Seit seinem Erscheinen vor gut zwei Jahren hat der Raspberry Pi einen beachtlichen Siegeszug hingelegt. Laut dem Branchenblatt Digitimes ist der Ein-Platinen-Computer inzwischen mehr als 3,5 Millionen Mal verkauft worden. Der Gründer der Raspberry Pi Foundation, David Braben, ist dafür im Juni 2014 von der Queen mit einem Verdienstorden ausgezeichnet worden.
Das Ziel der Stiftung bei der Entwicklung des Raspberry Pi war es, junge Leute bei der Entwicklung von Programmier- und Hardware- Kenntnissen zu unterstützen. Betrachtet man die Verkaufszahlen des Computers, ist dies auch in vollem Umfang gelungen. Sie erhalten das aktuelle Modell B+ für rund 35 Euro Straßenpreis und benötigen neben einer Speicherkarte keine weitere Hardware, um mit der Arbeit loszulegen.
Hardware und Einsatzgebiete des Raspberry Pi
Die Hardware des Raspberry Pi kann sich trotz des niedrigen Preises sehen lassen, wobei die grundlegenden Komponenten in allen drei Versionen unverändert geblieben sind. Die Basis bildet der Prozessor BCM2835 von Broadcom. Der Hersteller beschreibt diesen als „High Definition 1080p Embedded Multimedia Applications Processor“.
Inzwischen ist die dritte Generation des Raspberry Pi mit dem Namen B+ erschienen. Die gravierendsten Veränderungen sind beim Arbeitsspeicher, der Anzahl der integrierten USB-Ports und dem „nicht-flüchtigen“ Speicher zu sehen. Der Arbeitsspeicher ist seit Oktober 2012 bei 512 MB angelangt und die Anzahl der USB-Ports ist auf vier gestiegen. Damit wird für viele Fälle ein zusätzlicher USB-Hub überflüssig.
Die Raspberry Pi Foundation hat auch den Veränderungen auf dem Speichermarkt Rechnung getragen und bietet das neue Modell B+ inzwischen mit einer Micro-SD-Schnittstelle an. Die Einsatzgebiete des bekanntesten Ein-Platinen Computers sind vielfältig. Aus diesem Grund beschränken wir uns bei der Betrachtung der wesentlichen Anwendungen auf den privaten Bereich. Dank der Linux-Basis steht Ihnen eine breite Auswahl an Programmen zur Verfügung. Der limitierende Faktor an dieser Stelle ist lediglich der eingeschränkte Arbeitsspeicher sowie die Leistung des Prozessors. Die Entwickler- und Fangemeinde hat es trotz allem geschafft, zahlreiche interessante Einsatzgebiete zu finden. Drei davon stellen wir Ihnen vor:
Raspberry Pi als Webserver
Raspberry Pi als Cloud-Server (Owncloud)
Raspberry Pi als Retro-Spielekonsole
Dies ist jedoch nur ein kleiner Ausschnitt der Möglichkeiten. Sehr beliebt ist der Mini-PC auch als Mediacenter auf Basis von XBMC (ab Version 14.0 Kodi, http://xbmc.org).
Der große Vorteil der Hardware mit dem Himbeer-Logo gegenüber ähnlichen Geräten ist die große Fangemeinde. Dadurch entstehen fast täglich neue Projekte und interessante Lösungen. Diese sind oftmals sehr gut dokumentiert und verhelfen auch einem Einsteiger zu einem schnellen und erfolgreichen Start: Auf Youtube finden Sie aktuell rund 480.000 Videos, wenn Sie den Begriff „Raspberry Pi“ eingeben.
Damit die verschiedenen Projekte auch gelingen, ist an der einen oder anderen Stelle zusätzliche Hardware notwendig. Leider ist die Platine nicht immer so benutzerfreundlich, wie es die Nutzer gerne hätten: bestimmte Zusatz-Hardware bekommen Sie nicht ohne Tricks und großen Aufwand zum Laufen. Deswegen sollten Sie sich, falls Sie ein Projekt auf Basis des Raspberry Pi planen, über die kompatible Hardware ein Bild machen. Eine gute Anlaufstation hierfür ist beispielsweise die Website eLinux, die ein umfangreiches Archiv pflegt.
Der direkte Konkurrent: Banana Pi
Seit März 2014 ist der Banana Pi in Handel erhältlich. Der Name lässt eine direkte Verwandtschaft zum Raspberry Pi vermuten. Dies ist allerdings ein Trugschluss – die Platine stammt von einem chinesischen Entwickler, und es gibt auch keine Verbindung zur Raspberry Pi Foundation.
