eGovernment: Ämter und Behörden online nutzen

08.10.2007 von Dr. Klaus Manhart
Electronic Government (eGovernment) ist weit mehr als das Herunterladen und Ausfüllen von Formular und Antrag. Von eGovernment profitieren Bürger, Unternehmen, Bund, Länder und Gemeinden in Deutschland und Europa. Wir nennen die wichtigsten Initiativen wie Deutschland-Online, E-Government 2.0 und i2010.

Mit dem Begriff „eGovernment” verbindet man im allgemeinen Sprachgebrauch vor allem die Vorstellung, Verwaltungsleistungen bequem vom heimischen Computer aus in Anspruch nehmen zu können. Tatsächlich wird es zunehmend möglich, das komplexe Informationsangebot der staatlichen Dienstleister per Internet abzurufen. Eigene Anliegen können den Verwaltungen online übermittelt und das Ergebnis der Bearbeitung wiederum per Internet empfangen werden.

Der Bürger hat den Vorteil, dass Informationen der Behörden „rund um die Uhr“ erreichbar sind und auch die Kommunikationsmöglichkeiten erheblich ausgeweitet sind. Für ihn entfallen somit oft zeitaufwendige Wege.

Von eGovernment profitieren aber auch Unternehmen durch einfachere Interaktionen mit den staatlichen Dienststellen – und die Behörden selbst. Letztere können durch die neuen technischen Möglichkeiten viele administrative Abläufe vereinfachen und oft automatisieren. Der ganze Verwaltungsbereich wird insgesamt effizienter und kostengünstiger. Allein der Bund rechnete bei seiner 2005 beendeten Initiative BundOnline mit jährlichen Kosteneinsparungen von rund 400 Millionen Euro – eine Investition, die sich nach vier Jahren amortisiert hat. eGovernment ist also ein typisches Win-Win-Geschäft, bei dem alle Beteiligten profitieren: Bürger, Unternehmen und Behörden.

In diesem Beitrag wird der aktuelle Stand von eGovernment in Deutschland durchleuchtet. Andreas Polster, Referent im IT-Stab des Bundesinnenministeriums, lieferte uns einige Informationen, auf die wir im Laufe dieses Artikels immer wieder zurückgreifen.

Was ist eGovernment?

Kurz gesagt, versteht man unter eGovernment die Abwicklung der Geschäftsprozesse von Verwaltung und Regierung mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien über elektronische Medien. Dabei geht es um Prozesse innerhalb des öffentlichen Sektors (G2G), insbesondere aber um jene zwischen diesem und der Bevölkerung (C2G und G2C), der Wirtschaft (B2G und G2B) und den Non-Profit und Non-Government-Organisationen des Dritten Sektors (N2G und G2N).

Wer mit wem: Electronic Government im „X2Y“-Beziehungsgeflecht. (Quelle: Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaft)

Dieses Beziehungsgeflecht wird in der Abbildung dargestellt. Electronic Government umschließt dabei 7 der 16 möglichen Matrixfelder in dem X2Y-Beziehungsgeflecht. eGovernment ist kein rein nationales Phänomen. Weltweit dient es inzwischen als ein wichtiger Beitrag der Behörden zur Entbürokratisierung und Modernisierung der Verwaltung, zur Entwicklung länderübergreifender Services und letztendlich zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Standorte. Die EU-Initiative „i2010“ und der im April 2006 beschlossene Aktionsplan eGovernment geben den Mitgliedsstaaten den Rahmen zum Ausbau der elektronischen Behördendienste in Europa vor. Ein aktuelles Resümee auf EU-Ebene zieht die vierte europäische Ministerkonferenz, die Ende September in Lissabon stattfindet.

eGovernment in Deutschland

In Deutschland hat die Bundesregierung eGovernment seit dem Jahr 2000 zu einer zentralen Regierungsaufgabe gemacht und mit der eGovernment-Initiative BundOnline 2005 die Bundesverwaltung ins Netz gebracht. BundOnline stellte bis Ende 2005 über 440 Verwaltungsdienstleistungen des Bundes für Bürger, Unternehmen und Behörden online und war damit eine der größten eGovernment-Initiativen in Europa.

Übersicht: Unter Deutschland-Online findet man die Angebote der Bundesländer.

