Am 20. November 1985 veröffentlicht die damals noch kleine Softwarefirma Microsoft mit Windows 1.0 die erste grafische Benutzeroberfläche für ihr Betriebssystem MS-DOS. Zunächst nur als Erweiterung des Betriebssystems programmiert, legt Windows 1.0 den Grundstein für eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Anwendungen auf MS-DOS-Rechnern lassen sich nun endlich mit der Maus bedienen und machen die grauen Kisten somit auch für den Consumer-Markt attraktiv.
Die Anfänge von Windows
Um die erste grafische Oberfläche für die Benutzung von PCs entbrennt vor 30 Jahren allerdings zunächst ein Wettlauf gegen die Zeit. Personal Computer werden zu dieser Zeit in der Regel in Unternehmen eingesetzt. Bill Gates wird schnell klar, dass eine grafische Oberfläche (Graphical User Interface, GUI) notwendig sein würde, damit der Computer eines Tages auf jedem Schreibtisch seinen Platz findet.
Unter Microsofts erstem Betriebssystem MS-DOS müssen Anwender schon über ein gewisses technisches Know-how verfügen, um den Rechner bedienen zu können. Grundkenntnisse in der Programmiersprache Basic sind damals von Vorteil. Die erste Version von Windows hat allerdings noch recht wenig Ähnlichkeit mit den grafischen Oberflächen, wie man sie heute kennt. Die Software ist sperrig, langsam und wird nur von wenigen Anwendungen überhaupt unterstützt. Will man ein kleines Programm wie den Taschenrechner starten, muss die dafür erforderliche Datei (calc.exe) erst in den Tiefen des Betriebssystems gesucht und anschließend über die Kommandozeile gestartet werden.
Xerox, Apple und der Kampf um das GUI
Die anfangs rudimentäre grafische Oberfläche ist damals revolutionär - von Microsoft stammt die Idee allerdings nicht. Bereits zwei Jahre zuvor - 1983 - bringt Apple-Gründer Steve Jobs mit der Lisa einen der ersten Computer mit grafischer Oberfläche auf den Markt. Das Gerät ist jedoch teuer und spricht schon deshalb nur einen kleinen Kreis von Computer-Enthusiasten an. Doch die Richtung ist vorgegeben, der Wettlauf beginnt.
Jobs und die Programmierer bei Apple lassen sich bei ihrer Entwicklung der GUI von der Arbeit am legendären kalifornischen Forschungszentrum Xerox PARC inspirieren. Dort wird die Idee der grafischen Benutzeroberfläche für PCs geboren. Bereits in den 1970er Jahren entsteht dort der Xerox Alto für Forschungszwecke. Nachdem 1981 der Xerox Star als erster kommerzieller Rechner floppt, gibt das Unternehmen sein Vorhaben auf.
Microsoft, Apple und das Urheberrecht
Durch Apple unter Zugzwang geraten, kündigt Bill Gates im November 1983 auf der Computermesse Comdex in Las Vegas sein Windows 1.0 an - lange bevor die Software überhaupt fertig ist. Als Anekdote ist überliefert, dass Gates' Vater bei seinem Vortrag am Diaprojektor stand. Fast zwei Jahre braucht Microsoft anschließend, bis die erste Windows-Version auf den Markt kommt. In der Zwischenzeit stellt auch Apple seinen ersten PC auf die Beine: den Macintosh.
Gates nimmt sich für Windows relativ unverhohlen die Oberfläche des Apple Macintosh zum Vorbild. Die Anwälte der Apfel-Company kann er sich nur vom Hals halten, weil er für Apple dringend benötigte Mac-Anwendungen liefert. Als Microsoft aber Anfang 1988 mit dem nächsten größeren Versionssprung, Windows 2.03, auf den Markt stößt, reicht Apple wegen Verstoßes gegen das Urheberrecht Klage gegen seinen Rivalen ein. Den über Jahre erbittert geführten Rechtsstreit verliert Apple letztendlich im Jahr 1994 - auch deshalb, weil es sich in den 1980er Jahren selbst bei Xerox bedient hatte.
