Grundlagen Customer Relationship Management, Teil 1

CRM - Ziele, Aufgaben und Komponenten

15.10.2008 von Klaus Manhart
Customer Relationship Management ist für jedes größere Unternehmen eine unverzichtbare Erfolgssäule. Eine wesentliche Rolle beim CRM übernimmt dabei die IT. Unsere CRM-Grundlagenserie erläutert zunächst, welche Ziele CRM verfolgt und für welche Aufgaben es eingesetzt wird.

Die Beziehung zum Kunden ist für Unternehmen in Zeiten globalisierten Wettbewerbs und weitgehend austauschbarer Produkte ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Und das mit gutem Grund: Wer viel über den Kunden weiß, geht besser auf seine Bedürfnisse ein, bindet ihn stärker an das Unternehmen – und macht letztendlich mehr Gewinn. Dieses entscheidende Wissen um den Kunden ist das Thema von Customer Relationship Management, kurz CRM.

„Kundenbeziehungsmanagement“ - so die wortwörtliche, aber kaum verwendete Übersetzung des Begriffs - widmet sich also der Kundenbindung und Kundenpflege. Letzteres nutzt heute praktisch jedes größere Unternehmen und setzt dabei auf IT-Unterstützung – schließlich geht es um bares Geld. Um bis zu 85 Prozent wird beispielsweise laut einschlägiger Studien der Gewinn eines Unternehmens erhöht, wenn es gelingt, die Kundenabwanderungsquote um nur fünf Prozent zu senken.

CRM ist deshalb heute im Geschäftsleben unabdingbar. Dabei ist der Grundansatz alles andere als neu. Wie erfolgreiche Kundepflege und -bindung funktioniert zeigte früher jeder kleine Tante-Emma-Laden. Tante Emma war eine exzellente Expertin auf diesem Gebiet. Sie kannte viele ihrer Kunden beim Namen, wusste über deren Vorlieben Bescheid und konnte so auf deren individuelle Wünsche besser reagieren. Man fühlte sich dort als Kunde verstanden, geschätzt und gut beraten – und kam gerne wieder.

Heute haben die meisten Firmen das Problem, dass der Kontakt mit dem Kunden über mehrere Ansprechpartner, Abteilungen oder gar externe Partner läuft. Der Vertrieb sammelt seine Daten an einer anderen Stelle als das Marketing oder das Call Center. Hinzu kommen noch die verschiedenen Kommunikationsmedien. Es wird gefaxt, telefoniert und gemailt und ab und zu kommt noch ein normaler Brief rein. Wer soll hier den Überblick bewahren? Und den Kunden persönlich und bedürfnisorientiert ansprechen?

Artikelserie

Teil 1: CRM - Ziele, Aufgaben und Komponenten

Teil 2: Analytisches CRM - Methoden und Fallbeispiele

Teil 3: Die wichtigsten Komponenten von CRM-Systemen

TecChannel-Studie: Welche CRM-Lösungen sind die Besten?

Ziele von CRM

Customer Relationship Management will das Tante-Emma-Prinzip in moderner, optimierter Form in den Betrieb zurück bringen. Es soll helfen, das Verhalten jedes einzelnen Kunden einer Firma zu ermitteln und seine speziellen Wünsche kennen zu lernen. Dazu werden die verteilten Kundendaten zusammengeführt, ausgewertet und bei Bedarf allen oder bestimmten Mitarbeitern zur Verfügung gestellt. Wichtig ist dabei immer eine ganzheitliche, strategische Perspektive: Alle Unternehmensbereiche sollen integriert und auf den Kunden ausgerichtet werden.

Auf diese Weise können Kundenbeziehungen dauerhaft aufgebaut und gepflegt werden. Neue Kunden werden via CRM gezielt identifiziert, bestehende Kunden an das Unternehmen eng gebunden und das Abwanderungsrisiko drastisch minimiert. Letztendlich sollen mit CRM mehr Kunden, zufriedenere Kunden und profitablere Kunden gewonnen werden.

Konkret gibt es für ein Unternehmen fünf Beweggründe, warum sich die Einführung von CRM lohnt.

Um all diese Ziele zu erreichen, müssen Unternehmen ihre Abteilungen und Partner miteinander vernetzen.

CRM ist nicht gleich Software

CRM ist ein organisatorischer Ansatz und hat zunächst mit Software nichts zu tun. Wer meint, er kann seine schlechte Kundenbindung dadurch lösen, dass er sich eine CRM-Software kauft, irrt. Bevor an die Einführung von Software zu denken ist, müssen zuerst die strategischen Ziele und die erforderlichen kundenorientierten Geschäftsprozesse eines Unternehmens klar expliziert werden.

Dabei ist beispielsweise die Architektur des Unternehmens und seiner Absatzpartner darauf zu überprüfen, ob eine Zusammenführung und Bereitstellung aller Kundeninformationen möglich ist. Können etwa alle relevanten Geschäftsprozesse in das CRM-Konzept eingebunden werden? Wo liegen die Kontaktpunkte zwischen Unternehmen und Kunde? Sind dort alle Kundeninformationen verfügbar?

Zentrum Kunde: CRM dient der Ausrichtung des Unternehmens auf den Kunden.

