Connected Car

Das Auto der Zukunft ist geschwätzig

02.08.2014 von Bernd Reder
Weniger Staus, mehr Sicherheit und Komfort, eine bessere Umweltverträglichkeit und ein größeres Angebot an Informations- und Unterhaltungsservices: Die Erwartungen an das vernetzte Auto sind groß. Allerdings gilt es Hürden zu überwinden, etwa die Abstimmung der technischen Ansätze untereinander.

Erst Smartphones, dann Smart Watches und jetzt auch noch Autos, deren Herzstück Betriebssysteme wie Android oder Apples iOS sind. Ginge es nach Apple und Google, würde diese Vision wohl bald Wirklichkeit. Denn beide Unternehmen haben den Bereich "Connected Car" als neues Geschäftsfeld für sich entdeckt. Auf der Entwicklerkonferenz Google I/O 2014 stellte Google beispielsweise unter dem Namen "Android Auto" Spezifikationen und Schnittstellen vor, welche die Anbindung von Mobilgeräten, Apps und Mobilservices an die Infotainment-Systeme von Fahrzeugen ermöglichen sollen. Ähnliche Konzepte haben Apple mit CarPlay und bereits vor einigen Jahren Microsoft in Zusammenarbeit mit Ford entwickelt.

Das Auto von morgen "spricht" mit anderen Fahrzeugen und der Umgebung, etwa Sensoren, Ampeln und Parkplatz-Managementsystemen. Zudem ist es über Mobilfunk an das Internet angebunden.
Foto: Bosch

Doch Smartphones, Tablets und die dazu gehörigen Apps im Auto sind nur ein Teilaspekt der Vernetzung von Fahrzeugen. "Vernetzung ist mehr als nur das Surfen während der Fahrt", sagt Wolf-Henning Scheider, Sprecher des Unternehmensbereichs Kraftfahrzeugtechnik und Geschäftsführer bei der Robert Bosch GmbH. Mithilfe der Vernetzung von Fahrzeugen lassen sich seiner Ansicht nachKomfort, Sicherheit und Effizienz der Mobilität steigern. Schneider sieht drei Felder, auf denen Auto und Internet zusammenkommen:

Der erste Anwendungsfall, also Internet im Auto, ist bereits heute Realität. Dies ist auch der Weg, den Google, Apple, Microsoft und Co. beschreiten, indem sie Smartphones und Apps mit den Informationssystemen des Fahrzeugs kombinieren. Die Kommunikation erfolgt in diesem Fall über Mobilfunk, vorzugsweise 3G- und 4G-Verbindungen (LTE, Long-Term Evolution). Zudem lassen sich in Fahrzeuge WLAN-Hotspots integrieren, über die sich die Personen im Fahrzeug einen Internet-Zugang teilen können. Dazu benötigt man allerdings nicht unbedingt einen separaten und kostspieligen WLAN-Access-Point, wie ihn manchen Automobilhersteller anbieten: Viele Smartphones verfügen über eine Tethering-Funktion, die das Mobiltelefon in einen Hotspot verwandelt.

Carplay Mercedes
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
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Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
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Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
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Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse
Mercedes-Benz mit Apple CarPlay in C-Klasse

High-Speed-Mobilfunk im Auto integriert

Wie das Internet ins Auto kommt, zeigten unter anderem der Mobilfunk-Service-Provider Vodafone und Audi auf der CeBIT 2014. Ab 2015 sollen in ausgewählte Audi-Modelle Embedded-SIM-Chips integriert werden, welche die Infotainment-Systeme des Fahrzeugs mit dem LTE-Funknetz von Vodafone koppeln. Diese Global SIM ermöglicht es, im Fahrzeug Kommunikationsdienste und Unterhaltungsangebote zu nutzen.

