Der Service muss stimmen

08.06.2001
Vereinbarungen zwischen Anbietern und Kunden reichen nicht aus, um die Qualität von IT-Diensten sicherzustellen. Das A und O sind eine gute Managementstrategie und vor allem geeignete Produkte zur Bestimmung der Dienstgüte.

Von: Berthold Wesseler

Unbestritten ist IT-Dienstleistung ein sehr komplexes Produkt, das das Zusammenwirken von Hardware-, Netzwerk- und Softwarekomponenten erfordert. Dementsprechend schwer fällt es dem Provider und den Kunden, die Qualität, die Kosten und den Nutzen eines Services zu beurteilen.

Abhilfe schaffen so genannte "Service Level Agreements" (SLA): Vereinbarungen, die festlegen, von welcher Art ein Dienst ist, welchen Umfang er hat und wie teuer er ist. Sie definieren auch die Vertragsstrafen, die ein Provider zahlen muss, wenn er den Vorgaben nicht entspricht. Zentrale Bestandteile der Service Level Agreements sind die Performance und die Verfügbarkeit eines Services.

Service-Level-Monitoring-Verfahren überwachen alle Faktoren, die die Qualität eines Dienstes bestimmen. Sie beziehen ihre Messdaten aus einer Vielzahl von Datenquellen, zum Beispiel SNMP-Agenten (Simple Network Management Protocol), Performance-Agenten und Ereignis- und Applikationsprotokolle. Die Crux liegt in der Vielzahl und Heteregonität dieser Messwerte, denn für aussagekräftige Reports und ein effizientes Service Level Management sind vergleichbare Daten unverzichtbar.

Speziell für das Service-Level-Management aus der Sicht des Anwenders sind einige Produkte auf dem Markt verfügbar; zum Beispiel das Programm " Firstsens Enterprise" von der Münchner Santix AG oder die Software "Infra XS" von Geyer und Weinig. Auch die Spezialisten des Performance-Management, allen voran Candle mit den Produktlinien "Omegamon" und "Command Center", Landmark Systems und SAS Institute entwickeln seit Jahren Lösungen für das Service Level Management. Neben den klassischen Performance-Experten arbeiten aber auch Hersteller aus dem Help-Desk-Umfeld wie Remedy und Peregrine oder die Software-Tester Mercury Interactive und Segue Systems auf dem Gebiet.

Allerdings sind spezielle Lösungen des Service Level Management nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Firmen brauchen vielmehr ein übergreifendes "Ende-zu-Ende-Management", das auch die Datensicherheit und Telefonnetze mit einschließt. Die wichtigsten Anbieter von Managementsoftware sind bisher solchen Anforderungen kaum gewachsen", diagnostizierten Peter Wöll und Urs Voigt vom Beratungsinstitut Arthur Andersen Technology Risk Consulting anlässlich der letzten Orbit-Messe. Die Integration von Security und WAN-Komponenten (WAN = Wide Area Network) steckt ihrer Meinung nach bei führenden Herstellern BMC, Computer Associates, IBM/Tivoli, Hewlett-Packard (HP) und Evidian (vormals Bullsoft) erst in den Anfängen.

Die aus Amdahl Software hervorgegangene Firma Fujitsu Softek hat ihr Frühwarn- und Überwachungssystem "Enview" im vergangenen Herbst mit Blick auf das Verfügbarkeits- und Service-Level-Management von Applikationen aller Art erweitert, zum Beispiel Legacy-Anwendungen, Client/Server- und Web-Applikationen. Enview 3.2 kann bis zu 125 so genannte Robots und 100 Monitore kontrollieren. Robots und Monitore messen kontinuierlich die Antwortzeiten von End-User-Transaktionen, die das Programm dem Administrator in Echtzeit grafisch anzeigt. Beim Überschreiten definierter Antwortzeiten schlägt die Software Alarm.

Als graue Eminenz des Marktes gilt die US-Firma Compuware. Ihre Software "Ecosystems" dient ebenfalls zum Management der Service Levels von Anwendungen im Unternehmen. Außerdem unterstützt sie Firmen beim Planen von Anwendungen und Betriebssystemen. Seit der Übernahme der Firma Optimal Systems hat Compuware auch eine umfassende Lösung für Netzwerkkomponenten im Programm.

Nicht nur Marktgrößen wie CA oder SAS Institute haben Werkzeuge für die "verursachungsgerechte Leistungsverrechnung" entwickelt. Auch Spezialisten wie die Value Added Software GmbH oder die Kölner Internet Online AG sind mit Billing-Programmen im Geschäft. "Ares" von Comlab deckt die wichtigsten Aufgaben vom IT-Accounting über die Qualitätskontrolle bis hin zum Controlling ab.

Tools erledigen die Abrechnung

Mit "Slam", dem in der "Qualiparc"-Suite von PS Soft integrierten SLA-Manager, bietet das Chemnitzer Beratungsunternehmen Uniware eine Client/Server- und Web-fähige Software an, die verschiedene Tools bündelt. Dienstleister verwalten damit ihre Serviceverträge und entwerfen Fragebögen, die den Wünschen der Kunden auf den Grund gehen sollen.

