Business Intelligence

Die Wahrheit liegt in den Daten

29.10.2015 von Wolfgang Kobek
„Die Euro-Lüge. Nehmt den Griechen den Euro weg. Pleite-Griechen“. In den vergangenen Monaten kursierten viele Schlagzeilen zur Euro-Krise in der deutschen Blätterlandschaft. Mittlerweile ist die politische Diskussion etwas sachlicher. Aus ökonomischer Perspektive bleibt eine Frage interessant: die nach der Datenwahrheit.

Die Analyse von Volkswirtschaften ganzer Länder ist zweifelsohne eine Nummer größer als die Herausforderungen, vor denen einzelne Unternehmen stehen. Kleinreden sollte man letztere aber nicht. Denn die Bereitstellung von entscheidungsrelevanten Daten ist in beiden Fällen ein wichtiges, mitunter auch überlebenswichtiges Anliegen - egal ob Politiker oder Führungskräfte in Wirtschaftsunternehmen Analysen anfordern. Und die Aufgabe wird durch das ständige und rasante Datenwachstum immer diffiziler.

Business Intelligence: Die Trend-Top-Ten 2015
Business Intelligence 2015: Die Top-Trends
Getrieben von der fortschreitenden Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft - beziehungsweise deren Datenhunger - boomt der Markt für Business-Intelligence-(BI) und Big Data-Software. Durch die ständige Verfügbarkeit von Geschäftsdaten können Unternehmen potenzielle Chancen und Risiken frühzeitig erkennen und Geschäftsprozesse optimieren. Die BI- und Datenvisualisierungs-Experten von Tableau haben die Top Ten der Business-Intelligence-Trends für das Jahr 2015 zusammengefasst.
1. Transformation der Unternehmensführung
Ähnlich wie sich die BI-Landschaft zu einem "Daten-Selbstbedienungsladen" gewandelt hat, muss sich auch die Führung eines Unternehmens transformieren. "Konzepte" wie das Wegsperren sämtlicher Geschäftsdaten funktionieren nicht mehr - ebensowenig wie die ganzheitliche Vermeidung jeglichen Prozessmanagements. Unternehmen und Organisationen werden 2015 herausfinden, was Unternehmensführung in einer Welt der "SB-Analytics" heißt.
2. Social Intelligence
Im Jahr 2014 haben die ersten Unternehmen damit begonnen, ihre in sozialen Netzwerken generierten Daten ernsthaft zu analysieren. Die positiven Auswirkungen ihres Tuns dürften sie bereits 2015 spüren. Denn Unterhaltungen in sozialen Netzwerken zu analysieren, verschafft Unternehmen sowohl einen Überblick über aufkeimende Trends, als auch darüber was ihre Kundschaft gerade beschäftigt. Damit öffnet die Nutzung von Social Intelligence die Tür für eine responsive Produktoptimierung.
3. Analytics für Alle
Heutzutage kann ein Datenanalyst Manager, Führungskraft oder auch Sales Manager sein. Neue Technologien ermöglichen eine einfach und schnelle Einsicht in Daten jeglicher Art. Gleichzeitig geben heutige, browser-basierte BI-Lösungen schnelle Antworten auf wichtige Geschäftsfragen. Unternehmen die sich diesen strategischen Vorteil zu Nutze machen, werden ihre "Alltags-Analysten" mit Tools und Trainings weiterbilden.
4. Community Management
Die Consumerization der IT ist längst keine Theorie mehr, sondern alltägliche Praxis. Menschen nutzen Produkte die Ihnen gefallen - das gilt auch für Analytics-Software. Unternehmen deren Produkte Menschen inspirieren, werden mit florierenden Communities belohnt. Dies wirkt sich wiederum positiv auf zukünftige potenzielle Kunden aus, denn gerade auf überfüllten Marktplätzen und App Stores kann eine gesunde Community zukünftigen Kunden Anhaltspunkte über Produkt-Qualität und Kundenzufriedenheit liefern.