Bemerkenswert ist der Open-Source-Ansatz des Banana Pi für Hardware und Software. Dies spiegelt sich auch direkt in der Umsetzung der Unterstützung der verschiedenen Betriebssysteme wider. An vorderster Front stehen verschiedene Linux-Distributionen, aber auch Android 4.2.2 wird direkt unterstützt. Die wichtigsten Vertreter aus dem Linux-Umfeld sind Open Suse, Raspbian, Arch Linux, Lubuntu und das auf Debian basierende Bananian Linux. Durch die Unterstützung von Raspbian steht dem Banana Pi eine breite Basis von Lösungen zur Verfügung.
Alle aktuellen Images stellt Ihnen der Hersteller kostenlos zur Verfügung. Aufgesetzt auf diese Images finden Sie im Internet bereits zahlreiche Anleitungen zur Umsetzung eigener Projekte. Das Android-Image können wir aktuell noch nicht uneingeschränkt empfehlen: Es ist noch nicht so weit entwickelt, um als ernsthafte Alternative zu den Linux-Distributionen zu taugen. Im direkten Vergleich gibt es vor allem auf Seiten des Prozessors klare Leistungsunterschiede. Beim Raspberry Pi kommt ein Ein- Kern-Prozessor mit 700 MHz zum Einsatz, beim Banana Pi hingegen gibt es zwei Cortex-A7- Kerne. Diese können Sie mit bis zu 1 GHz takten. Der Banana Pi stellt einen doppelt so großen Arbeitsspeicher zur Verfügung, und auch der Grafikprozessor ist deutlich leistungsfähiger. An dieser Stelle kommt die 400 MP2-GPU von Mali zum Einsatz, der auch im Odroid U3 verbaut ist.
Falls Sie aufgrund dieser Leistungsdaten den direkten Umstieg von einem Raspberry Pi auf einen Banana Pi planen, sollten Sie beachten, dass keine direkte Kompatibilität zwischen den beiden Geräten besteht. Sie können folglich keine SD-Karte vom Raspberry Pi nehmen und damit den Banana Pi booten. Dies hängt vor allem mit dem anderen Bootloader und den unterschiedlichen Treibern für die beiden Geräte zusammen.
Bei der Hardware gibt es jedoch Synergien. Falls Sie eine Erweiterung für den GPIO-Anschluss des Raspberry Pi besitzen, lässt sich diese auch am Banana Pi betreiben. Auf dem Markt erscheinen inzwischen auch immer mehr zusätzliche Komponenten, die für das Banana-Pi-Board entwickelt wurden. Mitte September hat Lemaker, der Hersteller der Platine, die ersten Kandidaten für einen Test des neuen Kameramoduls gesucht.
Der Geheimfavorit: Odroid U3
Wenn Sie noch mehr Leistung benötigen, als die Banana-Pi-Platine bieten kann, sollten Sie die etwas teurere Alternative Odroid U3 näher betrachten. Eine Ausnahme in dieser Geräteklasse ist der Odroid U3 aus zwei Gründen: Zum einen besitzt er insgesamt zwei GB Arbeitsspeicher, und zum anderen kommt mit dem Exynos 4 Quad eine wirklich leistungsfähiger Prozessor aus dem Smartphone-Umfeld zum Einsatz. Dieser basiert auf dem ARMCortex- A9-Kern und kommt beispielsweise im Galaxy Note 2 von Samsung zum Einsatz.
In der offiziellen Dokumentation des U3 finden Sie eine garantierte Unterstützung von Xubuntu 13.10 und Android 4.x. Die leistungsstarke Hardware macht den Odroid U3 zum bevorzugten Kandidaten für ein Mediacenter etwa mit XBMC oder für eine Set-Top-Box auf Basis von Android. Die Android-Version lässt dann auch die Nutzung des Google Play Stores zu – und damit haben Sie eine Auswahl an Apps, die kaum Wünsche offenlässt.
Auf dem Board befindet sich in der Grundversion ein passiver Kühler. Dieser kann mit geringem Aufwand und für rund sechs Euro gegen eine aktive Alternative getauscht werden. Eine entsprechende Stromversorgung auf dem Mainboard ist bereits vorgesehen. Ein wenig umständlich ist der Anschluss an Fernseher und Monitore, weil das Odroid U3 nicht die HDMI-Stecker vom Typ A unterstützt, sondern aus Platzgründen den Micro-HDMI-Anschluss verwendet. Auch beim Netzteil kommt nicht wie bei den meisten anderen Platinen ein Micro-USB-Anschluss zum Einsatz, sondern ein runder Anschluss, der ein weiteres Netzteil oder einen Adapter notwendig macht. Ansonsten macht die Platine einen soliden Eindruck.
