Das Zweite setzt auf MPLS

07.02.2003
Kostengünstig und zuverlässig - so sollte das Netz sein, mit dem das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) seine Auslandstudios an die Mainzer Zentrale anbinden wollte. Der Sender entschied sich schließlich für ein Virtuelles Privates Netz (VPN) auf Basis von Multiprotocol Label Switching (MPLS). Leistung und Flexibilität überzeugen, wie der Härtetest während der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Korea zeigte.

Von: Dr. Thomas Hafen

Paris, London, New York - überall, wo das Zweite Deutsche Fernsehen Auslandsstudios betreibt, besteht ein hoher Kommunikationsbedarf mit der Mainzer Zentrale. Schließlich müssen die Korrespondenten ihre Beiträge pünktlich über das Netz versenden. Dies stieß jedoch früher häufig auf Schwierigkeiten. "Wir waren mit der Leistung und dem Servicemanagement unseres Providers sehr unzufrieden", sagt Uwe Metzroth, Teamchef Netzwerktechnik beim ZDF. Netzausfälle hätten sich zum Teil über Tage hingezogen, erinnert er sich. Aufgrund einer inhomogenen Netzstruktur und vieler Subunternehmer sei eine schnelle Problemlösung kaum möglich gewesen. Wegen dieser Mängel begab sich der Sender im September 2001 auf die Suche nach einem neuen Partner. Die Anforderungen waren schnell definiert: Neun Auslandsstudios sollten kostengünstig und zuverlässig mit der Mainzer Zentrale kommunizieren können. Für mobile Mitarbeiter sollte ein Remote Access zur Verfügung stehen. Das ZDF wollte außerdem in die IP-Telefonie einsteigen. Deshalb kam nur eine priorisierbare Lösung mit Quality-of-Service-Garantien infrage. Nach den schlechten Erfahrungen war außerdem klar, dass der neue Provider in der Lage sein musste, ein homogenes, stabiles Netz anzubieten und plausibel machen konnte, dass er Service Level Agreements auch einhalten würde.

Gleiche SLAs für alle Standorte

Den Zuschlag erhielt schließlich Global One - heute ein Teil der France-Télécom-Tochter Equant. "Der Kandidat war der einzige Provider, der uns ein einheitliches IP-Netz mit international gültigen SLAs und Priorisierung bieten konnte", begründet Metzroth die Entscheidung. Equant installierte für das ZDF ein Virtuelles Privates Netz (IP-VPN) auf Basis des Multiprotocol Label Switching (MPLS). "Dieser Typ bietet die beste Kombination aus Preis, Verfügbarkeit und Quality of Service", erklärt Claas Brüggemann, der als Global Account Manager bei Equant für das Projekt zuständig ist. "Außerdem lässt sich die Infrastruktur auch gut für die Sprachübertragung nutzen." Das gesamte Netz beruht auf Cisco-Technologie. Da der Sender intern ebenfalls Equipment dieses Herstellers verwendet, waren Kompatibilitätsprobleme von vornherein unwahrscheinlich.

Per Standleitung angebunden

Alle Auslands-Dependancen wurden per 64-kBit/s-Standleitung an das Equant-Netz angeschlossen und über dieses mit der Zentrale in Mainz verbunden. Die Zugänge wurden mithilfe von Checkpoint-Firewalls abgesichert. Um den hohen Anforderungen im Hauptquartier gerecht zu werden, erhielten die Mainzer eine Zuleitung von 1 MBit/s. Service Level Agreements legen unter anderem fest, dass das Netz 99,9 Prozent der Zeit verfügbar sein muss. So laufen Sprachübertragung, Datenbankanwendungen, SAP, File- Transfer oder E-Mail in der Regel problemlos. "Alle Ausfälle wurden bisher in der vereinbarten Zeit behoben", lobt Metzroth. Auch mit dem Preis ist der ZDF-Mann zufrieden: "An manchen Standorten konnten wir die Kosten halbieren." Besonders Voice over IP (VoIP) trage zum Spareffekt bei. Kein Wunder also, dass der Sender verstärkt auf den Einsatz von IP-Telefonen setzt - zumal die Sprachqualität trotz Komprimierung allen Anforderungen genügt.

Neben den Anschlüssen in den Studios ist auch ein Remote Access möglich. Über Wählverbindungen erhalten mobile Mitarbeiter Zugang zum Virtuellen Privaten Netz. "Von dieser Möglichkeit haben wir während der Fußball-Weltmeisterschaft in Japan und Korea ausgiebig Gebraucht gemacht", sagt der ZDF-Verantwortliche. Damit sich wirklich nur autorisierte Korrespondenten anmelden können, setzt der Sender ein Token-Card-System von RSA in Verbindung mit einem Cisco Access Control Server (ACS) ein.

Bei der Projektdurchführung gab es keine nennenswerten Probleme. "Die größte Herausforderung bestand darin, von den lokalen Telefongesellschaften rechtzeitig die Standleitungen zu bekommen", erinnert sich Brüggemann. Doch auch die Servicequalität musste stimmen. "Wir haben besonders auf Länder geachtet, in denen der TK-Markt noch nicht liberalisiert ist", sagt Metzroth. Gerade dort, wo noch kein Wettbewerb herrsche, sei Qualität keine Selbstverständlichkeit. Trotz dieser hohen Anforderungen und der Abhängigkeit von lokalen Telefongesellschaften konnte das Projekt in den "üblichen drei Monaten" abgeschlossen werden, so Brüggemann.

Mit zunehmendem Sprachverkehr und neuen Applikationen steigt beim ZDF das Verkehrsaufkommen kontinuierlich. Deshalb ist auch Metzroths nächstes Ziel bereits klar: "Wir brauchen mehr Bandbreite."