DVI im Detail

03.01.2003 von Malte Jeschke
Im Gegensatz zu ihren glücklosen Vorgängern hat sich DVI als Nachfolger von VGA etabliert. Im professionellen Umfeld ist diese Schnittstelle bei Grafikkarten sowie TFT-Displays inzwischen ein Muss.

Bei ihrer Vorstellung 1999 bekam die digitale Schnittstelle für Bildübertragung DVI von ihren Initiatoren reichlich Vorschusslorbeeren. Dass dahinter prominente Namen wie Intel, Compaq, NEC und Hewlett-Packard standen, verhalf dem Standard allerdings nicht vom Start weg zu einer zügigen Verbreitung. Zu groß waren die Ressentiments bezüglich einer digitalen Schnittstelle - verursacht durch die glücklosen Vorgänger von DVI. Betrachtet man die aktuelle Situation, sieht es deutlich rosiger aus.

tecCHANNEL-Umfrage: DVI-Verbreitung

Die Vorzeichen stehen 2003 gut für DVI. Bei einer Ende 2002 unter tecCHANNEL-Lesern durchgeführten Umfrage gaben von den über 500 Befragten bereits mehr als 11 Prozent an, Grafikkarte und Display digital miteinander zu verbinden. Über 30 Prozent besitzen bereits eine Grafikkarte, die einen DVI-Anschluss aufweist. Das verwundert nicht, schon Mittelklasse-Produkte kommen aktuell mit einem entsprechenden Anschluss. Für integrierte Chipsätze wie Intels 845GE existieren ebenfalls kostengünstige DVI-Lösungen. Damit lässt sich DVI auch problemlos in entsprechende Business-PCs integrieren.

Bei den Herstellern von TFT-Displays ist die Situation ähnlich: Abgesehen von Produkten für den Consumer-Markt sind alle professionellen TFT-Displays zunehmend mit DVI ausgerüstet. Lediglich 50 Prozent der Befragten besitzen weder Display noch Grafikkarte mit entsprechendem digitalen Anschluss. Angesichts der großen installierten analogen Basis ein guter Wert. Beste Voraussetzungen also, um den in die Jahre gekommenen VGA-Anschluss zumindest im professionellen Bereich abzulösen.

Digitale Bilddaten

Dass lange Zeit analoge TFT-Displays den Markt beherrschten, ist eigentlich ein Anachronismus. Denn die Bilddaten müssen mangels digitalem Interface auf der Grafikkarte eine Digital/Analog-Wandlung und im Display eine Analog/Digital-Wandlung durchlaufen. Auch wenn sich die Signalverarbeitung in den analogen TFT-Displays entscheidend verbessert hat, ist eine digitale Signalübertragung der technisch saubere Weg. Aktuelle Displays verfügen häufig über einen analogen und einen digitalen Anschluss. Die Darstellungsqualität nimmt per digitaler Ansteuerung erkennbar zu. Geht es um herkömmliche Monitore, so ist die Bildröhre ein analoges System. Bei bisherigen Grafikkarten erfolgt dann auch die Umwandlung der RGB-Werte über einen DA-Wandler in analoge Spannungen. Tatsächlich spräche jedoch nichts dagegen, die Bilddaten digital in den Monitor zu übertragen und erst dort die DA-Wandlung vorzunehmen. Im Gegenteil, eine fast verlustfreie, störungsunempfindliche Übertragung sowie eine auf das einzelne Gerät abgestimmte DA-Wandlung im Monitor würden für eine bessere Bildqualität sorgen.

DVI bei Röhrenmonitoren

So wurden bei Einführung des DVI-Standards auf Messeständen von zahlreichen Herstellern auch euphorisch CRT-Monitore mit entsprechender digitaler Schnittstelle vorgeführt. Tatsächlich hat kaum ein Produkt davon wirklich den Markt erreicht, geschweige denn aktuell Bedeutung. Vereinzelt sind zumindest Monitore zu sehen, die sich per DVI-Kabel analog ansprechen lassen. Die Gründe für die mangelnde Verbreitung von DVI bei herkömmlichen Röhrenmonitoren sind einfach: Im professionellen Umfeld ist das Verhältnis zwischen Röhrenmonitoren und TFT-Displays in den letzten zwei Jahren viel schneller zu Gunsten der flachen Displays gekippt, als noch vor zwei Jahren prognostiziert. Da die Schnittstelle bei diesen Geräten mehr Sinn macht und die Monitorhersteller damit das meiste Geld verdienen, halten bei den TFT-Displays auch die neuen Technologien Einzug. Bei Standard-CRT-Monitoren ist zusätzlich die Logik für die Digital/Analog-Wandlung erforderlich - ein preislich kaum durchsetzbarer Faktor.

