Business-Kommunikation im Zeitalter von Facebook, Twitter und Co.

Der E-Mail-Einsatz muss neu definiert werden

07.04.2016 von Joachim Haydecker
Die E-Mail bleibt trotz Social Networks und anderen neuen Tools ein wichtiger Teil der Zukunft - aber nur wenn der Einsatz neu definiert wird. Ansonsten wird E-Mail zu einer immer größeren Belastung für Unternehmen und ihre Mitarbeiter.

Die E-Mail hat - wenn man über sie spricht - einen schlechten Ruf. Die E-Mail umgibt uns in unserer täglichen Arbeit vollständig und ist mittlerweile für viele Anwender eine große Belastung. Kaum ein Gespräch über die tägliche Belastung im Arbeitsalltag lässt die E-Mail außen vor. Bevor Mitarbeiter dazu kommen, die eigentliche Arbeit zu bewältigen, müssen sie sich erstmal durch die Inbox und der unendlichen Anzahl oftmals unnötiger, vermeintlich wichtiger Mails und den tatsächlich relevanten Nachrichten kämpfen.

Die E-Mail umgibt uns zwar in unserer täglichen Arbeit vollständig, doch für viele Anwender ist sie keine Hilfe mehr, sondern nur noch Belastung.
Foto: TZIDO SUN/Shutterstock.com

Der persönliche Mehrkampf am morgendlichen Desktop sieht bei vielen Büroarbeitern wie folgt aus: lesen, lesen und nochmals lesen - egal ob die Nachricht zum jetzigen Zeitpunkt wichtig ist oder nicht. Danach geht es weiter mit löschen, beantworten, wegsortieren, weiterleiten, zurückstellen, Kopf schütteln, auf ungelesen setzen, nachfragen, Verteiler aufblähen oder reduzieren, Anhänge suchen, dazwischen noch ein wenig E-Mail-Ping-Pong spielen etc.

Um den alltägliche E-Mail-Berg nicht zu groß werden zu lassen, hat die Computerindustrie Mail-Verfolgungsgeräte mit Telefonfunktion in Taschenformat entwickelt - sprich Smartphones, damit auch die Zeit in Meetings, in der U-Bahn, auf dem Sofa und in der Kneipe genutzt werden kann. Und schaffen es die Mitarbeiter in einem Unternehmen nicht, den Berg zu bewältigen, dann wird der Mail-Server nach Dienstschluss für alle abgeschaltet - egal was noch ansteht.

Schnell sind sie da, die guten Vorsätze: Weniger Sofa, mehr Sport! Weniger Schokolade, mehr Obst! Weniger rauchen, mehr …! Nein, dieser Vergleich passt im Gegensatz zu den beiden anderen nicht. Denn bei der E-Mail geht es nicht darum, sie komplett abzuschaffen, sondern sie auf ein gesundes Maß zurückzuführen. Im direkten Vergleich mit dem Rauchen, wo es keinerlei Gründe dafür gibt, hat die E-Mail nach wie vor ihre Aufgabe und eine große Bandbreite an Einsatzszenarien. Selbst im Zeitalter von Social Networks und einer großen Vielfalt an Collaboration-Plattformen kann auf die Mail nicht verzichtet werden. Aber nur, wenn ihr Einsatz neu definiert wird.

Über 30 Jahre im E-Mail in Deutschland

Zeitgleich mit der Vernetzung der Personal Computer nahm die E-Mail ihren Siegeszug auf. Die neunziger Jahre waren geprägt vom Wettkampf der E-Mail-Softwareanbieter. 20 Millionen Lizenzen der eine, schon folgte der nächste mit 30, dann 40 und so fort.

Heute nutzen Schätzungsweise nach wie vor vier Fünftel der deutschen Bevölkerung aktiv die E-Mail für den Austausch von Informationen. Auch wenn die Kurve sich mittlerweile abflacht, gibt es eine leichte Steigerung bei der Mail-Nutzung.

Die E-Mail verbreitete sich in einer Zeit, wo es vergleichsweise wenig Alternativen gab: Telex, Fax, Brief, Telefonat und das persönliche Gespräch hießen die Alternativen. Sie war das Werkzeug mit dem größten Komfort und Geschwindigkeitsgewinn: Vom Arbeitsplatz aus konnten in Sekundenschnelle Nachrichten innerhalb und außerhalb des Unternehmens verschickt werden. Bald ließen sich auch formatierte E-Mails schreiben, Dateianhänge und Signaturen mitschicken. Nur eines hat sich jedoch bis heute nicht durchgesetzt, obwohl es auch schon sehr lange möglich ist: die Verschlüsselung. Sie war für die Anwender zu kompliziert in der Anwendung und trotz der Skandale der letzten Jahre fehlt noch immer das notwendige Bewusstsein, Nachrichten vor fremden Augen zu schützen.

