Datenberge in den Griff bekommen

16.06.2000
In drei Jahren wird sich die Kapazität der Massenspeicher, für die ein IT-Manager verantwortlich ist, verfünffachen. Dafür verantwortlich sind unter anderem Intra- und Extranets, E-Business, E-Mail und Multimedia-Anwendungen. Mit Network Attached Storages, kurz NAS, lassen sich diese Datenmengen sichern und den Anwendern zur Verfügung stellen.

Von: Arno Glompner, Bernd Reder

Wird einem Unternehmensnetz die Speicherkapazität knapp, lösen viele DV-Verantwortliche das Problem, indem sie einen weiteren beziehungsweise größeren File-Server anschaffen. Sie übersehen dabei, dass es durchaus Alternativen gibt, beispielweise NAS-Server. Diese Geräte sind im Gegensatz zu einem "Mehrzweck-System", das gleichzeitig als File-, Mail- und Web-Server dient, für die Speicherverwaltung optimiert. Je nach Größe und Einsatzgebiet sind Network Attached Storages entweder mit Standardprozessoren, etwa Pentium III beziehungsweise Alpha, oder Risc-CPUs bestückt. Hinzu kommen LAN-Schnittstellen (Ethernet, FDDI, Gigabit-Ethernet) und Interfaces für SCSI, RAID, Fibre Channel und Weitverkehrsnetze. NAS-Filer laufen unter speziellen Betriebssystemen, die für hohe Datenraten ausgelegt sind.

Als Konkurrenten von NAS gelten "Storage Area Networks" (SANs). Ein SAN ist ein spezielles Highspeed-Netz, häufig auf Basis des Fibre Channel (FC), das Massenspeicher mit dem Backend des Servers verbindet. Als Protokoll findet "Encapsulated SCSI" Verwendung, und zur Verbindung der Speichersysteme dienen Escon-, "Serial-Storage-Architecture"-(SSA) und SCSI-Topologien. Das Filesystem liegt auf dem zentralen Server, und nicht wie bei einem NAS auf einem eigenen Gerät. SAN-Lösungen sichern mit wesentlich höherer Geschwindigkeit, sind dafür aber schwieriger in die heterogene Infrastruktur zu integrieren, weil der zentrale Server mit genutzt wird. NAS-Lösungen unterstützen heterogene Plattformen und nutzen die vorhandene Interconnect-Infrastruktur. Sie arbeiten unabhängig vom Server.

Die Grundidee eines Netzwerk-Storage-Systems ist, den Daten- vom Anwendungsserver zu trennen. Das hat folgende Vorteile:

-Dank der zentralen Datenhaltung ist es einfacher, die Informationen zu verwalten.

-Die Fehlertoleranz des Systems (Fault Tolerance) ist höher.

-Das System lässt sich besser skalieren.

Skalierbarkeit und einfache Administration

NAS-Architekturen sind so konzipiert, dass sie die Leistungsfähigkeit von Applikationen erhöhen und den Anwendern den Zugriff auf Daten in heterogenen Umgebungen ermöglichen. Der Systemverwalter wiederum kann mit ihrer Hilfe die Speicher mehrerer Desktops und Server zu einem zentral verwalteten Datenpool vereinen. Verwaltet werden NAS mit Hilfe von Web-Browsern.

Ein wichtiger Punkt ist die Skalierbarkeit einer Massenspeicherlösung. In dieser Hinsicht sind Network Attached Storages sehr flexibel. Sie decken einen breiten Bereich ab, vom Lowend mit 50 Clients bis hin zum unternehmensweiten Netz mit mehreren tausend Stationen. Vor allem für kleine und mittlere Unternehmen ist diese Technik interessant, weil diese in der Regel über weniger IT-Experten verfügen. Bei NAS-Lösungen ist es im Gegensatz zu konventionellen Systemen nicht nötig, den Administrator auf kostspielige Schulungen zu schicken. Diesen Faktor, ebenso wie den geringen Wartungsaufwand, sollte der IT-Fachmann bei der Anschaffung eines Speichersystems berücksichtigen.

NAS-Lösungen bieten dem Anwender mehrere Optionen, um Daten zu sichern. Dank des integrierten SCSI-Controllers kann er beispielsweise jederzeit ein lokales Backup durchführen. Die entsprechende Software ist auf den Systemen bereits vorhanden und muss nicht auf einem Applikations-Server installiert werden.

Mehrere Optionen zur Sicherung von Daten

Der Backup-Vorgang lässt sich auch über das Netzwerk durchführen, mit einer separaten Netzwerkkarte sogar über ein eigenes "Backup-Netz". Das Unternehmensnetz bleibt dann vom Datensicherungsvorgang unberührt, so dass den Anwendungen stets die volle Bandbreite zur Verfügung steht. Neben Single Drives und Autoloadern unterstützen NAS-Lösungen auch das "Network Data Management Protocol" (NDMP).

Besonders hervorzuheben ist der Aspekt Ausfallsicherheit. Diese ist bei Network Attached Storages sehr hoch, weil alle Controller, Stromversorgungen, Netzwerkkarten und andere Komponenten fehlertolerant ausgelegt sind und sich im laufenden Betrieb austauschen lassen, sprich "hot swappable" sind.