Einen Großteil der Verwaltungsaufgaben für Bürger und Unternehmen in Deutschland erfüllen Länder und Kommunen. Die eGovernment-Aktivitäten der Bundesländer und Kommunen werden mit eigenen Masterplänen vorangebracht. Alle Bundes- und Landesbehörden und viele Kommunen verfügen inzwischen über eine Internetpräsenz und bieten verschiedene Online-Services an. Die gemeinsame Strategie von Bund, Ländern und Kommunen, Deutschland-Online, bündelt zentrale ebenenübergreifende eGovernment-Vorhaben. Die Website der Geschäftsstelle von Deutschland-Online gibt einen Überblick über die eGovernment-Initiativen der Länder.

Was Bürger nachfragen

Ein paar Beispiele illustrieren, wie Bürger und Unternehmen von eGovernment profitieren. Im Portal Bund.de stehen circa 500 Formulare für Bürger und Unternehmen zum Download zur Verfügung. Durch die Erweiterung um ein Formular-Management-System (FMS) können elektronische Formulare medienbruchfrei über Intra- und Internet bearbeitet werden. Das heißt, die Formulare können nicht nur heruntergeladen werden, sondern lassen sich auch direkt online ausfüllen und dann elektronisch versenden. Vorreiter war hier die Bundesfinanzverwaltung.

Am beliebtesten bei Bürgern waren in der Vergangenheit neben Wetterinformationen politische Bildung, das bewies die Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung mit 5,2 Millionen Aufrufen monatlich. Viel Beachtung erfuhren zudem Themen wie Ausbildung und Beruf: Zum Beispiel wurden monatlich 3000 Darlehensverfahren mit der Online-Dienstleistung BAföG online des Bundesverwaltungsamtes vollständig elektronisch abgewickelt.

Das Angebot der Bundesagentur für Arbeit www.BERUFEnet.de erreichte rund 12 Millionen Aufrufe. Die „Transaktionsplattform Meldewesen“ der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zur Überwachung des Wertpapiermarktes wurde 40 Millionen Mal im Monat aufgerufen. Damit war sie die beliebteste Online-Dienstleistung der Wirtschaft.

Die virtuelle Infotheke der Deutschen Bibliothek führt bibliografische Ermittlungen durch, beantwortet Sach- und Titelschutzanfragen und bietet Literaturzusammenstellungen an.

Weitere, bereits 2005 realisierte eGovernment-Lösungen des Bundes sind beispielsweise Online-Förderanträge, die Übermittlung von Daten an statistische Ämter, die Online-Zollerklärung oder Online-Anträge für die Vergabe von Bildungskrediten. Damit stehen zahlreiche sinnvolle Lösungen bereit. Einige davon sind allerdings für sehr eng umgrenzte Nutzerkreise konzipiert – etwa der Antrag zur Genehmigung der Ein- und Ausfuhr von geschützten Tier- und Pflanzenarten nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen.

Mit dem Regierungsprogramm eGovernment 2.0 setzt die Bundesregierung seit 2006 neue Schwerpunkte für das eGovernment-Angebot der Bundesbehörden.

Informations- und Transaktionsorientierung

Länder bieten eGovernment-Dienstleistungen mit teils spezifischen Services. Im Freistaat Sachsen wurde zum Beispiel mit dem eGovernment-Verfahren „Hochwasserinformations- und -managementsystem“ eine Infrastruktur für Hochwassernachrichten geschaffen. In Bayern ermöglicht es ein von der Staatsregierung beschlossener Gesetzentwurf, das Gesetz zur Stärkung elektronischer Verwaltungstätigkeit, Meldepflichten gegenüber dem Einwohnermeldeamt nach einem Umzug künftig online zu erledigen.

Lokal: Auch Länder wie der Freistaat Bayern bieten einen großen Fundus an Formularen.

Etwa die Hälfte der gegenwärtig realisierten Dienstleistungen auf Bundesebene ist informationsorientiert, das heißt, es werden lediglich Informationen bereitgestellt. Der andere Teil ist transaktionsorientiert und wächst beständig.

Das wohl bekannteste Beispiel für transaktionsorientiertes eGovernment ist die eVergabe-Plattform für Unternehmen, die als sogenannte Einer-für-alle-Dienstleistung (EfA) entwickelt wurde. Über das Portal werden Aufträge des Bundes an Dienstleister und Lieferanten vergeben, wobei ab 2010 die Auftragsvergabe ausschließlich über die Plattform erfolgt. Derzeit sind 91 Vergabestellen angeschlossen.

