Apps für Textarbeiter

Die besten Apps für Texte auf dem iPad

23.02.2015 von Holger Sparr
Beim Texten stören überflüssige Features. Für das iPad gibt es eine Reihe spezialisierter Apps, von denen es uns vor allem eine ganz besonders angetan hat.

Angenommen, der Autor dieser Zeilen hätte diesen Text nicht auf seinem Mac, sondern auf dem iPad geschrieben – dann hätte sich die Frage nach der idealen App dafür gestellt. Natürlich hätte er zu einer Textverabeitungs-App à la Pages oder Word greifen können, aber das wäre eindeutig zu viel des Guten gewesen. Textverarbeitungs-Apps richten sich an Büroarbeiter, die damit Briefe und dergleichen nicht nur tippen, sondern auch gestalten und drucken möchten. Dafür bringen sie eine Vielzahl von Layoutmöglichkeiten mit, binden Bilder ein und operieren mit unzähligen Zeichensätzen. Das führt zu riesigen Dateien, und die Vielzahl an Features verstellt den Blick fürs Wesentliche. Der Einsatz von Textverarbeitungs-Apps für solche Zwecke nervt schon, wenn man nach dem Start der App erst mal nach einer Vorlage gefragt wird.

Dabei gibt es genug Anwendungen für das geschriebene Wort, bei denen die Gestaltung entweder komplett unwichtig ist oder erst später stattfindet – wie etwa bei diesem Artikel, bei einem Programmtext oder bei einem Beitrag für einen Blog oder Ähnliches im Internet. Hier zählen Hilfen bei der Texteingabe in Form von besseren Wörterbüchern, flexible Im- und Exportmöglichkeiten für Texte und unter Umständen auch Unterstützungen für Auszeichnungssprachen, HTML oder einzelne Programmiersprachen.

Riesige Vielfalt

Eines vorweg: Es gibt nicht die eine Super-App, die alle denkbaren Bedürfnisse von der simplen Textnotiz bis zum ordnungsgemäß formatierten Quelltext für Programme beherrschen würde. Das Angebot an Texteditoren im App Store ist verblüffend umfangreich und bietet vom denkbar einfachsten Editor bis hin zum genau auf einzelne Bedürfnisse zugeschnittenen Spezialprogramm für jeden etwas. Da finden sich Apps für Buch- oder Drehbuch­autoren, HTML-Editoren oder Apps für simple und verbreitete Auszeichnungssprachen wie etwa Markdown. Doch keine App kann alle Bedürfnisse gleichzeitig befriedigen, und daher ist es sehr wahrscheinlich, dass jeder Anwender seine eigene, auf die spezifischen Bedürfnisse zugeschnittene Wahl treffen muss.

Schreiben wie ein Profi

Einer der entscheidenden Punkte, bei dem sich gute Texteditoren von Textverarbeitungen und vielen anderen Apps abheben können, ist die Bedienung. Damit ist die Möglichkeit gemeint, Text effizienter einzugeben, einfach darin navigieren zu können und bei Korrekturen gut unterstützt zu werden. Bei der reinen Eingabe kommt man mit etwas Übung ja sehr gut mit der Bildschirmtastatur des iPad zurecht, und seit iOS 8 automatisch Worte vorschlägt, ist ganz allgemein die Texteingabe etwas einfacher geworden. Vergleicht man das allerdings mit Mac oder PC, sieht das iPad ziemlich alt aus: Da gibt es zum einen echte Tasten statt des Touchscreens, zum anderen aber auch Cursortasten und eine Maus zum Navigieren im Text.

Am iPad lässt sich natürlich auch eine Bluetooth-Tastatur anmelden, deren Cursortasten genutzt werden können, doch auch damit ersetzt das iPad keinen PC, denn hier fehlen nicht nur die Wortvorschläge, sondern leider auch gleich die Rechtschreibkorrektur. Letztere hilft allerdings nur bei natürlicher Sprache, bei Programm-Quellcode oder Ähnlichem stört sie beinahe mehr, als sie nützt.

