Umfrage zu Datenqualität

Deutsche Firmen schlampen mit ihren Daten

06.04.2009 von Sascha Alexander, Sascha Alexander, Wolfgang Martin und Prof. Dr. Andreas Seufert
Fehlende oder falsche Kunden- und Produktdaten sind ein ernstes Geschäftsproblem. Trotzdem kümmern sich Anwender zu wenig um Datenqualität, auch weil sie ihre Lage zu positiv einschätzen.

Glaubt man der Selbstauskunft deutscher Unternehmensvertreter arbeiten gerade einmal sieben Prozent mit Geschäftsinformationen, deren Güte "mangelhaft" sei. Rund zwei Drittel der Anwender halten ihre Datenqualität hingegen für "befriedigend" oder zumindest "ausreichend", weitere 26 Prozent gar für "gut" bis "sehr gut".

Vieles liegt bei den Projekten im Argen: Nur sieben Prozent der Unternehmen sehen ihre Datenqualitäts-initiative als vollen Erfolg. Zudem messen 53 Prozent die Erreichung ihrer Ziele überhaupt nicht.
Foto: Institut für Business Intelligence

Zu diesem Ergebnis kommt die von der COMPUTERWOCHE mitinitiierte Anwenderbefragung "Data Quality Check", an der im Herbst 2008 rund 100 Unternehmensvertreter teilnahmen. Sie stammten zu jeweils etwa der Hälfte aus kleinen und mittleren Firmen (bis 1000 Mitarbeitern) beziehungsweise größeren Firmen (mehr als 1000 Mitarbeiter) und arbeiten vor allem in der Fertigungsindustrie, im Dienstleistungsgewerbe und in der öffentlichen Verwaltung.

Datenqualität zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Aber genügt es wirklich, im harten Wettbewerb mit Kunden- und Produktdaten zu arbeiten, deren Qualität nicht erstklassig ist, wie dies zumindest zwei Drittel der Firmen tun? Diese Frage ist auch deshalb berechtigt, da 82 Prozent der Firmenvertreter sich Wettbewerbsvorteile durch gute Daten erwarten. Hinzu kommt, dass jedes Datenproblem die Unternehmensaktivitäten oder die Einführung neuer Systeme bremst und Mehrkosten verursacht.

Daher kommt denn auch das Institut für Business Intelligence (IBI), ein weiterer Initiator der Untersuchung, zu einem anderen Schluss als die befragten Unternehmen: Anwender betreiben viel zu wenig Datenqualitäts-Management (siehe auch die Untersuchung zur schlechten Qualität von Materialstammdaten).

Bereits 2007 hatte eine vergleichbare Umfrage unter deutschen Firmen diese Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit offenbart und viele Aussagen zur Datenqualität als ein bloßes Lippenbekenntnis entlarvt. Seitdem ist wenig passiert.

Immerhin scheinen aber Unternehmen sich intensiver mit dem Thema Datenqualität zu beschäftigten, was für die kommenden Jahre hoffen lässt. So gaben 32 Prozent der Befragten an, dass es in ihrem Unternehmen eine fortlaufende Initiative für Datenqualität gebe. Weitere elf Prozent sind in der Design- oder Implementierungsphase entsprechender Vorhaben, 15 Prozent in der Planung sowie 17 Prozent in der Evaluierung. Nur 19 Prozent räumten ein, nichts zu machen.

Stammdatenpflege genießt Priorität

Wo sich Unternehmen bereits mit der Pflege ihrer Daten beschäftigen, geht es vor allem um Stammdaten (66 Prozent), gefolgt von Daten in der Logistik, im Kundenservice, Vertrieb und Marketing (siehe auch die Umfrage zu Kundenstammdaten). Wie in 2007 sehen die Anwender den wesentlichen Nutzen des Datenqualitäts-Managements (Mehrfachnennungen waren möglich) in der Optimierung von Prozessen (78 Prozent), gefolgt von der Kostenreduktion (64 Prozent), einer höheren Kundenzufriedenheit (61 Prozent) und in der Steigerung der eigenen Produktivität (54 Prozent).

