Die Krise im Handheld-Markt

21.06.2001 von Michael Swaine
Der PC-Markt wird vom Preiskampf beherrscht, die Profite sinken und ebenso die Verkaufszahlen. Doch auch auf dem Post-PC-Markt der neuen Internet-Appliances und Handhelds lassen die Gewinnmargen zu wünschen übrig.

In den letzten Jahren ist der PC-Markt zu einem knapp kalkulierenden Bauteile-Markt geworden, in dem die Einzelkomponenten sich nur noch im Preis und anderen hoch quantifizierbaren Merkmalen voneinander unterscheiden: Megahertz, Drive-Kapazität, RAM und CD-RW-Brenngeschwindigkeit. Die einzige Ausnahme macht da vielleicht Apple, eine Firma, die ohnehin immer nach einem ganz eigenen Takt getanzt hat. Doch für den Rest der PC-Hersteller sind sinkende Profite und nun sogar sinkende Verkaufszahlen die bittere Realität.

Auf der Suche nach einem Markt, in dem sich Hardware zu attraktiveren Profitmargen und Verkaufsvolumina absetzen lässt, wandten die PC-Hersteller ihre Aufmerksamkeit den Internet-Appliances und Handhelds zu und gaben ihren Hoffnungen sogleich auch einen klingenden Namen: Post-PC-Markt.

Der Bedarf nach solchen Geräten ist jedoch schwankend - Palm und Handspring haben eine ganze Menge Handhelds verkauft, die abgespeckten PCs aber, die neuerdings als Internet-Appliances firmieren, haben die in sie gesetzten Erwartungen bislang nicht erfüllt.

Was kommt nach dem PC?

Die technologische Marschrichtung dieses neuen Post-PC-Marktes war eine Zeit lang ziemlich ungewiss: War das eine Weiterentwicklung des PCs, die Elektrifizierung des digitalen Tagesplaners oder die nächste Generation des Telefons? Analysten redeten enthusiastisch von java-fähigen Telefonen, ohne auch nur im Entferntesten zu erkennen zu geben, ob ihnen klar war, wozu Java in einem Telefon eigentlich gut sein sollte. Dennoch, der Erfolg von Palm in den USA und von NTT DoCoMo in Japan zeigte, dass da irgendwas war, und jeder vom PC-Hersteller bis zur Telefongesellschaft wollte ein Stück davon abhaben - ganz egal wovon.

Und jetzt, viel früher als erwartet, scheint auch dieser Post-PC-Markt bereits wieder zu einem knapp kalkulierenden zu werden. Zumindest in Palms Marktsegment ist dies so: Palm und Handspring haben große Preisnachlässe angekündigt (wir berichteten). Dabei hat Palm erst kürzlich eine Riesenladung Handhelds verschenkt, die sonst nur auf der Müllkippe gelandet wäre. Und auch Compaq hat den Preis für seinen iPaq deutlich gesenkt. Zwischenzeitlich machte das Gerücht die Runde, Palm stünde zum Verkauf, gleiches hört man über Handspring. Und Palm hat Pläne verlauten lassen, dass man das eigene Businessmodell noch einmal drastisch überdenken wolle und vielleicht sogar bereit sei, entweder aus dem Hardware- oder dem Software-Geschäft ganz auszusteigen.

Fehlstarts und neue Ansätze

Palm und Handspring leiden beide, aber dennoch scheint es nicht so zu sein, dass die natürliche Konkurrenz - Microsofts PocketPC oder einige linuxbasierte Geräte - ihnen signifikante Marktanteile abnimmt.

Das Betriebssystem für Internet-Appliances von Be Inc. ist technisch und optisch bewundernswert und Be hatte damit zuletzt sogar einigen Erfolg. Doch dieser Erfolg flößt kein rechtes Vertrauen ein. Be konnte sich leider schon gegen den Druck im PC-Markt nicht behaupten und der verspätete Vorstoß in den Post-PC-Markt ist wahrscheinlich so lange sinnlos, bis Be von einer Firma eingekauft wird, die bereit ist, von einer geschwächten Position aus Microsoft, Palm und die Open-Source-Gemeinde herauszufordern.

Gewiss, es gibt hoffnungsvolle Ansätze: Das allseits verspottete WAP für den drahtlosen Internetzugang wird nun wohl endlich ausrangiert zugunsten einiger neuer, effektiverer Anwendungen. Die für eine stabilere Verbindung erforderliche Hardware entsteht gerade: Motorola hat einen neuen Dragonball-Prozessor für Palm-Geräte angekündigt. Technologie und Preise der Displays werden von mal zu mal besser und die verfügbare Bandbreite wird weiter zunehmen, einfach weil der wirtschaftliche Anreiz da ist. All dies sind erfreuliche Anzeichen für die Kunden, doch nicht unbedingt gleichermaßen für die Firmen, die in diesem Markt Geld zu verdienen hoffen.

Produktausrichtung tut not

Die Geschichte der NTT DoCoMo könnte als Modell für das Scheitern vieler Post-PC-Firmen dienen. Nicht NTT DoCoMo wird scheitern: Das Scheitern liegt ganz aufseiten der Content- und Service-Provider, die mit DoCoMo auftauchten. Das war natürlich gut für die DoCoMo und ihre Kunden, doch nicht ganz so gut für die Provider: Tausende Firmen tätigten erhebliche Investitionen in der Hoffnung, auf DoCoMos Erfolgswelle mitreiten zu können - viel zu viele, als dass sie je alle das Hintergrundrauschen übertönen. Die meisten von ihnen werden scheitern.

Ich nehme an, das Fehlen einer klar definierten Produktausrichtung im Post-PC-Markt wird ihn bis zu einem gewissen Grad vor Preiskämpfen bewahren: Nur wenn es klar umrissene Produktkategorien gibt und konkurrierende Firmen, die in diese Kategorien fallende Produkte produzieren, nur dann kann der Kunde Preisvergleiche vornehmen und nach dem besten Handel Ausschau halten. Palm und sein Spin-off Handspring haben einen neuen Markt geschaffen und machen sich dort nun als Firmen gegenseitig Konkurrenz: Sie hätten wissen müssen, dass das ihre Profite beschneidet. Hinzu kommen neuen Konkurrenten wie Sony mit dem Clie und HandEra mit einem ebenfalls innovativen PalmOS-PDA (siehe auch tecChannel.de-Test von PalmOS-PDAs).

Ich vermute daher, dass für den Post-PC-Markt das Problem der klaren Produktausrichtung eine größere Herausforderung wird als der Preiskampf. (bmu/fkh)

Über den Autor

Michael Swaine ist Redaktionsdirektor des Dr. Dobb's Journal. Er lebt im Silicon Valley und schreibt seit 1980 über PC-Technologie. Sie erreichen Michael Swaine über seine Webseite.