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03.11.2000
Die Steinbeis-Stiftung versteht sich als Mittler zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Deshalb unterhält sie 400 Transferzentren an Universitäten, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen sowie bei Partnern aus der Industrie. Um die Kommunikation der Mitarbeiter zu verbessern, hat das Esslinger "Steinbeis-Transferzentrum Rechnereinsatz" ein Unified-Messaging-System implementiert.

Von: Hannes Ruegheimer

Das Steinbeis-Transferzentrum (STZ) Rechnereinsatz GmbH & Co. ist an der Fachhochschule für Technik in Esslingen angesiedelt. Es unterstützt Firmen dabei, neue Hard- und Softwaretechniken in die Unternehmensabläufe einzubinden. Zu den Kunden des STZ zählen beispielsweise der Automobilkonzern Daimler-Chrysler oder die Firma Bosch. Die Ingenieure des Transferzentrums halten sich während der Projekte überwiegend bei den Kunden auf, die ihnen in der Regel vor Ort einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Da die STZ-Ingenieure häufig parallel an mehreren Projekten arbeiten, sind sie meist unter verschiedenen Telefonnummern und E-Mail-Adressen zu erreichen. Am Esslinger Standort sitzen meist nur der Leiter des STZ, Prof. Dr.-Ing. Nikolaus Kappen, und seine Sekretärin Gaby Jäschke.

Diese dezentrale Organisationsstruktur war für STZ Rechnereinsatz der Anlass, für die interne Kommunikation ein Unified-Messaging-System aufzubauen. Die Kernelemente sind drei Kommunikationsserver am Standort Esslingen. Der für die STZ-Kommunikations-Infrastruktur zuständige Diplom-Ingenieur Siegfried Eberlein erläutert das Konzept: "Die Infrastruktur basiert auf einem E-Mail-System, das eng mit unterschiedlichen Unified-Messaging-Komponenten gekoppelt ist. Die ISDN-Karte "Diva Server BRI von Eicon dient dabei als Brücke zwischen dem IP-basierten E-Mail-System und einer Vielzahl von ISDN-Kommunikationsformen."

Unified-Messaging als ideale Kommunikationslösung

"Der Einsatz von ISDN-Karten hat am STZ bereits eine lange Tradition. Wir haben für verschiedene Projekte Karten von vielen Herstellern getestet. Den Ausschlag für den Einsatz der Diva Server gaben verschiedene Punkte. Ein wichtiger Aspekt für unsere Anwendung ist zum Beispiel, dass die Hardware der Karte gleichzeitig DTMF-Funktionen auf zwei Kanälen unterstützt", verdeutlicht Eberlein. "Dual Tone Multi Frequency" ist der Fachbegriff für die Tonwahl-Bedienung, wie sie heute bei Voice-Boxes, Anrufbeantwortern und anderen sprachgeführten Informationssystemen üblich ist. "Für uns ist diese Eigenschaft sehr wichtig", führt Eberlein weiter aus, "damit die beiden ISDN-Kanäle wirklich jederzeit und unabhängig voneinander für eingehende Anrufe unserer Mitarbeiter zur Verfügung stehen."

Da der tonwahlgesteuerte Abruf von Nachrichten aus der Voice-Mail-Komponente zu den häufigsten Anwendungen im Unified-Messaging-System des STZ zählt, ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass gleichzeitig zwei Mitarbeiter ihre Nachrichten auf diesem Weg abrufen wollen. "Wir stellten beim Test verschiedener Produkte fest, dass diese häufig nur auf einem Kanal DTMF unterstützen", so Siegfried Eberlein.

Aktive ISDN-Hardware entlastet Server

Der Serververbund für E-Mail und Unified-Messaging läuft im STZ Rechnereinsatz unter Windows NT 4.0 mit Service-Pack 5. Als Server-Hardware kommen Dell-Rechner zum Einsatz, die mit einem Pentium-II-Prozessor mit 333 MHz Taktfrequenz ausgestattet sind. Diese Konfiguration erwies sich als völlig ausreichend, selbst bei intensiver Nutzung des Kommunikationssystems. Die Softwarekomponenten für Unified-Messaging und E-Mail greifen über die Treiberschnittstelle CAPI 2.0 auf die Funktionen der ISDN-Karte zu.

Mittelfristig erwägt Siegfried Eberlein die Umstellung des Server-Betriebssystems auf Linux. "Wir würden ein Unix-basiertes System der Windows-NT-Architektur vorziehen", erläutert er. "Voraussetzung ist natürlich, dass wir alle notwendigen Treiber und Software-komponenten in Unix-Varianten erhalten können. Wir sind aber recht optimistisch, dass das bis Jahresende klappt."

Die Architektur der Diva-Karte und ihre Softwarefunktionen bieten noch weitere Vorteile. So profitiert das Unified-Messaging-System von der Fax-Unterstützung. Faksimiles werden über jeden ISDN-Kanal mit bis zu 14 400 Bit/s übertragen. Zusätzlich unterstützt die Hardware der Diva Server BRI die Fax-Kompressionsverfahren MR und MMR und entlastet dadurch den Server.