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Daedalus Touch ist eigentlich kein Texteditor, sondern eine Notiz-App, mit der man Texte in Form von Papierstapeln verwaltet. Dieses betont simple Konzept verstellt den Blick aufs Wesentliche nicht und bewährt sich schnell. Das für die Nutzung als Texteditor wichtige Exportieren von Texten und das Synchronisieren mit Cloud-Diensten gelingt nur über einen In-App-Kauf für vier Euro, macht Daedalus aber zum Universalisten.
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Von den unzähligen Versionen von Textkraft testeten wir die „mittlere“, die nur deutsche Texte mit ihrem eigenen Wörterbuch unterstützt. Der Funktionsumfang ist gigantisch: Texte lassen sich umfangreich formatieren, diverse Zusatzfunktionen helfen bei der Wortwahl und Auszeichnung. Danach lassen sie sich in allerlei Formate exportieren, sichern oder verschicken. Leider unterstützt Textkraft kein Markdown, zudem ist es etwas unübersichtlich geraten.
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Ein echter Markdown-Spezialist ist Editorial, wo mit einem simplen Wischer nach links stets eine Vorschau gezeigt wird. Der ohnehin schon große Funktionsumfang der App kann über Python-Skripte erweitert werden. Das Synchronisieren mit der Dropbox ist dabei nur einer der möglichen „Workflows“, weitere, beispielsweise für Mails, stehen zur Verfügung. Das einzige, was wir wirklich vermissten, waren Cursortasten.
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Der iA Writer ist ein blitzsauber gemachter Texteditor, der sich gekonnt auf das Wesentliche beschränkt. Die Tastatur wird durch sehr praktische Tasten zur Navigation und für Sonderzeichen ergänzt, mit denen sich nicht nur Markdown-Texte gut bearbeiten lassen. Praktisch ist die Möglichkeit, den gerade bearbeiteten Satz optisch herauszuheben. Nur beim Umgang mit Dateien beschränkt sich der iA Writer leider auf das Wesentliche, hier können andere mehr.
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Auch Byword ist ein exzellentes Beispiel dafür, wie viel schneller die Bearbeitung von reinen Texten bei einer App geht, die sich ganz darauf spezialisiert. Cursortasten ermöglichen die Navigation, Markdown-Attribute lassen sich in einer Voransicht bewundern, und der Export der Texte gelingt auch als HTML-Quelltext oder PDF. Ein In-App-Kauf macht den direkten Export an typische Blog-Server à la Wordpress möglich. Und bei alldem bleibt die App extrem übersichtlich und wirklich leicht zu bedienen – Texterherz, was willst Du mehr?
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Die normale Bildschirmtastatur des iPad wird um einige Sonder- zeichen und nicht zuletzt Cursortasten ergänzt, die beim Navigieren helfen. Byword synchronisiert seine Daten mit iCloud oder Dropbox, nutzt aber auch den „Öffnen in“-Mechanismus von iOS.
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Byword zeigt bei Markdown-Texten eine Vorschau und…
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… exportiert Texte in eine Vielzahl an Formaten, die sich im Netz direkt nutzen lassen.

In die Tasten hauen

Da ist die Bildschirmtastatur oft die praktischere Alternative. Seit iOS 8 erlaubt Apple auch Tastaturen von Fremdanbietern, doch die meisten Texteditoren gab es schon vorher, und so haben sich die Hersteller alle Mühe gegeben, die Standardtastatur um eigene Sonderzeichen und Bedienelemente zu ergänzen. Und hier heben sich einige Apps deutlich aus der Masse heraus, indem sie in einer zusätzlichen Zeile häufig benutzte Sonderzeichen und vor allem auch Cursortasten einblenden, mit denen es viel einfacher ist, zu bestimmten Stellen im Text zu springen, als es mit der Fingerspitze und Lupe geht. Manche Apps bieten darüber hinaus auch andere Springtasten zum nächsten Wort, Seitenende und dergleichen mehr, die das Arbeiten mit Texten drastisch vereinfachen können. Einziger Nachteil ist, dass umso weniger Platz für den eigentlichen Text übrig bleibt.

