssen so ausgerichtet sein, dass die Server mit der jeweils zu kühlenden Seite in den Kaltgang zeigen.
Gut gekühlt: Kühlgeräte (hier rechts) sollten zwei Funktionen gut koordinieren: die eigentliche Kühlung und die Be- oder Entfeuchtung eines Serverraumes beziehungsweise Rechenzentrums.
Ordnung halten: Wer seine Kabel kreuz und quer in RZ-Schränken oder in den Unterboden stopft, behindert die freie Strömung der kalten Luft. Hier ist es richtig realisiert.
Schotten dicht: Ganz konsequent regeln Rechenzentrumsbetreiber die Luftströme, indem sie Kaltgänge oben sowie vorne und hinten abschotten.
Thermografie: Wer ganz konsequent die Temperaturverhältnisse in seinem Serverraum oder Rechenzentrum diagnostizieren will, macht Fotos mit der Wärmebildkamera.
Theorie und Praxis: So strömt die kalte Luft in einem eingekapselten Kaltgang. Der Klimaspezialist Knürr realisiert solche optimierten Steuerungen der Liftzirkulation mit seiner Coolflex-Technik.
Ungünstig: Weniger energieeffizient ist es, wenn sich im Serverraum Kalt- und Warmluft vermischen.
Vorhang zu: Zur Optimierung der Luftströme kann man Racks im Rechenzentrum auch durch Vorhänge (Butcher Curtain) einhausen.
Strato holt sich den Strom für Rechenzentren aus dem Wasserkraftwerk Laufenburg.

Nach Aussage von Paul McGuckin, Research Vice President bei Gartner, entstehen die hohen Energiekosten durch ein ineffektives Design- und Kühlungskonzept der Rechnersysteme. Nach Aussage des Experten könnten in einem mittelgroßen Rechenzentrum jährlich bis zu eine Million Kilowattstunden an Energie eingespart werden. Die folgenden elf Tipps der Gartner-Marktforscher sollen dabei helfen.

Größter Fehler: Kalt und warm mischen

Der größte Fehler, der in Serverräumen und Rechenzentren gemacht wird, ist die Vermischung von kalter Luft aus den Kühlungen mit der warmen Abluft aus den Rechnern und Speichersystemen - also eine falsche Raumkonzeption von Kalt- und Warmgängen.

Heiß und kalt: Die Racks müssen so ausgerichtet sein, dass die Server mit der jeweils zu kühlenden Seite in den Kaltgang zeigen. (Quelle: Host Europe GmbH)
Foto: Host Europe GmbH

Um hier Abhilfe zu schaffen, hat die Unternehmensberatung elf Best-Practice-Tipps entwickelt. Beherzigen RZ-Leiter diese Ratschläge, können sie - so verspricht es wenigstens Gartner - pro Jahr über eine Million Kilowattstunden an Energie sparen.

Erster Tipp: Löcher stopfen

Stopfen Sie Löcher in Installationsböden. Kabellöcher und andere Bodenöffnungen erlauben das Entweichen von kalter Luft. Doppelböden in RZs sollten genau darauf untersucht werden, wo wegen Kabelkanälen, verlegter Leitungen, Rohren etc. "undichte" Stellen sind, aus denen unkontrolliert kalte Luft in das Rechenzentrum strömen und sich mit Warmluft vermischen kann. Wer sein RZ mit solchen technisch wenig aufwändigen Mitteln "abdichtet", kann allein damit zehn Prozent des Energiekonsums für die Kühlung einsparen.

Zweiter Tipp: Blenden anbringen

Installieren Sie Abdeckpanele: Ungenutzte Einschübe in Server-Racks sollten mit Abdeckungen versehen werden, um den Stromverbrauch der Ventilatoren zu reduzieren. Ist ein Rack nicht komplett gefüllt, kann ausströmende warme Luft eines Servers sich mit der kalten Luft vermischen, die auf die zu kühlenden Systeme geblasen wird. Auf diese Weise wird der Kühlungseffekt natürlich reduziert.

Um die Luftströme in einem Rack zu steuern, müssen deshalb Blenden so angebracht werden, dass warme von kalter Luft getrennt wird. Werden Blenden optimal eingesetzt, ist die Temperatur der zur Kühlung einströmenden Luft um zwölf Grad Celsius niedriger, ohne dass hierzu mehr Energie zur Temperaturreduzierung vonnöten wäre. Auf diese Weise lassen sich zudem so genannte Hot Spots, also Stellen, an denen sich ungewollt Hitze entwickelt, vermindern oder ganz vermeiden.

Dritter Tipp: Ineffiziente Kühlsysteme optimieren

Gerade ältere Klimaanlagen funktionieren nach dem Prinzip, dass bei ihnen die Kühlung von Räumen und die Entfeuchtung der Luft in getrennten Einheiten operieren oder unkoordiniert geregelt wird. Teilweise besitzen diese Anlagen sogar getrennte Steuerungssysteme, die ineffektiv arbeiten.

