CrossOver Office 5: Windows-Programme unter Linux

25.01.2006 von Jürgen Donauer
Die auf WINE basierende Software von Codeweavers bringt in Version 5 deutliche Verbesserungen und Kompatibilität zu noch mehr Programmen mit.

Das häufigste Argument gegen den Umstieg auf Linux ist die mangelnde Verfügbarkeit bestimmter Applikationen. Die Kompatibilität zu speziellen Dateiformaten von Windows-Anwendungsprogrammen stellt dabei das am häufigsten auftretende Problem unter Linux dar. Außerdem wollen viele Linux-Anwender auf Software nicht verzichten, die es unter Linux (noch) nicht gibt, wie Adobe Photoshop.

Mit diesem neuen Release von CrossOver Office ist es möglich, noch mehr Windows-Applikationen unter Linux laufen zu lassen. Vor allen Dingen das neue Container-System ermöglicht es, CrossOver Office auf die Windows-Applikationen optimal abzustimmen. Damit lassen sich Konflikte in der Konfiguration vermeiden. Weiterhin gibt es nun Archive, mit dem sich komplett installierte Umgebungen sichern lassen. Dies können Sie entweder als Backup oder als Transfermöglichkeit auf andere Rechner verwenden.

Installation

Für die Installation soll ein auf Festplatte installiertes Kanotix und CrossOver Office 5 Professional dienen. Diese Distribution basiert auf Knoppix und somit auf Debian 3.1 Sarge. Um CrossOver Office einzuspielen, benötigen Sie keine root-Rechte. Es sei denn, Sie haben ein Multi-User-System und wollen die Software allen Benutzern zur Verfügung stellen. Selbstverständlich könnte bei solch einem System auch jeder einzelne User eine eigene Installation vornehmen.

Verwendet jeder Anwender dieses Rechners dieselbe Windows-Software, wäre das allerdings Platzverschwendung. Möchte dagegen jeder Anwender unterschiedliche Windows-Programme laufen lassen, bietet dies durchaus Vorteile. Installieren Sie die Software unter einem normalen Benutzer-Account, kann auch nur dieser Anwender Windows-Programme einspielen und benutzen. Wenn ein weiterer Anwender CrossOver Office nutzen will, muss er die Software ebenfalls einspielen. Unter dem Benutzer-Account root installiert, findet sich das Programm standardmäßig im Verzeichnis /opt/cxoffice. Im Fall der Single-User-Installation ist der Default-Pfad /home/<username>/cxoffice.

Neue Features

Die beiden Hauptneuerungen sind eindeutig das Bottle-System und ein vernünftiges Backup-Werkzeug für die Windows-Umgebungen. CrossOver Office 4 bot die Möglichkeit der RPM-Erzeugung zwar ebenfalls, allerdings war diese Option ziemlich gut versteckt. Zudem kann nicht jede Linux-Distribution mit RPM-Archiven umgehen. Mit einer weiteren Backup-Methode spendierten die Entwickler der Software ein großes Stück Plattformunabhängigkeit.

Bottle-System

Von diesen Bottles können Sie im Prinzip so viele anlegen, wie Sie möchten. Befinden Sie sich im Einzelanwender-Modus, so legt CrossOver Office die Container in einem persönlichen Ordner /home/<user>/.cxoffice/<bottle-name> an. Legen Sie vor der ersten Installation einer Windows-Software keinen Container an, schlägt CrossOver Office eine Bottle inklusive passender Konfiguration vor.

Da verschiedene Bottles komplett voneinander getrennt sind, müssen Sie Software oder Pakete wie zum Beispiel die „Core Fonts“ doppelt installieren. Dafür genießen Sie die Freiheit, jeden dieser Container ganz individuell anzupassen. Die Verwaltungs-Tools der Bottles finden Sie im Menüpunkt CrossOver - Configuration.

Separater Start aller Bottles

Benutzern von CrossOver Office 4 dürfte aufgefallen sein, dass der Menüpunkt Reboot Windows verschwunden ist. Grund hierfür ist auch das Bottle-System. Sie können die einzelnen Umgebungen separat neu starten. Dazu klicken Sie zuerst auf den Container und danach auf den Button Configure. Im letzten Kartei-Reiter Control Panel finden Sie das bekannte Stiefel-Symbol, um diese Bottle zu einem Neustart zu bewegen.

Es gäbe für den Reboot-Prozess auch eine Schnell-Variante. Dieser führt allerdings auf die Kommandozeile. Im Verzeichnis /<cxoffice-Installationsverzeichnis>/bin/ finden Sie die ausführbare Datei cxreboot. Diese Datei, mit dem Switch --bottle <bottlename> aufgerufen, simuliert ebenfalls einen Neustart dieser Windows-Umgebung. Zum Beispiel

/<cxoffice-Installationsverzeichnis>/bin/cxreboot --bottle win98

würde einen simulierten Reboot des Containers win98 erzwingen. Ähnlich verhält es sich mit der Datei cxreset. Diese geht allerdings etwas radikaler vor, killt den WINE-Prozess und startet diesen neu. Auch hier könnten Sie --bottles verwenden oder die gesamte Applikation neu starten. Für mehr Informationen können Sie die Binärdateien von CrossOver Office mit dem Schalter --help aufrufen.

