Elektroschrottgesetz: Was auf Käufer und Handel zukommt

21.11.2005 von Hans-Jürgen  Humbert
Die Einführung des Elektroschrottgesetzes sorgt für viel Verwirrung. Auch der Handel ist verunsichert, denn die Registrierungsfrist läuft in wenigen Tagen ab. Was es zu beachten gibt lesen Sie in folgendem Beitrag.

Obwohl das Elektroschrottgesetz nur 13 Seiten umfasst, ist es dennoch nicht leicht verständlich. Wichtig für Händler und Importeure, die in Deutschland Waren in Verkehr bringen wollen, ist der 24.11.2005. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen sie sich bei der EAR (Stiftung Elektro Altgeräte-Register) angemeldet haben. Dort erhalten sie eine Registriernummer, die im Geschäftsverkehr mit angegeben werden muss.

Paragraph 7 des Gesetzes regelt die dauerhafte Kennzeichnung der Waren, anhand derer der Hersteller eindeutig zu identifizieren ist. Zusätzlich muss aus der Kennzeichnung hervorgehen, dass das Gerät nach diesem Zeitpunkt erstmals in Vekehr gebracht wurde. Die Registriernummer braucht nicht auf den Geräten zu erscheinen.

Paragraph 24 des Elektroschrottgesetzes (Übergangsvorschriften) allerdings setzt diese Kennzeichnung bis zum 24.3. 2006 aus. Das bedeutet: Wer sich bis zum 24.11.2005 registriert hat, kann seine Waren auch ohne die geforderte Kennzeichnung verkaufen.

Die eben beschriebene Kennzeichnungspflicht gilt auch nach dem 24.3.2006 nur für diejenigen Geräte, die neu in Verkehr gebracht werden. Second-Hand-Händler dürfen auch nach diesem Termin weiter ihre alten Produkte an den Mann oder Frau bringen.

Das Procedere ist für alle gleich

„Plötzich ist schon wieder Weihnachten“, gibt sich Hartmut Theusner, Vorstand der EAR (Stiftung Altgeräte Register), lakonisch. „Während die Ehefrau vielleicht ein fehlendes Geschenk noch verzeiht, kassiert der Staat Bußgelder“, so Theusner weiter. Von bis zu 50.000 Euro ist hier die Rede.

Seit einem guten Jahr ist der Stichtag 24.11.2005 bekannt. Und seit Juli kann man sich registrieren lassen. Theusner ist es ein Rätsel, warum manche Hersteller die Anmeldung so lange herauszögern. „Im Juli und August sind alle in Urlaub gefahren, und jetzt ist hier die Hölle los“, berichtet er. Rund 2.000 Telefonanfragen, hauptsächlich von kleineren Unternehmen, gehen täglich bei der Stiftung ein.

Während große Unternehmen ihre Rechtsabteilung mit der Registrierung beauftragt und mittelständische sich an einen Dienstleister gewandt haben, fühlen sich gerade kleinere Firmen im Stich gelassen. Denn das Procedere ist für alle Unternehmen gleich, egal ob man Elektrowaren tonnen- oder grammweise in den Verkehr bringt. Die Kritik richtet sich genau an diese Gleichbehandlung aller betroffenen Firmen. Allein die Gebühren, die für ein großes Unternehmen nur einen Bruchteil des Umsatzes ausmachen, können bei Kleinstanbietern schon ein Vielfaches der jährlich anfallenden Receyclingkosten betragen. Aus diesem Grund haben sich viele dieser Mini-Anbieter auch gescheut, einen professionellen Berater einzuschalten. Die EAR ist für eine individuelle Beratung weder zuständig noch personell hinreichend ausgestattet. Antwort auf spezielle Fragen gibt es nur im Zusammenhang mit den eingereichten Unterlagen.

Lichtblick für PC-Schrauber

Die großen Distributoren haben sich schon länger mit dieser Thematik auseinander gesetzt. Wer seine Waren nur hier einkauft, ist im Prinzip auf der sicheren Seite. Christian Burlein, Senior Manager bei Ingram Micro, beruhigt seine Kunden. Allerdings gibt er zu bedenken: Wer aus Einzelteilen einen Rechner zusammenschraubt, wird selbst zum Hersteller - und die Grenzen sind fließend. „Ganz genau kann keiner sagen, wann jemand zum Hersteller wird“ so Burlein. „Im Prinzip reicht es schon aus, wenn jemand eine neue, bessere Grafikkarte in den Rechner einsetzt.“ (zumindest nach dem EMV-Richtlinien).

Wer Rechner aus Einzelteilen aus anderen Quellen zusammenbaut, kann eine böse Überraschung erleben. Und das betrifft das PC-Gehäuse. Hersteller dieser Blechkisten brauchen sich nämlich nicht zu registrieren, da diese nur aus Blech bestehen und dementsprechend kein eigenständiges Gerät darstellen, es sei denn die Gehäuse enthalten bereits ein Netzteil. Dann handelt es sich um ein eigenständiges Gerät, das registrierungspflichtig ist. Ein Händler, der nun aus rund 20 Komponenten einen PC zusammenschraubt, von denen 18 eine Registriernummer besitzen, muss sich nur für diese beiden eine Nummer besorgen. Er braucht auch nur für diese beiden Teile die Receyclingkosten tragen.

