Daten gehen eigene Wege

21.01.2000
"Storage Area Networks", kurz SANs, sind gegenwärtig in aller Munde. Die meisten dieser Speichernetze verwenden den Fibre Channel als Transportmedium. Jürgen Haekel, Bernd Reder

Die Erfahrungen in Großrechnerumgebungen belegen, dass ein Storage-Netz die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit einer IT-Infrastruktur verbessert. Das gilt für die Zugriffszeiten und die Verfügbarkeit der Informationen. Lange Zeit war es jedoch weder technisch machbar noch erforderlich, diese Architektur auf Client-Server-Umgebungen zu übertragen. Das änderte sich, als die Datenmengen explosionsartig zunahmen. Der Vorteil, nämlich Ressourcen dort bereitzustellen, wo sie gebraucht wurden, entwickelte sich zum Bumerang: Die Verwaltung des Netzes wurde komplizierter, und der Transfer großer Datenmengen "fraß" immer mehr Netzwerk-Bandbreite. Aus dieser Situation heraus entstand die Idee, Server und Massenspeicher mit Hilfe von SANs zu konsolidieren.

Für ein SAN kommen mehrere Netzwerktechniken in Frage: neben dem Escon-Channel auch SCSI, das "High Performance Parallel Interface" (Hippi) oder die "Serial Storage Architecture" (SSA). Die meisten SANs nutzen jedoch den Fibre Channel (FC). "Die Vorteile der Fibre-Channel-Technologie sind nicht von der Hand zu weisen. Sie wird deshalb immer mehr zur Storage-Architektur des 21. Jahrhunderts", so die Einschätzung von Wolfgang Schallhorn, Geschäftsführer des Systemhauses Cope GmbH aus Olching bei München, das sich auf Lösungen für das Speichern großer Datenmengen spezialisiert hat. Zur Auswahl stehen beim Fibre Channel drei Architekturen:

-die Fabric-Struktur,

-die "Arbitrated Loop" und

-die Point-to-Point-Topologie.

Alle drei bieten Durchsatzraten bis 200 MByte/s im Vollduplex-Betrieb und arbeiten mit Kupfer- und Glasfaserverkabelung. In SANs spielt die Punkt-zu-Punkt-Verbindung zwischen zwei Systemen kaum eine Rolle. Wichtiger sind die "Fibre Channel Arbitrated Loop"- und die "Switched Fabric"-Topologie. Am weitesten verbreitet ist gegenwärtig die Arbitrated Loop (FC-AL). Bei FC-AL lassen sich pro Schleife (Loop) bis zu 127 Nodes anschließen. Einer von ihnen kann mit einer "Switched Fabric" verbunden werden. In der Praxis sollte eine Loop allerdings nicht mehr als 50 bis 60 Nodes enthalten. Dazu zählen alle aktiven Komponenten, beispielsweise Festplatten, Hubs und Host-Bus-Adapter. Jedes Element muss über einen "nl_port" (Node Loop Port) verfügen.

Ähnlich wie in Token-Ring-LANs kann in einer AL nur ein Gerät zur selben Zeit aktiv sein. Die maximale Bandbreite beträgt innerhalb einer FC-AL 100 MByte/s, die sich die angeschlossenen Systeme teilen müssen. Das kann die Performance beeinträchtigen, etwa dann, wenn mehrere Server auf dasselbe Massenspeichersystem zugreifen. Ein weiteres Manko sind die unzureichenden Sicherheitsfunktionen: Jeder Node kann die anderen Teilnehmer einer Loop "sehen".

Um FC-AL für Storage Area Networks tauglich zu machen, waren einige Änderungen notwendig. So kommt LUN-Masking (LUN = Logical Unit Number) zum Einsatz. Dieses Verfahren verhindert, dass ein Knoten die Ressourcen anderer Nodes "anzapfen" kann. Für ein weiteres Problem ist nicht primär FC-AL verantwortlich, sondern das zugrunde liegende SCSI-Protokoll: Es "kennt" kein Sharing, das heißt es geht davon aus, dass alle Geräte am Bus zu einem bestimmten Host gehören.

