Effiziente E-Mail-Archivierung für Unternehmen

13.09.2005 von KARL FRÖHLICH, ECMguide.de 
Die eigentlich profane E-Mail stellt Unternehmen vor große Probleme. Sie treten zu Tausenden auf und müssen von Firmen wieder auffindbar aufbewahrt werden. Neben einem Archivierungssystem benötigen Anwender auch eine neue Kultur im Umgang mit E-Mails.

E-Mails haben sich in der Geschäftswelt zu einem unersetzlichen Kommunikationsmedium entwickelt. Die Archivierung von E-Mails gilt aktuell als eines der Hype-Themen der IT-Branche. „Angesichts neuer gesetzlicher Vorschriften, etwa den GDPdU in Deutschland oder dem Sarbanes-Oxley-Act in den USA, sind Unternehmen verpflichtet, E-Mails als Geschäftsdokumente über bestimmte Zeiträume aufzubewahren“, erklärt Markus Goss, Vice President Marketing bei Group Technologies. „Die Verbindung von E-Mail- mit Archivsystemen sollte daher in Unternehmen hohe Priorität genießen, um den E-Mail-Verkehr revisionssicher zu dokumentieren.“

Viele Firmen archivieren E-Mails jedoch gar nicht oder überlassen dies den Mitarbeitern. Das ist rechtlich bedenklich. Hier helfen Richtlinien zur E-Mail-Archivierung, die in vielen Unternehmen aber leider noch fehlen. Es besteht laut Goss viel Nachhol- beziehungsweise Handlungsbedarf – eigentlich unverständlich, da die Gesetze eine klare Sprache sprechen.

Trendwende bei E-Mail-Archivierung

Im Mai 2004 führte das Beratungsunternehmen SofTrust Consulting eine telefonische Befragung unter deutschen und österreichischen Betrieben durch. Damals waren 86 Prozent aller Firmen mit ihrem damaligen Status quo bezüglich E-Mail-Archivierung zufrieden. Nur 17 Prozent jener Unternehmen, die noch kein Archivierungssystem hatten, wollten in den nächsten 24 Monaten in eine E-Mail-Archivierungslösung investieren. Heute, über ein Jahr später, sieht die Sache anders aus. „Unserer Erfahrung nach beschäftigt sich zurzeit mindestens jeder dritte größere Betrieb mit dem Thema“, erläutert Günter Weick, Consultant bei SofTrust Consulting. „Wir schätzen, dass innerhalb der nächsten 36 Monate über 50 Prozent aller mittleren und größeren Unternehmen ihre wichtigen E-Mails archivieren.“

Laut den Analysten der Radicati Group fallen in einem Unternehmen mit 10.000 Mitarbeitern jährlich rund 200 Millionen E-Mails an. „Allein diese benötigen eine Speicherkapazität von rund 8,8 TBytes“, rechnet Tim Nolte, Business Manager Storage Software bei Hewlett-Packard. „Die Archivierung sorgt hier für die Entlastung des E-Mail-Systems. Auch Service-Level-Agreements über die Verfügbarkeit der Systeme sowie rechtliche Anforderungen zur Aufbewahrung von Daten sind durch moderne Archivierungslösungen leichter einzuhalten.“

E-Mail-Archive: Hohes Interesse - zögerliche Umsetzung

E-Mail-Systeme haben heute im Unternehmen einen solchen Stellenwert wie eine ERP-Lösung. „Ist ein solches System nicht verfügbar, geht nichts mehr“, warnt Dr. Wolfgang von Königslöw, Leiter Consulting beim Wiesbadener Distributor TIM. „Die Archivierung von E-Mails ist wahrlich ein Hype-Thema, allerdings lässt die konkrete Realisierung aber noch auf sich warten.“ Die Gründe für das zögerliche Herangehen sind vielfältiger Natur:

„Anzumerken ist auch, dass die auf dem Markt angebotenen Archivierungslösungen für E-Mails anfänglich noch mit erheblichen Schwächen versehen waren“, kritisiert von Königslöw. „In der letzten Zeit gibt es hier aber spürbares Verbesserungspotenzial und zuverlässig arbeitende Lösungen, insbesondere auch integrierte Lösungen von DMS-Anbietern.“

