Energie sparen

Die drei schlimmsten Stromfresser von Linux

19.06.2015 von Hermann Apfelböck
Schon klar: Ohne Software macht das schönste Gerät wenig Freude. Hier soll es auch nicht darum gehen, den Einsatz von Programmen zu meiden, sondern um eine Sensibilisierung, was einen Notebook-Akku am schnellsten leersaugt.

Die Ergebnisse beruhen auf Analysen mit dem Tool Powerstat, wobei die gemessenen Werte die Differenz zwischen dem Idle-Zustand und dem Zustand mit aktiver Software auf einem Test-Notebook wiedergeben. Der Ausgangswert des ungenutzten Zustands („Idle“) betrug auf dem Samsung-Notebook 11,6 Watt. Als Ausgangssystem lief ein Ubuntu 14.04 mit Standard-Desktop Unity. Hardware-seitig blieb das Gerät ohne Änderung. An Software lief immer nur die zu messende Aktivität sowie ein Terminal mit Powerstat. Trotzdem haben die Ergebnisse keinen Anspruch auf labortechnische Exaktheit, sondern sollen nur einige Beispiele für den Stromkonsum von Software liefern. Beachten Sie, dass die Wattangaben auf anderen Rechnern ähnlich ausfallen dürften, dass sich hingegen alle Prozentangaben auf das Test-Notebook beziehen: Bei einem sehr sparsamen Gerät würden die Prozentangaben höher ausfallen, bei einem Gaming-Boliden deutlich niedriger.

1. Videos und Surfen im Browser brauchen viel Strom

Flash-Videos im Browser sind unter Linux besonders ressourcenhungrig, da sie ohne Unterstützung der Hardware von der CPU berechnet werden müssen. Schon Videos mittlerer Qualität lassen die Akkuladung zusehends schwinden. Mit den Browsern Chrome und Firefox messen wir zusätzliche 6,6 bis 7,3 Watt und damit einen Anstieg um 57 bis 63 Prozent. Für hochauflösende Videos von Youtube im Vollbild konnten wir 10,3 bis maximal 10,9 Watt messen und damit einen höheren Verbrauch um über 90 Prozent. Diese Werte gelten für eine Webanbindung per Ethernet, beim Einsatz im WLAN-Funknetz muss man noch mit einem halben Watt mehr rechnen. Dagegen ist eine alltägliche Wikipedia-Recherche mit HTML-Seiten und viel Bildmaterial erwartungsgemäß sparsamer. Aber auch hier fordern die genannten Browser 3,0 bis 3,9 Watt im Schnitt und somit einen Mehrverbrauch gegenüber Idle von 26 bis 33 Prozent.

Tendenziell scheint Chrome/Chromium bei Flash-Videos sparsamer als der Firefox, der seinerseits beim HTML-Surfen etwas weniger Strom zieht.

2. Lokale Filme und Spiele sind wahre Stromfresser

Auch der Konsum lokal vorliegender Filme lässt die Akkureserven schmelzen, allerdings liegt der Verbrauch doch deutlich unterhalb jenes von Webvideos. Mit dem Totem- und dem VLC-Player messen wir einen Mehrverbrauch von 3,8 bis 4,7 Watt und damit einen Anstieg zwischen 33 und 41 Prozent, wobei sich Totem als etwas sparsamer erweist. Diese Werte beziehen sich auf einen Film, der auf der lokalen Festplatte liegt. Werden die Filmdaten von einem Server im lokalen Netz bezogen, steigt der Mehrverbrauch auf 5,0 bis 5,7 Watt, was einer Steigerung von 43 bis 49 Prozent entspricht.

Dass Simulationsspiele mit Echtzeitgrafik den Akku leersaugen, dürfte kaum überraschen. Bei einem noch relativ einfachen Autorennen messen wir einen Mehrverbrauch von 11,1 Watt und damit annähernd den doppelten Wert des Idle-Zustands (96 Prozent Mehrverbrauch). Dagegen sind Aufbauspiele und Strategiespiele erwartungsgemäß relativ genügsam. Der Mehrverbrauch liegt auf unserem Test-Notebook zwischen 5,4 bis 5,6 Watt.

