Ratgeber Fachkräftemangel

Employer Branding - wie der Mittelstand Fachkräfte gewinnt

16.01.2014 von Markus Eicher
Mit einem systematischen Employer Branding gelingt es auch kleinen und mittelständischen IT-Unternehmen, gute Fachkräfte zu finden und zu halten.

In der IT-Branche grassiert der Fachkräftemangel. Während die großen Systemhäuser ihren bekannten Namen in die Recruiting-Waagschale werfen können, fällt es kleinen und mittelständischen Unternehmen ungleich schwerer, qualifizierte und passende Mitarbeiter zu finden. Eine aktuelle Studie des Marktforschungsinstituts Aris belegt: Der Mittelstand ist in besonderem Maße von diesem Personalengpass betroffen. Von den rund 16.000 unbesetzten Stellen in der IT-Branche entfallen 80 Prozent auf Gesuche von mittelständischen Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen einer Million und 50 Millionen Euro Umsatz.

Bevor HR- und PR-Abteilungen bei diesen Zahlen in blinden Aktionismus verfallen und wahllos Facebook-Karriereseiten oder Azubiblogs aus dem Boden stampfen, sollten einige wenige strategische Grundlagen gelegt werden. In den vergangenen Jahren hat sich eine Methode im Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte bewährt: Employer Branding – oder zu Deutsch: der Aufbau einer Arbeitgebermarke. Dabei werden kurz gesagt die Prinzipien von Produktmarken auf Arbeitgeber übertragen. Was es dabei zu beachten gilt und wie Sie es erfolgreich im Personalmarketing einsetzen und damit langfristig erfolgreich Fach- und Führungskräfte rekrutieren, zeigen wir Ihnen in diesem Beitrag.

Checkliste Arbeitgeberclaim und Kernbotschaften
Checkliste Stellenanzeige
Checkliste Karrierewebseite
Checkliste Social Media
Checkliste Arbeitgeberbroschüre
Checkliste Medienarbeit

Employer Branding - in 4 Schritten zur Arbeitgebermarke

Foto: wbpr

Es gibt vier grundlegende Schritte, die Arbeitgeber beim Aufbau einer Arbeitgebermarke durchlaufen sollten: die Analyse des Arbeitgebers und seines Umfelds, die Definition der Marke, das Konzept für die Umsetzung sowie die Umsetzung selbst, zum Beispiel in Stellenzeigen, auf der Karrierewebsite oder in einer Arbeitgeberbroschüre.

Seien Sie streng mit sich selbst!

Will ein Unternehmen gegenüber möglichen Bewerbern überzeugend auftreten, muss es sich zunächst genau im Klaren darüber sein, was seine Attraktivität als Arbeitgeber ausmacht. Hier gilt es, streng mit sich selbst zu sein. Wo liegen die Stärken des Arbeitgebers? Auf welchem Gebiet ist das Unternehmen besser als der Wettbewerb auf dem Arbeitskräftemarkt? Nach welchen Merkmalen wählen die gesuchten Bewerber einen Arbeitgeber aus? Und womit kann das Unternehmen diese Erwartungen erfüllen? Dabei sollten nicht nur die so genannten harten Faktoren wie Karriereperspektiven, ein attraktives Gehaltsniveau oder Weiterbildungsmöglichkeiten betrachtet werden. Auch weiche Faktoren wie ein angenehmes Betriebsklima, flexible Arbeitszeitmodelle oder Unternehmenswerte sind für Bewerber wichtige Entscheidungskriterien. Der beste Weg, um herauszufinden, welche Stärken das Unternehmen wirklich hat, ist eine anonyme Mitarbeiterbefragung.

Eine Arbeitgebermarke, die passt

Mit diesem Wissen erfolgt die eigentliche Definition der Arbeitgebermarke. Das Unternehmen legt fest, was es als Arbeitgeber auszeichnet. Im Idealfall wird die Definition in einem Markenworkshop von Personalern, Kommunikatoren und Geschäftsführung gemeinsam erarbeitet. Wichtig dabei ist, die Ergebnisse der Analyse immer im Blick zu behalten. Ein externer Moderator kann dabei helfen, alle Beteiligten immer wieder auf Kurs zu bringen und zu hinterfragen, ob Bewerber-, Wettbewerber- und interne Sicht wirklich berücksichtigt werden.

Anschließend werden die Ergebnisse in wenigen zentralen Kernaussagen oder Botschaften zusammengefasst. Sie veranschaulichen die wesentlichen Werte des Arbeitgebers. Diese Aussagen werden noch einmal in einem einzigen Leitsatz, dem so genannten Claim, konzentriert. Er bringt prägnant und einfach genau jene Aspekte auf den Punkt, die den Arbeitgeber ausmachen. Unverwechselbar und leicht zu merken muss er sein – schließlich findet er sich wortgenau auf allen Karrierematerialien wieder und soll sich bei den potenziellen Bewerbern einprägen.

