Im Abstand von vier bis sechs Monaten erscheint von IBM ein kleines Update von Lotus Notes Domino. Dabei wurde in der Vergangenheit schon mehrfach der Weg gewählt, größere Funktionserweiterungen nicht bis zum nächsten Hauptrelease zurückzustellen, sondern sie sozusagen nebenbei zu veröffentlichen. Die im Oktober veröffentliche Version 7.0.2 ist dafür ein weiteres Beispiel. Wie üblich ist zuerst die englische Version verfügbar. Die Freigabe der deutschen soll im Dezember 2006 erfolgen.
Schwerpunkte der Neuerungen sind die Verbesserung der Portabilität sowie die Unterstützung der für Web 2.0 stehenden Funktionen Blog und RSS (Real Simple Syndication).
Portabilität
Der mobile Einsatz steht bei Lotus Notes Domino schon immer im Zentrum der Aufmerksamkeit. Neben dem Offline-Einsatz in Verbindung mit der Replikation besteht seit Langem die Möglichkeit, an verschiedenen Arbeitsplätzen innerhalb eines Unternehmens flexibel auf den Notes-Client zuzugreifen. Da wäre zunächst der Wechsel der aktuell verwendeten ID. Mehrere Benutzer können damit über einen Notes-Client auf ihr Postfach sowie weitere Datenbanken zugreifen. Problematisch bei dieser Lösung ist, dass alle Benutzer mit einer einheitlichen Oberfläche arbeiten. Mit der Einführung der Lesezeichen in der Version 5 entstand daraus die Notwendigkeit, bei Einsatz dieser Zugriffsvariante manuelle Anpassungen vorzunehmen. Mit der Version 6 wurde als Konsequenz der Roaming User, der „wandernde Benutzer", eingeführt. Mit dieser Technik werden alle wichtigen persönlichen Daten eines Benutzers auf dem Server abgelegt und bei der Anmeldung auf den jeweiligen Arbeitsplatz repliziert.
Version 7.0.2 geht nun einen Schritt weiter. Der gesamte Client kann auf einem mobilen USBDatenspeicher abgelegt werden. Damit stehen alle persönlichen Daten, Einstellungen Anpassungen zur Verfügung. Der Weg zum Offline-Einsatz von Notes führt somit immer nur bis zum nächsten erreichbaren Computer. Kann über diesen auf den Domino-Server zugegriffen werden, steht auch der Onlinenutzung nichts im Weg. Spuren hinterlässt der Notes-Anwender auf dem Wirts-Computer nicht. Nach der Deaktivierung und Entfernung des USB-Speichermediums werden alle restlos entfernt.
Als benötigten Speicherplatz gibt IBM 256 Megabyte an. Bei der mobilen Nutzung großer Datenbanken sollte man jedoch eher mit dem doppelten oder vierfachen Bedarf rechnen. Offiziell wird nur der Standardclient supportet. Für die Designer- und die Administrator-Versionen ist dieses Einsatzszenario nicht gedacht. Technisch möglich ist jedoch auch diese Variante.
Web 2.0
Der Begriff Web 2.0 steht für eine umfassende Veränderung des Internets. Nachdem in den ersten Jahren die Informationspräsentation im Vordergrund stand, geht nun der Trend zu Techniken, die unter den Schlagwörtern Web 2.0 und Social Engineering zusammengefasst werden: Wikis, Blogs, RSS, webbasierte Anwendungen sowie durch Benutzer lernende Systeme. Wikis sind Sammlung von Webseiten, welche von den Benutzern gelesen, aber auch geändert werden können. Sie sind das typische Beispiel eines durch die Benutzer lernenden Systems. Der momentan bekannteste Vertreter eines Wiki ist www.wikipedia.de. Im Unterschied zu einem Wiki wird ein Blog von einer Person mit Inhalten gefüllt. Vergleichbar einem Tagebuch werden periodisch neue Einträge erstellt. Mittlerweile werden Blogs auch verstärkt von Unternehmen, beispielsweise IBM, für Marketingzwecke genutzt (www.edbrill.com, Ed Brill ist Marketingchef von Lotus). RSS ist die Abkürzung für Really Simple Syndication. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, welches es dem Benutzer ermöglicht, Inhalte oder Ausschnitte fremder Webseite zu abonnieren. Die erhaltenen Daten kann er in seine eigene Webseite integrieren.
