Linux Tipps und Tools

Desktop-Optimierung für Ubuntu Unity

14.01.2016 von Hermann Apfelböck
Ubuntu mit seiner Standardoberfläche Unity betreibt bewusste Simplifizierung und Reduktion. Wer das im Prinzip begrüßt und nur in bestimmten Details nachbessern möchte, findet hier die richtigen Tipps und Tools.

Starterleiste links, Systemleiste oben, Dash-Suche, Nautilus-Dateimanager und Desktop-Oberfläche: Schon sind die wesentlichen Bedienzentralen eines Unity aufgezählt, und genau um diese Komponenten dreht sich dieser Artikel. Dabei soll es nicht darum gehen, die Ubuntu-Oberfläche mit diversen Zusätzen aufzublasen, sondern ihre Schlichtheit zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen. Die Tipps wurden unter der aktuellen LTS-Version 14.04 getestet, gelten aber weitestgehend auch für älteres und jüngeres Ubuntu.

1. Die optimierte Starterleiste für Unity

Die Starterleiste links ist eigentlich nur für die wichtigsten Programmfavoriten vorgesehen – den Rest soll der Benutzer im Dash (oberstes Symbol oder Windows/Super-Taste) suchen. Das Dash aber ist nicht sonderlich beliebt, ist es doch wie jedes vergleichbare Suchmenü ein Zwitter zwischen grafischer Mausbedienung und Tastatureingabe. Daher lohnt es sich, mit dem begrenzten Platz der Starterleiste das Optimum anzustellen.

In die Starterleiste sind schnell neue Programme aufgenommen: Dazu suchen Sie das gewünschte Programm über das Ubuntu-Dash und ziehen es mit der Maus auf die Leiste. Noch einfacher ist es, aktuell laufende Programme nach Rechtsklick mit der Option „Im Starter behalten“ dauerhaft aufzunehmen. Um Platz für weitere Symbole zu schaffen, verkleinern Sie die Größe der Icons über „Systemeinstellungen -> Darstellung“.

Multifunktionale Icons in der Starterleiste: Mit etwas Bastelarbeit holen Sie noch deutlich mehr aus dem Starter. Programmverknüpfungen werden durch Textdateien mit der Endung „.desktop“ realisiert. Wesentlichster Sammelordner für diese Dateien ist das Verzeichnis „/usr/share/applications“. Üblicherweise starten diese Verknüpfungen genau ein Programm, jedoch erlaubt das Format der Desktop-Dateien eine beliebige Anzahl von Programmstarts, die das Icon nach Rechtsklick im Kontextmenü anbietet. Die Abbildung oben zeigt das Prinzip: Der Eintrag „Actions=“ in der Hauptsektion meldet die nachfolgenden Zusatzaktionen an, die dann in den Untersektionen als „[Desktop Action <Name>]“ nur noch die Kontextmenü-Bezeichnung und den Programmaufruf benötigen.

Der Einfachheit halber nummerieren Sie dabei die „Actions“ einfach durch, im Prinzip funktioniert aber statt der „1“, „2“, „3“ auch jede eindeutige Textbezeichnung.

Multifunktionale Symbole für den schnellen Klick zu den wichtigsten Verzeichnissen.

Eine solche Desktop-Datei erstellen Sie an beliebiger Stelle im Dateisystem, etwa unter „/home“, und machen diese im Dateimanager nach Rechtsklick und „Eigenschaften -> Zugriffsrechte“ ausführbar („Datei als Programm ausführen“). Danach können Sie die Datei vom Dateimanager in die Starterleiste ziehen. Beim Klick auf das Icon startet das Primärprogramm aus der Sektion „[Desktop Entry]“, nach Rechtsklick werden die zusätzlichen „Actions“ angezeigt und je nach Auswahl ausgeführt.

