ERP aus der Cloud

Einfache Lösungen für Einsteiger

15.04.2014 von Diego Wyllie
Sicherheitsbedenken bremsen die Entwicklung von ERP-Lösungen aus der Cloud. Dabei bieten sie gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen entscheidende Vorteile. Im Folgenden eine Vorstellung professioneller ERP-Systeme, die für Einsteiger geeignet sind und in der europäischen Cloud betrieben werden.

Während SaaS-Dienste für etwa Kundenmanagement, Business-Collaboration oder Kommunikation in den Unternehmen längst Fuß gefasst haben, kommt die Warenwirtschaft aus der Cloud nur langsam voran. Die derzeitige Nutzung von ERP aus der Cloud steckt laut einer aktuellen Studie des Marktforschungsunternehmens Pierre Audoin Consultants (PAC) noch in den Kinderschuhen. Demnach geben 45 Prozent der befragten Unternehmen an, sich mit diesem Thema noch nicht beschäftigt zu haben. Das größte Hindernis in Bezug auf Public-Cloud-Lösungen seien nach wie vor Sicherheitsbedenken, so die Analysten. Doch die PAC-Studie belegt: Über 70 Prozent der befragten IT-Manager gehen davon aus, dass sich das Cloud-Modell für ERP-Systeme langfristig durchsetzen wird. Das Interesse seitens der Anwenderunternehmen scheint also, zumindest auf lange Sicht, vorhanden zu sein.

Im Folgenden stellen wir einige erfahrene ERP-Anbieter aus Europa vor, die schon heute vom Cloud-Modell überzeugt sind und mit ihren Lösungen kleine und mittelständische Unternehmen aus verschiedenen Branchen adressieren. Diese sind alle auf Deutsch verfügbar und bieten Programmierschnittstellen, die die einfache Anbindung eigener Anwendungen und Daten ermöglichen.

Scopevisio

Foto: Wyllie / toolsmag

Mit Scopevisio Business Edition stellt das Softwarehaus Scopevisio aus Bonn eine umfangreiche Unternehmenssoftware bereit, die Geschäftsprozesse in den Bereichen ERP, CRM und ECM (Enterprise Content Management) abdeckt.

Funktionalität: Die Software stellt zahlreiche Funktionsbausteine wie Kundenmanagement, E-Commerce, Marketing, Invoicing, Finanzen, Buchhaltung, Collaboration, sowie Projekt- und Dokumenten-Management zur Verfügung. Kunden können sich ihr System nach eigenen Bedürfnissen individuell zusammenbauen und zahlen nur für die Funktionalität, die sie tatsächlich benötigen. Damit positioniert sich der Dienst als eine moderne und flexible ERP-Alternative, von der Unternehmen aus den verschiedensten Branchen profitieren können.

Preismodell: Die Preise fangen bei knapp 30 Euro pro Anwender und Monat an. Für jedes Einzel-Modul, das aktiviert wird, entstehen weitere monatliche Gebühren. Auf der Produkt-Website finden Interessierte einen Preis-Rechner, mit dem sich die Gesamtkosten detailliert berechnen lassen.

