Die größten Übernahmen 2014

Die Traumhochzeiten des Jahres

29.12.2014 von Stephan Wiesend
Zweistellige Milliardenbeträge haben Firmen wie Facebook und Telefonica 2014 für Übernahmen ausgegeben. Vor allem Anbieter aus dem TK-Bereich dominieren aber unsere diesjährige Übersicht - das betrifft sowohl Europa als auch die USA.

In diesem Jahr werden bei den IT-Übernahmen voraussichtlich keine Rekorde gebrochen. Der Kaufpreis für manches Unternehmen ist dank guter US-Konjunktur nichtsdestotrotz eindrucksvoll. Das größte Aufsehen erregt Facebook durch seinen kostspieligen Kauf von WhatsApp, erscheint der Kaufpreis von 21,8 Milliarden US-Dollar doch vielen fast schon als unanständig. Die rapide Verbreitung des Messaging-Dienstes für Mobilgeräte macht den Dienst für Facebook aber äußerst wertvoll. Ist er als Kommunikationsplattform doch unter Jugendlichen mittlerweile beliebter als Facebook selbst. Verwunderung erregt in der Öffentlichkeit allerdings die Wahl mancher Kaufobjekte. So ist die Beats-Übernahme durch Apple überraschend, ebenso der milliardenteure Kauf von Minecraft durch Microsoft.

Milliarden-Übernahmen in Europa sind im Vergleich zum boomenden US-Markt vergleichsweise selten, was aber nur gilt, wenn man die TK-Branche und SAP davon ausnimmt. Wie jedes Jahr überbieten sich die Konkurrenten SAP und Oracle mit Firmen-Zukäufen. So erwirbt SAP außer den 8,3 Milliarden teuren Unternehmen Concur in diesem Jahr die Firmen SeeWhy und Fieldglass. Der Konkurrent Oracle beschränkt sich in diesem Jahr ausnahmsweise auf den Erwerb eines einzigen Unternehmens und kauft für 5,3 Milliarden den POS-Anbieters Micros.

2014 ist ebenfalls ein Jahr, in dem Mega-Übernahmen nach langen Verhandlungen abgeschlossen werden können - dazu gehören die Nokia-Übernahme durch Microsoft und die E-Plus-Übernahme durch Telefonica. Dagegen ist eine medial wenig beachtete Mega-Transaktionen bei Redaktionsschluss immer noch nicht in trockenen Tüchern: Im Mai bietet AT&T für den Fernsehsatellitenbetreiber DirecTV 48,5 Milliarden US-Dollar, die Erlaubnis der Regularien fehlt aber noch. Mit den Zahlen der Pharmabranche kann die IT-Welt aber immer noch nicht mithalten: Die größte Firmenübernahme 2014 findet Ende November statt. Der Botox-Hersteller Allergan gibt beim Angebot von 66 Milliarden US-Dollar sein anfängliches Widerstreben auf und gehört jetzt zu Valeant.

In der Bilderstrecke finden Sie eine Übersicht über die größten Übernahmen des Jahres 2014:

