Ein Platz im Internet

18.02.1999
Bei der Suche nach dem besten Provider für die Internet-Anbindung stößt man neben den klassischen Anbietern zunehmend auch auf Telekommunikationsunternehmen.

Nachdem die Provider im vergangenen Jahr Kunden vor allem über den Preis köderten, stehen 1999 raffiniertere Strategien an. Insbesondere die sogenannte "letzte Meile" wird von der Telekom als Pfund gehandelt, weil die Mitkonkurrenten in der Regel diese Leitungen von der Telekom beziehen müssen.

Leitungen

Auch die "Neuen", die zum Teil flächendeckende Netze besitzen, brauchen den Zugang zum Endkunden (Local Loop oder Last Mile), den heute weitestgehend die Telekom kontrolliert. Durch Mietleitungen oder andere Einrichtungen versuchen die Wettbewerber, Geschäfts- und auch Privatkunden zu erreichen.

Die "Interconnect"-Vereinbarungen über die Nutzung dieser Anschlüsse sind ausschlaggebend für den schnellen Erfolg oder Mißerfolg eines Anbieters. Arcor kann mit seinem Partner Deutsche Bundesbahn Telefonleitungen unter den Eisenbahnschienen nutzen und verfügt mit 40000 Kilometern über das zweitgrößte Netz. Außerdem steht Mannesmann mit AT&T die weltweit zweitgrößte Telefongesellschaft zur Seite. Viag Interkom hat mit British Telecom, dem sechstgrößten TK-Unternehmen weltweit, ebenfalls Unterstützung durch einen international erfahrenen Anbieter. Aber auch die Telekom hat sich mit Global One einer internationalen Allianz von großen TK-Unternehmen angeschlossen. Ein neuerlicher Versuch der Telekom, höhere Gebühren für die Nutzung der "Last Mile" von privaten Anbietern zu fordern, liegt der Regulierungsbehörde vor und dürfte im Falle einer Genehmigung die Karten im bundesweiten Gebührenpoker neu mischen.

Gebührenpoker ohne Ende

Neben dem Kampf um die Gebühren für Leitungen forciert die Telekom auch den Preiswettbewerb. Zum Redaktionsschluß wurden Pläne bekannt, daß die Telekom die Kosten für die Internet-Nutzung auf einen Pfennig pro Minute senken wolle. Zur Zeit liegen die Gebühren bei fünf bis acht Pfennig pro Minute. Daß es mit lukrativen Angeboten an die Kunden allein nicht getan ist, zeigte "Tomorrow", der jüngste Internet-Vorstoß der Mobilcom. Dieser erste Kombizugang für Telefon- und Internet-Nutzung zum Pauschaltarif mußte schon wenige Wochen nach dem Start wieder geschlossen werden. Neben ständig überlasteten Leitungen führten eklatante Sicherheitsmängel im System dazu, daß Mobilcom eine vorerst bis zum Februar begrenzte Zwangspause des Dienstes verkünden mußte.

Die ersten Tage konnte Mobilcom die versprochenen Leistungen des Kombidienstes auch zur Verfügung stellen. Mit jedem neuen Tag nahm jedoch die Zahl der Nutzer dermaßen zu, daß Mobilcom zunehmend Kapazitätsprobleme bekam. Auch die Tochtergesellschaft Top-Net, über deren Infrastruktur das Freenet-Angebot bewältigt werden sollte, machte den Eindruck, erst in allerletzter Minute über das Preisbrecherangebot informiert worden zu sein.

Standleitungen als Leitungskiller

Neben dem normalen Nutzungsverhalten sollen auch massive Downloads oder stunden- und tagelange Nutzung von Leitungen die eingeplanten Kapazitäten gesprengt haben. Nicht zuletzt die Probleme bei der Einwahl dürften den Aufbau von derartigen "Standleitungen" begünstigt haben.

Von derartigen Marketing-technischen Rösselsprüngen profitieren letztendlich die Kon kurrenten mit vermeintlich höheren Tarifen, die jedoch Performance, Verfügbarkeit und Service garantieren können. (us)