Mit der Version 3.3 wurden kürzlich die Teilnahmebedingungen für Bieter vereinfacht. Diese benötigen nur noch ein Softwarezertifikat (fortgeschrittene Signatur) und nicht mehr die aufwendige Signaturkarte (qualifizierte Signatur).

Die elektronische Beschaffung verdeutlicht, dass durch eGovernment Effizienzgewinne entstehen können, da bei den Prozesskosten in Wirtschaft und Verwaltung erhebliche Einsparungen zu erzielen sind. Bei dem hohen Beschaffungsvolumen des Bundes für Waren und Dienstleistungen dürfte der öffentliche Haushalt mittelfristig signifikant entlastet und die Wettbewerbsbedingungen in Deutschland verbessert werden.

Die Initiativen: BundOnline 2005

In den vergangenen Jahren sind auf allen staatlichen Ebenen eGovernment-Initiativen vorangetrieben worden. Die bekannteste, BundOnline 2005, zählt noch zur ersten Generation dieser Initiativen und gilt inzwischen als abgeschlossen. Mit BundOnline verpflichtete sich die Bundesregierung im Jahr 2001, alle internetfähigen Dienstleistungen der Bundesverwaltung online bereitzustellen. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der umfassenden Verwaltungsmodernisierung.

Dieses Ziel gilt inzwischen als erreicht. Über BundOnline2005 und das Portal bund.de können Bürger, Wirtschaftsunternehmen und Behörden die Dienstleistungen der Bundesverwaltung einfacher und schneller in Anspruch nehmen. Formulare lassen sich herunterladen, Rentenversicherte können vom heimischen Computer aus Anträge auf Rente, auf eine Rehabilitationsmaßnahme oder auf Kontenklärung stellen. Bei der Bundeszollverwaltung können pro Antragsbearbeitung 9,50 Euro gespart werden, wenn der Antrag über das Internet gestellt wird.

Startpunkt: bund.de ist die erste Anlaufstelle für Bürger und Unternehmen, wenn es um Online-Dienstleistungen geht.

Eine wesentliche Aufgabe von BundOnline war auch die Standardisierung von Anwendungen, die mit den „Standards und Architekturen für eGovernment-Anwendungen“ (SAGA) ausgearbeitet wurde. Auch zentrale Basiskomponenten zur Unterstützung der Ressorts und Behörden wurden zur Verfügung gestellt, wie der „Government Site Builder“ als zentrale Content-Management-Lösung für den Bund.

Insgesamt sind 119 Transaktionsdienstleistungen, 67 Kommunikationsdienstleistungen und 239 Fachportale beziehungsweise Informationsdienstleistungen im Netz. Von diesen richten sich 265 an die Bürgerinnen und Bürger, 244 an Unternehmen und 200 an Verwaltungen. Die Angebote sind sowohl über die Internetseiten der jeweiligen Behörde erreichbar, als auch über www.bund.de, das zentrale Verwaltungsportal des Bundes. Es bietet einen Zugang zu den Internetauftritten von über 800 Behörden und Einrichtungen des Bundes und über 3100 Themen- und Dienstleistungs-Links. Das eGovernment-Angebot des Bundes wird auch in den kommenden Jahren weiterentwickelt und aktualisiert.

MEDIA@Komm – eGovernment in Kommunen

Auf kommunaler Ebene gelten die MEDIA@Komm-Modellversuche als Prototypen und Vorzeigeprojekte von eGovernment. Sie gehören ebenfalls zur ersten Generation, wurden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) – damals noch Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, BMWA – 1999 initiiert und knüpften an der Vision des „virtuellen Rathauses“ an.

Bei den gewählten Anwendungen handelte es sich um qualitativ hochwertige Dienste, oft mit der Möglichkeit, elektronische Signaturen einzusetzen. Inhaltliche Schwerpunkte lagen bei kommunalen Dienstleistungen für Bürger und unternehmensorientierten Services wie Bauwesen oder Umweltschutz. Vorrangig wurden aber elektronische Anwendungen in den Produktbereichen „Zentrale Verwaltung“ entwickelt – dazu gehörten beispielsweise das Einwohnerwesen oder Verkehrs- und Kfz-Angelegenheiten.