In fünf Schritten das richtige ERP-System finden
Im Schnitt erneuern Unternehmen ihr ERP-System (Enterprise Resource Planning) alle zehn Jahre. Die Hamburger Berater von Softselect schlagen für die Wahl des passenden Anbieters ein Verfahren in fünf Schritten vor.
Schritt 1: Vorüberlegungen
Welchen Zweck soll die ERP-Software erfüllen - geht es nur darum, in einem Fertigungsbetrieb die Produktion effizienter zu gestalten oder sollen auch Lager- und Materialwirtschaft verwaltet und Finanzbuchhaltung unterstützt werden? Welche Standorte und welche Fachbereiche sollen gesteuert werden? Mit solcherlei Vorüberlegungen beginnt laut den Beratern von Softselect die Wahl des ERP-Anbieters.
Schritt 2: Einen ERP-Anforderungskatalog erstellen
Im zweiten Schritt werden die Anforderungen der verschiedenen Abteilungen und Unternehmensbereiche aufgenommen. Gespräche mit Key-Nutzern zeigen Verbesserungspotenziale der bisherigen ERP-Software auf.
Schritt 3: Anbieter-Vorauswahl und Ausschreibung
Internet-Recherche, Messen, Berater - über verschiedene Wege können Entscheider eine Vorauswahl möglicher ERP-Anbieter vornehmen. Eine solche Liste kann fünf bis zehn Hersteller umfassen. Diese erhalten den Anforderungskatalog. Schließlich sollten zwei bis drei Anbieter zu Präsentationen und Workshops eingeladen werden.
Schritt 4: In Workshops das ERP-Lastenheft erarbeiten
In den Präsentationen und Workshops der Anbieter geht es zunächst um das Durchspielen von Anwendungsszenarien. Dann wird der konkrete Anforderungskatalog (also das Lastenheft) festgelegt. Im Lastenheft stehen alle erforderlichen Funktionen des ERP-Systems und die SOLL-Prozesse. Das Heft bildet die Grundlage für konkrete Angebote des Herstellers.
Schritt 5: Das ERP-Pflichtenheft ausarbeiten
Im letzten Schritt schließlich setzen sich Anwender und Anbieter zusammen, um gemeinsam das ERP-Pflichtenheft auszuarbeiten. Dieses legt die Umfänge der Anpassungen des ERP-Herstellers fest und regelt die einzelnen Leistungen und Pflichten (Service Level).

Sage Office Line 24

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Sage Office Line 24 ist eine weitere branchenübergreifende ERP-Lösung, die von der britischen Softwareschmiede Sage Software angeboten und in einem Rechenzentrum in Deutschland betrieben wird.

Funktionalität: Dabei wird der Fokus auf Warenwirtschaft und Rechnungswesen gelegt. Zu den Hauptfunktionen im Bereich Warenwirtschaft zählen unter anderem automatisiertes Bestellwesen, Lieferantenvergleiche, sowie umfassende Umsatzstatistiken zu Kunden, Lieferanten und Artikeln. Das Rechnungswesenmodul umfasst unter anderem Buchhaltung, Bilanzierung und Kostenrechnung. Nützlich für international agierende Firmen: Das Programm unterstützt zahlreiche Sprachen und Währungen. Punkten kann die Sage-Lösung zudem im Bereich Mobile. So können Manager unterwegs mit den Apps für iOS und Android auf ihre Geschäftsdaten jederzeit zurückgreifen, sowie Kontakte, Aufgaben, Buchungen und mehr verwalten.

Preismodell: Das Gesamtpaket mit beiden Modulen kostet laut Anbieter 89 Euro Netto pro User und Monat. Kunden können die Module aber auch einzeln abonnieren. Kostenpunkt: 69 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer.

Actindo

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Neben branchenübergreifenden Lösungen wie Scopevisio und Sage gibt es weitere Systeme, die speziell für bestimmte Branchen konzipiert sind. So zum Beispiel das System Actindo aus München, das auf die Anforderungen und Bedürfnisse von Händlern zugeschnitten ist.

Funktionalität: Die Lösung verspricht eine effiziente Strukturierung von Ressourcen, sowie die Automatisierung von Geschäftsabläufen, die in diesem Sektor üblich sind. Von Fakturierung, Warenwirtschaft und Logistik, über Finanzbuchhaltung und Dokumenten-Management bis hin zu Kundenkommunikation, Zahlungsabwicklung und Kundensupport: Das System stellt zahlreiche Werkzeuge bereit, mit denen sich Versandhandelsprozesse optimieren lassen sollen. Darüber hinaus ermöglicht die Software die nahtlose Anbindung von Marktplätzen, darunter Ebay, Amazon, Shopgate und Yatego, sowie die Integration mit E-Commerce-Systemen.