2. Programmstarter auf dem Desktop

Unity bietet keine einfache Möglichkeit an, auf dem Desktop Verknüpfungen zu Programmen oder Ordnern anzulegen. Der Dateimanager Nautilus kann aber Verknüpfungen erstellen und dann auf den Desktop verschieben: Klicken Sie einen Ordner oder eine Datei einfach mit der rechten Maustaste an, und wählen Sie im Kontextmenü „Verknüpfung anlegen“. Die Verknüpfung entsteht im aktuellen Verzeichnis und lässt sich dann mit der Maus auf den Desktop verschieben.

Für Internet-Verknüpfungen starten Sie einen Browser wie Firefox und öffnen dort die gewünschte Webseite. Klicken Sie dann auf das Icon am linken Rand der Adresszeile, und ziehen Sie es mit gedrückter Maustaste auf den Desktop.

Wie schon unter -> Punkt 1 beschrieben, bestehen Programmstarter aus einer Textdatei mit der Endung „.desktop“. Um solche Dateien am Desktop abzulegen, gehen Sie mit Nautilus in das Verzeichnis „/usr/share/applications“, kopieren die Datei des gewünschten Programms mit der Tastenkombination Strg-C und fügen Sie am Desktop mit Strg-V ein.

3. Alternative Programmstarter

Wer mit den Unity-Möglichkeiten im Starter und am Desktop nicht auskommt, hat die Wahl zwischen zahlreichen Starter-Tools. Wir nennen hier nur zwei extreme Vertreter:

Der Classic Menu Indicator erspart die meisten Ausflüge in das ungeliebte Ubuntu-Dash.

Eine minimalistische Alternative ist der Classic Menu Indicator, der sich als kleines Icon im Hauptpanel oben einfügt und ein klassisch gegliedertes Kategorienmenü anbietet. Das Tool ist mit dem Kommando

sudo apt-get install classicmenu-indicator

sofort installiert und nach manuellem Aufruf oder ab der nächsten Neuanmeldung einsatzbereit.

In animierter Optik, komplexer Konfiguration und Bedienung weitaus anspruchsvoller ist das Cairo-Dock, das Sie im Software-Center finden oder im Terminal mit

sudo apt-get install cairo-dock

nachinstallieren. Beim Einsatz dieses Starters sollten Sie über „Systemeinstellungen -> Darstellung -> Verhalten“ die systemeigene Starterleiste ausblenden. Danach suchen und starten Sie das Cairo-Dock über das Ubuntu-Dash. Der von Mac-OS X inspirierte Starter erscheint am unteren Bildschirmrand, lässt sich aber über Rechtsklick und „Cairo-Dock -> Konfigurieren“ überall andocken oder durch weitere Leisten ausbauen. Sie verschieben Programme in eine andere Cairo-Leiste, indem Sie mit der rechten Maustaste darauf klicken und dann im Menü des Programms „In ein anderes Dock verschieben“ wählen. Animationseffekte und Größenänderungen der Icons lassen sich im Detail anpassen. Unterm Strich passt das verspielte und speicherintensive Tool sicher nicht zum Ubuntu-Purismus – aber das darf jeder Nutzer selbst entscheiden.

4. Die Dash-Suche entschlacken

Das Dash sucht nicht nur Programme auf der lokalen Festplatte, sondern berücksichtigt auch etliche Online-Quellen. Nach einem Klick auf „Suchergebnisse filtern“ sehen Sie, woher die Ergebnisse stammen, etwa von Amazon. Per Klick auf die Schaltfläche können Sie einzelne Quellen einbeziehen oder ausschließen. Wenn Sie mit uns einer Meinung sind, dass für die Webrecherche ein Browser dient und eine Betriebssystemsuche sich auf Programme und Dateien des Rechners konzentrieren sollte, können Sie die Online-Suche deaktivieren. Das macht das Dash obendrein einfacher und schneller. Gehen Sie in den Systemeinstellungen auf „Sicherheit & Datenschutz -> Suche“, und schalten Sie dort die Option „Auch Online-Suchergebnisse verarbeiten“ aus.

Alle Unity-Scopes vom Paketmanager anzeigen lassen, um Ubuntu-Dash abzuspecken.