Immer noch ist es die IT der häufigste Sponsor der Projekte. Oft ist dieser aber überhaupt nicht klar benannt oder schlicht unbekannt.
Foto: Institut für Business Intelligence

Unter diesen ganzen Aktivitäten ist jedoch nicht unbedingt ein systematisches und koordiniertes Datenqualitäts-Management auf Unternehmensebene zu verstehen. Vielmehr haben erst 35 Prozent der Firmen eine Art Kompetenzzentrum für Datenqualität geschaffen, weitere zehn Prozent der Firmen planen eine solche Stabstelle. Bei 25 Prozent der Unternehmen sind hingegen die Zuständigkeiten etc. nicht klar geregelt, und weitere 27 Prozent haben schlicht keine Organisation.

Diese Zahlen entsprechen inetwa denen aus dem Jahr 2007 und belegen, dass sich in punkto Organisation in den letzten zwölf Monaten wenig getan hat. In dieses Bild passt auch, dass nur bei einem Drittel aller Initiativen die Geschäftsleitung als Sponsor auftritt. In den übrigen Fällen bleibt die IT der wichtigste Sponsor (28 Prozent) beziehungsweise ist diese Frage nicht klar geregelt. 22 Prozent aller Initiativen müssen zudem ganz ohne Segen auskommen.

Ein verbesserungswürdiger Punkt im Datenqualitäts-Management ist auch die Herangehensweise. So arbeiten Unternehmen heute in der Regel reaktiv und nicht proaktiv. Dabei geht es vor allem darum, akute Fehler in den Nutzungsdaten (61 Prozent) oder in den Quellsystemen (47 Prozent) zu beseitigen (Mehrfachnennungen möglich). Eine Vorbeugung an der Quelle betreiben hingegen erst 35 Prozent der befragten Firmen, und nur 29 Prozent haben einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess installiert.

Datenqualitätsprojekte ohne klare Erfolge

Vieles im Argen liegt auch im Projekt-Management: Nur 23 Prozent der Firmen setzen spezielle Tools für Data Profiling ein, um die Datenqualität zu bewerten, 71 Prozent der Befragten machen dies bis heute lediglich manuell (siehe auch, wei sich die Datenqualität steigern lässt). Dementsprechend herrscht auch nach der Einführung in vielen Unternehmen in punkto Datenqualität das Prinzip "Hoffnung": Bei 62 Prozent der Befragten wird ad hoc reagiert, falls Probleme auftreten, 56 Prozent der Firmen setzen auf das Feedback der Anwender, um nur 30 Prozent messen kontinuierlich die Datenqualität, um Probleme zu vermeiden.

Ein regelrechtes Kompentenzzentrum für das Datenqualitäts-Management ist heute nicht die Regel. Ebenso beschäftigt sich nur ein Teil der Firmen laufend mit der Datenqualität ihrer Anwendungen.
Foto: Institut für Business Intelligence

Trotz aller Probleme und Hindernisse wollen etwa zwei Drittel der Unternehmen auch 2009 Datenqualitäts-Initiativen starten oder fortsetzen. Dabei zielen 22 Prozent der geplanten Aktivitäten auf bessere Daten im Customer-Relationship-Management (CRM) und hierbei speziell im Marketing (neun Prozent) ab. Das Thema "Data Governance" ist bei 20 Prozent aller Firmen ein Treiber, die Erfüllung von Compliance-Anforderungen hingegen spielt nur für zehn Prozent der Befragten eine Rolle.

Auch bei den Budgets sieht es für 2009 ganz gut aus, wenn denn die Planung so bleibt: So können 28 Prozent der Befragten mit den gleichen Budgets wie 2008 kalkulieren, 17 Prozent sehen eine einen leichten Anstieg, und immerhin 15 Prozent melden einen deutlichen Anstieg ihrer finanziellen Mittel für die Datenpflege.