Von Mobile First zu Mobile Now

Die dritte Generation mobiler Anwendungen wächst heran

04.02.2015 von Maximilian  Hille
Manche Unternehmen stecken schon mitten in der Umsetzung kompletter mobiler Geschäftsprozesse. Um diese effizient zu entwickeln sind Mobile Backends und Mobile Middleware nahezu unverzichtbar.

Deutsche Unternehmen entdecken die Bedeutung mobiler Anwendungen und Services für den eigenen Geschäftserfolg. Um im Zeitalter der digitalen Transformation hinsichtlich Kundenreichweite, Kundenbindung und vernetzter Geschäftsprozessen wettbewerbsfähig zu sein, setzen deutsche Unternehmen zunehmend auf mobile Apps und Services.

Von der Werbe-App zum mobilen Geschäftsprozess

Zum Einstieg bei der Nutzung mobiler Services starten Unternehmen oft mit "Lightweight-Anwendungen" zur Steigerung der Sichtbarkeit der Unternehmen nach außen. Dazu zählen vor allem mobile Webseiten und kleinere Apps zur Bekanntmachung des eigenen Brands. In der zweiten Stufe beginnen die Unternehmen, ihre interne Kommunikation mittels Collaboration-Apps auch mobil zu unterstützen.

Nun zeichnet sich langsam die dritte Generation an mobilen Anwendungen ab, die von den Unternehmen entwickelt und implementiert werden. Aus den Lightweight-Apps mit Marketing-Charakter weitgehend ohne Integration in das Unternehmens- und IT-Backend, werden zukünftig komplette Geschäftsprozesse mobil abgebildet und echter Mehrwert für Mitarbeiter, Partner und Kunden generiert. Die mobilen Anwendungen haben einen Status-Wandel vollzogen - vom "Nice-to-have"-Projekt in der Pressearbeit hin zu unternehmenskritischen Anwendungen in Vertrieb, Qualitätsmanagement oder Kundenservice.

Foto: Crisp Research AG

User Experience & Backend-Integration

Mit den neuen Möglichkeiten und Einsatzszenarien wachsen auch die An- und Herausforderungen seitens der Unternehmen an die beteiligten Entwickler, Projektmanager und Technologiepartner. So werden die Projekte nicht mehr "auf der grünen Wiese" konzipiert und entwickelt, sondern müssen Rücksicht auf eine Vielzahl von Geschäftsprozessen, Schnittstellen und Berechtigungen nehmen.

Der Erfolg einer mobilen Applikation wird maßgeblich durch die User Experience auf Frontend-Seite und der richtigen Integration der einzelnen Backend-Systeme determiniert. CIOs und CMOs stehen bei der Planung & Entwicklung eines mobilen Geschäftsprozesses daher folgende Herausforderungen im Auge haben:

Mobile Backend-as-a-Service & Mobile Middleware setzen neue Standards

Die gute Nachricht für Entscheider und Entwickler ist, dass man der Mehrzahl dieser Anforderungen mit neuartigen Lösungen, sogenannten Mobile Backend (-as-a-Service)- beziehungsweise Mobile Middleware-Lösungen, erfolgreich begegnen kann.

Derartige Lösungen stellen eine Art Bindeglied zwischen den abgeschirmten und gesicherten Backend-Systemen der Unternehmen, wie beispielsweise ERP, CRM, Single-Sign-On oder Collaboration-Lösungen, und dem Front End, also der Benutzeroberfläche dar. Mobile Backend- oder Mobile Middleware-Systeme verfügen über ein Set an Konnektoren und Schnittstellen, die vorkonfiguriert bereitgestellt oder individuell in Absprache mit den Kunden entwickelt werden.

Mithilfe dieser Schnittstellen können sich Entwickler maßgeblich auf die Spezifikationen der eigentlichen Anwendung sowie der Benutzerführung konzentrieren. Die Kombination aus Backend-Services mit einem übersichtlichen Design und zusätzlichen Front End Features garantieren die optimale User Experience auf der Bedienungs- und Funktionsebene. In der Regel sind die einzelnen Lösungen Plattform-unabhängig, sodass die Anwendungen auf iOS, Android und Windows-Smartphones und Tablets sowie auf dem Desktop lauffähig sind.