Preismodell: Actindo gibt es in fünf verschiedenen Paketen, die für kleine, mittlere und große Händler zugeschnitten sind. Die monatlichen Preise bewegen sich zwischen 29 Euro Netto und knapp 500 Euro Netto (für die Komplettlösung mit allen Features). Hinzu kommt eine einmalige Einrichtungsgebühr, deren Höhe vom ausgewählten Paket abhängt.

Weclapp ERP Handel

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Der Softwarehersteller Weclapp aus Marburg bietet mit ERP Handel eine funktionsreiche Unternehmenssoftware, die ebenfalls für Einzel- und Großhändler optimiert ist.

Funktionalität: Damit können Firmen Kunden, Angebote, Aufträge, Rechnungen sowie Produkte, Einkauf, Lager und Online-Shops professionell im Browser verwalten. Die Liste der einzelnen Features, die bei jedem Funktionspaket angeboten werden, ist kaum zu durchschauen. Was die Funktionalität angeht, dürfte die Weclapp-Lösung als kaum Wünsche offen lassen. Auch in Sachen Integrationsmöglichkeiten überzeugt die Software durch die nötige Flexibilität, die von Cloud-Kunden zunehmend erwartet wird. So verfügt das System zum Beispiel über eine FiBu-Schnittstelle, um offene Posten via DATEV an die Buchhaltungssoftware zu übergeben. Ebenfalls möglich ist die Anbindung an populäre Shop-Systeme wie Magento und Shopware.

Preismodell: Der Hersteller bietet ein einfaches Preismodell, bei dem man allerdings weniger Flexibilität hat als etwa bei Scopevisio. Der monatliche Tarif beträgt 60 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer pro Anwender – bei einer Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr.

MyFactory

Foto: Wyllie / toolsmag

Speziell für kleine und mittelständische Handels- und Industrieunternehmen konzipiert ist das ganzheitliche ERP-System MyFactory, das vom Münchner Hersteller MyFactory International in der deutschen Datenwolke angeboten wird.

Funktionalität: Wie bei den meisten modernen ERP-Lösungen üblich, ist MyFactory modular aufgebaut. Zu den wichtigsten Funktionsbausteinen zählen unter anderem Projekt- und Ressourcen-Management, CRM, Warenwirtschaft, Finanzbuchhaltung, Produktionssteuerung, Personal-Management, und E-Commerce. Die Basis-Funktionalität der Software ist durch branchenspezifische Zusatzmodule leicht erweiterbar. So können zum Beispiel Händler von den Modulen “Zahlungsverkehr” (Überweisungen, Lastschriften, etc.) und “Marktplätze” (Anbindung an eBay, Amazon, etc.) profitieren, während Industriebetriebe spezielle Lösungspakete wie “Fremdfertigung” oder “Lagerplatzverwaltung” nützlich finden könnten. Ein Pluspunkt: Anders als die meisten ERP-Anbieter, die in diesem Beitrag aufgeführt wurden, erhält MyFactory gute Noten in Sachen Mobile. So ist die Software für den Zugriff mit Smartphones und Tablets optimiert.

Preismodell: Die MyFactory-Lösung ist in drei verschiedenen Paketen erhältlich (Preisliste im PDF). Die Preise fangen bei 24 Euro pro Anwender und Monat. Weitere Benutzer, sowie Zusatzmodule lassen sich bei Bedarf jederzeit hinzubuchen.

Easysys

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Mit Easysys präsentiert sich eine einfach gehaltene Business-Software aus der Schweiz, die speziell für Kleinunternehmen, Startups und Selbständige konzipiert ist.