Das von den Verfechtern der digitalen Schnittstelle gern ins Feld geführte Argument der preiswerteren Geräte ist zumindest vom heutigen Standpunkt aus nur die halbe Wahrheit. Vor allem auf Grafikkarten trifft dies nicht zu, da diese aus Markterfordernissen wohl noch geraume Zeit sowohl ein digitales als auch analoges Ausgangssignal liefern müssen.

Übertragungsstandards

Im Desktop-Bereich hat sich als Übertragungsstandard von digitalen Bilddaten das so genannte TMDS -Verfahren durchgesetzt. Es stammt von Silicon Image. Die entsprechenden Bausteine sowie das Protokoll sind auch unter der Bezeichnung Panellink bekannt. Ein entsprechender Sender- und Empfängerbaustein sind für die digitale Kommunikation erforderlich. Der Sender bekommt von der Grafikkarte einen parallelen 24-Bit-Pixeldatenstrom, der seriell zum den Takt (CLK). Für jede Farbe ist ein eigener Decoder auf der Sender- und der Empfängerseite zuständig, der je 2 Bit Steuersignale und 8 Pixeldatenbits verarbeitet.

Zu den Steuerdaten gehören unter anderem die Informationen bezüglich Plug-and-Play. Hierin sind die DDC-Daten enthalten sowie das Bit zur Hot-Plug-Erkennung. Die Verbindung zwischen Grafikkarte und Monitor erfolgt über drei symmetrische Leitungspaare, für jede Farbe eines. In dieser Single-Link-Version erlaubt TMDS eine Bandbreite von 165 MHz. Die Übertragung über die jeweiligen Leitungspaare erfolgt differenziell. Dies sorgt für eine hohe Störsicherheit. Bis zu zwei Metern Länge - der typischen PC-Monitorentfernung - funktioniert TMDS mit nicht abgeschirmten Signalkabeln. Der aus dem Notebook-Bereich stammende Übertragungsstandard LVDS von National Semiconductor arbeitet ebenfalls mit Differenzialtechnik, erfordert jedoch sehr teure Kabel, so dass er im Desktop-Bereich so gut wie keine Rolle mehr spielt.

VESA Plug&Display

Eine finale Standardisierung der digitalen Grafikschnittstelle war mehr als überfällig, schließlich befanden sich 1999 drei unterschiedliche Varianten am Markt. In der Vergangenheit haben nicht nur mangelnde Verfügbarkeit und hohe Kosten das Vorankommen einer digitalen Grafikschnittstelle behindert. Auch ständig wechselnde Standards sorgten für Unsicherheit. Bereits seit 1997 existierte der Plug-and-Display-Standard - eine Entwicklung von IBM, definiert von der VESA . Der zugehörige Stecker war als Multifunktionseinheit konzipiert und sollte sich neben der Übertragung der Grafikdaten auch um IEEE 1394 und USB kümmern. Mit seinen über 30 Pins und einer Breite von über 40 mm geriet der Plug-and-Display-Stecker im Vergleich zum VGA-Pendant voluminös. Nicht nur digitale Monitore beziehungsweise Displays sollten über diesen Stecker angesteuert werden, auch analoge Geräte fanden nach wie vor Berücksichtigung. Ziel war es, alle Verbindungen wie beispielsweise Maus und Tastatur ebenfalls über das Monitorkabel abzuwickeln. Die Peripheriegeräte sollten dementsprechend am Monitor Anschluss finden. Die Wirklichkeit hat die VESA-Theorie mit USB-Hubs in Monitoren längst eingeholt. Der Plug-and-Display-Standard basiert auf Single-Link-TMDS mit einer Bandbreite von 165 MHz. Die maximale Auflösung bleibt damit auf SXGA (1280 x 1024 Punkte) beschränkt. Der Formfaktor sowie die Komplexität des Steckers sorgen für hohe Kosten in der Produktion. Diese Variante fand daher kaum Anhänger bei den Herstellern von Grafikkarten und Monitoren. Nur wenige Serienprodukte mit dieser Verbindung erblickten das Licht der Welt.

Digital Flat Panel

Ende 1998 stand mit DFP (Digital Flat Panel) der nächste Standard in den Startlöchern, Anfang 1999 bekam DFP die offiziellen Würden als VESA-Standard verliehen. Im Kern basiert DFP auf der Plug-and-Display-Technologie, einige Features fielen jedoch dem Rotstift zum Opfer. Der DFP-Anschluss dient rein zur Übertragung von digitalen Bilddaten und bietet darüber hinaus keine Funktionalität. USB ebenso wie IEEE 1394 wurden gestrichen, gleichfalls entfiel die Option zur Übertragung von analogen Bilddaten. Das Resultat ist eine im Formfaktor deutlich kleinere Steckverbindung als der Plug-and-Display-Stecker. Durch die gestrichenen Features verblieben gerade mal 20 Pins, die in einer Mini-D-Verbindung integriert wurden. Die Kosten gegenüber dem üppigen VESA-Stecker wurden halbiert. Mit einer Breite von etwas über 30 mm bleibt zudem für die Grafikkartenhersteller genug Raum, um auf Grafikkarten - als auch den Standard-VGA-Anschluss unterzubringen.