Gut gekühlt: Kühlgeräte (hier rechts) sollten zwei Funktionen gut koordinieren: die eigentliche Kühlung und die Be- oder Entfeuchtung eines Serverraumes beziehungsweise Rechenzentrums. (Quelle: Host Europe RZ)
Foto: Host Europe GmbH

Hier sollten RZ-Verantwortliche unter Einsatz neuerer Techniken dafür sorgen, dass diese Geräte als Einheit koordiniert arbeiten. Geht dies nicht, sollten sie durch neue Produkte auf den Stand der Technik gebracht werden.

Vierter Tipp: Unterboden aufräumen

Der Raum im Unterboden eines Rechenzentrums sollte im besten Fall leer sein. Nur so kann sich die dort strömende kalte Luft optimal verbreiten. Häufig ist es aber gerade in älteren Datenzentren so, dass IT-Verantwortlichen in ihren Rechnerräumen für Ordnung sorgen, in dem sie ein Gewirr an Versorgungs- und Datenkabeln in den Hohlraum des Unterbodens stopfen.

Ordnung halten: Wer seine Kabel kreuz und quer in RZ-Schränken oder in den Unterboden stopft, behindert die freie Strömung der kalten Luft. Hier ist es richtig realisiert. (Quelle: Rehau RZ)
Foto: Rehau AG

So kann kalte Luft nicht fließen beziehungsweise muss mit erhöhtem Energieaufwand durch den Unterboden geblasen werden. Das hat einen erhöhten Energieaufwand zur Folge.

Fünfter Tipp: Effiziente Kalt- und Warmgänge

Gerade auch in konventionellen Rechenzentren werden Racks "Klassenzimmer"-gemäß angeordnet, wie Gartner es nennt. Das bedeutet, in einen Gang blasen die Rechner von der einen Seite ihre warme Luft, die gegenüberliegenden Rechner nehmen die aus dem Doppelboden aufströmende kalte Luft zur Kühlung auf. Bei solch einer Anordnung temperieren Server mit ihrer Wärmeabluft aber vor allem den Gang.

Schotten dicht: Ganz konsequent regeln Rechenzentrumsbetreiber die Luftströme, indem sie Kaltgänge oben sowie vorne und hinten abschotten. (Quelle: Knürr)
Foto: Knürr AG

In gut entworfenen RZ-Designs stehen sich in einem Gang immer entweder die zu kühlenden Seiten von Systemen gegenüber (Kaltgang) oder diejenigen, die die verbrauchte heiße Luft abgeben (Warmgang). Dementsprechend plädiert Gartner für zeitgemäße Rack-Anordnungen, in denen kalte und warme Luftströme stärker voneinander getrennt werden. Diese Maßnahme gehört für die meisten Organisationen zu den effizientesten Best Practices.

Sechster Tipp: Temperaturmessgeräte installieren

Man muss nicht so weit gehen wie manche RZ-Leiter, die an jeder Komponente, die in einem Rechenzentrum steht, einen Temperatursensor anbringen. Aber an solchen Stellen Sensoren zu platzieren, die Schwachstellen bei der RZ-Kühlung offenbaren, ist wichtig. Einfache Sensoren speichern Temperaturdaten, die dann händisch in eine Excel-Tabelle übertragen werden können. So gewinnen RZ-Mitarbeiter einen groben Überblick, wo welche Probleme in Sachen Kühlung auftreten.

Thermografie: Wer ganz konsequent die Temperaturverhältnisse in seinem Serverraum oder Rechenzentrum diagnostizieren will, macht Fotos mit der Wärmebildkamera. (Quelle: Knürr)
Foto: Knürr AG

Natürlich ist das eine eher altbackene Art, Problemzonen im RZ zuleibe zu rücken. Trotzdem lassen sich mit dieser Methode allein wichtige Erkenntnisse über die Klimatisierung in einem Data Center gewinnen. Eleganter, technisch überzeugender und genauer sind Fotos mit der Wärmebildkamera, die sehr genau zeigen, wo in einem Rechenzentrum ungewollte Hot Spots auftreten.

Siebter Tipp: Einkapselung von Warm- und Kaltgängen

Für Fortgeschrittene kommt eine Technik zur weiteren Effizienzsteigerung von Warm- und Kaltgängen in Frage: Wer die aus dem Unterboden einströmende kalte Luft bereits sauber von der warmen Abluft der RZ-Komponenten trennt, kann weitere Effekte erzielen, wenn er die Racks quasi einhaust (Containment).

