E-Mail-Management

E-Mails archivieren - aber richtig

02.02.2009 von Martin Böhn
Die enorme Menge an E-Mails wird zur Last. In der Vielzahl der Lösungsmöglichkeiten ist es schwer, den Überblick zu wahren. Hier finden sie Produktkategorien zur Orientierung.

Kaum ein Thema beschäftigt mittelständische Anwender derzeit so stark wie die E-Mail-Archivierung beziehungsweise das E-Mail-Management. Jedes Unternehmen leidet bei der Bearbeitung, Ablage und Suche der großen Menge an elektronischen Nachrichten, die jeden Tag von den Geschäftspartnern eingehen und von eigenen Mitarbeitern verschickt werden. Klar ist: Es muss etwas geschehen.

Wer auf die Suche nach Abhilfe macht, wird sich anfangs schwer tun. Im Bereich E-Mail-Archivierung und -Management gibt es viele Angebote, so dass der Überblick schwer fällt. Doch die Anbieter lassen sich anhand verschiedener Kriterien in fünf Segmente gliedern:

1. Ablage oder Bearbeitung

Eine Möglichkeit ist die Betrachtung des Umgangs mit E-Mails beziehungsweise der Unterstützung des E-Mail-Lebenszyklus.

Foto: Barc

Systeme zur Speicherung, Ablage und Auslagerung beschränken sich auf die Bereitstellung der Informationen und nehmen eine isolierte Betrachtung vor. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal dabei ist, ob die Systeme nur einfache Bearbeitungsmöglichkeiten bereitstellen oder ob sie einen Informationsaustausch unterstützen. Zum Teil werden E-Mails dabei von anderen Kommunikationsformen abgelöst, beispielsweise durch Posteingangskörbe eines ECM-Systems oder sie werden im Intranet bereitgestellt.

Während die bisher genannten Systeme auf bestehende E-Mails abzielen, konzentrieren sich Lösungen aus dem Marktsegment "E-Mail Response Management" auf die Analyse eingehender Nachrichten und deren Beantwortung. Diese Systeme ermöglichen eine proaktive Unterstützung des Anwenders im Beantwortungsprozess. Das bedeutet, dass E-Mails vor der Zustellung an den Bearbeiter analysiert und anschließend kategorisiert werden. Diese thematische Einteilung der Nachrichten ermöglicht eine bessere Zuordnung mit der Folge, dass E-Mails entsprechend der Kompetenzen und Verantwortung der Mitarbeiter im Unternehmen verteilt werden können.

Durch die Analyse der E-Mails kann das System bereits Antwortvorschläge generieren beziehungsweise der Anwender kann über vorgeschlagene, themenbezogene Textbausteine schnell eine Antwort erzeugen. Darüber hinaus bieten Systeme für E-Mail Response Management weitere Funktionen wie beispielsweise ein Eskalationsmanagement oder Mechanismen zur Qualitätssicherung. Das Einsatzgebiet dieser Lösungen liegt hauptsächlich in Bereichen mit sehr hohem E-Mail-Aufkommen wie es bei Service Centern oder Sammeladressen (z. B. info@firma.de) der Fall ist. Vertreter dieser Systeme sind unter anderem die Lösungen der Hersteller inexso, ITyX, novomind, SER, Talisma und Living-e (vormals Xtramind).

Welche Archivierung ist richtig?

2. Server- oder Client-seitige Archivierung

Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit ist die Art der Archivierung.

Die meisten Archivsysteme unterstützen sowohl server- als auch client-basierende Archivierung. Ausnahme ist die Firma rent a brain, die mit der Lösung iMARC eine rein serverbasierende Lösung anbietet.