Funktionalität: Mit der Basis-Version können Anwenderunternehmen unter anderem Angebote, Aufträge, Rechnungen, Zahlungen und Gutschriften, Kontakte, Kunden, Termine, sowie Produkte und Dokumente effizient im Browser verwalten. Darüber hinaus werden weitere Werkzeuge in verschiedenen Lösungspaketen angeboten, die für verschiedene Branchen entwickelt wurden. So können beispielsweise Dienstleister und Agenturen auf Module für Projekt-Management und Zeit- und Leistungserfassung zurückgreifen, während Händler von speziellen Tools für Einkaufsbestellungen und Lagerverwaltung profitieren können.

Preismodell: Die Standard-Lösung kostet ab 20 Euro pro Anwender und Monat. Für jeden zusätzlichen Nutzer sind sechs Euro monatlich auf den Tisch zu legen. Das speziellen Service-Pakete für Dienstleister und Agenturen beziehungsweise Händler schlagen mit jeweils 30 Euro pro User monatlich zu Buche. Zusätzliche Nutzer kosten in dem Fall 10 Euro im Monat (Die Preise verstehen sich zuzüglich Mehrwertsteuer).

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag des Expertenblogs Toolsmag

HTML5 bringt Enterprise Apps voran
Viele ERP-Anbieter sind von der Idee individueller Apps noch nicht überzeugt, die sich ebenso leicht bedienen lassen wie ihre Geschwister aus dem privaten Umfeld. Standards wie HTML5 und neue Tools könnten hier helfen, denn die Nachfrage ist groß. Ein Überblick über die ERP-Hersteller zeigt, was mobilen Anwendern geboten wird.
Abas
ERP-Hersteller Abas stellt den mobilen Zugriff über Smartphones und Tablets als Web-Anwendung zur Verfügung. Dazu gehören "Mobile Sales" mit CRM- und verkaufsrelevanten Daten aus dem ERP-System, "Mobile Service" für die Planung und Abwicklung von Serviceeinsätzen sowie "Mobile Purchase" für das Beschaffungs-Management.
Delta Barth
Mit einer App für das Instandhaltungs-Management "Deleco" können Störungsmeldungen erfasst, bearbeitet und softwaregestützte Wartungsarbeiten direkt an der Maschine ausgeführt werden.
Godesys
Anwender von Godesys ERP 5.5 können mit "Godesys Touch", einer Erweiterung des "Godesys Open Business Framework", laut Hersteller einfach eigene Smartphone-Anwendungen erstellen, die die Funktionsbibliotheken des Godesys-ERP-Systems nutzen. Godesys Touch und Beispiel-Apps für CRM Sales und Service stehen Anwendern kostenfrei zur Verfügung.
Infor
Anbieter Infor setzt bei Enterprise Apps vor allem darauf, seinen Kunden die Plattform "Infor Motion" zur Verfügung zu stellen, über die sie selbst individuelle mobile Lösungen für unterschiedliche Betriebssysteme aufbauen können.
Microsoft
Für das ERP-System "Dynamics AX" hat Microsoft Apps für Reisekostenabrechnung, Zeiterfassung und mobilen BI-Zugriff mit dem "Business Analyzer" im Angebot, im Bereich Retail gibt es eine mobile Kasse. Hauptsächlich handelt es sich um Windows-Apps, beim Thema CRM wird auch iOS bedient.
Oxaion
Neben Individuallösungen bietet Oxaion Standard-Apps, die für Anwender kostenlos zur Verfügung stehen. Dazu gehören Apps im Bereich CRM zu Kunden, Artikeln, Aufträgen, Lagerauskünften bis hin zu Reports und Kennzahlen.
Sage
Die neue "ERP X3 Sales-App" von Sage ist für das iPad konzipiert, an Vertriebsmitarbeitern ausgerichtet und lässt sich sowohl online als auch offline nutzen.
SAP
Über 200 mobile Apps gibt es aktuell im SAP Store, sie wurden von SAP, aber auch von Partnern erstellt, darunter sind On-Premise-Produkte und Cloud-Services.