Theorie und Praxis: So strömt die kalte Luft in einem eingekapselten Kaltgang. Der Klimaspezialist Knürr realisiert solche optimierten Steuerungen der Liftzirkulation mit seiner Coolflex-Technik. (Quelle: Knürr)
Foto: Knürr AG

Hierzu könnte man unter anderem Butcher Curtains nutzen. Das sind Vorhänge aus nicht brennbarem, durchsichtigem Material, die direkt vor und hinter den Racks aufgehängt werden.

Mit dieser Methode zirkuliert Luft gezielt nur im direkten Bereich der Racks und nicht in einem größeren Umfeld. Die ausgefeiltere Variante bietet etwa die Knürr AG mit der Coolflex-Technik. Hier werden Kaltgänge komplett gekapselt und so abgeschlossen.

Achter Tipp: Rauf mit der Temperatur im Serverraum

Wer das Design seines RZ intelligenter entworfen hat und dieses nicht rigoros in einen Kühlschrank verwandeln muss, der kann sich sogar mit einer Vorgehensweise anfreunden, die unter IT-Verantwortlichen kontrovers diskutiert wird: Er kann sein RZ sogar wohltemperiert arbeiten lassen und die Umgebungstemperatur in diesem durchaus hochsetzen.

Ungünstig: Weniger energieeffizient ist es, wenn sich im Serverraum Kalt- und Warmluft vermischen. (Quelle: Knürr)
Foto: Knürr AG

Gartner zitiert die American Society of Heating, Refrigerating, and Air-Conditioning Engineers (Ashrae) mit der Angabe, dass für manche RZ-Layouts eine Umgebungstemperatur von bis zu 26,6 Grad Celsius noch akzeptabel sein kann. Aber schon allein die Heraufsetzung der Temperatur auf knapp 24 Grad Celsius würde den Energieverbrauch erheblich senken. In Anbetracht der Tatsache, dass manche IT-Verantwortliche ihre RZs auf 15, 16 Grad Celsius runterkühlen, sind die Einspareffekte nachvollziehbar.

Neunter Tipp: Flexible Lüfter

Installieren Sie Lüfter mit regulierbarer Geschwindigkeit. Verwenden Sie Kühlsysteme, deren Lüfter Sie an den aktuellen Bedarf anpassen können.

Vorhang zu: Zur Optimierung der Luftströme kann man Racks im Rechenzentrum auch durch Vorhänge (Butcher Curtain) einhausen.
Foto: Host Europe

Eine Geschwindigkeitsverringerung um zehn Prozent kann bereits zu einer Stromersparnis um 27 Prozent führen, schreibt Gartner. Verringert man die Geschwindigkeit um 20 Prozent, wird rund 49 Prozent weniger Strom benötigt.

Zehnter Tipp: Freiluftkühlung nutzen

IT-Verantwortliche sollten zudem unbedingt das Konzept der freien Kühlung in Erwägung ziehen. Hierbei wird die kühle Außentemperatur zur Kühlung des RZ genutzt. Abhängig vom Standort eines Rechenzentrums können bis zu 8000 Stunden pro Jahr kostenfrei gekühlt werden, schreibt Gartner. In Deutschland mit seinen mindestens sechs kühlen Monaten bietet sich die Freikühlungstechnik förmlich an.

Elfter Tipp: Modulare Kühlungstrategie

Legen Sie neue Rechenzentren auf modulare Kühlsysteme aus: Traditionelle Kühlmethoden im Rechenzentrum haben ausgedient. Vieles deutet darauf hin, dass der Einsatz modularer Kühlkonzepte eine effizientere Rechenzentrums-Kühlung verspricht, sagt Gartner.

Fazit

Die optimale Kühlung von Serverräumen ist ein komplexes Thema. Doch beachtet man einige grundlegende Regeln lassen sich enorme Kosten sparen. Dies gilt nicht nur in neu geplanten Serverräumen, sondern gilt auch in historisch gewachsenen Serverlandschaften.

Die Problematik der Server-Kühlung bleibt trotz oder gar wegen neuer Mikroprozessor-Technologien weiter bestehen. Denn mit dem steigenden Bedarf an Prozessorleistung in Servern beziehungsweise Rechenzentren, erhöht sich auch die Wärmeentwicklung in diesen Geräten und den Räumen. Da immer mehr Prozessorkerne in einen Chip integriert werden. In bestehenden Serverräumen stößt man so schnell an die Grenzen der möglichen Kühlleistung und die Anforderungen an neue Serverräume in Bezug auf effektive Kühllösungen steigen ebenfalls weiter.

Aus diesem Dilemma gibt es langfristig kaum ein Entkommen, ohne hohe Investitionen zu tätigen. Doch wenn man die beschriebenen Empfehlungen berücksichtigt, lassen sich kurz und mittelfristig enorme Kosten für teuere und aufwendige Serverraumumbauten oder die Anschaffung einer neuen Klimatisierung sparen. (hal)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation Computerwoche.