3. Updates, Dateiaktionen und der Büroalltag brauchen am meisten Strom

Linux-Systeme wie Ubuntu weisen selbst darauf hin, dass eine Systemaktualisierung besser am Stromnetz erfolgen sollten, denn ein entleerter Akku könnte die Aktualisierung unterbrechen und das System in einem undefinierten Zustand hinterlassen. Umfangreiche Aktualisierungen saugen aber auch ordentlich Strom: Das Notebook meldete einen Verbrauch von circa 6,1 Watt für die Aktualisierung und damit einen Anstieg um 53 Prozent. Gegen ein Update unterwegs und im Akkubetrieb spricht aber sicher nichts, wenn die Aktualisierungsverwaltung eine kleinere Datenmenge ankündigt.

Größere Paketinstallationen sind genauso wie größere Updates eher ein Fall für die Steckdose, wobei weniger der Download aus dem Internet als vielmehr das Entpacken und Einrichten Strom zieht. Während einer Beispielinstallation einer XFCE-Umgebung fallen an unserem Test-Notebook durchschnittlich 5,5 Watt zusätzlich an und damit 47 Prozent mehr gegenüber dem Idle-Zustand.

Das Kopieren von Dateien zieht umso mehr Strom, je höher der Datendurchsatz ausfällt. Bei einer relativ langsamen Netzverbindung messen wir den Mehrverbrauch von 2,9 Watt (oder 25 Prozent), während der schnellere Transport über USB 2.0 circa mit den doppelten Werten von 5,9 Watt (und 51 Prozent) zu Buche schlägt. Die Kopierrichtung spielt dabei keine wesentliche Rolle.

Musikhören und Office-Arbeiten fallen nicht gravierend ins Gewicht. So messen wir beim Abspielen von MP3s mit Banshee einen moderaten Mehrverbrauch von 1,8 Watt (16 Prozent). Ein Libre Calc fordert auch bei komplexen Berechnungen nur 1,3 Watt (11 Prozent), und selbst aufwendige grafische Diagramme, die man ja erfahrungsgemäß nicht in Serie produziert, lassen den Verbrauch nur um knapp 3 Watt (25 Prozent) ansteigen.

Der Desktop spielt eine (kleine) Rolle

Hätte die Oberfläche entscheidenden Einfluss auf den Stromverbrauch, wäre sie ein geeigneter Tauschkandidat: Schließlich läuft diese Software permanent auf dem Desktop-PC. Anders als beim Speicherbedarf sind aber die Unterschiede beim Stromverbrauch eher marginal. Zwischen einem Ubuntu-Unity-Desktop und einem XFCE-Desktop lässt sich etwa mehr als ein halbes Watt zugunsten XFCE feststellen. Diese Differenz liegt fast innerhalb der üblichen Mess-Schwankungen, konnte aber durch mehrere Versuche bestätigt werden.

Ein weiterer Vergleich war überraschend: Vom ressourcensparenden Enlightenment-Desktop, hier noch in der älteren Version E17 über die Ubuntu-Repositories bezogen, erwarteten wir noch günstigere Werte, wurden aber enttäuscht: Enlightenment ist ein RAM-Wunder, aber kein Stromsparer. Die Oberfläche nimmt sich im Idle-Zustand 1,3 Watt mehr als Unity. Dieser Wert ergibt sich aber nach einfach übernommenen Standardeinstellungen. Enlightenment ist wie kein anderer Desktop detailliert konfigurierbar und kann durch Abschalten diverser Effekte und Elemente sparsamer eingerichtet werden. Das Verbrauchsniveau von Unity ist mit wenigen Eingriffen zu erreichen, sehr viel mehr aber nicht.

Tabelle: Software und Stromverbrauch

Fazit: Das können Sie tun, um den Stromverbrauch zu senken

Sie müssen die Sache keineswegs auf sich beruhen lassen und die Stromfresser dulden. Schon mit den Ubuntu-Bordmitteln lassen sich einige Strom-Fallen umschiffen. Wer gerne mehr erreichen möchte, kann nicht benötigte Stromfresser einfach komplett abschalten.

(PC-Welt/ad)