Laut Volker Schlenker, Sales Engineer IBM Software bei Magirus, gibt es derzeit drei unterschiedliche Trends. Zum einen wird von IT-Abteilungen E-Mail-Archivierung als Mittel gesehen, Workload aus den Mail-Servern (Domino/Exchange) herauszunehmen und dadurch die Verfügbarkeit zu erhöhen, Sicherungszyklen zu beschleunigen und Kosten zu sparen. „Zum anderen sind zahlreiche E-Mails aus HGB-Gesichtspunkten wie zum Beispiel Kaufverträge, ebenso aber aus steuerrechtlichen Gesichtspunkten archivierungswürdig“, konstatiert Schlenker. „Der dritte Aspekt betrifft die Integration der E-Mails in den unternehmensweiten Informationsprozess (elektronische Akte).“

Nur eine andere E-Mail-Kultur hilft, Probleme zu beseitigen

In E-Mails verbirgt sich mittlerweile ein großer Teil des in Unternehmen vorhandenen Wissens. „Leider haben Sie bei vielen Firmen mit Ihrer Aussage sogar recht“, klagt SofTrust-Manager Weick. „Wobei das wirklich Dramatische daran ist, dass diese Informationen oft nur noch im E-Mail-System verfügbar sind - das ist für die betreffenden Betriebe ein Armutszeugnis.“

Fakt sei: Wer als Manager zulässt, dass wesentliche Teile des Unternehmenswissens nur noch auf unstrukturierten Systemen liegen, gefährdet seine Firma. „Wer denkt, dass er durch die Archivierungslösung dieses Problem entkrampft, setzt deshalb am vollkommen falschen Ende an“, warnt Weick. „E-Mail-Archivierung hat mit dem Problem der nur in E-Mail befindlichen Informationen im ersten Ansatz nichts zu tun.“ Unternehmensleitungen müssen dafür sorgen, dass wichtige Informationen nicht nur im E-Mail-System residieren. Da spielen E-Mail-Kultur, die Verfügbarkeit alternativer Systeme sowie die Durchsetzung klarer Richtlinien eine viel größere Rolle.

E-Mails enthalten das Unternehmenswissen

E-Mails lassen sich heute zentral und lückenlos an ein Archivsystem übergeben. „Damit diese veränderungssicher archiviert werden, sollten Unternehmen die Nachrichten bereits am E-Mail-Server abfangen, um sie als Originale noch vor der Zustellung an das Archivsystem zu übergeben“, meint Group-Technologies-Manager Goss. „Manipulationen seitens der Anwender sind damit ausgeschlossen, da diese lediglich eine Kopie der Nachricht erhalten.“ Über Indexierung und Schlagwörter lassen sich E-Mails schnell auffinden und sicher wiederherstellen. Der rasche Zugriff auf zentral verwaltete Informationen ist somit ebenso gewährleistet wie die gesetzlich geforderte Revisionssicherheit.

Vor der Archivierung sollten E-Mails auf Spam und Viren gefiltert werden, um nur geschäftsrelevante Nachrichten zu archivieren. Fortschrittliche Lösungen ermöglichen sogar eine automatische Klassifizierung nach Inhalten, noch vor der Archivierung der E-Mails. Dies vereinfacht den späteren Zugriff enorm. Neben Archivsystemen ist auch die Anbindung von CRM- oder ERP-Systemen an die E-Mail-Plattform heute technisch kein Problem mehr.

„Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass E-Mails in Unternehmen häufig mehrfach archiviert werden, da verschiedene Benutzergruppen auf die gleichen E-Mails zugreifen“, erläutert Goss. „Hier ist es sinnvoll, E-Mails nur ein Mal physikalisch in Archivsystemen abzulegen und dann für alle Anwender verfügbar zu halten.“ Dies spart wertvolle Ressourcen.