Die größten IT-Übernahmen 2014
Die Traumhochzeiten des Jahres...
... waren wieder zahlreich anzutreffen in der ITK-Branche 2014. Ob es dabei aber immer nur um die reine Liebe ging? Klicken Sie sich durch die Frischvermählten...
AT&T kauft DirecTV für 48,5 Milliarden
Der größte Kauf ist noch nicht von der US-Regulierungsbehörde FCC genehmigt - AT&T will für 48,5 Milliarden Dollar den Satelliten-TV-Betreiber DirecTV übernehmen. DirecTV hat 38 Millionen Kunden und ist auch in Lateinamerika aktiv. Der Kauf gilt auch als Reaktion auf die geplanter Übernahmen von Time Warner Cable durch Comcast.
Comcast bietet 44 Milliarden für Time Warner Cable
Die beiden größten Übernahmen in der IT-Welt betreffen Fernsehanbieter. Je nach Börsenkurs sollen es 44 oder 45 Milliarden Dollar sein, die Comcast für die Übernahme von Time Warner Cable investieren will - die Einwilligung der Regulierungsbehörden vorausgesetzt. Damit entsteht in den USA der größte Kabelfernsehen- und Internetanbieter der USA. Dominieren in den USA doch die sehr profitablen Kabel- und Satellitenkonzerne nicht nur den TV-Markt, sondern auch Filmindustrie und Breitband-Internet.
SFR geht für 21 Milliarden an Numericable
Der französische Kabelkonzern Numericable kauft nach einer längeren Übernahmeschlacht den Mobilfunkanbieter SFR. SFR gehörte bisher zu Vivendi und ist in Frankreich der zweitgrößte Mobilfunkanbieter, ein. Numericable will nach dem Kauf Festnetz, Mobilfunk und Internet aus einer Hand anbieten. Größter Anteilseigner von Numericable ist die Holding Altice.
Facebook schluckt WhatsApp
Das größte Social Media-Unternehmen schluckt die erfolgreichste Messenger-Software - für 19 Milliarden Dollar. Mit etwa 50 Mitarbeitern ist die Mitarbeiterzahl winzig, gigantisch ist aber das Mitgliederwachstum der Kommunikationssoftware, die man als eigene Kommunikations-Plattform verstehen kann. Obwohl die Übernahme durch Facebook in den Medien recht kritisch gesehen wird, steigt die Nutzerzahl in den folgenden sechs Monaten von 450 auf 600 Millionen Anwender.
Telefonica kauft E-Plus für 10,4 Milliarden US-Dollar
Eigentlich hätte man die E-Plus-Übernahmen auch in einer Übersicht von 2013 aufnehmen können, so wird die Übernahmen durch Telefonica bereits Juli 2013 angekündigt. Aber erst 20 Monate später ist die Fusion abgeschlossen und das Mobilfunkunternehmen wird zu einer hundertprozentigen Tochter von Telefonica Deutschland. Umgerechnet 10,4 Milliarden Dollar bzw. 8,5 Milliarden Euro bekommt die niederländische KPN. Telefonica musste für das EU-Plazet Netzkapazitäten an den Konkurrenten Drillisch abgeben.
SAP kauft Concur für 8 Milliarden US-Dollar
6,5 Milliarden Euro will SAP für das Unternehmen Concur zahlen, damit die teuerste Übernahme der Firmengeschichte. Der Umsatz der US-Firma lag zwar 2013 bei vergleichsweise mäßigen 439 Millionen Euro, laut Concur werden aber bereits zwei Drittel der US-Reisekosten mit den Cloud-Lösungen der US-Firma abgerechnet. Spätestens Ende 2015 soll der Kauf abgeschlossen sein, dann gehört der Spezialist für Reisekosten-Verwaltung (Travel and Expense-Management) zu SAP.
Level 3 kauft TW Telecom
Auch der 5,7-Dollar-Milliarden-Kauf von Level3 bleibt ein US-Geschäft, beide Unternehmen sind aber global aktiv. Die Übernahme des Datennetzbetreibers TW Telecom stärkt die Position des Konkurrenten Level3, einem der wichtigsten Tier 1-Carrier. TW Telecom hieß übrigens vor 2008 noch Time Warner Telecom.
Oracle kauft Micros
Der POS-Anbieter Micros ist Oracle 5,3 Milliarden Dollar wert. Micros liefert Point-of-Sales-Systeme an 567.000 Kunden, zu denen unter anderem Edeka, Real und Bauhaus gehören. Der Oracle-Zukauf ist die teuerste Übernahme des Unternehmens seit der Sun-Übernahme von 2009.
4,3 Milliarden für Tibco Software
Ein Spezialist für Integrationssoftware und Middleware ist der kalifornische Softwarehersteller Tibco, der für 4,3 Milliarden Dollar den Besitzer wechselt. Käufer ist die Investmentgesellschaft Vista Equity Partners, bisheriger Haupteigner die Gesellschaft Praesidium Investment Management. Letztere soll unzufrieden mit dem Wachstum des Softwarehauses sein.
Zebra Technologies übernimmt Motorola Solutions
Großes Aufsehen hat dieses Milliarden-Geschäft nicht verursacht. Im April kündigte der Tracking-Spezialist Zebra an, für 3,5 Milliarden Dollar die Geschäftskundensparte von Motorola Solutions Enterprise Business zu übernehmen. Zebra ist nach eigenen Angaben Weltmarktführer im Bereich Barcode und RFID-Technologie.
Motorola geht für 3 Milliarden an Lenovo
Man geht davon aus, dass es Google beim Kauf von Motorola vor allem um Motorola-Patente ging. So wird es verständlicher, dass Google für Motorola 12,5 Milliarden Dollar zahlte und es ohne Patente und Forschungsabteilung für drei Milliarden US-Dollar weiter verkauft. Lenovo ist dagegen mehr an der Marke als an Patenten interessiert und konzentriert sich gerade auf den Ausbau seinen Smartphone-Geschäfts - der Markenname Motorola soll vor allem außerhalb Asiens für Zugkraft sorgen.