Die dritte Lösung ist der Einsatz von Fibre-Channel-Switches. An sie werden die Nodes angeschlossen. Für jede Verbindung zum Switch steht dann eine Bandbreite von 100 MByte/s zur Verfügung. Bei der Switched-Fabric-Topologie werden sowohl f_ports als auch n_ports verwendet. Innerhalb eines Fabric-Netzes können bis zu 16 Millionen Nodes adressiert werden. Zu den Stärken der Fabric-Topologie zählen die integrierten Sicherheitsfunktionen. Der Systemverwalter kann exakt definieren, welcher Node auf welchen anderen Knoten zugreifen darf. Allerdings ist die Fabric-Topologie noch nicht weit verbreitet. Ein Grund dafür ist der Preis für die Switches: Sie kosten etwa das Sechsfache dessen, was der Anwender für einen Fibre-Channel-Hub veranschlagen muss, der in FC-AL-Topologien Verwendung findet. "Obwohl die meisten Anwender bis dato mit FC-AL arbeiten, ist es nur eine Frage der Zeit bis die Fabric-Topologie vermehrt eingesetzt wird und größere SANs realisiert werden können", räumt Wolfgang Schallhorn jedoch der Switched-Fabric-Lösung gute Chancen ein.

Einsatzgebiete von FC-Arbitrated Loop

Ein Feld, auf dem FC-AL seine Vorteile ausspielen kann, sind SANs in Verbindung mit Clustern und Fail-over-Lösungen (siehe Bild 1). Vier Rechner sind hier zu einem Cluster verbunden. Jeder Rechner hat Zugriff auf die angeschlossenen Storage-Systeme. Dank der zwei Loops steht eine gemeinsame Bandbreite von 200 MByte/s zur Verfügung. In dieser Konfiguration ist die mangelhafte Sicherheit des FC-AL kein Problem. Im Gegenteil: Innerhalb eines Clusters muss jeder Rechner auch auf die Ressourcen der anderen Systeme zugreifen können.

Im Bereich der Datensicherung wird FC-AL vor allem dazu genutzt, um sogenannte LAN-Free-Backup-Lösungen aufzubauen. Bei einer normalen Datensicherung werden die Daten des zu sichernden Rechners über das Netzwerk zum Backup-Server übertragen. Das Netzwerk entwickelt sich in diesem Fall zum Engpass, selbst dann, wenn die Sicherung in Zeiten mit geringer Auslastung des LAN oder Weitverkehrsnetzes gefahren wird, beispielsweise in der Nacht.

Mit Hilfe des Fibre Channel lassen sich die Daten auf einem anderen Weg zum zentralen Backup-Server übermitteln. Eine solche Lösung zeigt Bild 2. Dort sind verschiedene Rechner via Fibre Channel an eine gemeinsame Library angeschlossen. Da es zur Zeit noch keine Library oder Tape-Laufwerke mit direktem FC-Anschluss gibt, muss ein FC-to-SCSI-Router eingesetzt werden. Ein Vorteil der Lösung ist die hohe Bandbreite des FC-AL von 100 MByte/s. Bei dieser Konfiguration wird ein SCSI-Protokoll eingesetzt. Daher müssen bei der Konfiguration einige wichtige Punkte beachtet werden, etwa die Ansteuerung der Tape-Laufwerke.

Bei einer anderen Variante des LAN-Free-Backup kommt nicht SCSI, sondern TCP/IP zum Zuge. Das Resultat ist ein extrem schnelles Backup-Netz. Bei dieser Lösung gibt es auch keine Probleme bei der Library-Ansteuerung, da diese durch den Backup-Server verwaltet wird. Ein drittes Anwendungsgebiet ist die Sicherung von Daten über größere Entfernungen hinweg ("Remote Backup"). Wird eine Fibre-Channel-Verbindung mit Monomode-Glasfaserkabeln eingesetzt, darf eine Tape-Library bis zu zehn Kilometer entfernt vom Backup-Server stehen. Bei Bedarf kann der Anwender zudem ein ATM-Gateway verwenden. Damit lassen sich sogar Distanzen von mehreren hundert Kilometern überbrücken.

Zur Person

Jürgen Haekel

ist als Fachjournalist in München tätig.