Da auch DFP auf der TMDS-Single-Link-Technologie basiert, ist bei einer maximalen Auflösung von 1280 x 1024 Punkten das Ende der Fahnenstange erreicht. Obwohl DFP deutlich besser auf die Marktanforderungen abgestimmt war als der Plug-and-Display-Standard, blieb die Akzeptanz der Hersteller für diese Schnittstelle begrenzt. Mit der Rage Pro LT von ATI stand frühzeitig eine entsprechende Grafikkarte bereit. Compaq rüstete serienmäßig verschiedene Presario-Modelle mit der DFP-Schnittstelle aus. Einige der Mitglieder der DFP-Group bauten TFT-Displays mit DFP-Anschluss - häufig wurde die ATI-Karte im Bundle angeboten. Von einer breiten installierten Basis kann jedoch nicht die Rede sein. Seine Fixierung auf eine rein digitale Datenübertragung und die Begrenzung der Auflösung erlauben DFP nur ein Dasein als Interimsstandard.

DVI: Digital Visual Interface

Nachdem die VESA im Wettrennen um den richtigen Standard der digitalen Grafikschnittstelle zunehmend die Rolle des Hasen übernommen hat, formierte sich 1998 mit der Digital Display Working Group ein weiteres Konsortium. Ziel war es, eine auf die Marktbelange abgestimmte Schnittstelle zu definieren. In der DDWG finden sich zahlreiche Mitglieder, die bereits der DFP-Group angehörten. Um die begrenzte Bandbreite zu erhöhen, wurde das Verfahren erweitert. Beim Standard TMDS Single Link liegt die maximale Bandbreite bei 165 MHz. Bei DVI können zu den drei Kanälen von TMDS drei weitere kommen, wodurch sich die Bandbreite auf 330 MHz verdoppelt. Dieses so genannte Dual-Link-Verfahren verteilt die Bandbreite gleichermaßen auf die zwei Links. Für beide Verbindungen kommt dieselbe Taktleitung zum Einsatz.

Bei der Datenübertragung kümmert sich die erste Verbindung um die ungeraden Pixel, die zweite um die geraden. Nach dem Start des Systems baut sich zunächst eine Single-Link-Verbindung auf, erst wenn der Monitor seine Tauglichkeit für eine zweite Verbindung bescheinigt hat, wird sie aktiviert. Entsprechende DVI-kompatible Sender-und Empfängerbausteine sind von Silicon Image verfügbar. In der Praxis sind heute jedoch primär Single-Link-Lösungen im Einsatz. Das wird in Zukunft insbesondere bei hochauflösenden TFT-Displays zum Problem. Hier existieren auch Ansätze, Displays mit zwei Single-Link-Lösungen mit dem PC zu verbinden.

Im DVI-Standard ist Plug-and-Play unter den Begriffen Hot Plug Detection und Monitor Feature Detection geführt. Realisiert wird dies über die auch bei der VGA-Schnittstelle und bei analogen Monitoren verwendeten Standards EDID und DDC .

DVI-Steckverbindungen

Optisch können die DVI-Stecker ihre Verwandtschaft zur Plug-and-Display-Verbindung der VESA nicht leugnen. Es existieren zwei Varianten des DVI-Steckers: DVI-D(igital) und DVI-I(ntegrated). DVI-D besitzt für die rein digitale Übertragung 24 Kontakte und einen Kodierstift. Für die Verbindung zu analogen Geräten wäre hier weiterhin ein zusätzlicher D-Sub-Anschluss notwendig. Das "integriert " bei DVI-I steht für analoge und digitale Datenübertragung, hier kommen vier zusätzliche Kontakte hinzu. Außerdem ist der Kodierstift etwas breiter ausgefallen, dieser muss gleichzeitig als analoger Masse-Anschluss herhalten.

In der Regel sind alle höherwertigen Grafikkarten mittlerweile sowohl mit einem DVI-I- als auch mit einem VGA-Ausgang ausgestattet. Dies gilt entsprechend für TFT-Displays. Nahezu alle Produkte für den professionellen Einsatz besitzen einen DVI-Anschluss. In den 24 Pins sind neben den Leitungen für die reinen Bilddaten die Plug-and-Play-Steuerdaten gemäß DDC enthalten. Da DVI elektrisch kompatibel zu den vorangegangenen Standards ist, existieren bereits entsprechende Adapter. Diese erlauben natürlich nur eine Übertragung per Single-Link-TMDS, mehr leisten die entsprechenden Karten allerdings ohnehin nicht.