Dank Xubuntu steht Ihnen mit dem Odroid auch die Linux-Welt offen. Planen Sie den Einsatz der Plattform als Server-Lösung, dann installieren Sie im ersten Schritt einen VNCServer. Dann können Sie sich anschließend den separaten Monitor sparen und Ihren Minicomputer von jedem anderen Rechner im lokalen Netzwerk nutzen.
Wenn Sie Genaueres über den direkten Leistungsvergleich zwischen dem Raspberry Pi Modell B und dem Odroid U3 erfahren möchten, lesen Sie den Vergleich des Odroid Magazins. Dies ist sicherlich keine neutrale Quelle, liefert aber eine Indikation über die verschiedenen Leistungsspektren der Hardware-Komponenten.
Neben dem Odroid U3 gibt es noch eine Reihe von weiteren Platinen innerhalb der Familie. Am interessantesten an dieser Stelle ist mit Sicherheit das Modell mit dem Zusatz XU3, welches auf einem Samsung Exynos 5422 basiert und damit ein Vielfaches der Prozessorleistung des U3 zur Verfügung stellen kann. Dies macht sich allerdings auch im Preis bemerkbar. Das XU3 Board kostet im Versandhandel rund 180 Euro.
Der Exot: Arduino Uno
Im Zusammenhang mit den Ein-Platinen Computern fällt auch oftmals der Name Arduino. Dabei handelt es sich um eine Micro-Controller-Plattform, die sowohl im Bereich Hardware als auch bei der Software dem Open-Source- Standard entspricht. Technisch gesehen handelt es sich um ein einfaches I/O-Board, also eine Platine mit verschiedenen Ein- und Ausgängen. Der Einsatzzweck dieses Micro-Controllers ist ein deutlich anderer als bei den zuvor genannten Konkurrenten. Die Hardware ist sehr einfach gehalten und wird in der Regel für die Steuerung von Anlagen unterschiedlichster Art verwendet. Die Architektur der Plattform sieht jedoch keine Installation eines grafischen Betriebssystems wie Linux oder Android vor. Es gibt eine Entwicklungsumgebung in Form einer plattformunabhängigen Java-Umgebung. Im Leistungsumfang befindet sich ein Code-Editor sowie gcc als Compiler.
Die Programmierung des Controllers erfolgt in den Programmiersprachen C und C++. Zusätzlich dazu wird auch die visuelle Programmiersprache Scratch mit der Implementierung S4A (Scratch for Arduino) unterstützt. Diese erlaubt Kindern und Jugendlichen den einfachen Einstieg in die Programmentwicklung. Die Arduino- Plattform hat somit sicherlich Ihre Daseinsberechtigung, allerdings primär in einem didaktischen und elektrotechnischen Kontext.
Fazit und Empfehlung
Es gibt aktuell drei interessante Plattformen für einen kompakten Kleinstcomputer mit überschaubarem Leistungsspektrum. Am einen Ende ist dabei der Raspberry Pi in den Versionen B und B+ zu finden, am anderen Ende Odroid. Vor allem die vorhandenen zwei GB Arbeitsspeicher und der leistungsfähige Prozessor lassen zahlreiche Anwendungsgebiete zu. Aufgrund der vielseitigen Unterstützung unterschiedlichster Linux-Betriebssysteme finden Sie bei beiden Platinen eine passende Systembasis. Mittendrin steht der Banana Pi, welcher aufgrund seiner Kompatibilität mit Raspbian eine große vorhandene Software- Basis bietet. Die vorhandene schnelle Netzwerkanbindung mit einem GB pro Sekunde und der leistungsfähige Grafikprozessor lassen auch an dieser Stelle interessante Anwendungsgebiete zu. Eine klare Empfehlung gibt es somit nicht. Der Allrounder mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis ist sicherlich der Raspberry Pi. Benötigen Sie mehr Leistung unter Linux, dann sind Sie bei den beiden Alternativen deutlich besser aufgehoben. Soll es zusätzlich dazu noch eine stabile Android-Implementierung sein, geht aktuell kein Weg an der Odroid-U3-Lösung vorbei.
Für das ursprüngliche Ziel, Heranwachsenden für wenig Geld eine Plattform für die Software-Entwicklung zu bieten, sind der Raspberry Pi sowie der Banana Pi die erste Wahl, weil beide direkt die Programmierplattform Scratch unterstützen. Diese erlaubt auch jüngeren Schülern einen schnellen Einstieg in die Welt der Programmierung.
(PC-Welt/ad)