Daten per Live-CD von Windows-Rechnern retten

06.02.2006 von Jürgen Donauer
Dass sich ein Windows-Rechner nicht mehr starten lässt, muss nicht zwingend heißen, dass die Festplatte defekt ist. Vor einem Rettungsversuch sollte man jedoch die Daten von dem gecrashten System zu retten.

Mit einer Linux-Live-CD, wie WHAX, ist es problemlos möglich, Zugriff auf die Harddisc von Windows-Rechnern zu erlangen. Darüber hinaus beinhalten viele Live-CDs sinnvolle Utilities, um die wichtigen Daten über das Netzwerk zu sichern. WHAX bindet bei Systemstart vorhandene NTFS-Laufwerke automatisch ein, und Sie haben Lesezugriff darauf.

Nachdem Sie Zugriff auf das zu rettende Dateisystem erlangt haben, führen einige Wege nach Rom, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Befindet sich der Rechner nicht in einem Netzwerk, ist es wohl am einfachsten, ein USB-Speichergerät an das System zu hängen und darauf zu sichern. Eleganter und komfortabler ist es allerdings innerhalb eines Netzwerks. Möchten Sie die Daten auf ein anderes Unix-Derivat sichern, bieten sich rsync und scp an. Wie Sie mit rsync umgehen, können Sie in dem Artikel „Automatische Backups mit Linux“ nachlesen.

Sicherung mittels SCP (Secure Copy)

scp zu bedienen, ist denkbar einfach. Dieses Tool arbeitet an sich wie rcp. Der Unterschied ist, dass es eng an ssh gekoppelt ist und der Datentransfer somit verschlüsselt abläuft. Das bedeutet, auf dem anderen System muss ein ssh-Server laufen, sonst ist kein Kopieren möglich. Alle gängigen Distributionen liefern diesen aber mit, und er ist oftmals in der Standardinstallation enthalten.

Die Benutzung von scp geschieht immer nach dem Schema

scp <options> <Quelle> <Ziel>

genauer genommen

scp <options> user1@host1:/Quelle/ user2@host2:/Ziel/

Sie möchten zum Beispiel alle Daten aus dem Verzeichnis

C:\Documents and Settings\tecchannel

via scp auf ein anderes System sichern, auf dem ein User backup Schreibrechte im Verzeichnis /tmp/ hat:

scp -r /mnt/hda1/Documents\ and\ Settings/tecchannel/ backup@192.168.71.129:/tmp/

Wahrscheinlich müssen Sie einmal den ssh-Schlüssel mit einem yes bestätigen, sonst verwehrt Ihnen der ssh-Server des Zielsystems den Zugriff.

Die wichtigsten Schalter von scp im Überblick

Option

Bedeutung

-1

zwingt scp, ssh-Protokoll 1 zu benutzen

-2

zwingt scp, ssh-Protokoll 1 zu benutzen.

-4

erlaubt scp, nur IPv4-Adressen zu benutzen.

-6

erlaubt scp, nur IPv6-Adressen zu benutzen.

-C

Kompression für ssh-Protokoll 1 aktivieren.

-l

legt die maximal erlaubte Bandbreite in Kbit/s fest.

-P

gibt den zu benutzenden Port an, sollte der Server nicht auf dem Standardport 22 laufen.

-r

komplette Verzeichnisse rekursiv kopieren.

Sicherung auf einen Samba- oder Windows-Server

Befindet sich der zu sichernde Rechner in einem Netzwerk, so steht mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Samba- oder Windows-Server zur Verfügung. Nun gibt es auch hier mehrere Möglichkeiten. Sehr einfach ist es, Konqueror zu benutzen. Statt einer üblichen URL fangen Sie die Zeile mit smb:// an. Anschließend folgen Name oder IP-Adresse und der Share des Servers. Das sieht zum Beispiel so aus:

smb://server/tecchannel/

Existiert der Share tecchannel auf dem Rechner namens server, fragt das System nach User-Namen und Passwort. Danach können Sie mit Drag-and-Drop Daten auf diesen Share kopieren.

