Breitbandausbau

Digitale Agenda - schnelles Internet auch auf dem Land

20.08.2014
Auch abgelegene Regionen sollen bis spätestens 2018 schnelles Internet haben. Das ist ein Kernpunkt der "Digitalen Agenda" der Bundesregierung. Kritiker halten das Papier für unkonkret und substanzlos. Die zuständigen Ressortchefs fühlen sich missverstanden.

Beim Ausbau des schnellen Internets will sich die Bundesregierung als erstes um schlecht versorgte ländliche Regionen kümmern. Die Förderung solle zunächst in die weißen Flecken gesteuert werden, sagte Infrastrukturminister Alexander Dobrindt (CSU) am Mittwoch bei der Vorstellung der "Digitalen Agenda" in Berlin. Auf dem Land liege der Breitband-Ausbaugrad bei unter 20 Prozent, in den Städten bei 80 Prozent. Dobrindt und seine Kabinettskollegen, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU), verteidigten das Programm gegen Kritik von vielen Seiten. Konkrete Angaben zu Investitionssummen wurden nicht gemacht.

Die drei Minister legten im Kabinett ihre Pläne zum Umgang mit der rasanten Digitalisierung der Gesellschaft vor und präsentierten diese anschließend öffentlich. Die 36-seitige "Digitale Agenda" für die Jahre bis 2017 benennt unter anderem Vorhaben zur Förderung der IT-Wirtschaft und Startups dieser Branche, zur Verbesserung der IT-Sicherheit und des Datenschutzes in Deutschland. Bürger sollen mehr Möglichkeiten bekommen, Behördendinge auf elektronischem Weg zu erledigen. Geplant ist auch, kritische Infrastrukturen wie Energie- oder Telekommunikationsnetze besser vor Cyberangriffen zu schützen.

Bis 2018 überall 50 Mbit/s

Zu den Kernvorhaben der Agenda gehört, flächendeckend für schnelle Internetverbindungen in Deutschland zu sorgen. Die Koalition will bis 2018 überall in Deutschland Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 Megabit pro Sekunde erreichen. Aktuell sind solche schnellen Internetzugänge laut Dobrindt in 64 Prozent der Haushalte verfügbar.

Für eine volle Abdeckung wären laut Schätzungen Investitionen von 20 Milliarden Euro nötig. Dobrindt sagte, sein Ministerium werde spätestens im Oktober selbst Zahlen dazu vorlegen. Als finanzieller Impuls für den Breitbandausbau sollen Erlöse aus Versteigerungen von Funkfrequenzen im kommenden Jahr zu einem großen Teil in die digitale Wirtschaft zurückfließen. Die zu erwartenden Summen sind offen.

Bildergalerie:
Breitbandanschlüsse in Deutschland
Die Zahl der Breitbandanschlüsse ist 2013 vorläufigen Schätzungen zufolge nur leicht gestiegen.
Breitbandanschlüsse in Deutschland
DSL dominant: Die Verteilung der DSL- und FTTB-/FTTH-Anschlüsse nach Downstream-Bandbreite.
Breitbandanschlüsse in Deutschland
Allein die steigende Nachfrage nach Video lässt den Bandbreitenbedarf bis 2020 auf 100 Mbit/s steigen.
Breitbandanschlüsse in Deutschland
Für das DSL-Vectoring sprechen auch deutlich geringere Investitionskosten im Vergleich zum Glasfaserausbau.
Breitbandanschlüsse in Deutschland
Mit DSL-Vectoring können auch auf dem Kupferkabel 100 Mbit/s übertragen werden.
Breitbandanschlüsse in Deutschland
Die VDSL2-Baugruppe für die Multi-Zugangsplattform MileGate von KEYMILE verfügt über eine integrierte Vectoring-Einheit und unter-stützt System-Level-Vectoring.

Die Opposition kritisierte die Agenda als substanzlos. Die Linke-Politikerin Halina Wawzyniak beklagte, das Papier enthalte weder konkrete Maßnahmen noch genaue Finanzierungsvorstellungen für den Breitbandausbau. Die Grünen-Abgeordneten Tabea Rößner und Konstantin von Notz sagten: "Der vorgelegte Entwurf ist kaum mehr als ein Sammelsurium längst bekannter Positionen." Auch mehrere Verbände äußerten sich enttäuscht.

Die drei Minister wehrten sich gegen diese Kritik. "Es ist nicht unser Anspruch, dass wir in der 'Digitalen Agenda' auf alle Fragen bereits abschließende Antworten haben", sagte Gabriel. Es sei kein neues Subventionsprogramm und auch kein Maßnahmenpaket, sondern ein Hausaufgabenheft für die kommenden Jahre. De Maizière betonte, es komme dabei nicht nur auf die Regierung an: "Wir können die Hausaufgaben nicht alleine abarbeiten."

Dobrindt betonte, es gehe um einen längeren Prozess. "Digitalisierung endet nicht bei 50 Mbit im Jahr 2018." Die "Digitale Agenda" solle immer wieder ergänzt und erweitert werden. Zu Kritik, das Programm komme im Jahr 2014 reichlich spät, sagte de Maizière: "Lieber spät als nie."