Beim Einsatz von Mobilfunktechniken wie LTE in Fahrzeugen prallen unterschiedliche Interessen und Anforderungen aufeinander. Ein Beispiel: Vernetzte Fahrzeuge erzeugen hohe Datenvolumina, die möglichst schnell übermittelt werden sollen. Das erfordert ein dichtes und damit teures Netz von leistungsfähigen Mobilfunk-Basisstationen.
Foto: Orange

Integrierte Mobilfunksysteme bilden auch die Grundlage für neue Sicherheitsdienste wie eCall. Dieses Notrufsystem für Fahrzeuge wird 2015 in allen Neufahrzeugen Pflicht, die in der EU verkauft werden. Bei eCall messen Crash-Sensoren, ob ein Fahrzeug in einen Unfall verwickelt ist und wie stark das Auto und damit auch dessen Insassen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Mithilfe eines integrierten Satellitennavigationssystems wird anschließend der Standort des Fahrzeugs erfasst und via Mobilfunknetz an eine Notrufzentrale weitergegeben. Laut der EU-Kommission soll das System den Preis eines Neuwagens um etwa 100 Euro erhöhen.

Autos sprechen miteinander und mit der Infrastruktur

Das zweite Feld, das Bosch-Chef Schneider, anspricht, Stichwort "Das Auto im Internet", betrifft zwei Anwendungsfälle: die Kommunikation zwischen Fahrzeugen (Car-2-Car oder Vehicle-2-Vehicle, V2V) sowie zwischen Autos und Verkehrsleitsystemen, Sensoren, Ampeln und "intelligenten" Verkehrsschildern (Car-2-Infrastructure, Vehicle-2-Infrastructure, V2I).

Bei der Kommunikation zwischen Fahrzeugen werden beispielsweise folgende Daten erfasst und übermittelt:

Dagegen stehen beim Datenaustausch zwischen Fahrzeugen und der Verkehrsinfrastruktur wie Ampeln und Verkehrsleitsystemen folgende Informationen im Mittelpunkt:

Einsatzgebiete: Sicherheit und Verkehrssteuerung

Laut einer Bitkom-Studie befürworten 78 Prozent der Bundesbürger den Aufbau von intelligenten Verkehrssystemen.
Foto: Bitkom

Car-to-X-Systeme sollen in Europa und Nordamerika ab dem kommenden Jahr in Fahrzeugen Einzug halten und es ermöglichen, "Cooperative Intelligent Transport Systems" (C-ITS) aufzubauen. Einige Experten gehen jedoch davon aus, dass mit ein bis zwei Jahren Verzögerung zu rechnen ist. Die Marktforschungsgesellschaft Frost & Sullivan erwartet, dass im Jahr 2030 an die 40 Prozent aller Fahrzeuge in Europa mit C2C-Kommunikationssystemen ausgestattet sind. Speziell in Europa werden nach Angaben der Marktforscher Faktoren wie die Einführung des Notrufsystems eCall ab 2015 und Sicherheitsfunktionen wie die Warnung vor Staus, Unfallstellen und witterungsbedingten Problemen wie Glatteis die Verbreitung solcher Systeme fördern.

Die Car-to-X Kommunikation bei Mercedes-Benz ermöglicht den Informationsaustausch von Fahrzeugen untereinander sowie zwischen Fahrzeugen und der Verkehrsinfrastruktur.
Foto: Daimler

Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Verkehrssteuerung. Auf dieses Feld konzentrieren sich vor allem Forscher und Hersteller von Automobiltechnik in Europa. Fahrzeuge können anonymisierte Daten über ihren Standort und die Geschwindigkeit an Verkehrszentralen oder Anbieter von Services weitergeben. Dadurch ist es möglich, die aktuelle Verkehrssituation zu erfassen, und das deutlich schneller und präziser als bislang.

Ansätze in dieser Richtung gibt es bereits, etwa freiwillige Verkehrsmelder von Rundfunksendern oder Dienste von Herstellern von Navigationssystemen, die aktuelle Daten der "Navis" ihrer Kunden verwenden. Der Nachteil: Solche Dienste sind an bestimmte Anbieter gebunden.

