Das bringt DirectX 10

31.10.2006 von Daniel Visarius
Die neuen Grafikfunktionen von DirectX 10 sind eine der wichtigsten Neuerung von Windows Vista. Wir durchleuchten die Features von Direct3D wie den Geometry Shader und das effizientere Treibermodell von DirectX. Kommt jetzt die kinoreife Grafik?

Die Revolution begann 2000: Mit DirectX 8 und den dazu kompatiblen Grafikkarten wie der Geforce 3 und der Radeon 8500 wurden Grafikprozessoren erstmals programmierbar. DirectX 9 beseitigte 2003 viele Limitierungen der Vorgängerversion und machte den Weg frei für 3DGrafik, wie wir sie heute kennen.

Voraussichtlich im Januar 2007 erscheint nun DirectX 10 als Teil von Windows Vista, Windows-XP-Nutzer bleiben jedoch außen vor. Offiziell begründet Microsoft dies mit dem runderneuerten Treibermodell der 3D-Schnittstelle, das sich angeblich nicht ohne Weiteres auf XP portieren ließe. Realistischer scheint uns aber der Grund, dass der Monopolist aus Redmond möglichst viele Spieler zum Kauf des neuen Betriebssystems bewegen will.

In diesem Artikel erkunden wir die neuen Möglichkeiten von DirectX 10, genauer von Direct3D 10, und geben einen Ausblick auf die passenden Grafikkarten von ATI und Nvidia sowie auf das sich bereits in der Entwicklung befindliche Update 10.1.

Glaubwürdige und lebendige Spielewelten

Anders als bei DirectX 8 oder 9 lässt sich der optische Vorteil von Direct3D 10 nur schwer an bestimmten Features festmachen. Zwar wird die Lichtsimulation High Dynamic Range Rendering (HDR) bei gleichzeitig aktiver Kantenglättung (AA) in der Direct3D-10-Spielegeneration schöner Standard, aber hauptsächlich erweitert die neue Programmierschnittstelle die Möglichkeiten der Spieledesigner.

Mehr Shader-Leistung, höhere maximale Texturauflösungen und die Fähigkeit, viele Objekte bei hoher Bildwiederholrate gleichzeitig darzustellen, sind die Wegbereiter für eine glaubwürdige und lebendige Spielwelt. Eine grobe Ahnung des künftig Machbaren liefert Cryteks Crysis mit seiner detaillierten und sich ständig in (asynchroner) Bewegung befindlichen Vegetation.

In den technischen Toptiteln der darauf folgenden Generation werden Spieler sowie NPCs mit ihrem Verhalten die Umwelt dank ständiger Physikspielereien noch umfassender beeinflussen. Auch Detailreichtum, Beleuchtung und Spezialeffekte hebt Direct3D 10 auf das nächste Level. Im Vergleich dazu werden auch viele erst vor kurzem veröffentlichte Spiele kahl und leblos wirken – zumindest optisch.

Gleichschaltung der Shader

Ähnlich fundamental wie der Übergang von fest vordefinierten Grafikfunktionen zum programmierbaren Grafikprozessor ist auch der Wechsel vom Shader Model 3.0 zu 4.0 von Direct3D 10. Zum einen bekommen die Shader-Einheiten Zuwachs: Der Geometry Shader schaltet sich zwischen Vertex- und Pixel-Prozessoren und soll die Geometrie manipulieren, um zum Beispiel beeindruckende Morphing-Effekte oder Displacement Mapping zu schaffen – eine Funktion, die schon seit längerem Standard ist, aus Gründen der Performance aber nur in technischen Demos und nicht in Spielen zum Einsatz kam.

Zum anderen werden bei DirectX 10 die Shader-Einheiten gleichgeschaltet: Zumindest aus der Perspektive der Software kann jede Einheit die Aufgaben der jeweils anderen erfüllen, auf Hardware-Ebene ist die Vereinheitlichung noch optional. ATI hat hier mit dem Xenos-Grafikchip der Xbox 360 bereits Erfahrungen gesammelt und will dies beim kommenden R600-Grafikprozessor (Winter 2006) für PCs beibehalten.

Der Vorteil von auch in Hardware einheitlichen Shader-Einheiten ist die bessere Auslastung des Grafikchips: In Szenen, in denen hauptsächlich Pixel-Arbeit zu leisten ist, liegen mit herkömmlicher Hardware die Vertex-Shader brach – und umgekehrt ebenso. Diese Situation wird auch bei Nvidias nächster Geforce auftreten, weil Nvidia maximal Vertex und Geometry Shader auf den gleichen Nenner bringt.