3. Ablageformate

Ein weiteres Kriterium ist das Ablageformat. Bei der Archivierung der E-Mail legen einzelne Systeme die Nachricht als Ganzes in einer Datei (Verbunddokument) ab, andere spalten sie in die einzelnen Bestandteile (Betreff, Nachrichtentext, Anhang) auf. Das zweite Vorgehen erlaubt eine flexiblere und genauere Informationsverwaltung. Allerdings ist der Aufwand größer, denn trotz Trennung muss der inhaltliche Bezug der einzelnen Teile auch nach Jahren noch nachvollziehbar sein. Einige Systeme verwenden das Originalformat (beispielsweise MSG bei Microsoft Exchange), andere wandeln die Mail um, etwa eine XML- oder PDF-Datei. Dieser Vorgang wird Rendition genannt. Teilweise können Original und Rendition auch parallel abgelegt und verwaltet werden.

4. Verwendeter E-Mail-Client

Die Verbindung zum bestehenden E-Mail-Client kann auf drei unterschiedliche Arten erfolgen:

Bei der Referenz werden beispielsweise die Anhänge entfernt und durch Links auf das Archiv ersetzt, was die Postfachgröße deutlich verringert. Die genannten Alternativen können auch sukzessive durchlaufen werden, indem beispielsweise nach eine gewissen Zeit Nachrichten auf dem Client-System gelöscht werden.

Außerdem integrieren die Archivsysteme unterschiedliche Recherche- und Bearbeitungsfunktionen in den E-Mail-Client. Sie sollen es dem Anwender ermöglichen, archivierte Inhalten zu finden und zu bearbeiten. Wichtig dabei ist, dass archivierte Nachrichten wieder hergestellt und versendet werden können (beispielsweise als Antwort oder Weiterleitung).

Die meisten Archivhersteller unterstützen Client-Lösungen für die Microsoft-Welt, also Exchange und Outlook. Daneben werden entsprechende Module auch für IBM Lotus Domino und Lotus Notes, Novell GroupWise sowie anderen E-Mail-Systemen angeboten. Der Funktionsumfang der Archivlösungen hängt vom verwendeten E-Mail-System ab. Der breiteste Unterstützung gibt es für Microsoft Exchange und IBM Lotus Domino.

5. Die Technik

Die technischer Sicht unterschiedet, ob der Hersteller die E-Mail-Archivlösung selbst entwickelt hat oder eine Fremdkomponente einsetzt. Die E-Mail-Archivierung kann entweder als Einzellösung konzipiert oder ein Bestandteil einer ECM-Suite sein. Dabei sollte Anwender darauf achten, welche Funktionen vom Hersteller selbst entwickelt wurden. Eine Lösung die bei mehreren ECM-Produkten als Partnerprodukt eingebunden wird, ist das System Exchange@PAM beziehungsweise Notes@PAM von Heilig und Schubert. Diese Lösung ist zudem auch eigenständig oder in Verbindung mit dem ECM-Produkt vom Hersteller zu bekommen.

Die Einbindung in die verschiedenen E-Mail-Systeme sollte die volle funktionale Integration gewährleisten, die beispielsweise eine direkte Übernahme der E Mail-Objekte in das Archiv erlaubt. Zum Teil ist dafür ein Zwischenweg notwendig beispielsweise "Drucken in das Archiv als PDF". Das schränkt die Möglichkeit zur Informationsverwaltung deutlich ein. Das Wiederherstellen der Nachricht ist nicht direkt möglich.

Strukturierte Softwarewahl

Die Funktionsvielfalt der Systeme verdeutlicht, dass vor der Einführung einer E-Mail-Archivierung ein Projekt zur Definition der Ziele steht. Daraus lassen sich wiederum die Anforderungen ableiten. Damit ist die Basis für eine systematische Auswahl der passenden Softwarelösung gelegt. Wer die Entscheidungsfindung auf die leichte Schulter nimmt, dem drohen teure Anpassungen, dürftige Funktionalität, Ablehnung durch die Mitarbeiter und damit schlimmstenfalls ein Scheitern des gesamten Projekts. Vor dem Hintergrund der geltenden gesetzlichen Anforderungen kann sich dies aber kein Unternehmen erlauben.