Expertentipps für erfolgreiches Employer Branding

Damit die Arbeitgebermarke auf eine solide Basis gestellt wird, sollten Unternehmen einige Tipps aus der Praxis beherzigen:

Der Weg zur Arbeitgebermarke: Stimmige Maßnahmen mit Kreativität

Arbeitgebermarke, Claim und Botschaften sind die Basis für jeden Arbeitgeberauftritt. Und ein solcher Auftritt will gut geplant sein. Zunächst muss die Arbeitgebermarke den Mitarbeitern vorgestellt werden, zum Beispiel auf einem eigens dafür ausgerichteten Mitarbeiterevent oder über die Mitarbeiterzeitschrift. Nur so können sie ihren Freunden und Verwandten die gleiche Geschichte über den Arbeitgeber erzählen wie das Unternehmen selbst. Alles andere wäre unglaubwürdig. Erst danach sollte auch die Bewerberwelt die Vorzüge des Arbeitgebers kennenlernen – auf der Karrierewebsite, über Stellenanzeigen, auf Recruitingmessen oder in der Berichterstattung der regionalen Tageszeitung. Ein bunter Strauß an Maßnahmen ist dabei wenig förderlich. Die Maßnahmen müssen zur Arbeitgebermarke passen – und zur Bewerberzielgruppe. Häufig bedarf es dafür lediglich etwas Kreativität in der Ausgestaltung. Unternehmen sollten vor der konkreten Umsetzung in einem Konzept definieren, was sie wem wie wo wann präsentieren, um mit einer optimalen Dramaturgie einen bleibenden Eindruck bei den Bewerbern zu hinterlassen.

Der Werkzeugkasten des Employer Brandings

1) Stellenanzeigen – auf den Punkt auf engem Raum

Eine gut gemachte Stellenanzeige nutzt den begrenzten Raum optimal aus: Sie präsentiert alle wichtigen Fakten zum Job und zur Arbeitgebermarke – kurz und knapp, aber trotzdem informativ. Unverzichtbare Bestandteile sind eine kurze, aber prägnante Beschreibung des Arbeitgebers, ein Stellen- und Leistungsprofil, die Entwicklungsmöglichkeiten für den Bewerber sowie ein persönlicher Ansprechpartner mit Kontaktdaten.

Stellenanzeigen sind immer auch eine Mini-Imagekampagne. Die hohe Kunst ist es, dem Bewerber beim Lesen der Anzeige das Gefühl zu vermitteln, nicht in der Bringschuld zu sein. Bei der Formulierung der Inhalte einer Stellenannonce ist daher Fingerspitzengefühl gefragt. Ein „Wir bieten“ führt dem Bewerber die Vorteile des Unternehmens schnell erkennbar vor Augen, während ein „Sie bringen mit“ eher distanziert und abschreckend wirkt.

2) Die Karrierewebsite – Ihre digitale Visitenkarte

Ohne Internet geht heute (fast) nichts mehr. Das gilt natürlich besonders für Arbeitgeber in der IT-Branche! Die Karrierewebsite ist der zentrale Anlaufpunkt für potenzielle Bewerber, die durch Stellenanzeigen, Veranstaltungen, Medienberichte oder eine Initiativsuche auf einen Arbeitgeber aufmerksam geworden sind und sich über ihn informieren möchten. Umso wichtiger ist es, dass sie schnell die richtigen Informationen finden.

Die Arbeitgebermarke mit den definierten Botschaften bildet den Kern der Karrierewebsite – doch sie muss mit Inhalten gefüllt und mit konkreten Beispielen aus dem Unternehmensalltag belegt werden. Es gilt, das Informationsbedürfnis der Bewerber zu befriedigen: Sie wollen wissen, wie ihre Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen aussehen, wie es um die Jobsicherheit bestellt ist oder welchen Sinn sie aus der Arbeit im Unternehmen ziehen können. Vergütung, konkrete Aufgaben und Angebote zur Work-Life-Balance sind ebenso von Interesse. Aber auch weiche Faktoren wie das Betriebsklima und die Unternehmenskultur spielen eine große Rolle. Es reicht schon lange nicht mehr aus, nur die freien Stellen zu veröffentlichen und auf Bewerber zu warten.

3) Social Media – der direkte Draht zum Bewerber

Social Media ist die passende Ergänzung zur Karrierewebsite im World Wide Web: Damit werden Interessenten aktiver angesprochen und der direkte Dialog mit potenziellen Bewerbern ermöglicht – und somit auch eine Rückmeldung an das Unternehmen.