Auch die im Büroumfeld beliebten integrierten Mainboard-Chipsätze liefern auf Wunsch digitale Bildsignale. Bei älteren Produkten, wie beispielsweise Intels i815, geschieht dies per normierter Steckverbindung auf dem Mainboard namens DVO. Aktuelle Produkte, wie etwa der Intel i845G, lassen sich über eine AGP-Riser-Card zur digitalen Ausgabe der Bildsignale bewegen. Damit können Integratoren preiswerte digital taugliche Komplettsysteme anfertigen. Neben DVI-I und DVD-D existiert auch noch die Variante DVI-A(nalog), die nur analoge Signale überträgt. In der Praxis spielt diese Version jedoch kaum eine Rolle. Lediglich wenige CRT-Monitore wie der NEC-Mitsubishi MultiSync FP955 sind mit einer entsprechenden Schnittstelle ausgerüstet.

Analog in der Praxis

Selbst wer heute bereits eine Grafikkarte mit DVI-Schnittstelle besitzt, schließt nicht zwangsläufig ein digitales Endgerät daran an. Wenn Grafikkarten mit DVI ausgestattet sind, dann in der Regel mit DVI-I, so dass auch über diesen Anschluss analoge Monitore mit Signalen gefüttert werden können.

Die Qualität des analogen Signals am DVI-I-Anschluss entspricht jedoch keineswegs dem des originären VGA-Interfaces. Bei unseren Messungen haben wir in positiver wie in negativer Hinsicht Abweichungen registriert. So kann beispielsweise die Matrox G550 ihr gutes Signal des VGA-Ausgangs nicht über den DVI-I-Anschluss transportieren.

Exakt entgegengesetzt sah das Ergebnis sowohl bei einer NVIDIA-basierten Karte (ASUS V8460 Ultra) mit GeForce4 Ti4600 als auch bei einer mit ATI RADEON 8500 bestückten Grafikkarte aus: Das analoge Signal des DVI-I-Anschlusses ist besser als das aus dem D-Sub-15-Stecker des traditionellen Ausgangs.

Zukunftsmusik

Bisher kümmert sich DVI ausschließlich um digitale Bilddaten. Geht es nach den Anbietern von schützenswertem Content und den Produzenten dafür notwendiger Hardware, soll auch Sound über die DVI-Schnittstelle übertragen werden. Ein Konsortium, bestehend aus Mitgliedern wie Hitachi, Philips, Sony und Thomson, kümmert sich um die Definition einer neuen Schnittstelle namens HDMI (High Definition Multimedia Interface). Die Spezifikation in der Version 1.0 ist im Dezember 2002 verabschiedet worden. Sie basiert auf DVI und soll zu DVI auch abwärtskompatibel sein. Das gleiche Kabel soll dann neben den Video-Daten auch Mehrkanalton übertragen. HDMI erlaubt eine maximale Bandbreite von 5 Gbit/s. Das in den USA schon populäre HDTV verbraucht davon bisher maximal die Hälfte. Potenzielle Produkte sind im Heimkino-Bereich zu finden. Gerne nehmen die Hersteller in Kauf, dass mit HDCP (High-Bandwidth Digital Content Protection) für DVI bereits ein Kopierschutz-Verfahren existiert, das damit auch bei HDMI Einzug halten würde. Projektoren, die über entsprechend geschützte DVI-Schnittstellen verfügen, sind schon auf dem Markt.

Fazit

Was lange währt, wird endlich DVI. Aus technischer Sicht macht eine digitale Ansteuerung von TFT-Displays weitaus mehr Sinn als der analoge Umweg. Mit DVI hat sich in den vergangenen drei Jahren ein Standard etabliert - nachdem alle vorher gehenden Versuche gescheitert sind. Das zur Einführung von DVI beklagte Henne-Ei-Problem mangelnder Grafikkarten mit entsprechender Schnittstelle ist längst gelöst. Im professionellen Umfeld kommt man kaum an Lösungen vorbei, die zumindest DVI beinhalten. Damit hat sich nach Jahren der Suche augenscheinlich ein akzeptierter Standard gefunden. Ob die Geräte auch tatsächlich immer schon per DVI verbunden sind oder analog zusammenarbeiten, bleibt offen. Alles in allem steht die VGA-Schnittstelle im professionellen Bereich mittelfristig auf dem Abstellgleis. (mje)