5. Integration
Über die letzten zehn Jahre hat sich im Bereich Daten ein massiver Innovationsschub vollzogen, der für einen Plattform-Mix quer durch alle Bereiche gesorgt hat - egal ob es nun um Storage, Analytics oder Business Applikationen geht. Das Zeitalter der Server-Monolithen ist dennoch endgültig vorbei. In vielen Unternehmen verliert man allerdings langsam aber sicher die Geduld bei der Masse an Logins, die für das Datenmanagement inzwischen benötigt werden. Schnelle Integrationslösungen mit einfachen Benutzeroberflächen werden 2015 zum neuen Standard.
6. Cloud Analytics
Im Jahr 2015 wird das Thema Cloud Analytics den Sprung in den Mainstream schaffen. Bisher wurden Cloud Analytics in erster Linie für Daten von Cloud-Applikationen benutzt. Nun werden sich Unternehmen für die Cloud enstcheiden, wenn es Sinn für ihr Geschäft macht - nicht nur, weil die Daten eben da sind.
7. Data Conversations
Heutzutage sind Daten interaktiv genug, um zur Gesprächsgrundlage zu werden. Echzeit-Analyse-Tools ermöglichen nicht nur die Schnellanalyse von Daten, sondern auch die Kombination mit anderen Datensätzen. Das ist wiederum unabdingbar, um neue Geschäfts-Perspektiven aufzuzeigen. Data Conversations werden 2015 dafür sorgen, dass Unternehmen mehr Nutzen aus ihren Daten ziehen.
8. Datengetriebener Journalismus
Daten nehmen innerhalb der journalistischen Berichterstattung eine immer bedeutendere Rolle ein. Unternehmen werden deshalb nicht umhin kommen, Data Analytics in ihre Presse-Datenbanken zu integrieren. Dieser Trend wird von der öffentlichen Sphäre in die unternehmerische "herüberschwappen" und dafür sorgen, dass Firmen mit Nachholbedarf beim Thema Analytics endlich aufholen.
9. Mobile Devices
Auch wenn Angestellte immer weniger Zeit am Schreibtisch verbringen: das bedeutet nicht, dass sie mit weniger Daten versorgt werden sollten. Im Gegenteil: der Datenhunger ist größer denn je. Mobile Lösungen gibt es bereits seit Jahren, doch erst jetzt erreichen diese einen Reifegrad, der effizientes, mobiles Arbeiten mit Daten ermöglicht. Der Mobile-Boom hat zudem dafür gesorgt, dass die Software-Lösungen in punkto Usability deutlich intuitiver geworden sind.
10. Smart Analytics / Predictive Analytics
Die Fortschritte bei der Usability von Data-Analytics-Software befähigen Business-Nutzer zu einer vorausschauenden Geschäftsanalyse - ohne einen Experten zu Rate ziehen zu müssen. Das bedeutet: Predictive Analytics wird 2015 dank deutlich geringerer Zugangsbeschränkungen zum Thema für viele Unternehmen.

Was sind also die größten Hürden bei der Analyse von Daten?

Herausforderung Nr. 1: Zusammenhänge erkennen

Eine erste Schwierigkeit ist es, alle entscheidungsrelevanten Daten zu vereinen - unabhängig davon, in welchem System oder Format diese gespeichert sind. Doch das Erkennen von Zusammenhängen zwischen Daten geht über technische Fragestellungen hinaus.

Um beim Griechenland-Beispiel zu bleiben: Selbst wenn es den europäischen Finanzministern gelingen würde, sämtliche Daten und Informationen vollständig zu sammeln, würden sie vor der Herkulesaufgabe stehen, diese auszuwerten und Beziehungen aufzudecken. Bei BI geht es auch darum, neue Zusammenhänge zu verstehen, die im Vorfeld keinem der Entscheider bewusst waren.