Ampeln geben das Tempo vor

Bereits im Feldversuch: Fahrzeuge tauschen nicht nur untereinander Informationen aus, sondern auch mit der Infrastruktur, etwa Ampeln und sogar mit Fußgängern, die mit "Wearable Devices" oder Smartphones ausgestattet sind.
Foto: BMW

Zu den wichtigsten Anwendungen von C2X zählt in Europa die Regulierung des Verkehrsflusses, um Staus zu verhindern. Signal-Phase-and-Timing-Funktionen (SPaT) stellen beispielsweise sicher, dass Ampelphasen auf den aktuellen Verkehrsfluss abgestimmt werden. Dazu tauschen Ampeln mit integrierten Kommunikationsmodulen mit Verkehrsleitzentralen und Fahrzeugen Daten aus. Zudem kann der Fahrer darüber informiert werden, wie schnell er fahren sollte, um nicht in einem Stau zu landen.

Frost & Sullivan zufolge könnten solche Maßnahmen dazu beitragen, die Kosten durch Verkehrsstockungen erheblich zu reduzieren. Allein in Deutschland summierten sich diese Kosten pro Jahr auf etwa 17 Milliarden Euro, etwa in Form von Arbeitszeit, die verlorengeht. Hinzu kämen Schäden durch Unfälle und die erhöhte Umweltbelastung, die sich mithilfe von C2X reduzieren ließen.

Versicherung je nach Fahrstil

Umstritten sind dagegen weitere Anwendungsfelder. Das eine sind personalisierte Services, die insbesondere Unternehmen wie Google und Apple Fahrern anbieten möchten. Solche orts- und situationsbezogenen Services setzen voraus, dass der Nutzer Daten an den Anbieter weitergibt oder deren Übermittlung duldet. Dies wirft Fragen bezüglich des Datenschutzes auf, ähnlich wie in anderen Bereichen wie bei Social Networks oder dem Erfassen und Speichern von Fitness- und Gesundheitsdaten durch Apps von Smart Watches und Smartphones. Letztlich muss jedoch jeder Anwender selbst entscheiden, ob er mit seinen persönlichen Daten für Unterhaltungs- oder Informationsdienste bezahlen möchte, die er im Auto nutzt.

Predictive User Experience: Das Auto der Zukunft lernt das Verhalten des Fahrers und stellt sich auf Wünsche und Bedürfnisse ein.
Foto: Mercedes Benz

Ebenfalls auf geringe Gegenliebe stößt zumindest bei deutschen Autofahrern der Vorschlag, die Daten von C2X-Systemen für die Einstufung bei der Auto-Versicherung zu nutzen. Solche Modelle berechnen den Versicherungstarif anhand von Faktoren wie Fahrverhalten und Kilometerleistung. Ein rasanter Fahrstil mit häufigen Bremsmanövern führt beim "Pay-as-u-Drive"-Modell zu höheren Tarifen.

An die 69 Prozent der Bundesbürger lehnen nach einer Umfrage des Hightech-Verbandes Bitkom solche Versicherungsmodelle ab, etwa 9 Prozent nutzen bereits ein solches Modell. Hauptkritikpunkte der "Verweigerer" sind jedoch nicht der Datenschutz, sondern die hohe Komplexität des Ansatzes und die Tatsache, dass viele Autobesitzer damit - zumindest derzeit - nur wenig Geld sparen können.

IT-Firmen drängen in den Markt

Dass auch die IT-Industrie Marktsegmente wie Fahrzeugvernetzung und In-Vehicle-Infotainment (IVI) für sich entdeckt hat, ist nicht zu übersehen. Pioniere wie Microsoft und Ford, die bereits vor acht Jahren auf diesem Feld zusammenarbeiten, haben längst Gesellschaft bekommen.

In-Vehicle-Infotainment mit Intel Inside
Foto: Intel

So stellte Intel im Frühjahr 2014 mit Intel In-Vehicle Solutions eine Middleware Plattform vor, die schwerpunktmäßig in Karlsruhe entwickelt wurde. Sie erlaubt es Automobilherstellern, die Entwicklungszeiten von IVI-Systemen (In-Vehicle Infotainment) und damit die Zeitspanne bis zur Marktreife zu verkürzen. Ebenfalls in Karlsruhe entwickelt Intel Plattformen und Systeme für die vernetzte Überwachungselektronik sowie Telematik-Komponenten für Nutzfahrzeuge. Diese werden für Fahrzeughersteller, Spediteure oder Busbetriebe immer wichtiger, um digitale Informationen von und zu Fahrzeugen zu übermitteln.