In den Dash-Filteroptionen werden danach immer noch einige Online-Dienste auftauchen. Alles was Sie unnötig finden, können Sie radikal von der Festplatte putzen. Die Kommandos

dpkg –l | grep scope dpkg –l | grep lens

liefern alle installierten Suchfilter. Bei den Scopes ist alles entbehrlich außer libunity-scopes-json-def-desktop, unity-scope-home, unity-scopes-master-default, unity-scopes-runner. Bei den Lenses sind nur „applications“ und „files“ unentbehrlich. Mit Befehlen wie

sudo apt-get purge unity-scope-gourmet

löschen Sie entbehrliche Suchmodule. Die Änderungen werden nach einer Neuanmeldung wirksam.

5. Das Unity Tweak Tool nutzen

Selbst Linux-Nutzer, die sich jedes zusätzliche Tool reiflich überlegen, kommen am Unity Tweak Tool kaum vorbei. Es ist mit

sudo apt-get install unity-tweak-tool

schnell aus den Standard-Repositories nachinstalliert und bietet zahlreiche Optionen, um Aussehen und Verhalten des Unity-Desktops anzupassen. Einstellungen, die deutlich über optische Anpassungen hinausgehen, finden Sie unter „Fensterverwaltung“ und „System“. Hier richten Sie die Anzahl der virtuellen Desktops ein („Arbeitsflächen-Einstellungen“), die Funktion der „Aktiven Ecken“ oder das Einrastverhalten von verschobenen Fenstern. „Aktive Ecken“, also das Auslösen einer Aktion beim Navigieren der Maus an einen Bildschirmrand, hat Ubuntu inzwischen auf Standardaktionen wie „Übersicht aller Fenster“ reduziert; früher waren an dieser Stelle auch selbst definierte Programmstarter möglich. Generell ist aber bei den aktiven Ecken weniger meistens mehr: Die Nutzung des oberen und des linken Bildschirmrands verbietet sich zugunsten des Hauptpanels und der Starterleiste unter Ubuntu generell.

Unity Tweak Tool: Das Konfigurationswerkzeug für optische und funktionale Anpassungen.

Ein wichtiger Punkt ist ferner „Erscheinungsbild -> Schriften“, da Sie hier mit einer kleineren oder größeren „Standardschrift“ die Darstellung aller Menüs und Icon-Beschriftungen maßgeblich verändern. Eine weitere nützliche Einstellung finden Sie unter „System -> Bildlauf“. Aktivieren Sie hier die Option „Rückwärtskompatibilität“. Die Bildlaufleiste wird dann nicht mehr rechts vom Fenster automatisch ein-und ausgeblendet, sondern bleibt dauerhaft am Fensterrand.

Ubuntu bietet nur die Auswahl zwischen drei Desktop-Themes. Weitere Themes lassen sich über das Software-Center nachinstallieren („Gtk+ themes from Shimmer Project“). Nach der Installation finden Sie diese im Unity Tweak Tool unter „Thema“ und wählen dort das gewünschte aus, das auch sofort aktiv wird.

„Aktive Ecken“ im Unity Tweak Tool: Sparsam eingesetzt ist diese Option ein Komfortgewinn.

6. Den Dateimanager Nautilus optimieren

Nautilus, so einfach er erscheint, bietet zahlreiche Nutzungsoptionen und Anpassungsmöglichkeiten. Unentbehrliche Tastenkombinationen sind

F9 zum Ein-und Ausblenden der Navigationsleiste

Strg-L zum Umschalten der Breadcrumb-Navigation auf die echte Pfadangabe

Strg-H zum Ein-und Ausblenden der versteckten Dateien.

Seine zahlreichen Hotkeys versammelt Nautilus unter „~/.config/nautilus/accels“. Diese Textdatei lässt sich bei Bedarf mit jedem Editor anpassen.