Trotz eines relativ einheitlichen Grundmodells unterscheiden sich die Anbieter in vielerlei Details.
Die einzelnen Lösungen sind unterschiedlich stark auf eine Funktionsvielfalt im Backend- oder im Frontend-Bereich fokussiert. Backend-fokussierte Lösungen bieten vor allem eine breite und variable Auswahl an Schnittstellen für einzelne Systeme. So kann das bereits vorkonfigurierte Set an Konnektoren für diverse Standardsysteme (SAP, Microsoft Dynamics usw.) recht unkompliziert erweitert und auf die individuellen Bedürfnisse angepasst werden. Dies garantiert eine hinreichende Funktionsdichte, die vor allem in kritischen Business Anwendungen ihren Einsatz findet.

Unterschied zwischen Mobile Backend-as-a-Service und Mobile Middleware
Foto: Crisp Research AG

Demgegenüber gibt es auch Mobile Middleware Lösungen, die den Fokus verstärkt auf die Entwicklung des Frontends legen. Dort werden ebenfalls Konnektoren zu wichtigen Backend-Systemen bereitgestellt. Allerdings handelt es sich dabei oftmals um ein sehr spezifisches und kleines Set, das nur umständlich erweitert werden kann. Bei diesen Lösungen steht vor allem die schnelle und standardisierte Entwicklung des Frontends mitsamt einer strukturierten Nutzeroberfläche im Vordergrund.

Zum einen können Mobile Backends und Mobile Middleware für vergleichsweise einfache und standardisierte Anforderungen als Open Source oder im Cloud-Modell "as a Service" bezogen werden. Open Source-Varianten sind vor allem für Testzwecke einzelner Entwickler geeignet, da hier lediglich die Oberfläche bereitgestellt wird. Innerhalb des Cloud-Modells werden die Funktionen etwas umfangreicher und die Preise werden maßgeblich durch die Anzahl der Nutzer und die SLAs bestimmt. Für den komplexeren Business-Einsatz eignen sich aber vor allem Appliances, die dann im Rechenzentrum des jeweiligen Nutzers liegen. Diese Variante stellt die maximale Individualisierung der Lösung sicher. So können die Schnittstellen beliebig erweitert und angepasst werden. Die Abrechnung erfolgt dann monatlich und setzt sich aus der Appliance-Konfiguration (Cores) und einer zusätzlichen Support-Gebühr zusammen.

Start Ups prägen das Bild

Die Anbieter von Mobile BaaS und Mobile Middleware sind insbesondere junge Start Ups und kleine Unternehmen, die teilweise als Pure Play Vendoren gegründet wurden oder in verwandten Segmenten (Mobile App Entwicklung) bereits aktiv waren. Auch einige globale Technologieanbieter, wie Google und Microsoft, die über eine PaaS-Plattform verfügen, planen in den kommenden Monaten einen vergleichbaren Service anzubieten.

Portfolio-Fokus ausgewählter Mobile Middleware-Anbieter
Foto: Crisp Research AG

Zu den relevanten Anbietern von MBaaS zählt unter anderem Parse. Das Start Up wurde kürzlich von Facebook übernommen und konzentriert sich vor allem auf die Frontend-Entwicklung. Mithilfe von Parse können beispielsweise Push-Anwendungen vereinfacht geschrieben werden. Ein Anbieter mit stärkerem Backend-Fokus sind die Apinauten mit ihrer Lösung Api-O-Mat. Der Api-O-Mat wird sowohl als Mobile Backend as a Service aber auch als fest beziehbare Mobile Middleware als Appliance für Enterprise-Kunden angeboten. Der Api-O-Mat verfügt über eine Vielzahl vorinstallierter Konnektoren, die vom Kunden oder auch in Absprache mit dem Anbieter angepasst und erweitert werden können. Darüber hinaus bringt der Api-O-Mat auch einzelne SDKs für das Frontend mit.

Vorteile von MBaaS und Mobile Middleware

Die Vorteile beim Einsatz von MBaaS oder vergleichbarer Mobile Middleware Technologien liegen vor allem in diesen Aspekten:


Ausblick - Von Mobile First zu Mobile Now

Unternehmen beginnen, die Entwicklung und den Betrieb mobiler Anwendungen ernst zu nehmen. So verschiebt sich das Gewicht von leichtgewichtigen Marketing Apps hin zu den mobilen Geschäftsprozessen. Zur Integration in die internen Prozesse und IT-Systeme werden Mobile Backend-Technologien zum entscheidenden Baustein für eine erfolgreiche Enterprise Mobility Strategie. Diese innovativen Technologien entwickeln sich stetig weiter und werden zukünftig auch bei den großen Anbietern, gegebenenfalls durch Zukäufe, zu finden sein. (bw)