Der Nachteil an dieser Vorgehensweise ist, dass Konqueror Laufwerke nicht dauerhaft einbindet. WHAX stellt hierfür ein anderes grafisches Tool zur Verfügung, das sich einfach bedienen lässt – Smb4K.

Grafisches Mounten mit Smb4K

Smb4K zu bedienen, ist denkbar einfach. Sie finden es direkt unter Utilities. Nach Aufruf des Programms sucht es nach vorhandenen Domänen, Arbeitsgruppen und Workstations. Sobald Sie den Rechner gefunden haben, auf den Sie sichern wollen, genügt ein einfacher Klick darauf. Danach fordert Sie die Software auf, User-Name und Passwort für den Ziel-Host einzugeben. Nun listet Smb4K alle vorhandenen Shares auf diesem System auf. Ein weiterer Einfach-Klick mountet Ihnen die Freigabe standardmäßig nach

/<user homedirectory>/Smb4K/<Rechnername>/<Share>

und Sie können dies behandeln, als wäre es ein lokales Verzeichnis. Gefällt Ihnen der Mountpoint nicht, lässt sich dies in den Settings umstellen.

Verwenden Sie einige Laufwerke sehr häufig, ist die Bookmark-Option der Software hilfreich. Das macht allerdings nur Sinn, wenn das grafische Mount-Programm in einer fest installierten Distribution läuft oder die Einstellungen des Live-Users fest gespeichert sind.

Unter Settings – Configure Smb4K haben Sie weiterhin die Möglichkeit, einen Master-Browser einzutragen. Befindet sich ein solcher in Ihrem Netzwerk, ist diese Option sicher sinnvoll. Unter diesem Menüpunkt können Sie auch ein Default-Login oder bestimmte User für bestimmte Shares festlegen. Das Default-Login wird immer dann benutzt, wenn nichts für eine bestimmte Vorgabe hinterlegt ist.

Manuelles Mounten per Kommandozeile

WHAX startet per Default in einem nicht grafischen Modus. Um einen Samba- oder Windows-Share zu mounten, brauchen Sie auch nicht zwingend X zu starten. Allerdings müssen Sie in den meisten Fällen die IP-Adresse des Ziel-Hosts wissen. Da sich IP-Adressen aber schlechter merken lassen als Namen, gibt es hierfür ein Helferlein namens nmblookup. In den meisten Fällen reicht es,

nmblookup <Rechnername>

einzutippen, um die gewünschte IP-Adresse herauszufinden. Das Tool bietet zusätzlich einige Optionen, um zum Beispiel Broadcast-Adresse oder Workgroup-Namen anzugeben. Genaueres hierzu finden Sie in den manpages - man nmblookup. Danach binden Sie das Laufwerk ganz normal mittels mount-Befehl ein:

mount –t smbfs –o username=<Samba-/Windows-User>,uid=<lokaler Uer, der Rechte auf dieses Verzeichnis erhält> //<IP-Adresse des Zielhost>/Share /<Mountpoint>

Ist dies erledigt, können Sie mit den üblichen Bordmitteln Daten in dieses Verzeichnis kopieren.

Fazit

Solange die Festplatte intakt ist, bekommen Sie mit einer der beschriebenen Methoden die Daten mit hundertprozentiger Sicherheit an einen anderen Ort. Sind die zu sichernden Dateien erst einmal lesbar, gibt es sehr viele Möglichkeiten, diese auf ein anderes Medium wegzusichern.

Die hier beschriebenen Vorgehensweisen sind aus Erfahrung allerdings am leichtesten zu bewerkstelligen. Gerade Smb4K macht den Backup-Vorgang auf einen Samba- oder Windows-Rechner zu einem Kinderspiel. (jdo/mha)