Apple übernimmt Beats
Auch Branchenkenner überrascht die Ankündigung in Mai: Apple legt für die bunten aber qualitativ umstrittenen Kopfhörer von Dr. Dre drei Milliarden Dollar auf den Tisch. Von den knapp 700 Mitarbeitern übernimmt Apple nur etwa 500, ein Grund für den Kauf soll in dem Streaming-Dienst Beats Music des Unternehmens liegen. Auffallend: Teure Übernahmen sind für Apple untypisch, der Kauf von Beats ist die größte Übernahme seit Firmengründung.
Bosch kauft BSH
Vor einigen Jahren hätte man den Kauf des Hausgerätekonzerns BSH noch nicht als IT-relevant eingestuft. Hausgeräte gehören aber mittlerweile zum Internet der Dinge - Waschmaschinen und Kühlschränke sind ein Teil des IT-Wachstumsmarkts „Smart Home“. Drei Milliarden Euro zahlt Bosch an Siemens für den fünfzig-Prozent-Anteil der Münchner, außerdem erhält Siemens noch eine Sonderdividende von 250 Millionen Euro. Die Marke "Siemens" darf Bosch weiter nutzen.
Microsoft kauft Minecraft
Es ist vor allem das Spiel "Minecraft" das Microsoft durch den Kauf des Spieleentwicklers Mojang erwirbt. 2,5 Milliarden Dollar ist das Unternehmen dem Windows-Konzern wert, der Firmengründer Markus "Notch" Persson wird die Firma nach der Übernahme verlassen.
Thoma Bravo kauft Compuware für 2,5 Milliarden
Auch Compuware wechselt den Besitzer, die Investment-Firma Thoma Bravo zahlt 2,5 Milliarden Dollar für die Aktien der Softwarefirma. Bekannt ist das in Detroit, Michigan ansässige Compuware für Application Performance Management.
Lenovo kauft X86-Server-Sparte
Bedenken wegen der Gefährdung der nationalen Sicherheit hatten den Verkauf verzögert, im August kam dann die Genehmigung der US-Regierung. Für 2,3 Milliarden Dollar übernimmt das chinesische Unternehmen Lenovo IMBs x86-Serversparte. Vor fast einem Jahrzehnt hatte Lenovo bereits die PC-Sparte von IBM übernommen.
Cypress zahlt 1,6 Milliarden in Aktien für Spansion
Der Zusammenschluss der Chip-Hersteller Cypress Semiconductor und Spansion erfolgt durch Aktientausch. Im Rahmen der Transaktion übernimmt Cypress den Konkurrenten Spansion. Spansion ist ein ehemaliges Joint Venture von AMD und Fujitsu und vor allem als Hersteller von Flash-Bausteinen für den Embedded-Bereich bekannt. Cypress zahlt 1,6 Milliarden Dollar in Aktien, unter Einberechnung beider Seiten hat die Transaktion ein Volumen von 4 Milliarden Dollar.
Vmware erwirbt Airwatch
Enterprise Mobility Management ist die Spezialität von Airwatch, das VMware für 1,54 Milliarden Dollar übernimmt. Beim Einbinden von Mobilgeräten in ein Unternehmen gilt Airwatch laut Gartner als führend und kann über 14.000 Unternehmen wie United Airliens, ING und Pernod Ricard als Kunden vorweisen.
1,2 Milliarden für Attachmate
Bekannt ist Micro Focus unter anderem durch die Übernahmen von Borland und Novell, im November ist auch der Kauf der Attachmate Group abgeschlossen. Das in Seattle ansässige Attachmate Group ist auf Enterprise Lösungen spezialisiert und wird für rund 1,2 Milliarden Dollar übernommen. Nach dem Zusammenschluss soll der gemeinsame Umsatz auf 1,4 Milliarden Dollar anwachsen.
Alibaba kauft UCWeb
Nicht offiziell bekannt ist der Kaufpreis des chinesischen Unternehmens UCWEb, Alibaba hatte erstmals 2009 in den Mobil-Browser-Hersteller investiert. Jetzt hat der chinesische Konzern auch die restlichen 34 Prozent des Softwareherstellers erworben. <a href="http://www.reuters.com/article/2014/06/11/us-alibaba-group-ucweb-idUSKBN0EM04P20140611" target="_blank">Reuters</a> geht von einem Wert von etwa 630 Millionen Dollar aus.
Video-Werbedienst - Yahoo kauft BrightRoll
Beim Börsengang von Alibaba macht Yahoo einen Gewinn von 6,3 Milliarden Dollar, 640 Millionen davon investiert es in den Video-Werbedienst BrightRoll. Ziel des Erwerbs ist es, Yahoos schwaches Geschäft mit Internetwerbung wieder auf Touren zu bringen. "Video is display 2.0", so Marissa Meyer zum Grund des Kaufs.
United Internet übernimmt Versatel
Eine vollständige Übernahme von Versatel kündigt United Internet im Oktober an. 586 Millionen Euro plus Ablösung der Bankverbindlichkeiten ist es der Firma wert, den Firmenanteil von 25,1 Prozent auf 100 Prozent zu erhöhen. Versatel besitzt das zweitgrößte deutsche Glasfasernetz und stärkt so die Position von United Internet als Telekom-Rivalen. United Internet war seit 2012 an Versatel beteiligt, die restlichen Anteile waren in Besitz von Fonds der KKR.
Facebook übernimmt LiveRail
Etwa 500 Millionen Dollar soll sich Facebook den Erwerb des Video-Spezialisten LiveRail haben kosten lassen. LiveRail ist auf die Platzierung von Werbung in Videoinhalten spezialisiert.
Zynga kauft Natural Motion
Der längst nicht mehr erfolgreiche Spiele-Entwickler Zynga (Farmville) sucht sein Glück im Zukauf. Natural Motion wird für 527 Millionen Dollar zugekauft und soll Umsatz und neue Spiele bringen. Bekannt ist Natural Motion nicht nur als Spiele-Entwickler, sondern auch als Hersteller von Grafiksoftware.