Deutliche Kostenvorteile gegenüber TK-Anlagen

"Unser erster Ansatz bei der Konzeption des Unified-Messaging-Systems war der Einsatz einer modular aufgebauten TK-Anlage", führt der Leiter des STZ Rechnereinsatz, Prof. Dr.-Ing. Nikolaus Kappen aus: "Allerdings haben wir auf dem Markt keine Lösung gefunden, die uns hundertprozentig überzeugen konnte - ganz zu schweigen von der Kostenseite." Die Server-Lösung erwies sich für die Steinbeis-Ingenieure als der intelligentere und gleichzeitig deutlich kostengünstigere Ansatz. "Er funktioniert deshalb so gut, weil wir in Esslingen ohnehin nicht viele konventionelle Telefonnebenstellen benötigen. Für die normale Telefonkommunikation versorgt uns die Telefonanlage der Fachhochschule mit einigen Nebenstellenanschlüssen. Das reicht völlig aus", betont Eberlein. "Neben den technischen Vorteilen waren gerade die geringen Investitionskosten ein großes Plus bei der Entscheidung für die Diva-Karte", bestätigt Professor Kappen.

Neben der Hardwareausstattung spielt bei einem so komplexen Projekt natürlich auch die Software eine entscheidende Rolle. Bei den Unified-Messaging-Funktionen entschied sich das STZ Rechnereinsatz für "Ixi-Server" der Firma Servonic aus Olching bei München. Diese Unified-Messaging-Software stellt die benötigten Fax-, Voice-, SMS- und mobilen Funktionen zur Verfügung. Gleichzeitig arbeitet sie mit dem Microsoft Exchange Server zusammen, den das STZ Rechnereinsatz als E-Mail-System nutzt.

Jeder Mitarbeiter des STZ hat unterschiedliche Einwählnummern und Adressen. Rufnummern werden für Telefon und Unified-Messaging vergeben, hinzu kommt eine zentrale E-Mail-Adresse. Außerdem verfügt das System noch über SMS-Funktionen. Mit ihrer Hilfe werden Nachrichten an die Mobiltelefone der Mitarbeiter übermittelt, etwa dass eine E-Mail angekommen ist. Faxabruf-Nummern runden das Angebot ab.

System für 100 Teilnehmer ausgelegt

"In unserem Unified-Messaging-System haben wir je nach Stand der Projekte zwischen 50 und 70 Teilnehmer", erläutert Nikolaus Kappen. Bei einigen Projekten erhalten neben den Mitarbeitern auch die Kunden des STZ eigene Durchwahl-Rufnummern, was die projektinterne Kommunikation deutlich vereinfacht. Das System ist für maximal 100 Teilnehmer ausgelegt. Diese Beschränkung ist allerdings nicht durch die Softwarefunktionen oder die Rechenleistung beziehungsweise Speicherkapazität begründet. Sie erklärt sich vielmehr aus der Länge der möglichen Rufnummern. "Wir haben zweistellige Durchwahlnummern vorgesehen", berichtet Eberlein. "Das System würde auch drei- oder vierstellige Nummern unterstützen." Dann könnten allerdings Probleme auftreten, vor allem bei Anrufen aus dem Ausland.

Der Hintergrund ist, dass die Telefonsysteme Rufnummernlängen mit maximal 15 Ziffern unterstützen. Dabei zählt "0 49" mit drei Ziffern als Landeskennzahl, hinzu kommen die drei Ziffern "7 11" als Vorwahl von Stuttgart und Esslingen. Die ISDN-Hauptnummer der Steinbeis-Stiftung hat sieben Ziffern, so dass noch zwei Ziffern für die Durchwahl bleiben. Wollten die STZ-Mitarbeiter auf dreistellige Durchwahlziffern umstellen, müsste ihnen die Telekom eine kürzere Hauptrufnummer zur Verfügung stellen.

Bei den hohen Teilnehmerzahlen erscheint die Beschränkung auf zwei ISDN-Kanäle auf den ersten Blick problematisch zu sein. In der Praxis gibt es aber kaum Engpässe. Die Teilnehmer haben individuelle Tagesabläufe und sind in unterschiedliche Organisationsstrukturen eingebunden. Daher treten selten Stoßzeiten beim Abruf der Nachrichten und Informationen auf. Im schlimmsten Fall ist einmal der Einwahlzugang besetzt. Dann muss es der Teilnehmer nach ein paar Minuten noch einmal versuchen.