/<cxoffice-Installationsverzeichnis>/bin/cxreset --help

Sicherung und Wiederherstellung

Im Prinzip hat CrossOver Office sogar zwei verschiedene Sicherungssysteme implementiert. Das eine eignet sich allerdings nicht für alle Linux-Varianten. Sie haben nämlich die Möglichkeit, aus den verschiedenen Bottles ein RPM-Archiv zu erzeugen. Bei RPM-basierten Linux-Systemen wie zum Beispiel Red Hat, Fedora, SUSE oder Mandriva können Sie somit die komplette Installation einfach transferieren.

Das eignet sich zum Beispiel für Massen-Installationen. So können Sie ein Muster erstellen und das RPM auf anderen Computern wieder einspielen. Dies ist nicht ganz neu, denn CrossOver Office 4 konnte das auch schon. Die Entwickler haben jedoch die GUI überarbeitet, so dass das entsprechende Menü einfacher zu finden ist.

Die zweite Möglichkeit besteht darin, den Button Archive zu benutzen. Die Software komprimiert die entsprechenden Bottles und Sie können das Archiv auf jedem Rechner wieder einspielen, der CrossOver Office 5 installiert hat. Die Namensgebung bei dieser Option ist standardmäßig <Bottle-Name.cxarchive>.

Im Prinzip steht dahinter eine gzip-Datei mit maximaler Kompression. Spielen Sie ein Archiv zurück, fragt die Software nach einem Namen für die Bottle. Somit könnte man diese Funktion sogar für das Klonen von Containern verwenden, sollten Sie das benötigen.

Installation von Windows-Software

In diesem Bereich hat sich wenig getan. Lediglich die Kompatibilitätsliste ist etwas länger geworden. Wer CrossOver Office kennt und im Einsatz hat, findet sich sehr schnell in Version 5 zurecht.

Neulinge haben die Möglichkeit, ein bisschen weiter hinter die Kulissen des Programms zu schauen, indem sie den tecCHANNEL-Artikel „CrossOver Office: Windows-Programme unter Linux“ online nachlesen. Die Technologie blieb im Großen und Ganzen gleich. Die GUI hat sich geändert und die bereits erwähnten neuen Features haben Einzug gefunden.

Kompatibilitätsliste

CrossOver Office 5 bietet im Gegensatz zu den Vorgängerversionen noch mehr Unterstützung für Windows-Programme. Am interessantesten dürfte wohl sein, dass Microsoft Office XP und Microsoft Office 2003 funktionieren. Zumindest teilweise. Access XP gibt codeweavers.com als „known not to work“ an. Word 2003 hingegen hat bereits Bronze-Status erreicht. tecCHANNEL testete Word 2003 unter CrossOver Office 5 und es gab keinerlei Aussetzer oder Abstürze. Dennoch lohnt sich sicher ein Blick in die Kompatibilitätsliste des Software-Herstellers. Wer sich zum Beispiel mit PowerPoint 2000, Word 2000 und Excel 2000 zufrieden gibt, der fährt mit der Software sehr gut. Diese Produkte haben bereits „Gold“-Status erreicht.

Auch Photoshop 7 wurde einem Test unterzogen. Der erteilte „Silver“-Status ist mehr als gerechtfertigt. Das Programm lässt sich reibungslos installieren. Auch die Nachbearbeitung und Manipulation von Bildern läuft ohne Abstürze oder andere Probleme ab.

Fazit

CrossOver Office 5 lässt noch mehr Windows-Programme unter Linux laufen als seine Vorgängerversion. Microsoft-Office-Produkte unterstützt die Software besser und sie laufen noch stabiler. Dazu trägt unter anderem das Container- oder Bottle-System bei.

Sollten Konfigurationskonflikte auftreten, so hat der Anwender die Möglichkeit, eine neue Bottle zu erstellen und diese auf die Bedürfnisse der Windows-Software anzupassen. Somit ließe sich theoretisch jede Software in einer eigenen Windows-Umgebung ausführen. Das funktioniert außerordentlich gut.

Die einzige Ungereimtheit ist, dass sich das Clipboard manchmal nicht Container-übergreifend einsetzen lässt. Das bedeutet im Klartext, ausgehend von den Bottles Win2000 und Win98: Hin und wieder funktioniert ein Cut-and-Paste von Internet-Explorer unter Win98 laufend zu Word unter Win2000. Manchmal funktioniert es seltsamerweise nicht. Als Workaround bei Texten hilft zuweilen ein Zwischentransfer in ein Linux-Programm, wie zum Beispiel KWrite, Kate oder Openoffice.org.

Die Software kostet in Deutschland ab zirka 37 Euro als Standardversion und ab zirka 65 Euro für die Professional-Version. Updates von früheren Versionen gibt es ab zirka 34 Euro für die Professional-Variante. Einen deutschen Vertrieb finden Sie auf der deutschsprachigen Seite von Codeweavers.com. CrossOver Office 5 ist ein gelungenes Produkt und schafft einen guten Kompromiss für Linuxer, die trotzdem bestimmte Windows-Programme benötigen. (jdo)