Das Informationsnetz im Unternehmen

02.03.2001
Wissensportale stellen Informationen und Know-how individuell und nach Bedarf zur Verfügung. Zusammenarbeit und unternehmensübergreifende Geschäftsprozesse werden damit möglich. Eine offene Architektur und gute Integrationsfähigkeit sind einige der Kriterien, die beim Aufbau eines Portals entscheidend sein können.

Von: Achim Scharf

Ein Unternehmensportal stellt eine einheitliche Web-basierte Benutzerschnittstelle zu allen im Arbeitsumfeld benötigten Anwendungen, Informationen und Services dar. Alles, was der Anwender zur Erledigung seiner Aufgaben braucht, gehört dazu. Über einen Browser ist der Zugang von jedem Ort der Welt aus möglich. Der Benutzer greift auf den für ihn relevanten Inhalt zu, ohne wissen zu müssen, woher die Daten stammen oder welches Format sie haben - die zugrunde liegende Struktur ist für ihn nicht sichtbar. Das Abrufen der richtigen Informationen ist damit nur einen Mausklick entfernt.

Die Technik der "Enterprise Information Portals" (EIP) ist so neu nicht, schon die "Executive Information Systems" (EIS) unterstützten den Ansatz eines integrierten Informationszugriffes. Nur waren damals die dafür erforderlichen Techniken noch nicht vorhanden, die heute mit den so genannten Web-Enablern zur Verfügung stehen. EIPs sind heute die logische Weiterführung der Intranets, doch der Markt steckt noch in den Kinderschuhen, weist aber dennoch ein hohes Wachstumspotenzial auf.

Die wichtigste Funktion eines EIP ist für die meisten IT-Manager der Zugriff auf interne und externe Informationen von nur einem Punkt aus, womit Anwender verteilte Quellen quer über das Unternehmen anzapfen können. Die Delphi Group ermittelte bei einer Befragung von 200 IT-Leitern, dass für 70 Prozent eine einfache Integration der wesentliche Entscheidungsfaktor ist, gefolgt von einer einfachen Implementierung sowie Personalisierbarkeit. In größeren Unternehmen kann ein EIP als ein einheitlicher Bildschirm fungieren, der personalisierte Ansichten über die Organisation zur Verfügung stellt. Für kleine Organisationen dürfte es reichen, mit dem Browser im Intranet zu arbeiten. Wichtiger ist jedoch, dass ein EIP eine Umgebung für die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit zur Verfügung stellen kann.

Nach der ersten Welle in den Jahren 1998 bis 2000, wo die Integration von User Interfaces im Vordergrund stand, folgt laut IDC bis 2002 die zweite. Der noch getrennte, aber gleichwertige Zugriff auf strukturierte und unstrukturierte Daten wird hier angegangen, während ab 2002 der einheitliche Zugriff realer werden soll.

In der einfachsten Form integriert ein EIP strukturierte (Datenbanken) und unstrukturierte Informationen (Dokumente) sowie das Wissen der Mitarbeiter in einer personalisierten Umgebung. Suchmaschinen und Analyse-Tools können die Produktivität des Nutzers erhöhen und Entscheidungen auf eine fundiertere Basis stellen.

Der Zugriff auf strukturierte Daten aus Datenbanken und Data Warehouses ist sicherlich der einfachste Weg, ein EIP zu implementieren. Die Herausforderung beim Aufbau eines Portals besteht darin, den geeigneten Weg zur Zusammenführung all dieser Datenquellen zu finden. Dabei ist die Integration auf Datenebene, oft erforderlich für Legacy-Systeme, auf Objektebene, auf Reportebene sowie per Metadaten nötig. Die Integration unstrukturierter Informationen gestaltet sich durch die unterschiedlichen Techniken, Produkte und Repositories erheblich komplexer. Volltextsuche, Filterfunktionen, Viewing-Tools und der Einsatz von Metadaten, beispielsweise XML, sind hier gefragt.

Web-fähige Business-Intelligence-Werkzeuge lassen sich leicht in EIPs einfügen. Weitere Funktionen wie Collaboration, Personalisierung und Informationsfilterung sowie ein Dokumenten-Management-System steigern den Wert. In großen Unternehmen können Wissensportale die Rolle eines Frontends von ERP-Systemen (Enterprise Resource Planning) übernehmen. In diesem Fall verwaltet und integriert es Wissen, geschäftliche Transaktionen sowie interne und externe Daten, auf die der Anwender zugreifen kann.

Ungleich schwieriger ist die Einbindung von Menschen und deren Wissen. Per Messaging und Groupware lassen sich kollaborative Aspekte einbeziehen. "Lotus Notes" und "Microsoft Exchange" sind die gängigsten Mittel der Kommunikation und Zusammenarbeit im Intranet und damit auch die Basis für asynchrone (Team Rooms) und synchrone (Chat Rooms) Collaboration. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Merkmale und Profile der Mitarbeiter im Umgang mit elektronischen Informationen zu erfassen und dann mit anderen Objekten in der Wissenbasis des EIP zu korrelieren. Experten für eine bestimmte Domäne lassen sich damit leichter herausfinden und für Problemlösungen heranziehen.

Rollenkonzept für die Personalisierung

Personalisierung ist der wohl wichtigste Faktor für die Akzeptanz eines Portals. Immer mehr Umgebungen bieten ein Rollenkonzept, um die unterschiedlichen Verantwortungsbereiche und Aufgaben der Anwender zu verwalten. Eine Rollendefinition bezieht sich auf die individuellen Aufgaben und Verantwortlichkeiten in einem Unternehmen. Dazu muss eine Benutzerverwaltung und Rollenzuordnung vorhanden sein, die eine Personalisierung der von unterschiedlichen Systemen gelieferten Inhalte ermöglicht.