Automobil 3.0: Freie Fahrt für Raser?

Allerdings bringt die Integration von Internet, C-to-X-Kommunikation und IT-Systemen in Fahrzeugen auch skurrile Resultate mit sich. So will der koreanische Hersteller Hyundai im nächsten Jahr in sein Modell Genesis eine Funktion integrieren, die das Fahrzeug automatisch auf die vorgegebene Höchstgeschwindigkeit herunterbremst, wenn eine Radarfalle in Reichweite ist. Hyundai speist dazu Karten mit den aktuellen Standorten von Blitzern in das Navigationssystem ein und koppelt diese mit dem Notbrems-System. Dieses ist eigentlich dafür gedacht, Auffahrunfälle und Kollisionen mit Fußgängern und Radfahrern zu vermeiden. Ob der koreanische Hersteller tatsächlich seine Anti-Radarfallentechnik in den Genesis integriert, muss sich jedoch noch zeigen. Proteste von Verkehrsschützern und Polizei sind vorprogrammiert.

Capgemini über vernetzte Autos
Das vernetzte Auto - inwieweit theoretische Möglichkeiten und praktische Umsetzung auseinanderklaffen, haben die Analysten von Capgemini untersucht.
Besuch beim Händler
So schnell dürfte der stationäre Autohandel nicht aussterben. Schließlich wollen die Kunden das Auto "in echt" sehen und eine Probefahrt unternehmen. Das motiviert jedenfalls 72 Prozent beziehungsweise 61 Prozent der Befragten zu einem Besuch beim Händler, wie die Studie "Cars online 2014" zeigt.
Beliebte Services
Offenbar lassen sich Kunden in den aufsteigenden Märkten stärker von den neuen Services begeistern als Konsumenten in den reifen Märkten. Ob es um Sicherheit, Services oder Infotainment geht - überall ist das Interesse der Verbraucher in den aufsteigenden Ländern größer.
Daten teilen
Die Verbraucher wurden gefragt, wem sie Einblick in ihre Daten gewähren würden. Dabei liegen Hersteller und Händler vorn. Der Versicherung dagegen möchten noch nicht einmal vier von zehn Befragten Einblick geben.
Investitionen: Hersteller versus Händler
Ein anderer Aspekt ist die unterschiedliche Vorgehensweise von Herstellern und Händlern. Während 56 Prozent der Hersteller aktuell in ihre IT investieren wollen, sind es nur elf Prozent der Händler. Die Frage bezog sich auf den Einsatz von Smartphones und Tablets sowie Apps (Quelle: Studie "Neue Technologien im Autohaus).
Gründe für Investitionen in Apps
Motivation zum Investieren ist für Hersteller der Blick nach vorne. Sie nennen Zukunftsorientierung als wichtigsten Grund. Händler wollen vor allem die Kundenbindung stärken.
Auswirkungen der Smartphones
Hersteller schreiben Smartphones und Tablets stärkere Auswirkungen auf ihre Aktivitäten zu als Auto-Händler.

Umgekehrt gibt es Überlegungen, Fahrzeugdaten, die von den bordeigenen C2C- und C2X-Systemen übermittelt beziehungsweise gespeichert wurden, als Beweismaterial bei Unfällen heranzuziehen. Ähnlich wie der Black Box eines Flugzeugs könnten Polizei und Experten von Versicherungen mithilfe dieser Informationen einen Unfallhergang exakter rekonstruieren. Damit würde so manche Schutzbehauptung eines Unfallverursachers hinfällig. Doch auch gegen solche Bestrebungen regt sich Widerstand, insbesondere bei Datenschutzfachleuten. Sie fürchten, dass dies der Einstieg in die umfassende Überwachung von Autofahrern sein könnte. (mb)