Herausforderungen an die Unternehmen

Die Unternehmen sehen sich heute bezüglich ihrer E-Mail-Verwaltung mit mehreren Herausforderungen konfrontiert:

„Letztendlich ist jeder Betrieb gezwungen, sich diesen Herausforderungen zu stellen und nach geeigneten Lösungsansätzen zu suchen“, sagt TIM-Manager von Königslöw. Firmen sollten vor Beginn eines Projekts die Anforderungen klar definieren:

Eine skalierbare Hard- und Software-Plattform ist wichtig

Betriebe haben meist sehr individuelle Anforderungen an ihre Archivierungslösungen. „Generell gilt es jedoch, bei der Konzeption der Speicher- und Archivierungssysteme auf eine einfache Skalierbarkeit zu achten“, sagt HP-Manager Nolte. „Nur so können Administratoren schnell und kostengünstig auf die wachsenden Anforderungen reagieren.“ Eine reine Erweiterung der Disk-Kapazitäten reiche hier nicht aus. Auch Komponenten wie die Archiv-Software, die zugehörige Datenbank sowie die Suchmaschine seien betroffen.

„Durch diese Vielschichtigkeit wächst der administrative Aufwand bei der Storage-Erweiterung überproportional“, meint Nolte. „Zudem läuft auch die Suche nach Informationen, die in großen Datenbeständen abgelegt sind, in der Regel über zentrale Server.“ Die Folge seien erfahrungsgemäß lange Antwortzeiten und Performance-Probleme. Die meisten IT-Verantwortlichen haben dies mittlerweile erkannt und arbeiten bereits an der Umsetzung neuer Speicherstrategien. Entscheidend für die Effizienz solcher Lösungen ist es, die Mechanismen für die Suche, Indizierung, Kategorisierung und Verlagerung von Daten zu automatisieren. „Kommende Speichergenerationen, wie storage-grid-basierte Lösungen, rücken dabei zunehmend in den Vordergrund, da sie nicht nur reinen Speicherplatz bereitstellen, sondern all diese Funktionen in einem System vereinen“, behauptet Nolte.

Mailbox-Verkleinerung oder Langzeitarchiv

Der Nutzen, den eine E-Mail-Archivierung bringen soll, bestimmt gleichzeitig auch den Lösungsansatz. „Soll sich der Datenbestand der Mailboxen verkleinern, genügt es, eine Lösung einzusetzen, die vom Mail-System unterstützt wird (Middleware)“, konstatiert Marcus Knickmeier, Specialist Marketing & Business Development bei Bell. „Und womit der User oder Admin direkt aus seiner E-Mail-Anwendung, beispielsweise Lotus Domino oder Microsoft Exchange, einzelne oder alle E-Mails,die älter sind als ein bestimmtes Datum, archivieren kann.“ Dies kann inklusive der angehängten Daten oder auch ausschließlich für die Attachments erfolgen. Es verbleibt nur ein Link in der Mailbox zur Original-E-Mail im Archiv. Bei Bedarf lässt sich die archivierte E-Mail mit nur einem Mausklick wiederherstellen. Diese Lösung allein hält aber nur die Mailboxen auf einer minimalen Größe und verkürzt zusätzlich die Backup-Dauer.

Gilt es dagegen, wichtige E-Mails in ein Langzeitarchiv zu übernehmen, sollte zunächst festgestellt werden, welche E-Mails geschäftsrelevante Informationen enthalten und welche nicht. „Das kann manuell (fehlerbehaftet) oder durch eine Automatisierung erfolgen, welche die E-Mails mit den Geschäftsprozessen verknüpft“, erläutert Knickmeier. „Hierfür muss das Archiv in der Lage sein, Daten sowohl von E-Mail-Anwendungen, als auch von ERP-/Dokument-Management-Systemen zu übernehmen.“ Einen weiteren Vorteil einer solchen Architektur könnte das folgende Szenario bieten: In einem ERP-System sind die Geschäftsprozesse und Workflows (Dokumente, Bestellungen, Aufträge, Rechnungen) abgebildet. Ferner enthält ein E-Mail-System zusätzliche Information zu diesen Geschäftsvorfällen (digitalisierte Bilddaten, Rechnungskopien). Alle diese Daten gilt es im gleichen Archiv aufzubewahren, und sie sollten vor allem jederzeit wieder verwertbar sein. „Eine E-Mail-Archivierung alleine genügt dieser Anforderung nicht“, meint Knickmeier. „Sinnvoller ist hier der Einsatz eines Content-Management-Systems, das die geeigneten Schnittstellen zwischen dem Archiv und den eingesetzten Applikationen bietet.“ (mje)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag von ECMguide.de.