Lotus Notes passt sich, wie schon mehrfach in seiner langen Geschichte, diesen aktuellen Entwicklungen an. Die Version 7.0.2 enthält eine Schablone, mit der mit wenigen Schritten ein Blog erstellt und mit Inhalten gefüllt werden kann. Nach der Erstkonfiguration können Inhalte sowohl online als auch offline erstellt werden. Neben Texten können dies beispielsweise Audio und Videodateien zum Anbieten eines Podcasts (über das Internet erreichbare Medienbeiträge, die zeitversetzt genutzt werden können) sein. Für Benutzer stehen das Einfügen von Kommentaren sowie die Einrichtung eines RSS-Feeds auf den Blog zur Verfügung. Der Blogbetreiber kann die Gestaltung mittels CSS (Cascading Style Sheets) anpassen. Eine zusätzliche Schablone erlaubt die Auswertung der statistischen Daten für den Blog.
Eine weitere neue Schablone erlaubt die Einrichtung von RSS-Feeds. Von Vorteil ist dabei, dass an den Datenbanken, deren Informationen per RSS angeboten werden sollen, keine Veränderungen notwendig sind. Stattdessen werden sie in der zentralen RSS-Datenbank ausgewählt. Nach der Bestimmung der freizugebenden Felder in den einzelnen Ansichten stehen die Informationen der Öffentlichkeit zum Abonnement zur Verfügung.
Weitere Neuerungen
Neben den bisher angesprochenen gibt es noch weitere Neurungen:
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IBM Lotus Notes Access for SAP, die seit Mai 2006 frei verfügbare Integrationslösung für SAP, wurde in 7.0.2 integriert. Dabei wurden die fünf bereits vorhandenen Einsatzszenarien Kontaktmanagement, Workflowunterstützung, Berichtserstellung und -anforderung sowie Abwesenheitsmeldungen bzw. Anträge um zwei weitere zur Veranstaltungsplanung sowie zur Einsicht und Pflege der persönlichen Daten der Mitarbeiter ergänzt.
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Das iCalender-Format setzt sich als Standard im Internet durch. Im RFC2445 definiert, erlaubt es den Austausch von Kalenderdaten zwischen verschiedenen Plattformen. So wird es unter anderem vom Google-Kalender und vom Apple iCal genutzt. Mit der Version 7.0.2 kann nun auch der Lotus Notes-Kalender Termine in diesem Format im- und exportieren.
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Lotus Notes/Domino ist jetzt in der Lage, in empfangenen Nachrichten mit TNEF (Transport Neutral Encapsulation Format) umzugehen. Enthalten diese einen Anhang, wird er korrekt ausgepackt und zu der Nachricht hinzugefügt. Damit ist das Problem der bisher enthaltenen Dateien winmail.dat gelöst, das entstand, wenn ein Absender in Outlook oder Outlook-Express das Format Microsoft Outlook Rich Text Format verwendete. Damit wurden die Nachricht in TNE-Format gepackt und vom Domino-Server als reine Textnachricht mit einer zusätzlichen, für diesen nicht verwendbaren Datei winmail.dat an den Notes Anwender ausgeliefert.
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Ab Ende 2006 bzw. Anfang 2007 soll eine Lotus Notes-Version für den Macintosh zum Download bereitstehen. Wie groß der zeitliche Abstand zwischen der englischsprachigen Version und den lokalisierten Varianten ist, ist momentan noch nicht abzusehen.
In weiteren Artikeln dieser Ausgabe von Expert's inside Lotus Notes/Domino werden die Installation auf einem USB-Stick, die Einrichtung eines Blogs sowie die Verwendung der Schablone für RSS näher betrachtet. Die SAP-Integration wird Gegenstand eines Artikels in einer der kommenden Ausgaben sein.