Unified Shader verbessern also in erster Linie die Performance, sind aber nicht auf Direct3D 10 begrenzt (siehe Xbox 360), obgleich wir erwarten, dass jeder Unified-Shader- Chip für den PC auch Windows Vista und Direct3D 10 unterstützen wird.

Schnell durch effizienter Treiber, aber 250 Watt Leistungsaufnahme

Unter Windows XP und DirectX 9 fressen die Software-Schichten zwischen Spiel und Hardware relativ viel Leistung. Für Vista und DirectX 10 hat Microsoft das Windows Display Driver Model, kurz WDDM, entwickelt, das wesentlich ressourcenschonender arbeitet. Allein durch diese teils elementaren Änderungen verspricht sich Microsoft einen deutlichen Leistungsgewinn.

Mit der Komplexität eines Prozessors erhöht sich gewöhnlich auch dessen Leistungsaufnahme. Die durch Direct3D 10 steigenden Anforderungen an die Hardware und die somit erneut explodierende Transistorzahl rächen sich im Stromhunger der kommenden Direct3D-10-Grafikkarten. Zumindest über die neue Radeon, Codename R600, ist bekannt, dass sie um die 250 Watt vom Netzteil ziehen wird – kein Wunder bei 64 Shader-Einheiten und bis zu 1,0 GHz Kerntakt.

Weil Nvidias G80 wahrscheinlich nur 32 Pixel-Shader-Einheiten und 16 vereinheitliche Vertex/ Geometry-Shader hat und wie der R600 im 90-nm-Prozess bei TSMC entsteht, könnte der Energiebedarf einer Geforce 8 geringer ausfallen. Andererseits halten sich unbestätigte Gerüchte, nach denen Nvidia die Geforce 8 als Zweikernlösung auf den Markt bringt, wodurch sich der Strombedarf verdoppeln würde.

Das kommt nach DirectX 10

Die Spezifikation von Direct3D 10 steht seit geraumer Zeit. Längst arbeitet Microsoft zusammen mit den üblichen Verdächtigen wie ATI und Nvidia am Nachfolger, derzeit unter dem Arbeitstitel DirectX 10.1. Nach aktuellem Stand wird das Update zum Beispiel die Option auf vierfache Kantenglättung voraussetzen. Ferner soll eine höhere Rechenpräzision und damit exaktere Darstellung Pflicht werden.

Noch einschneidender: Mit Direct3D 10.1 ändert sich erneut das Treibermodell. Während 10 lediglich WDDM 1.0 verlangt, setzt 10.1 auf WDDM 2.1. Diese Version optimiert die Speicherverwaltung und gewährleistet eine noch bessere Auslastung und Steuerung der Recheneinheiten im Grafikprozessor, so dass sich Grafik und Physik künftig gleichzeitig auf einem Chip berechnen lassen könnten.

Fazit

In der Theorie macht Direct3D 10 einen überzeugenden Eindruck: Viele alte Hürden fallen, lästige Leistungsbremsen wurden auf Treiberebene gelöst und der kreative Horizont verschiebt sich aus Entwicklersicht weit nach hinten. Und die Chancen für Spieler stehen gut, dass aus der Theorie alsbald grafisch umwerfende Realität wird. Schließlich sind viele Designer diesmal begeistert von Microsofts Arbeit – gibt ihnen die neue Schnittstelle doch viele Werkzeuge an die Hand, die sie bislang schmerzlich vermisst haben.

Nach aktuellem Stand werden direkt zum Start von Windows Vista mehrere DirectX-10-Titel bereit stehen, darunter illustre Namen wie Alan Wake, Crysis oder Halo 2 und Flight Simulator X. Ob die Entwickler die neuen Möglichkeiten nur für Effekthaschereien oder auch für neue Spielideen nutzen, bleibt allerdings wie immer abzuwarten. (ala)

Diesen Beitrag haben wir von unserer Schwesterpublikation Gamestar übernommen. Mehr Infos rund um Spiele und Vista finden Sie in der Ausgabe 11/2006. Technische Grundlagen und unentbehrliches Vista-Wissen für Admins finden Sie in unserem aktuellen tecCHANNEL-Compact 4/2006, das Sie hier in unserem Onlineshop versandkostenfrei bestellen können.