Kommunen im Zugzwang

Ab dem 24. März 2006 dürfen kommunale Sammelstellen kein Geld mehr vom Bürger bei der Anlieferung von Elektroschrott kassieren. Auch der Handel kann die ausgedienten Geräte ab diesem Zeitpunkt kostenlos entsorgen.

Bei der Umsetzung dieser Richtlinie haben unsere österreichischen Nachbarn am 15. August das reinste Chaos erlebt. Privatpersonen und Handel haben monatelang gebunkert und dann alles auf einmal zu den kommunalen Sammelstellen gebracht. Die platzten zum Starttermin aus allen Nähten und das Chaos war groß.

Hierzulande wurde ein Aufschub erwirkt, deshalb erfolgt die Umsetzung erst im März nächsten Jahres. Handel und Private haben also noch rund drei Monate Zeit zu sammeln.

Während in den Ballungszentren schon heute der Elektroschrott kostenlos abgegeben werden kann, sind die ländlichen Kommunen auf Zuschüsse der Bevölkerung angewiesen. Aus diesem Grund hat sich ein sogar ein gewisser Mülltourismus entwickelt, weiß Wolfgang Meyer, Geschäftsbereichsleiter Werkstoff und Problemstoff-Service Stadt München zu berichten. „Freunde, Verwandte und Bekannte aus dem Umland entsorgten über die Münchner Anwohner ihren Elektroschrott kostenlos“, glaubt Meyer.

Eine Flut an Altmaterial

Mit In-Kraft-Treten des neuen Gesetzes rechnet der Manager sogar für den Ballungsraum München mit einer zurückgehenden Flut an Altmaterial. Betroffen sind hauptsächlich die ländlichen Gebiete, die nun keine Gebühren mehr erheben dürfen. Das Umlegen auf die normalen Abfallgebühren ist vom Gesetzgeber ebenfalls verboten, es sein denn, die Kommune kann glaubhaft beweisen, dass die Erhöhung der Abfallgebühren nichts mit dem Elektroschrottgesetz zu tun hat. Auch ist es gestattet, ein Unternehmen zu engagieren, das den Elektroschrott direkt am Haus abholt. Das ist dann eine Dienstleistung, die auch bezahlt werden muss.

Ab dem Stichtag 24.3.2006 wird die Elektroschrottabholung von der EAR gemanagt. Die Kommune meldet einen vollen Container an die EAR. Diese Stiftung ermittelt nun den Hersteller, der nach dem Abhol-Algorithmus „dran“ ist. Der hat dann maximal zwei Tage Zeit, den betreffenden Container abzuholen und den Elektroschrott fachgerecht zu entsorgen. Gleichzeitig ist er verpflichtet, einen neuen Container aufstellen zu lassen.

Und ob das alles so klappt, wie sich die Verantwortlichen das so vorstellen, davon ist Meyer längst noch nicht überzeugt. Das Problem liegt weniger im Abholen des vollen Containers, sondern eher in der Bereitstellung eines leeren. Und fehlt ein Container, darf die Sammelstelle den betreffenden Elektroschrott nicht mehr annehmen. Der Bürger wird dann einfach zur nächsten Sammelstelle weitergeschickt, oder er darf in ein bis zwei Tagen wiederkommen.

Auch das Platzangebot bei den kommunalen Sammelstellen ist begrenzt. Während Vertreter der Industrie zehn Container forderten, wurde die tatsächliche Zahl auf fünf festgelegt. Recyclingfirmen zeigten sich davon überhaupt nicht begeistert. Besonders davon nicht, dass der Container für IT-Equipment mit Geräten der UE-Industrie zusammengefasst wurde. Ein Trenngitter soll nun Monitore und Fernseher vom übrigen Schrott separieren.

Schlechte Zeiten für Sammler und Jäger

Firmen, die selbst ein Recyclingsystem betreiben, werden prozentual von den Kosten des Elektroschrottgesetzes befreit. Dietmar Moormann, Leiter des Recycling-Centers von Fujitsu Siemens in Paderborn, will weiterhin bei Projektgeschäften die alten Geräte selbst abholen lassen. „Ab zehn Geräten lohnt der Aufwand, denn Elektroschrott lässt sich nur dann gewinnbringend aufarbeiten, wenn die Altgeräte komplett sind und ordnungsgemäß transportiert wurden“, behauptet Moormann. In Paderborn werden die Geräte zerlegt und viele Komponenten als Ersatzteile mit Garantie wieder in den Verkehr gebracht. Er glaubt, dass die Qualität der zurückkommenden Geräte über kommunale Sammelstellen so schlecht sei, dass sie nur noch geschreddert werden können. (mje)

Dieser Beitrag stammt von unserer Schwesterzeitschrift ComputerPartner, der Fachzeitschrift für den ITK-Handel.