Eine Frage der Organisation

In der derzeitigen Diskussion um E-Mail-Archivierung und -Management wird oft die Organisation vernachlässigt. Der Umgang mit E-Mails spielt eine entscheidende Rolle für den Erfolg eines Projektes. Strukturen und Vorgehensweisen innerhalb eines Unternehmens sollten sich nicht nach den Möglichkeiten eines Systems für E-Mail-Archivierung richten. Vielmehr sollten Anwenderunternehmen vor der Einführung einer Lösung den Umgang mit dem Medium E-Mail diskutieren. Dazu gehört etwa, die Ablagestrukturen und Gewohnheiten der Anwender zu analysieren. So gewinnt man einen Einblick in die Abläufe und kann das System darauf ausrichten.

Nicht minder wichtig ist es, den Anwendern E-Mail-Management nahezubringen. Unternehmensweite Richtlinien können den richtigen Umgang mit E-Mails, Verteilerlisten, CC- und BCC-Feldern definieren. Das hilft auch, überflüssige E-Mails zu vermeiden.

Informationen ausschöpfen

Wer den E-Mail-Verkehr nur auf Ablage und Archivierung begrenzt, schöpft die Möglichkeiten indes nicht aus. Vielmehr sollten Unternehmen die Informationen in einer E-Mail gezielt nutzen. Das wirkt den isolierten Informationsinseln entgegen, die oft in den einzelnen E-Mail-Postfächern entstehen. Besser wäre es beispielsweise E-Mails gemeinsam mit anderen Informationen eines Projektes abzulegen und allen relevanten Nutzern zur Verfügung zu stellen. Das Unternehmen hebt damit ein enormes Wissenspotenzial und kann so somit schnellere und bessere Entscheidungen fällen. Ziel sollte es sein, die Effizienz und Effektivität der Informationsverarbeitung im Unternehmen nachhaltig zu verbessern.

ECM - oft zu viel des Guten

Häufig verwenden Anbieter im Zusammenhang mit der E-Mail-Archivierung den Ausdruck Enterprise Content Management (ECM) als übergreifendes Konzept zur Verwaltung und Bearbeitung von Dokumenten aller Art. Die Belegung dieser Begriffe zeigt das unterschiedliche Verständnis im Umgang mit E-Mails.

Allerdings lohnt ein kritischer Blick auf das Marketing der ECM-Hersteller. Der Kampf um den Mittelstand als lukratives Marktsegment ist voll entbrannt und die Anbieter starten immer neue Initiativen für ein Mittelstands-ECM. Bei der Anpassung ihrer Lösungen an die Bedürfnisse und die Ausstattung (insbesondere mit IT-Know-how) dieser Zielgruppe haben viele Hersteller aber wesentliche Probleme. Die ECM-Suiten sind oft noch zu komplex für den Mittelstand. Mit gutem Grund nehmen Anwender entsprechende Projekte nur zögerlich in Angriff. Die Anbieter bewerben daher aktuell - neben klassischen Themen wie Belegarchivierung oder Rechnungseingang - die E-Mail-Archivierung als Pilotprojekt. So hoffen sie auf den Einstieg in ein besseres Informations-Management, auf das sie sukzessive aufbauen können.

Dabei sind allerdings verschiedene Aspekte zu beachten. Zum einen sind grundlegende technische und insbesondere organisatorische Vorbereitungen bereits bei der Einführung einer Teillösung zu treffen, da sich der Umgang mit Informationen im Unternehmen ändern muss. Die Mitarbeiter müssen ein Bewusstsein für die Bedeutung der einzelnen Dokumente für Geschäftsprozesse und damit das gesamte Unternehmen entwickeln. Gleichzeitig muss die Technik in der Lage sein, zumindest in den Folgeschritten eine übergreifende Informationsbasis aufzubauen. Gerade bei den Schnittstellen und den übergreifenden Speicherkonzepten sollten Anwender daher darauf achten, dass sie sich nach dem Kauf einer E-Mail-Archivierung nicht einschränken und sich eine Insellösung installieren.