Die USU AG aus Möglingen will nach den Worten von Vorstand Klaus-Rüdiger Willer "das gesamte betriebswirtschaftliche, strategische und technische Wissen der Informationstechnik auf einer Plattform zusammenführen." Der Hersteller, der im Dezember den Produktbereich "Safir" von der Reutlinger ITM/Cristal-Unternehmensgruppe übernommen hat, will das Controlling-System "Valuecenter" um ein Infrastrukturmanagement ergänzen und zu einem "IT Knowledge Portal" ausbauen. Dieses Portal, so die Vision, liefert dann neben einer verursachergerechten Leistungsverrechnung ein Kabel- und Facility-Management, IT-Asset-Management-Systeme und eine Software-Asset-Mangement-Lösung.

Wenn es um IP-Services geht, haben Komponentenhersteller wie Cisco, Lucent, Nortel und Siemens einiges zu bieten. Auch kleine Pioniere versuchen, die Lücken im Angebot der Marktführer zu schließen. So hat Infovista seine Überwachsungs-Suite "Vista" um Plug-ins für IP-Dienste ergänzt: aktive Remote-Agenten, die Requests initiieren und Transaktionen simulieren, um den End-zu-End-Service realistisch zu messen.

Allot Communications hat Produkte entwickelt, die die Effizienz von Netzwerk- und Server-Ressourcen verbessern sollen. Unter anderem bietet Allot dazu regelgestützte Netzwerk-Management-Lösungen an. Ende des vergangenen Jahres wurde auch eine Quality-of-Service-Kontrolle für Internet Service Provider angekündigt. Neben einem virtuellen Bandbreiten-Management können die ISPs damit ihren Teilnehmern gestaffelte Services, Traffic-Garantien, Bandwidth-on-Demand und am Verbrauch orientierte Gebührenabrechnungen anbieten.

Wächter für das Enterprise Ressource Planning

Mit ähnlichen Tools drängen auch andere Hersteller auf den Markt. Wo die Ursache von stockenden Geschäftsprozessen im Netz des Providers liegt, bleibt dabei vielen verborgen. Nur dann, wenn auch die Anwendungssoftware selbst ein Management der SLAs unterstützt, herrscht Klarheit. Hier sind auch die ERP-Hersteller (Enterprise Ressource Planning) gefordert. Der Marktführer SAP beispielsweise hat bereits reagiert und für das Produkt R/3 Zusätze entwickelt: "Early Watch" zur technischen Systembeobachtung und "Value SAP", ein Framework, mit dessen Hilfe der Anwender die Parameter der R/3-Plattform ändern kann. Alternative Produkte stammen von den Firmen Syskoplan, Envive, Realtech und Luminate.

gen entspricht, und schlagen Alarm, wenn die Qualität absackt.

Einen primär an betriebswirtschaftlichen Prozessen orientierten Ansatz verfolgt dagegen IDS Scheer mit der Software "Process Performance Manager" (PPM). Diese ermittelt die Qualität typischer Abläufe im Unternehmen, zum Beispiel einer Bestellung. Das gleiche Ziel verfolgt der SAP-Spin-off Valuemark, allerdings mit einer anderen Methode: Benchmarking gibt Benutzern einen Hinweis darauf, wie gut oder schlecht bestimmte Prozesse im eigenen Haus ablaufen, gemessen am Durchschnitt der Anwender. Dazu werden nicht nur technische Parameter wie Laufzeiten und Bearbeitungsschritte erfasst, sondern auch berücksichtigt, was ein Prozess kostet. Rund 500 Kostenpunkte hat Valuemark in die Kalkulation aufgenommen. Daneben erfasst das Produkt die Key-Performance-Indikatoren eines Prozesses.

Zentrales Repository sammelt SLA-Daten

Künftig werden insbesondere Application Service Provider hinsichtlich Performance, Verfügbarkeit und vor allem Sicherheit immer höhere Anforderungen an ihre Systeme stellen. Diese lassen sich nur durch geeignete Systemmanagement-Strategie und entsprechende Produkte realisieren. Die heute erhältlichen Lösungen sind nach Einschätzung der Meta Group noch nicht ausgereift, sodass Unternehmen weiterhin auf individuelle Lösungen angewiesen sind.

Dabei wird die End-to-End-Betrachtung im Hinblick auf die Vereinbarung und Messung von Service Level Agreements zunehmend in den Mittelpunkt rücken. "Technisch hat dies zur Folge, dass der Trend in Richtung eines zentralen Repository für die Service-Level-Management-Daten geht", prognostiziert Geipel. "Dies ermöglicht dem Anwender, Geschäftsprozesse in Bezug auf Performance und Verfügbarkeit zu beurteilen." Laut Meta Group wird das zentrale Repository allerdings in der Praxis erst ab 2004 umgesetzt sein. Bis dahin wird man weiterhin Datensammlungen mehrerer Analyse-Tools verwenden müssen. (kpl)

Zur Person

Berthold Wesseler

ist freier Journalist in Brühl/Rheinland.