Unter den diversen Nautilus-Extensions (nautilus-sendto, nautilus-image-converter, nautilus-open-terminal, nautilus-compare, nautilus-wipe, nautilus-gtkhash, nautilus-share) ist mindestens die Terminal-Erweiterung zu empfehlen, die Sie wie alle anderen genannten Extensions am einfachsten mitles dem Befehl

sudo apt-get install nautilus-open-terminal

nachrüsten. Die Erweiterung ist nach einer Neuanmeldung aktiviert. Sie steht dann im Kontextmenü von Ordnern als zusätzlicher Eintrag „In Terminal öffnen“ zur Verfügung.

Die Navigationsleiste: Die nach F9 eingeblendete Leiste hat mit „Orte“, „Geräte“, „Lesezeichen“ und „Netzwerk“ meist zu viele Einträge. Statt mit Strg-D zusätzliche Lesezeichen (zu wichtigen Ordnern) anzuhäufen, hatten wir schon in Tipp 1 auf eine Alternative für einen schnellen Ordnerzugriff verwiesen. Die Standard-„Orte“ lassen sich auf Wunsch reduzieren, etwa wenn Sie „Dokumente“ oder „Bilder“ an ganz anderer Stelle ablegen: Editieren Sie dazu die Datei „~/.config/user-dirs.dirs“, und kommentieren Sie dort mit „#“ aus, was unnötig ist. Zusätzlich muss die Datei „/etc/xdg/user-dirs.defaults“ mit root-Recht editiert werden, wobei Sie dort die betreffenden Standards ebenfalls auskommentieren.

Nautilus-Actions: Das Werkzeug für engagierte Bastler.

Nautilus-Actions: Dieses Zusatz-Tool kann für jeden Dateityp oder für bestimmte Ordner das Kontextmenü (nach Rechtsklick) beliebig anpassen und erweitern. Mit

sudo apt-get install nautilus-actions

ist es schnell installiert und mit

nautilus-actions-config-tool

gestartet. Eine globale Option finden Sie unter „Bearbeiten -> Einstellungen“: Dort lässt sich ein „Basismenü“ für die selbst erstellten Optionen anlegen oder eben nicht. Das Basismenü fasst alle selbst erstellen Menüs unter „Nautilus-Actions“ zusammen, andernfalls stehen die zusätzlichen Optionen einzeln im Kontextmenü. Verwenden Sie zunächst nur die wichtigsten Registerkarten „Aktion“ und „Befehl“: Unter „Aktion“ muss „Eintrag im Auswahl-Kontextmenü anzeigen“ aktiviert und ein Name („Kontextbezeichner“) definiert sein. Unter „Befehl“ geben Sie den Programmnamen oder den kompletten Pfad zum gewünschten Programm ein, „Parameter“ sind je nach Programm sinnvoll bis notwendig.

Die Schaltfläche „Legende“ zeigt, welche Variablen das Tool weitergeben kann: Am wichtigsten sind „%d“ für einen rechtsgeklickten Ordner, „%f“ für eine Datei. Um etwa ein Terminal nach Rechtsklick am Dateiobjekt zu öffnen, genügt als Befehl „gnome-terminal“ und als Parameter „--working-directory=%d“. Das ist flexibler als die Erweiterung nautilus-open-terminal, weil es auch bei Dateien funktioniert. Im Feld „Arbeitsordner“ sollte die Variable „%d“ nie fehlen, da viele Programme die Arbeit sonst kommentarlos verweigern. Unter „Basisnamen“, „MIME-Typen“, „Ordner“ lassen sich die Kontextmenüs für bestimmte Dateiobjekte gezielt filtern: Wird für ein Menü etwa als Basisname „*.zip“ eingestellt, so erscheint die Menüoption nur bei Dateien mit dieser Endung. Die Abbildung unten zeigt am Desktop einen Programmstarter „System.desktop“, der im Kontextmenü eine Reihe zusätzlicher Programmaufrufe bereitstellt. Signal für Nautilus ist der Namensbestandteil „System.“, der unter „Basisnamen“ eingestellt ist.

(PC-Welt/ad)