Die Angebote der mehr als 50 Hersteller sind recht umfangreich. Eine Orientierungshilfe in dem unübersichtlichen Markt bietet die Einteilung in Kategorien, wie sie beispielsweise IDC benutzt.

Nach ihrer Kernfunktionalität kristallisieren sich vor allem drei Portaltypen heraus: Enterprise Information Portals dienen in erster Linie dem Erschließen und Managen von Inhalten. Sie bieten Funktionen für die Suche, Kategorisierung, Klassifizierung und Ablage von Informationen. Sie stellen im Grunde das Pendant zu den Internet-Portalen "Enterprise Applica-tion Portals" (EAP) dar und sind im Umfeld von ERP-Lösungen entstanden. Anwendungsportale bieten die Möglichkeit zur Integration, Sammlung und Präsentation von bestimmten logistischen und kaufmännischen Funktionen. Damit erhalten die Mitarbeiter eines Unternehmens Zugang zu bestimmten Modulen einer Software und den damit verbundenen Daten. "Enterprise Knowledge Portals" (EKP) spüren nicht nur Informationen nach bestimmten Suchmechanismen auf, sondern stellen das Wissen des Unternehmens aktiv auf eine Weise zur Verfügung, dass Entscheidungsprozesse wirksam unterstützt werden.

Neben diesen Kategorien gibt es noch "Enterprise Collaborative Portals" (ECP). Sie stellen virtuelle Räume zur Bildung aufgabenbezogener, abteilungsübergreifender und zeitunabhängiger Projektgruppen zur Verfügung. Von "Enterprise Expertise Portals" (EEP) spricht man bei Systemen für die Realisierung von Kommunikationsforen, die den expliziten Qualifikationen der Mitarbeiter entgegenkommen und diese mit Infos versorgen. Die Vielfalt der Angebote erklärt sich aus ihrer Herkunft, denn ein traditioneller ERP-Anbieter setzt die Schwerpunkte bei der Entwicklung anders als ein Datenbankspezialist oder ein Groupware-Anbieter. Die meisten der Portale sind heute funktional auf einen Teilbereich der Aufgaben eines EIPs beschränkt. Ein Unternehmensportal hingegen ist ein Universalwerkzeug, das letztlich überall einsetzbar sein muss.

Nach Ansicht der Meta Group beispielsweise ist der Zweck eines Enterprise-Portals, dem Anwender die passenden Informationen zur richtigen Zeit, im richtigen Kontext und am richtigen Ort zu präsentieren und es ihm zu ermöglichen, auf der Basis eine Entscheidung zu treffen, ein Problem zu lösen oder eine Transaktion auszuführen. Das Portal muss nicht gleich als Universallösung eingeführt werden. Offenheit und Skalierbarkeit des Systems sollten vielmehr so beschaffen sein, dass Lösungen zunächst in Teilbereichen für bestimmte Prozesse implementiert und sukzessive zur umfassenden, übergreifenden Plattform für alle Anwender und Prozesse ausgebaut werden.

Deshalb empfiehlt sich für die Einrichtung der Einsatz multifunktionaler Systeme mit möglichst offener Architektur. Der Nutzer erhält die komplette Arbeitsplatzfunktionalität unter einer einheitlichen, Browser-basierten Oberfläche (Single Interface) ebenso wie ein einheitliches Zugangssystem (Single Sign-on). Dazu gehört die Bereitstellung von Funktionen und Informationen aus Business-Anwendungen, Office-Software, Groupware, Web- und Intranet-Diensten sowie E-Business-Anwendungen.

Produkte, die auf Frameworks aufsetzen, wie der "My.SAP Workplace" oder die "Enterprise Portal Suite" von Appsolut Software und Hummingbird, sind Beispiele dafür, wie die vielfältigen Anforderungen vereint werden können. mySAP.com besitzt ein durchgängiges, auf Rollen basierendes, personalisiertes Anmeldeverfahren für die verschiedenen beteiligten Anwendungen, hat eine durchgängige Benutzerschnittstelle, welche die Navigation zu neuen Systemen und deren Einbindung in Geschäftsprozesse ermöglicht. Die Infrastruktur erlaubt das Zusammenwirken unterschiedlicher Systeme. Auf dem lokalen Rechner der einzelnen Nutzer ist nur ein Webbrowser erforderlich.

Hummingbird stellte Ende Januar "EIP 4.0" vor, dessen Benutzeroberfläche optimiert wurde. Per drag and drop können Nutzer ihre eigenen persönlichen Seiten für den Zugriff auf individuelle Informationen und Applikationen erstellen. Auch IBM hat ein Framework für Portale entwickelt, das den "Websphere Portal Server", Security, Content sowie Knowledge Management bereits zur Verfügung stellt.

Auch die "Enterprise Portal Suite" von Appsolut Software bietet einen Rahmen, in dem eine Reihe von typischen Diensten bereits integriert sind. Zusätzliche Plug-ins dienen der Anpassung auf die spezifischen Bedürfnisse des Anwenders. Wizards, Templates und vorgefertigte Komponenten liefern die dafür nötige Flexibilität. Die Integration in die bestehende IT-Umgebung besorgen vordefinierte Konnektoren zu Backend-Systemen wie Datenbanken, ERP-Systemen und Groupware-Lösungen. (sf)

Zur Person

Dipl.-Ing. Achim Scharf

arbeitet als freier Fachjournalist in München. Seine Schwerpunkte sind unter anderem Internet und E-Commerce.