Zwei Kanäle reichen völlig aus

Eine Erweiterung auf mehrere Basisanschlüsse oder eine größere ISDN-Konfiguration ist deshalb derzeit nicht geplant. Allerdings wäre bei Bedarf auch der Einsatz mehrer Basic-Rate-Interface-Karten oder eine Anbindung an einen ISDN-Primärmultiplex-Anschluss mit 30 Basiskanälen machbar. Unter den Telefon-Durchwahlnummern erreichen die Anrufer grundsätzlich eine Voice-Box. Weil die Teilnehmer meist unterwegs sind, werden die Gespräche nicht auf Endgeräte umgeleitet. Um die Nachrichten abzurufen, stehen den STZ-Mitarbeitern mehrere Alternativen offen:

- die Einwahl von einem externen Festnetz- oder Mobiltelefon über die beiden Kommunikationskanäle oder

- der Zugang über ein passwortgeschütztes Web-Interface.

"Dabei handelt es sich um eine Web-Benutzeroberfläche für das E-Mail-System, das wir mit "Outlook Web-Access von Microsoft realisiert haben", erläutert Eberlein.

Hohe Sicherheitsanforderungen erfüllt

"Dass unsere Mitarbeiter während ihres Aufenthalts in den auftraggebenden Unternehmen jederzeit Zugriff aufs Web haben, ist in unseren Projektvereinbarungen festgelegt", erläutert Dr.-Ing. Kappen. "Allerdings haben wir uns nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen bei der Konzeption unserer Unified-Messaging-Lösung dagegen entschieden, Anrufe oder E-Mails automatisch zu Zieladressen in den Unternehmen weiterzuleiten. Wir stellen hohe Anforderungen an die Vertraulichkeit der Kommunikation. Schließlich arbeiten unsere Ingenieure häufig parallel an mehreren Projekten."

Würde ein Anruf oder eine Nachricht beim falschen Adressaten landen, könnte das für das Transferzentrum oder seine Kunden erhebliche Nachteile zur Folge haben. Die Steinbeis-Mitarbeiter müssen daher ihre Nachrichten stets aktiv abrufen. Als Ergänzung dient ein mehrstufiges Sicherheitskonzept: Bei den hausinternen Arbeitsplätzen in Esslingen erfolgt die Authentifizierung bereits über die Windows-NT-Anmeldung. Außerdem muss sich jeder Teilnehmer beim Web-System über eine persönliche PIN anmelden.

Die einzige Ausnahme, die sich jedoch in der täglichen Kommunikation bestens bewährt hat, ist die Weiterleitung von Nachrichten aus dem E-Mail-System per SMS auf Mobiltelefone. "Diese bequeme Möglichkeit, einem Adressaten schnell eine wichtige Mitteilung aufs Handy-Display zu schicken, nutzen die Mitarbeiter sehr gern - auch für die Übermittlung von organisatorischen Nachrichten aus Esslingen zu den Anwendern kommt sie immer häufiger zum Einsatz", berichtet Eberlein. Für sicherheitsrelevante Mitteilungen wird dieser Übertragungsweg nicht genutzt.

Auch hier spielen die Unified-Messaging-Lösung Ixi-Server und die ISDN-Karte Diva Server BRI eine wichtige Rolle: Sie leiten die SMS-Nachrichten aus dem Mailsystem per ISDN-Einwahl zu den SMS-Zugangsrechnern der Mobilfunk-Netzbetreiber weiter. Nach einigen Softwareanpassungen steht diese Funktion im D1-, D2-und E-Plus-Netz zur Verfügung. Lediglich Viag Interkom besitzt derzeit noch keinen Einwahlrechner. Doch auch dieser Anbieter arbeitet mit Hochdruck an einer solchen Funktion.

E-Mails werden vorgelesen

Die Ixi-Serversoftware stellt den Anwendern mehrere Funktionen zur Verfügung. So wandelt ein Text-to-Speech-Modul E-Mail-Texte in Sprache um und liest sie dem Nutzer vor, wenn der seine Nachrichten über das Telefon abfragt. Der Anwender kann die Mails dann direkt mittels Spracheingabe beantworten. Die Nachricht wird in diesem Fall als WAV-Datei an die Antwort angehängt und lässt sich sowohl bei Abruf am Computer wie auch bei der Fernabfrage übers Telefon abspielen. Außerdem besteht die Möglichkeit, Sprachnachrichten in andere Voice-Boxes oder zu externen Telefonanschlüssen weiterzuleiten. Eingegangene Faxe hängen als TIF-Grafikdatei an den Benachrichtigungs-E-Mails, abgehende Faksimiles lassen sich direkt aus dem Mailsystem verschicken - nötigenfalls auch mit grafischen Attachments. "Natürlich müssen unsere Mitarbeiter erst langsam in die Funktionsvielfalt hineinwachsen", räumt Professor Kappen ein. (re)

Zur Person

Dipl.-Ing. (FH) Hannes Ruegheimer

absolvierte ein Studium im Fach Medientechnik. Seit 1992 ist er als freier Journalist tätig, unter anderem bei Fachmedien, TV-Sendern und Titeln wie Stern, Focus und TV Today.