Klassische Adressaten von NAS-Lösungen sind mittlere Unternehmen mit 50 bis maximal 500 Clients, die datenintensive Anwendungen wie CAD/CAM, Bildbearbeitung oder Applikationen aus dem E-Business-Umfeld einsetzen. Hinzu kommen Serviceprovider, die Hosting-Dienste anbieten, etwa für E-Mail-, Web- und Applikationsserver, außerdem Banken, Versicherungen und im Gesundheitswesen tätige Unternehmen. Auch in diesen Bereichen sind große Datenmengen zu verwalten und zu sichern.

Sicheres File-System verhindert Datenfehler

Das im NAS-Bereich weit verbreitete "Journaling File System" (JFS) stellt als Ableger aus der Unix-Welt eine sichere Filestruktur für die Spiegelung von Daten zur Verfügung. Das JFS läuft auf jeder Plattform und ist damit nicht an ein Betriebssystem gebunden. Das Schreiben und Lesen der Daten erfolgt blockweise; nach jedem Block wird der Client darüber informiert, ob der Schreib-/Lesevorgang erfolgreich verlief. Der Anwender kann also jederzeit sehen, wo welcher Datensatz beziehungsweise Block abgespeichert ist. Außerdem lässt sich der Schreibvorgang wiederholen, so dass das Filesystem auch durch eine Unterbrechung des Vorganges nicht verändert wird. Dank dieser Vorgehensweise sind die Daten nahezu immer konsistent und es gibt keine querverbundenen Files. Bei FAT-Systemen kommt es dagegen durch Crosslinks häufiger zu Fehlern in der File Allocation Table.

Damit sich Daten einfacher und schneller sichern beziehungsweise wieder einspielen lassen, haben viele NAS-Hersteller das JFS erweitert. Procom beispielsweise integrierte in das Betriebssystem seiner NAS-Systeme ein Feature namens "Checkpoint". Es erstellt automatisch bis zu 16-Mal am Tag eine exakte Kopie des File-Systems. Dadurch es möglich, beschädigte Daten durch eine Kopie von den Festplatten des NAS-Servers zu ersetzen oder versehentlich gelöschte Informationen zurückzusichern.

Selbst Files, die gerade benutzt werden, lassen sich sichern. Ein "Checkpoint Controller" kontrolliert die Checkpoints und prüft, wann die Kapazität des NAS-Servers erschöpft ist. Sind die Festplatten zu 95 Prozent belegt, werden die ältesten Backups wieder gelöscht, natürlich nach vorheriger Sicherheitsabfrage. Bei 90 Prozent Belegung werden keine neuen Checkpoints mehr zugelassen.

Der Vorteil dieser Lösung liegt darin, dass jederzeit mehrere Versionen der Daten in einer linearen zeitlichen Reihenfolge vorliegen. Ein Nachteil ist der große Bedarf an Speicherplatz. Bei einer Datenmenge von 1 GByte sind beispielsweise nach dem "Checkpoint"-Sicherungslauf 2 GByte auf dem RAID-System belegt. Bei den Festplattenkapazitäten, über die NAS-Server mittlerweile verfügen, dürfte dies aber kein Problem darstellen. Ähnliche Lösungen wie Procom bieten beispielsweise Network Appliance und Dell mit "Snapshot" und "Snaprestore" an.

Marktpotenzial steigt bis 2003 auf sieben Milliarden Dollar

Neben RAID-Lösungen sind bei Network Attached Storage auch CD-/DVD-ROM-Server im Einsatz. Durch CD-ROM-Server werden im Netzwerk die Inhalte von Installations-, Programm- oder Multimedia-CDs auf einem RAID-System gespeichert und den Clients zur Verfügung gestellt. Neben einer Erweiterung der Speicherkapazitäten für Daten im LAN können NAS also auch Anwendungen auf CD oder DVD im Netz sichern beziehungsweise bereitstellen.

Network Attached Storages bieten damit dem Anwender viele Vorteile bei akzeptablen Schwächen, vor allem dann, wenn die niedrigen Anschaffungskosten und die einfache Installation und Wartung in Betracht gezogen werden. Aus diesen Gründen sind NAS-Systeme zunehmend gefragt. Nach Einschätzung des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens IDC zählen Network Attached Storages zu den zukunftsträchtigsten Arten von Speichersystemen. Zu den führenden Anbietern in diesem Marktsegment zählen Procom, Network Appliance und Auspex.

Die Experten der International Data Corporation gehen davon aus, dass der Weltmarkt für NAS-Systeme bis 2003 kräftig anwachsen wird, und zwar von etwa 1,8 Milliarden Dollar in diesem Jahr auf rund sieben Milliarden Dollar. Die Analysten betrachten dabei NAS nicht als Konkurrenten von Storage Area Networks. Ihrer Ansicht nach sind Network Attached Storages eine ergänzende Lösung, die sich für die Konsolidierung von großen Datenbeständen eignet.

Etwas konservativere Zahlen hat die Cahner’s In-Stat Group vorgelegt. Sie taxiert den gesamten Network-Storage-Markt, also SANs und NAS zusammengenommen, in diesem Jahr auf etwa zwei Milliarden Dollar. Bis 2004 soll das Volumen weltweit bis auf zehn Milliarden Dollar anwachsen, wobei beide Techniken in gleichem Maße zur positiven Entwicklung beitragen.