Vor allem drei Städte wurden als Preisträger eines Städtewettbewerbs hervorgehoben. Die Freie Hansestadt Bremen mit Governikus, die Stadt Esslingen mit Allsign sowie Nürnberg mit Curiaworld.

Vorzeigeprojekt: Die Stadt Esslingen war einer der Preisträger in der MEDIA@Komm-Initiative.

Bremen konzentrierte sich vor allem auf Produktgruppen wie Einwohnerwesen, Baubereich und Mahnverfahren und setzte in diesen Bereichen viele Anwendungen um. Wichtigstes Ziel waren dabei der Einsatz und die Diffusion von Signaturkarten. Von Bremen ging auch die Inititiative zur Schaffung des OSCI-Standards aus, auf den wir im zweiten Teil eingehen. Das Online-Angebot der Stadt Bremen wurde mehrfach prämiert.

Bei den Projekten der Stadt Esslingen standen Bürgerorientierung und Bürgerbeteiligung im Vordergrund. Dazu gehörten die Beteiligung in der Bauleitplanung, in Bürgerforen, Bürger-PCs und die Online-Jugendgemeinderatswahl. Neben den reinen Online-Services auf der Basis von Allsign und dem virtuellen Bauamt wurden viele Piloten und Demonstratoren entwickelt, um die Machbarkeit von Lösungen zu prüfen.

Im Städteverbund Nürnberg wurden Anwendungen wie Registerauskünfte, Volkshochschulbuchungen und Sperrgutbestellungen online realisiert. Sie sind heute in fast allen Städten des Verbundes genauso installiert wie das Ratsinformationssystem Curiarat.

Problemfall Signatur

Die Projekte haben auch gezeigt, dass sich eine Vielzahl von Transaktionsdienstleistungen, die für Bürger und Unternehmen von Interesse sind, grundsätzlich medienbruchfrei auf kommunaler Ebene realisieren lassen. Allerdings gibt es Einschränkungen bei der tatsächlichen Nutzung durch die Bürger.

Bei einem großen Teil der Dienstleistungen müssen sich die Anwender mithilfe der elektronischen Signatur authentifizieren. Der Nachteil: Bisher blieb die Marktdurchdringung bei den Signaturkarten deutlich hinter den Erwartungen zurück. Nahtloses eGovernment ist damit faktisch nur für einen kleinen Kreis von Bürgern möglich, die gewillt sind, die Kosten für den Erwerb einer Signaturinfrastruktur zu tragen.

Wirklich profitiert hat von den Projekten nur eine etwas größere Zahl von Unternehmen und Freiberuflern. Insbesondere für Power User wie Anwälte, Notare, Kfz-Händler und Architekten ist der Erwerb einer Signaturinfrastruktur lohnenswert, weil sie oft mit der öffentlichen Verwaltung in Kontakt treten und beispielsweise häufig eine große Zahl von Dokumenten auf elektronischem Wege senden oder empfangen.

Der Katalog „Lösungen und Erfahrungen aus MEDIA@Komm“ enthält eine Darstellung der übertragbaren Lösungen aus den MEDIA@Komm-Regionen und der Erfahrungen aus der Begleitforschung.

Deutschland-Online

Deutschland-Online ist die nationale eGovernment-Strategie von Bund, Ländern und Kommunen und gehört zur 2. Generation von eGovernment-Initiativen. Deutschland-Online bildet bildlich gesprochen die „vertikale Klammer“ im eGovernment: Sie will die verschiedenen kommunalen Initiativen – die Strategien der 16 Bundesländer und des Bundes – verbinden und die Kooperation von Bund, Ländern und Kommunen im eGovernment stärken. Ziel des im Juni 2006 verabschiedeten „Aktionsplans Deutschland-Online“ ist es, eine vollständig integrierte eGovernment-Landschaft zu schaffen.

