Zukunftswünsche

Die Karriere-Erwartungen der digitalen Jugend

09.11.2014 von Christiane Pütter
Fast jeder zweite Jugendliche sieht sich schon als digitalen Gründer. Das gilt zumindest für die britische Jugend, wie eine Accenture-Studie zeigt.

90 Prozent der Jugendlichen können ein Online-Video erstellen und sharen. Ein Ei kochen können 89 Prozent, einen Knopf annähen 78 Prozent und einen haptischen Stadtplan lesen 73 Prozent. So steht es zumindest um die britische Jugend, wie der "Digital Dream-Makers Report 2014" von Accenture zeigt. Accenture hat die jungen Leute nach ihrer Sicht auf die Digitalisierung befragt.

Die ist optimistisch - im Prinzip. Das heißt in Zahlen: 86 Prozent der 12- bis 17-Jährigen geben an, sie werden mehr Karrieremöglichkeiten haben als ihre Eltern, und sie begründen das mit der Digitalisierung. Fast jeder Zweite (44 Prozent) möchte später ein eigenes digitales Unternehmen gründen. 67 Prozent kennen bereits die Bezeichnung Data Scientist.

Andererseits fühlen sich die jungen Leute schlecht auf diese Zukunft vorbereitet. Fast zwei Drittel (65 Prozent) erklären, in der Schule zu wenig digitale Skills zu lernen. 61 Prozent der Eltern sehen das ebenso. Nick Millmann, Managing Director bei Accenture Digital, nennt das "besorgniserregend". Er sieht dringenden Handlungsbedarf.

Digitalisierung fördert Gründer

Übrigens glauben auch die Eltern dieser Jugendlichen, dass ihr Nachwuchs ein interessanteres Berufsleben haben wird als sie noch selbst. Accenture hat mehrere Generationen befragt, insgesamt nahmen mehr als 5.000 Menschen teil. Werden alle Antworten zusammengefasst, erklären 46 Prozent, dass künftige Arbeitskräfte sich in einer digitalisierten Welt eher selbstständig machen werden als früher - teilweise mit saloppen Aussagen wie "Mit einem Laptop kann doch fast jeder von zuhause aus irgendein Geschäft aufziehen".

Wie die Generation Y arbeiten möchte -
Bizarre Arbeitswelt
"Was ich bisher von der Arbeitswelt kennengelernt habe, was da vor sich geht, das finde ich teilweise ganz schön bizarr", schreibt der 1994 geborene Philipp Riederle in seinem Buch "Wer wir sind und was wir wollen".
Oft sinnloser Trott
"Für viele von Euch Älteren bedeutet Arbeit offenbar, die Zähne zusammenzubeißen, morgens aufzustehen und irgendwann erschöpft oder sogar burnt-out zu sein", heißt es weiter.
Zwangsjacke feste Arbeitszeiten
Riederles Wunsch: Angestellte sollen ihre Arbeitszeit selbst bestimmen.
Neue Freiheit
Für Arbeitgeber bedeutet das, loszulassen und ihren Mitarbeitern mehr Freiheiten zu geben.
Freie Zeiteinteilung
Mitarbeiter teilen sich ihre Zeit frei ein, zum Beispiel, um nachmittags mit ihren Kindern zu spielen und dann erst abends wieder zu arbeiten.
Freie Ortswahl
Und wenn sie lieber draußen statt im Büro arbeiten möchten, tun sie das.
Der ideale Chef
Riederle schwebt eine Führungskraft vor, die ihre Mitarbeiter nicht mehr direkt anweist, sondern die richtigen Rahmenbedingungen schafft.
Mehr vom idealen Chef
Der Digital Native wünscht sich einen Chef, der nicht seine Autorität ausspielt, sondern motiviert, der die Richtung weist, Feedback gibt und seinen Mitarbeitern Optimierungsvorschläge macht.
Der Chef als Trainer
Das Wunsch-Arbeitsverhältnis vergleicht er mit dem Mannschaftssport: Seine Kollegen sind die Teammitglieder, die Führungskraft übernimmt als Trainer eine Mentorenrolle.
Die Zukunft der Arbeitswelt
Riederle glaubt selbstbewusst daran, dass das so in Erfüllung geht: „Da die Unternehmen derzeit aber händeringend nach Nachwuchstalenten suchen, gibt es wohl keine andere Möglichkeit, als auf die Bedürfnisse meiner Generation einzugehen.“

Gut jeder Zweite (51 Prozent) erklärt, die Jobsuche sei in einer digitalen Arbeitswelt einfacher. Knapp jeder Dritte (32 Prozent) sagt außerdem, es sei leichter, Unterstützung bei der Karriere zu bekommen. Die Befragung untermauert die Diskussion um BYOD (Bring your own Device): 70 Prozent der Teilnehmer erwarten, am Arbeitsplatz genau die Geräte benutzen zu dürfen, die sie auch privat anwenden.

Gedanke an Smartphone-Verlust stresst

Wie sehr mobile Endgeräte das Alltagsleben der Menschen prägen, zeigen weitere Ergebnisse: Fast drei Viertel der Befragten (74 Prozent) setzt der Gedanke, das Smartphone zu verlieren, unter erheblichen Stress. 64 Prozent erklären gar: "Verlöre ich mein Smartphone, dann wäre das, als ob ein Teil meiner Selbst fehlt."

42 Prozent erklären denn auch, sie wünschten, weniger abhängig von ihrem Smartphone zu sein. Andererseits geben 23 Prozent der Studienteilnehmer an, unbegrenzter Zugang zum Smartphone sei ihnen wichtiger, als Familie und Freunde von Angesicht zu Angesicht zu sehen.

Digitale Technologien beeinflussen den Menschen stärker als umgekehrt

Über das Kräfteverhältnis Technik-Mensch sagen 62 Prozent: Digitale Technologien beeinflussen den Menschen stärker als umgekehrt. 49 Prozent fügen an, die Digitalisierung zeige uns viel über uns selbst und die Art, wie wir arbeiten. Hier bezieht sich "arbeiten" nicht nur auf den Beruf, sondern auf das menschliche Gehirn.

In Bezug auf Erkrankungen wie Parkinson oder Epilepsie erwarten sich viele Studienteilnehmer große Erkenntnisse durch digitale Technologien. 67 Prozent versprechen sich viel von der Vorstellung, menschliche Organe von 3D-Druckern anfertigen zu lassen.