Drei Dinge sind zentral: Es braucht laufend aktualisierte Inhalte, die Bereitschaft zu ständigem Dialog und die Bündelung aller Karrieremaßnahmen. Die Inhalte für den Auftritt im Web 2.0 sind dabei so vielfältig wie der Arbeitgeber und die Personalmaßnahmen selbst: aktuelle Stellenausschreibungen, Informationen zu Recruiting-Veranstaltungen, Bilder, Videos oder Kurzstatements rund um das Arbeitsleben im Unternehmen – immer mit den Arbeitgeberbotschaften im Blick. Das Angebot an Plattformen ist groß: von sozialen Netzwerke und Business-Portalen über Video- und Fotosharing-Plattformen bis hin zu Arbeitgeberbewertungsportalen. Hier gilt der Grundsatz: Werden Sie nur dort aktiv, wo sich die für das Unternehmen wichtigen Bewerberzielgruppen tummeln.

4) Arbeitgeberbroschüre – etwas, das in Erinnerung bleibt

Die Arbeitgeberbroschüre ist auch in Zeiten von Online-Recruiting und mobilem Internet ein Klassiker – und so etwas wie das analoge Gegenstück der Karrierewebsite. Die Broschüre bündelt auf wenigen Seiten alles Wissenswerte zum Unternehmen und zum Arbeitgeber. Gerade auf Karrieremessen und Recruiting-Veranstaltungen ist es wichtig, potenziellen Bewerbern etwas an die Hand zu geben. So bleibt das Unternehmen länger in guter Erinnerung.

Die Arbeitgeberbroschüre ist ein äußerst visuelles Medium, das Text und Bild zu einer starken Einheit verbindet. Leserfreundlichkeit ist oberstes Gebot. Textwüsten schrecken selbst geduldige Leser ab. Kurze, aber aussagekräftige Absätze, von ausreichend Weißraum umgeben, wirken dagegen dynamischer als lange und ausführliche Erläuterungen und sie machen Lust auf mehr. Und noch ein Tipp für kleine Budgets: Das Format muss nicht immer groß sein. Statt einer umfangreichen Broschüre reicht oft auch ein Flyer, zum Beispiel im Leporello-Format, mit den wichtigsten Fakten und einer ansprechenden Gestaltung.

5) Medienarbeit – Neutralität überzeugt

Medien gelten seit jeher als neutrale, glaubwürdige Instanz, die (meist) Wahres spricht. Lokale Tageszeitungen oder Fachzeitschriften erreichen tagtäglich viele potenzielle Bewerber aus der Region und aus der Branche. Das macht die Medien zu idealen Fürsprechern für einen Arbeitgeber.

Die besten Aussichten, ins Blatt zu kommen, haben Unternehmen, die etwas Außergewöhnliches zu bieten haben: kreative Ideen, große Erfolge oder nachahmenswerte Strategien. Die Themen müssen aktuell und mediengerecht aufbereitet sein. Dabei ist nicht jedes Thema oder jeder Anlass für alle Medien gleichermaßen interessant. Der Start ins Ausbildungsjahr oder Auszeichnungen der IHK für die eigenen Azubis sind vor allem ein Thema für die Lokalmedien, während Fachzeitschriften lieber über Maßnahmen berichten, mit denen Unternehmen den Herausforderungen des Fachkräftemangels in der Branche begegnen. Egal welches Thema am Ende auf Interesse stößt: Medien wollen O-Töne von echten Mitarbeitern – sei es vom Personalvorstand zu den Strategien oder von Jobeinsteigern und Nachwuchskräften zu ihren Erfahrungen im Unternehmen.

Integrierte Kommunikation – das A und O

Damit sich der Arbeitgeberauftritt bei den Bewerbern auch positiv einprägt, müssen alle Bausteine der Arbeitgeberkommunikation – Karrierewebsite, Stellenanzeigen, Broschüren und andere – sprachlich, inhaltlich und optisch aufeinander abgestimmt sein. Sie sollten auch hin und wieder für kleine Überraschungen sorgen. Nur so schaffen Unternehmen einen Wiedererkennungswert und rufen sich bei potenziellen Bewerbern als attraktiver Arbeitgeber in Erinnerung, der für konkrete Leistungen steht.

Stolpersteine im Employer Branding

Auf dem Weg zum attraktiven Arbeitgeberauftritt liegen aber auch einige Stolpersteine, die Unternehmen kennen sollten:

Lesetipp: Leitfaden Employer Branding
Weitere Tipps und Tricks zum Thema Employer Branding für den Mittelstand finden Sie in der gleichnamigen Broschüre von wbpr_ Kommunikation und compamedia, dem Ausrichter des Arbeitgeberwettbewerbs TOP JOB, und auf der Informationsplattform www.top-arbeitgebermarke.de. Den kostenlosen Leitfaden können Sie dort als PDF herunterladen oder als Broschüre bestellen.