Oberste Aufgabe ist dabei, die Verwaltung effizienter zu gestalten. Hierfür sollen administrative Abläufe unter Nutzung der aktuellen Informationstechnik vereinfacht und automatisiert werden. So sollen Daten von vornherein an der richtigen Stelle in elektronischer Form vorliegen, was gegenüber konventionellen Abläufen schneller, fehlerfreier und billiger ist.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Tausende technisch völlig unterschiedlich ausgestattete Institutionen und ihre Partner miteinander kommunizieren können – und zwar in einer heterogenen IT-Landschaft von Bund, 16 Bundesländern, über 300 Kreisen und weit über 13.000 Kommunen in Deutschland. Hierzu müssen die notwendigen Standards gesetzt werden:

Nach dem Prinzip "Einige-für-alle" sollen von den federführenden Gebietskörperschaften Modelllösungen erarbeitet werden, die von den Partnern genutzt werden können. Einzelne Gebietskörperschaften übernehmen bei den jeweiligen Vorhaben die Verantwortung und sollen das Projekt in Kooperation mit Partnern zu einer marktreifen Lösung entwickeln.

Der Aktionsplan wird durch den Arbeitskreis der Staatssekretäre für eGovernment umgesetzt. Das Bundesministerium des Innern betreut die Geschäftsstelle von Deutschland-Online. Auf der Website von Deutschland Online finden Sie unter „Vorhaben“ eine Übersicht über bereits abgeschlossene und künftige Vorhaben. Den Aktionsplan finden Sie hier.

MEDIA@Komm-Transfer

Nach den positiven Erfahrungen mit den MEDIA@Komm-Städten im März 2004 hat das BMWi MEDIA@Komm-Transfer als Nachfolgeprojekt initiiert und Ende 2006 abgeschlossen. Das Projekt verfolgte das Ziel, die horizontale Ausbreitung und Vernetzung von kommunalem eGovernment zu fördern. Insbesondere sollen medienbruchfreie elektronische Transaktionen flächendeckend in der öffentlichen Verwaltung eingeführt und so die Kommunalverwaltungen modernisiert werden.Insgesamt 20 MEDIA@Komm-Transferkommunen übernahmen die Funktion von sogenannten „eGovernment-Entwicklungs- und Diffusionskernen“, in denen Modelllösungen für andere Kommunen und Länder entwickelt wurden. Im Mittelpunkt standen dabei vor allem Standardisierung, Multiplikation und Internationalisierung. Im Bereich der Standardisierung wurden parallel entwickelte Lösungen verknüpft und Workflows vereinheitlicht. So sollte ein interoperables eGovernment-Netzwerk entstehen.

Ebenso wie in Deutschland-Online wurden nach dem Prinzip „Einige-für-alle“ übertragbare Best-Practice-Lösungen entwickelt. Dies betrifft insbesondere die Bereiche eGovernment-Komponenten wie eProcurement, Portale, Fachverfahren wie das Meldewesen, verwaltungsinterne Dienste wie das Reporting und Bürgerpartizipation.

Vieles, was im Rahmen von MEDIA@Komm und MEDIA@Komm-Transfer technologiepolitisch angestoßen wurde, soll von den Kommunen in eigener Regie weitergeführt werden. Darüber hinaus flossen auch wichtige Impulse von MEDIA@Komm-Transfer in das aktuelle Aktionsprogramm von Deutschland-Online und in die Modernisierungsvorhaben der Bundesverwaltung ein.

Die D21-Initiative der Wirtschaft und der vom Deutschen Städte- und Gemeindebund initiierte „Innovators Club“ wollen nun den von M@K-T eingeschlagenen Weg unter der Überschrift „MEDIA@Komm-Innovation“ verstetigen und eng mit den weiteren Deutschland-Online Aktivitäten verlinken.

Die 3. Generation: eGovernment 2.0

Die jüngste Initiative, E-Government 2.0, gehört zur 3. Generation und geht von einem völlig neuen Ansatz aus. Statt den Bürgern oder der Wirtschaft quasi „von oben herab“ ein Angebot vorzusetzen, berücksichtigt eGovernment 2.0 stärker die Bedürfnisse der Nutzer: Das eGovernment-Angebot soll serviceorientiert ausgebaut werden.

„Wir wollen, dass die eGovernment-Angebote bedarfsgetrieben entwickelt werden – ausgehend vom Bedarf der Bürger und der Wirtschaftsunternehmen“, sagt Andreas Polster, Referent im IT-Stab des Bundesinnenministeriums. „Im Rahmen von E-Government 2.0 werden Kunden befragt, ob etwas gewünscht wird und in welcher Form. Hierzu werden den Behörden Instrumente zur Bedarfsanalyse und Leitfäden an die Hand gegeben.“

Evolution: Die Entwicklung von eGovernment von den Anfängen bis hin zu eGovernment 2.0.