Wichtige Punkte der digitalen Agenda

Auf 36 Seiten hat die Bundesregierung aufgeschrieben, wie sie mit der fortschreitenden Digitalisierung der Gesellschaft umgehen will. Vieles in dieser "Digitalen Agenda" für die Jahre bis 2017 ist noch vage. Die zuständigen Minister sprechen vorsichtig von einem "Hausaufgabenheft". Einige wichtige Punkte:

Schnelles Internet: Bis 2018 sollen überall in Deutschland Übertragungsgeschwindigkeiten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde zur Verfügung stehen. Aktuell sind solche schnellen Internetzugänge in 64 Prozent der Haushalte verfügbar.

Mobiles Internet: Das mobile Internet über WLAN soll ausgebaut werden. Die Regierung will Rechtssicherheit für Anbieter solcher WLANs in öffentlichen Räumen schaffen, beispielsweise in Flughäfen, Hotels oder Cafés. Sie sollen grundsätzlich nicht für Rechtsverstöße ihrer Kunden bei der Internetnutzung haften.

IT-Sicherheit: Geplant ist, kritische Infrastrukturen wie Energie- oder Telekommunikationsnetze besser vor Cyberangriffen zu schützen. Firmen aus solchen sensiblen Bereichen sollen Mindeststandards der IT-Sicherheit einhalten und verpflichtet werden, Attacken auf ihre Systeme zu melden. Für die Bundesbehörden, die sich um den Kampf gegen Cyberkriminalität kümmern, gibt es mehr Geld und Personal.

Behördengänge per E-Mail: Bürger sollen mehr Möglichkeiten bekommen, Behördenangelegenheiten auf elektronischem Weg zu erledigen. Geplant ist etwa eine flächendeckende Einführung der De-Mail, die Sender und Empfänger einer elektronischen Nachricht sicher identifizieren soll.

Geodaten-Anwendungen: Gefördert werden soll die Entwicklung digitaler Ideen. Das Infrastrukturministerium stellt ab 2015 dafür 100 Millionen Euro für Kreative bereit - und Geodaten zu Wetter, Verkehr, von Satelliten und aus der Meeresbeobachtung für neue Anwendungen.

Wie schnell ist eigentlich Breitband?

Die Bundesregierung hat den Ausbau von schnellem Breitband-Internet zu einem wichtigen Ziel erklärt. Denn in vielen Gegenden gibt es noch keine Anschlüsse. Worum geht es?

Wie schnell muss Breitband-Internet sein?

Ursprünglich galt alles als Breitband, was schneller als ein ISDN-Modem war. Das wirkt heute quälend langsam. Die Bundesnetzagentur setzt die Grenze mittlerweile bei 2 Megabit pro Sekunde. Doch die Messlatte verschiebt sich immer weiter nach oben. Für viele Internet-Dienste braucht man eine schnellere Übertragung als 2 Mbit/s. "Filme oder Fernsehprogramm übers Netz schauen, das können Sie damit nicht", sagt Klaus Landefeld vom Internetverband eco. Auch Unternehmen und Handwerker klagen über das Schneckentempo im Netz (siehe auch Handwerk fordert schnelleren Netzausbau).

Wie kommt das schnelle Internet zu den Nutzern?

Es gibt verschiedene Wege. Glasfaserkabel ermöglichen eine besonders schnelle Übertragung von Daten. Sie zu verlegen, ist allerdings teuer. Einige Anbieter nutzen eine Technik namens "Vectoring", um mehr Tempo aus den bestehenden Kupferleitungen herauszuholen. Dabei werden Glasfaser bis zu den grauen Verteilerkästen am Straßenrand verlegt. Die letzten Meter in die Wohnungen laufen über Kupferkabel.

Mit DSL-Vectoring können auch auf dem Kupferkabel 100 Mbit/s übertragen werden.
Foto: Deutsche Telekom

Schnelle Internetanschlüsse gibt es auch über das Kabelnetz für den Fernsehempfang. Dabei werden Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 100 Mbit/s angeboten. Auf dem Land oder in Küstengegenden hilft die Mobilfunk-Technik LTE, größere Distanzen zu überbrücken. Allerdings hängt die tatsächliche Geschwindigkeit auch davon ab, wie viele Nutzer gleichzeitig über einen LTE-Funkmast ins Netz gehen. Je mehr es sind, umso weniger Geschwindigkeit erhält jeder Einzelne.

Warum hakt es beim Ausbau?

Die Technik flächendeckend auf den neuesten Stand zu bringen, kostet viel Geld. Für die Telekommunikations-Unternehmen lohnt sich das wirtschaftlich oft nur in dicht besiedelten Gebieten. Die Deutsche Telekom fordert für den Netzausbau folglich staatliche Unterstützung in Milliardenhöhe. "Wir lasten einer Handvoll Unternehmen diese Infrastruktur-Kosten an, wollen aber alle davon profitieren", sagt Fachmann Landefeld. "Die Unternehmen wollen das natürlich nur in den Bereichen machen, die für sie hochprofitabel sind."

Welche Regionen hinken hinterher?

Ländliche und städtische Gebiete klaffen bei der Anbindung an das schnelle Internet weit auseinander. In Teilen von Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz ist selbst die Geschwindigkeit von 2 Mbit/s nicht überall verfügbar. Die Bundesregierung will bis 2018 dafür sorgen, dass es flächendeckend Internet-Verbindungen mit mindestens 50 Mbit/s gibt. Im Osten sind diese Geschwindigkeiten nur selten verfügbar. In Bayern, Rheinland-Pfalz und dem Saarland gibt es ebenfalls große Lücken. (dpa/mje)