Kommunikation

In einem sind sich klassische Texteditoren bemerkenswert einig: Sie verschmähen den Im- und Export von Dateien in Office-Formaten wie etwa „.doc“, dafür aber haben sich fast alle die Kommunikation in der Cloud auf die Fahnen geschrieben. Der am häufigsten unterstützte Cloud-Speicher ist Dropbox, doch auch iCloud und andere Dienste werden oft als einfachste Möglichkeit angeboten, Texte für mehrere Personen und Geräte bereitzustellen. Was ebenfalls praktisch immer klappt, ist das Öffnen von Textdateien aus Mail oder anderen Apps heraus sowie das Verschicken der Dateien über diese Kanäle.

Markdown

Einer der wichtigsten Einsatzzwecke für Texteditoren ist das Schreiben von Inhalten für Websites, Blogs und andere Internet-Verwendungen. Um den Text passend zu formatieren, müsste man theoretisch HTML-Code schreiben, doch dazu gibt es Alternativen in Form einiger Auszeichnungssprachen, von denen Markdown wohl die populärste ist.

Markdown ist deshalb so praktisch, weil man sehr einfach Textformatierungen einfügen kann, ohne dass der Text wie ein typischer Quelltext aussieht und dadurch unlesbar würde. So markiert ein doppelter Zeilenschalter einen Absatz, ein „*“ oder eine Ziffer am Anfang einer Zeile einen Punkt in einer Liste, und ein oder mehrere Doppelkreuze („#“) markieren Überschriften. Importiert man so geschriebene Texte in Blogs und dergleichen, werden Texte automatisch interpretiert und in „echtes“ HTML übersetzt.

Viele Editoren für das iPad bieten umfassende Unterstützung für Markdown-Texte. Dazu gehört zunächst eine Layout-Vorschau, die bei Editorial besonders leicht durch simples Wischen, bei anderen Apps per Menü erreichbar ist. Manche Apps exportieren Texte direkt an Blog-Dienste, und fast alle können den formatierten Text auch als Mail verschicken – nicht nur als Anhang, sondern direkt als formatierten (HTML-)Textinhalt, sodass sich endlich auch vom iPad aus besser gestaltete Mails verschicken lassen.

Was leider nicht jeder Markdown-Editor beherrscht, ist allerdings der Export von Inhalten als HTML-Code, den man überall da brauchen kann, wo die empfangende Software Markdown eben nicht beherrscht. Ebenfalls selten findet sich die Fähigkeit, PDFs oder andere Dateiformate zu generieren.

Editor’s Choice: Byword

Eines wurde uns beim Ausprobieren der verschiedenen Editoren schnell klar: Viel mehr als funktionale Vielfalt und umfassende Möglichkeiten zählt bei Editoren der Geschmack und die Bedienung. Kommt man mit der Tastatur klar? Ist alles dabei, was man braucht?

Dokumentieren wir einmal den diesmal wirklich nicht einfachen Entscheidungsweg: Markdown-Unterstützung ist eine prima Sache – eben nicht nur für Blogger, sondern für jeden, der zumindest etwas Formatierung in seinen Texten möchte und dabei auch auf dem Rechner lieber die Tas­tatur als Maus und Menüs benutzt. Damit scheiden unter den fünf Apps, die am Ende in die engere Wahl kamen, die genial einfache Notiz-App Daedalus Touch und das ansonsten mächtige Textkraft schon mal aus, bleiben aber gute Alternativen für reine Textarbeiter.

Danach entscheidet dann eben wirklich der Geschmack: Editorial gibt sich extrem mächtig – bis hin zu Workflows, die sich mit der Skript-Sprache Python programmieren und nutzen lassen. Doch auf der Tastatur vermissten wir schnell die bei anderen Apps so nützlichen Cursortas­ten zum Navigieren. Und so blieben nur noch zwei: iA Writer unterlag am Ende nur knapp, denn schließlich machte das schon seit Langem bekannte Byword das Rennen, weil es simpler und stringenter zu bedienen ist, vor allem bei der Verwaltung von Dateien, die sich auch als PDFs oder HTML-Quelltexte exportieren lassen.

(Macwelt/ad)