Bereits umgesetzt hat das eGovernment-2.0 Konzept die Bundesagentur für Arbeit. Mit dem in diesem Jahr erfolgten Internet-Relaunch des virtuellen Arbeitsmarkts und den Servicerufnummern für Bürger 01801/555 111 und Unternehmen 01801/66 44 66 wurde ein Servicenetz geschaffen, in dem alle Bundesarbeitsagenturen und zum Teil auch die Arbeitsgemeinschaften mit den Kommunalämtern miteinander vernetzt sind. Um festzustellen, ob das Angebot dem Bedarf entspricht, wurde ein professionelles Monitoring der Telefon-Servicecenter durchgeführt – unter anderem durch Mystery Calls und systematische Befragungen der Nutzer.

Derzeit steht der nächste Schritt an: Die Servicecenter sollen entlastet und Funktionen des Telefonservice in den Online-Bereich verlagert werden. So wird die Arbeitslosmeldung beispielsweise künftig via Telefon oder Internet erfolgen.

Die zweite wesentliche Säule von eGovernment 2.0 ist die Verknüpfung von Prozessen. „Wir wollen die Prozesse unmittelbar miteinander vernetzen und zwar Prozesse, die IT-technisch zurzeit noch getrennt auf Seite der Verwaltung und auf Seite der Wirtschaft ablaufen“, erklärt Andreas Polster.

eGovernment 2.0 – Beispiele

Das Statistische Bundesamt realisiert die Prozessvernetzung bereits zum Teil mit eStatistik.Core. „Hier werden Daten aus dem betrieblichen Rechnungswesen unmittelbar in die Aufbereitung von Statistiken im Statischen Bundesamt beziehungsweise den statistischen Landesämtern übernommen, ohne dass ein Medienbruch erfolgt“, führt IT-Referent Polster aus.

Nahtlos: eStatistik.Core ermöglicht die medienbruchfreie Übermittlung statistischer Daten zwischen Unternehmen und Behörden.

„Ein anderes Beispiel ist die sichere Lebensmittelkette. „IT FoodTrace“ ist ein System zur lückenlosen Dokumentation der Lebensmittelqualität entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Lebensmittelproduktion – ein strukturbruchfreier IT-Gesamtprozess zur Rückverfolgung der Kette vom Futtermittel bis zur Ladentheke. Bei Verdacht auf einen Missstand wird es so künftig auch möglich sein, erheblich schneller und zielgenauer zu reagieren.“

Die eGovernment-2.0-Initiative wurde ausgehend vom Aktionsplan eGovernment der europäischen Initiative i2010 sowie den Erfahrungen mit BundOnline2005 und Deutschland-Online im September 2006 vom Bundeskabinett beschlossen. Die Umsetzung des Programms erfolgt durch alle Bundesressorts, die Koordinierung im Bundesministerium des Innern.

Für eGovernment 2.0 wurden 25 Modellprojekte gemeldet. Gleichzeitig hat das Bundeskabinett die Ressorts beauftragt, die Ankündigung aus dem Ersten Nationalen IT-Gipfel umzusetzen und ab 2012 Verwaltungsverfahren mit der Wirtschaft möglichst nur noch elektronisch abzuwickeln.

Internationaler Vergleich: Mittelmaß

Die Bundesregierung sieht eine bedarfsorientierte Entwicklung von eGovernment-Verfahren nicht nur als entscheidenden Schlüssel zu mehr Service und effizienterer Verwaltung, sondern erhofft sich mit eGovernment 2.0 auch eine höhere Akzeptanz der E-Dienste. Die bislang installierten angebotsorientierten E-Dienstleistungen blieben von den Nutzungszahlen nämlich meist hinter den Erwartungen zurück.

Derzeit wird eGovernment insbesondere bei Bürgern, aber auch bei Unternehmen noch vergleichsweise wenig akzeptiert. Laut Statistischem Bundesamt nutzten im Jahr 2006 etwa 41 Prozent der deutschen Unternehmen das Internet auch zur Kommunikation mit der öffentlichen Verwaltung. Die meisten Firmen kontaktierten die öffentliche Verwaltung, um Formulare herunterzuladen (84 Prozent) und um Informationen einzuholen (74 Prozent). 71 Prozent der Unternehmen sendeten zudem ausgefüllte Formulare zurück, und 17 Prozent gaben bei einer elektronischen Ausschreibung ein Online-Angebot ab.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Bürgerinnen und Bürgern. 43 Prozent der Deutschen nahmen im ersten Quartal 2006 Internetangebote von Behörden oder öffentlichen Einrichtungen in Anspruch.