Erst im Sommer 1997 normalisiert sich die Beziehung zwischen Apple und Microsoft langsam wieder, als der zu Apple zurückgekehrte Steve Jobs die Hilfe von Microsoft in Anspruch nimmt, um das in Schwierigkeiten geratene Unternehmen wieder profitabel zu machen. Nichtsdestotrotz nimmt Apple seinen "Lieblings"-Kontrahenten und dessen "Kopierleidenschaft" auch Jahre später noch aufs Korn - mit Vorliebe in ironischen Werbeanzeigen.
Durchbruch und Millenium-Fluch
Zum Start von Windows 1.0 gibt es weltweit eine Basis von "lediglich" sechs Millionen Personal Computer. Erst rund fünf Jahre später, im Jahr 1990, gelingt der Software-Schmiede aus Redmond mit Windows 3.0 ein erster Erfolg. Den endgültigen Durchbruch beschert dem Unternehmen dann weitere fünf Jahre später der Release von Windows 95. Unter Windows 95 lassen sich Peripheriegeräte wie Drucker deutlich einfacher anschließen und in Betrieb nehmen. Ohne umständliche Installation von Treibersoftware kommen die Nutzer dennoch nur selten aus. Erstmals kommt Windows 1995 auch mit einem virtuellen Papierkorb auf der Schreibtischoberfläche daher - ein Icon, das Macintosh-Nutzer der ersten Stunde zu dieser Zeit längst kennen. Auch eine Verbindung zum Internet können Nutzer mit Windows 95 erstmals herstellen: mit dem Internet Explorer.
Das 1998 erschienene Windows 98 wird im Vergleich zu seinem Vorgänger nur in Details weiterentwickelt. Bei diesen Details handelt es sich konkret um die standardmäßige Einbindung des Internet Explorers in das Windows-Betriebssystem, sowie die Einführung der Schnellstartleiste und die Unterstützung der damals neuen USB-Schnittstelle. Mit der im Jahr 2000 erschienenen Windows Millenium Edition (ME) kann Microsoft bei PC-Nutzern dagegen nicht punkten. Das auf Multimedia-Support optimierte Betriebssystem soll Windows-User mit mehr Benutzerfreundlichkeit verwöhnen, in der Praxis "besticht" es vor allem mit Instabilität und mangelhafter Performance.
XP-Kult und Vista-Fehlschlag
Mit Windows XP erneuert Microsoft im Jahr 2001 die optische Präsentation von Windows. Und auch technisch halten viele Neuerungen Einzug. Insbesondere auf Notebooks macht Windows nun eine deutlich bessere Figur. Das weiß auch die schreibende Gilde zu schätzen: Pünktlich zum Release erhält Windows XP auch von der Presse gute Noten. Anwender schätzen insbesondere die Navigation über das Startmenü. Windows XP gibt es auch als Tablet PC Edition - aus gutem Grund: Im Jahr 2002 startet Microsoft in Kooperation mit einigen OEMs eine große Tablet-Offensive. Die Windows-Tablets können sich jedoch nur in vertikalen Märkten wie dem Gesundheitswesen etablieren.
Der Support von Windows XP endet im Jahr 2014 nach 13 Jahren. Dennoch können sich viele Unternehmen, Institutionen und Privatpersonen nur schwer vom äußerst beliebten Windows-Betriebssystem trennen. Für Microsoft ist Windows XP in diesen Jahren eines der meistverkauften Produkte. Der XP-Nachfolger Windows Vista wird dagegen von vielen Experten nicht gerade als Erfolgskapitel der Windows-Geschichte angesehen. Das Windows-OS soll zunächst bereits 2003 auf den Markt kommen, fertiggestellt wird das Projekt mit dem Codenamen "Longhorn" allerdings erst Ende 2006. Mit der umfangreichen, visuellen Neugestaltung von Windows Vista will Microsoft auch ein Zeichen setzen: Apples Betriebssystem Mac OS X macht zu diesem Zeitpunkt einen deutlich frischeren, moderneren Eindruck als Windows XP. Die neue "Aero"-Oberfläche, ein neu designtes Startmenü und zeitgemäß inszenierte Icons sowie viele technische Neuerungen zeichnen Windows Vista aus. Trotzdem kommt diese Windows-Version bei vielen Kunden nicht an - Stabilität und Performance können mit den Erwartungen vieler User nicht mithalten. So landet Vista oft nur bei Endkunden, die es mit neuen Systemen erwerben. Insbesondere im Unternehmensumfeld bleibt XP das Maß der Dinge.