Technisch möglich wird dies durch "assoziative Datenindizierung": Die aus mehreren Quellen stammenden Daten werden automatisch zugeordnet und diejenigen werden Daten markiert, die nicht in die Analyse einbezogen wurden, aber dennoch wertvolle Einblicke liefern könnten. Mit umfassenden Analyse-Plattformen sind Anwender nicht mehr gezwungen, vorgefertigten hierarchischen Pfaden zu folgen, sondern können ganz neue Wege entdecken. Dies hat auch Andreas Koch, Leiter Finanzen/Personal bei der Schmolz + Bickenbach Stahlcenter AG erkannt: "Business Intelligence hat uns völlig neue Perspektiven auf unser Unternehmen eröffnet. Wir können heute unsere Daten schneller und flexibler sowohl analysieren als auch visualisieren und damit noch besser verstehen."

Eine wichtige Rolle beim Verständnis und der Dateninterpretation spielt aber auch die gewählte Visualisierung. Die klassischen Torten- und Säulendiagramme sind in vielen Fällen hilfreich, oft lassen sich Zusammenhänge und Entwicklungen aber viel besser mit Bubble Charts, Tree Maps oder auch Streudiagrammen erkennen.

Herausforderung Nr. 2: Fehler erkennen

Oft stellen Unternehmen erst bei der Aggregation von Daten fest, wie unzureichend deren Qualität ist und wie widersprüchlich viele Datensätze sind. Grund sind fehlerhafte Dateneingaben - entweder aus Versehen oder aus Unwissenheit des Bearbeiters, weil es zu wenig Standards gibt, nach denen Informationen hinterlegt werden.

Allerdings sollte eine solche Eingabe nach persönlichem Gusto nicht Grundlage für wichtige geschäftliche Entscheidungen werden. Es gilt, Daten auf einige Kriterien zu überprüfen. Angefangen von der Korrektheit und Eindeutigkeit der Daten - sie dürfen keine Widersprüche aufweisen und müssen somit exakt und konsistent sein - müssen sie in ihrer Entstehung nachvollziehbar und natürlich einheitlich strukturiert sein. Wichtig ist es, sich immer wieder mit den Ungereimtheiten auseinander zu setzen - die Visualisierung ist nicht für unzureichende Informationen verantwortlich.

Auszug aus der Studie: Der Markt für Business Intelligence und Business Analytics in Deutschland





Die Wahrheit liegt in den Daten

Datenanalyse hat viele Facetten - Facetten, die sich mit der assoziativen Datenindizierung wesentlich tiefgehender erforschen lassen als nur mit Excel-Sheets. Beispiele gibt es hierfür genug: Genannt sei das Schweizer Stahlunternehmen, das eine interaktive geografische Karte nutzt, um tagesaktuell Einblicke in Warengruppen oder Verkaufsgebiete zu erhalten. Der Vertrieb sieht direkt, wie sich die Rohstoffpreise im aktuellen Monat entwickeln oder wie sich der Preisdruck auf die Ertragslage auswirkt. Dies erleichtert die Planung und die Analyse. Oder auch der Automobilzulieferer, der Kennzahlen im Produktionsumfeld analysiert und gleichermaßen Bestände wie Liefertreue zum Kunden, Nacharbeitsquote und Durchlaufzeiten oder auch die Kapazitätseffizienz analysiert und überprüft - bedarfsgerecht in den jeweiligen Fachabteilungen.

Zugegeben, all dies Beispiele haben bei weitem nicht die Dimensionen der Euro-Krise. Und natürlich hat die Volkswirtschaft eines ganzen Landes - egal ob Griechenland oder eines anderen EU-Landes - eine ganz andere Komplexität als die Daten einzelner Unternehmen. Aber viele Dinge fangen im kleinen Aktionsbereich an. Und eines haben Politik und Unternehmen leider oft noch gemeinsam: Die Wahrheit liegt in den Daten, denn diese sind Grundlagen um Stellschrauben neu zu ziehen - nur werden sie oft noch nicht ausreichend einbezogen. (bw)