Im internationalen Vergleich bewegte sich Deutschland beim eGovernment in den vergangenen Jahren überwiegend im Mittelfeld, manchmal auch im hinteren Drittel. So nahm Deutschland in einer Studie von Accenture Anfang 2005 nur Platz 13 ein.

Deutschland ist Mittelmaß: Ranking der führenden eGovernment-Länder in verschiedenen Studien aus dem Jahr 2006.

Die Gründe für die nur mittelmäßige Position im internationalen Vergleich sind vielfältig. Neben der unzureichenden Standardisierung und Harmonisierung bei bestehenden Lösungen sowie der nicht flächendeckenden Verbreitung der elektronischen Signatur sehen Experten vor allem zwei deutsche Besonderheiten als Problemverursacher: „Da ist zum einen der föderale Staatsaufbau, der eGovernment nicht einfach macht“, erklärt IT-Referent Polster. „Zum anderen verzögert auch das im Grundgesetz verankerte Ressortprinzip, nach dem jeder Minister für seine Verwaltung selbst verantwortlich ist, den Aufbau von eGovernment-Strukturen.

„Beidem werde politisch begegnet“, sagt Polster. „Mit der Förderalismusreform II wird nach Wegen gesucht, Bund, Länder und Kommunen auch im eGovernment das einheitliche Handeln zu erleichtern.“ Für die einheitliche IT-Steuerung des Bundes wollen Bundesinnen- und Bundesfinanzminister gemeinsam auf dem IT-Gipfel mit der Kanzlerin am 10. Dezember 2007 in Hannover ein neues Konzept vorlegen.

Starker Aufwärtstrend

Besonders schlecht schnitt das deutsche eGovernment in der Vergangenheit im Customer Relationship Management ab, wenn es darum ging, Daten über Behördengrenzen hinweg auszutauschen. Hier befindet sich Deutschland im internationalen Vergleich auf den letzten Rängen. Auch auf kommunaler Ebene besteht ein großer Handlungsbedarf: Mit Ausnahme der MEDIA@Komm-Städte bieten nur wenige Städte und Gemeinden fortgeschrittenes eGovernment an. Gerade bei bürgernahen Dienstleistungen wie zum Beispiel dem Meldewesen, Kfz-Zulassungen oder der Beantragung von Geburts- und Heiratsurkunden rangierte Deutschland bislang auf den letzten Plätzen.

„Deshalb wurden diese Verfahren von den für eGovernment zuständigen Staatssekretären der Länder und des Bundes in den Mittelpunkt des Aktionsplans für Deutschland-Online gestellt – und die Bundesregierung fördert diese Projekte zusätzlich im Programm eGovernment 2.0“, erklärt Andreas Polster. „Mit dem Projekt „Deutschland-Online-Infrastruktur“ soll außerdem eine Datenautobahn geschaffen werden, die bis in jede Behörde und jede Kommune reicht.“

Eine aktuelle Untersuchung zeigt inzwischen auch einen starken Aufwärtstrend. Laut einer im September 2007 im Auftrag der EU-Kommission vom IT-Consulting-Unternehmen Capgemini erstellten Studie über 31 europäische Länder hat sich die Bereitstellung von Online-Verwaltungsdienstleistungen in Deutschland im Vergleich zu den letzten Erhebungen deutlich verbessert.

Kamen die deutschen Behörden in dieser Studie im vergangenen Jahr lediglich auf Platz 19, so erreichten sie bei der nun zum siebten Mal erschienenen Untersuchung immerhin Platz 10. 75 Prozent der insgesamt 20 überprüften eGovernment-Services seien hierzulande inzwischen über das Internet verfügbar, 2006 waren es gerade einmal 47 Prozent. Besonders in Sachen Online-Dienstleistungen für Unternehmen können die deutschen Behörden punkten: Hier erreichten sie Platz 6 im Ländervergleich. Am besten schnitt übrigens Österreich ab mit einer 100-Prozent-Quote bei den gemessenen Diensten. (mje)