Windows 7 und die Solidarität mit dem Start-Button
Windows 7 gilt entsprechend als der eigentlich legitime Nachfolger von Windows XP. Gegenüber Vista kann Windows 7 in Sachen Stabilität, Performance und Nutzerfreundlichkeit bei den Nutzern schnell punkten. Auch kurz vor dem Erscheinen von Windows 10 verzeichnet Windows 7 immer noch die höchsten Marktanteile unter den Windows-Betriebssystemen.
Mit Windows 8 ändert sich die Bedienung des Betriebssystems grundlegend: Die neue Kacheloberfläche lässt sich auf touch-fähigen Geräten zwar gut bedienen, stößt aber viele Desktop-Anwender vor den Kopf, die die Änderung der Benutzerführung oft als zu radikal empfinden. Drittanbieter-Tools die die beliebte Windows-Leiste mit Start-Button zurückbringen, haben zu diesem Zeitpunkt Hochkonjunktur. Nur ein Jahr später muss Microsoft reagieren und renoviert Windows 8 grundlegend. Das Ergebnis nennt man kurzerhand Windows 8.1. Der Startbildschirm ist unter Windows 8.1 nun flexibler konfigurierbar, auf Wunsch ist nun auch wieder die klassische Windows-Desktop-Ansicht verfügbar - inklusive Startknopf. Abseits der Diskussionen um das Für und Wider der Kachel-Oberfläche geht oft unter, dass Windows 8 - und insbesondere auch Windows 8.1 - einige spannende Neuerungen an Bord haben, wie etwa Speicherpools oder Arbeitsordner.
Windows 10 und das "neue" Microsoft
Mit Windows 10 veröffentlicht Microsoft Ende Juli 2015 nicht nur einfach eine neue Windows-Version. Das aktuelle Windows-OS verkörpert die neue "One-Platform"-Strategie des Redmonder IT-Konzerns, der mit Windows 10 und Windows 10 Mobile künftig eine geräteklassenübergreifende Plattform etablieren will. Windows 10 läuft also nicht nur auf PCs, sondern auch auf Tablet-PCs, Notebooks, Windows Phones, der Spielkonsole Xbox One und dem kommenden AR-Device Hololens. Weitergeführt wird diese Strategie von plattformübergreifenden "Universal"-Apps.
Doch auch sonst ändert sich Einiges bei Microsoft: Windows 10 wird nämlich nicht nur als erstes OS der Windows-Geschichte allen Nutzern von Windows 7, 8 und 8.1 als kostenloses Upgrade zur Verfügung gestellt, sondern soll auch kontinuierlich mit Updates erweitert und geflickt werden. Das heißt bei Microsoft "Windows-as-a-Service" - und sorgt dafür, dass der traditionelle Patch-Day endgültig Geschichte ist. Dass Microsoft mit Windows 10 neue Wege beschreiten will, zeigt sich bereits während des Entwicklungsprozesses: Über das "Insider Program" sind Millionen von Anwender mit ihrem Feedback in die Entwicklung des Betriebssystems involviert.
Aufmerksame Leser werden bemerkt haben, dass in diesem Text nicht auf jede Windows-Version eingegangen wird. Natürlich haben wir auch Windows NT, 2000 und wie sie alle heißen nicht vergessen - in unserer Bildergalerie bekommen Sie einen umfassenden Überblick über alle bisher erschienenen Windows-Versionen. (dpa/tc/mje/fm)