Neue Anwendungen konnten die E-Mail nicht vom Thron stürzen

Seit ungefähr 10 Jahren versuchen die Social Networks in vielfältiger Art eine neue Form der Kommunikation zu etablieren. Innerhalb und außerhalb der Unternehmen, im privaten wie im geschäftlichen Bereich sowie in der Cloud oder OnPremise wurde eine Vielzahl von Angeboten entwickelt. Allerdings haben es diese Plattformen in vergleichsweise wenigen Unternehmen geschafft, ein tägliches und vor allem unverzichtbares Werkzeug zu werden.

Trotz neuer Kommunikationswege wie Social Networks konnte die E-Mail ihre Stellung behaupten.
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Noch immer wird lieber schnell eine E-Mail geschrieben anstatt sich zu überlegen, ob die E-Mail überhaupt der richtige Weg ist:

• Ist die Nachricht tatsächlich nur für den ausgewählten Adressatenbereich gedacht?

• Muss die Nachricht archiviert werden?

• Ist die Information nur für Kollegen aus dem eigenen Unternehmen interessant oder sind auch externe involviert?

• Muss der Dateianhang tatsächlich verschickt werden?

• Wird eine Antwort erwartet?

• Wie oft wurde diese Mail mit diesem Inhalt (z.B. einer Anfrage) schon verschickt?

Die List obiger Fragen ließe sich noch lange fortsetzen. Gleichzeitig zeigt sie, warum Unternehmen sich die Arbeit machen sollten, um gemeinsam Spielregeln zu definieren, wann welches Werkzeug zum Einsatz kommt. Das wird nicht immer zu 100 Prozent passen, aber es hilft jedem Mitarbeiter die tägliche Arbeitsbelastung für sich und die Kollegen zu reduzieren. Jede Störung reißt einen Mitarbeiter für drei bis zehn Minuten und manchmal auch mehr aus der aktuellen Arbeit heraus.

Vor- und Nachteile der E-Mail

Die E-Mail ist zu einem unersetzlichen Werkzeug am Arbeitsplatz geworden. Die Auswahl der folgenden Punkte ist nicht vollständig und wurde vor allem aus kommunikativer beziehungsweise aus Anwendersicht gewählt. Die Liste beschreibt, wo die E-Mail auch in Zukunft ihren sinnvollen Einsatz finden kann und wo man sich besser über Alternativen Gedanken machen sollte:

Vorteile:

Nachteile

Herausforderungen für die Zukunft

Entwicklung eines Unternehmens-spezifischen Orientierungsleitfadens mit Erklärung gemeinsam mit den Anwendern
Foto: Joachim Hydacker

Aus technischer Sicht gibt es noch mehr Gründe, die für den langfristigen Einsatz der E-Mail sprechen. Im Gegensatz zu fast allen anderen Plattformen basiert die E-Mail-Technologie auf offenen und Hersteller-unabhängigen Standards. In den vergangenen Jahren gab es eine große Anzahl am unterschiedlichen Client- und Server-Anwendungen. Heute sind nur noch wenige Anbieter auf dem Markt. Für Unternehmen bedeutete das oft, dass sie ihre Anwender auf eine neue Infrastruktur bringen mussten. Mitunter ist das ein aufwendiger Prozess, aber meist machbar. Mit den Social Network-Plattformen ist das kaum machbar und wenn, dann nur mit großen Verlusten an Daten und Strukturen.

Ein weiterer Pluspunkt ist das E-Mail Backend, auch wenn es kein attraktives Thema für das Management ist. Die E-Mail muss funktionieren, so wie sie es schon immer tut. Aber in Zeiten von OnPremise und Cloud, neuen Anforderungen an Sicherheit und Zuverlässigkeit sowie der Entwicklung neuer Einsatzszenarien (etwa die Verbindung mit Social Networks, Einbindung in die IoT-Welt) gibt es immer wieder neue Aufgabenstellungen, die die IT lösen muss. Dafür wird ein stabiles Backend benötigt.

Allerdings müssen sich die Unternehmen auch einigen Herausforderungen stellen, wenn sie vermeiden wollen, dass der Informationsaustausch per E-Mail immer mehr Aufwand erfordert:

E-Mail ist nur noch ein Werkzeug für den Austausch von Informationen unter vielen!

Keine Schulungen mehr, sondern individuelle Anwendungskonzepte

Die E-Mail bleibt ein wichtiger Teil der Zukunft, aber nur wenn der Einsatz neu definiert wird