Erfolgsfaktoren der CRM-Einführung beinhalten unter anderem klare Ziele, Strategien und Konzepte, Aufnahme und Optimierung von Geschäftsprozessen. Des Weiteren sollte nicht nur der Ist-Zustand abgebildet, sondern auch der Soll-Zustand erarbeitet werden. Diese strategischen Themen liegen allerdings nicht im Fokus dieser Beiträge.

Erst wenn alle grundsätzlichen und vorbereitenden Schritte abgeschlossen sind, kann man an die Einführung eines IT-Systems denken. Eine CRM-Software ist also nicht der erste Schritt zu CRM, aber ohne Software ist Kundenbeziehungsmanagement heute undenkbar. Erst Software-Lösungen machen eine effiziente Umsetzung von CRM in der betrieblichen Praxis möglich.

CRM-Systeme - Grundsätzliches

Ein CRM-Programm hat insbesondere drei Aufgaben.

Beispiele für die zweite Aufgabe sind: Die Identifikation besonders profitabler Kunden, die Ermittlung der Kaufwahrscheinlichkeit pro Kunde für ein Produkt oder die Identifikation des Kanals, über den ein Kunde am besten erreichbar ist.

Die IT-technische Basis des CRM bildet eine einheitliche Kundendatenbank, in der sämtliche Kundeninformationen zusammen mit den abgewickelten Transaktionen gespeichert werden. Auf diese Daten sollten alle Unternehmensbereiche zugreifen können, um so dem Kunden gegenüber koordiniert aufzutreten. Diese Daten sollten im Idealfall außerdem integriert und aufbereitet werden, um im Unternehmen an jeder Stelle in der passenden Zusammenstellung zur Verfügung zu stehen.

Breites Angebot: CRM-Software gibt es in Hülle und Fülle – im Bild der combit Relationship Manager mit fiktiven Kundendaten. (Quelle: Combit)

Die Palette an CRM-Software erstreckt sich von einfachen Kontakt-Managementlösungen über selbstständige Kundenservicelösungen bis hin zu komplexen Systemen, die alle Bereiche des Kundenlebenszyklus berücksichtigen. Überwiegend basieren CRM-Systeme auf Standard-Software-Produkten. Solche Programme sind in breiter Vielfalt und in allen möglichen Preisklassen auf dem Markt. CRM-Lösungen für besonders hohe Anforderungen können aber auch als Individuallösung erstellt werden. Mehr zu CRM-Software später.

Aufgaben von CRM

In der Praxis kann ein CRM-System mehrere unterschiedliche Aufgabenbereiche übernehmen. Dazu gehört erstens die Integration aller Kundenkontaktpunkte, also der Schnittstellen, an denen Kunden das Unternehmen kontaktieren. Dazu sammelt ein CRM-System die Daten aller Abteilungen, die im Unternehmen Kundenkontakt haben. In der Regel sind das Service, Marketing und Vertrieb. Wichtig ist dabei, wirklich sämtliche Kontaktpunkte zum Kunden einzubeziehen - also alle Möglichkeiten, die der Kunde hat, eine Frage, einen Auftrag oder einen Wunsch an das Unternehmen zu übermitteln. All diese Informationen sollten zusammengeführt werden.

Ein zweiter Aufgabenbereich ist die Bündelung der Kommunikationskanäle: Sämtliche Kommunikationskanäle zum Kunden müssen in ein CRM-System integriert werden. Das sind insbesondere persönliche Kontakte, der Schriftverkehr, Telefonate, Faxe und E-Mails. Auch Bestelldaten sind wichtig und sollten gespeichert werden.

Drei Varianten des CRM: Operatives, kollaboratives und analytisches Beziehungsmanagement.

Ein dritter Aufgabenbereich ist die Integration aller kundenbezogenen Aktivitäten in die gesamte Wertschöpfungskette. Dies erfordert hohe Anstrengungen, da nicht nur interne Abteilungen, sondern auch externe Partner einbezogen werden sollten. Dies gelingt nicht jedem Unternehmen, sollte aber im Sinne einer umfassenden, ganzheitlichen Kundenperspektive unbedingt angestrebt werden.

Eine vierte, wesentliche Säule bildet schließlich die Kundeninformation: Sie ist wichtig, weil die aktuellen Bedürfnisse und Wünsche des einzelnen Kunden berücksichtigt werden müssen. Statt Massen-Marketing, bei der man alle Kunden einheitlich behandelt, muss beispielsweise jeder Kunden individuell, „personalisiert“ angesprochen werden. „One-to-one-Marketing“ ist das Schlagwort, das diesen Ansatz kennzeichnet.

Entsprechend dieser Aufgabenstellungen wird deshalb auch vom operativen (1. Aufgabe), kommunikativen (2. Aufgabe), kollaborativen (3. Aufgabe) und analytischen CRM (4. Aufgabe) gesprochen. Diese Aufgabenbereiche werden nun etwas detaillierter vorgestellt.

Operatives CRM

Das operative CRM bildet die Basis und unterstützt Mitarbeiter in Bereichen, in denen ein direkter Kundenkontakt besteht. Aufgabe des operativen CRM ist eine weitgehende Automatisierung von Kundenaktivitäten, -prozessen und –kampagnen. Dafür stellen CRM-Systeme entsprechende Tools bereit.

Im Mittelpunkt stehen dabei Front-Office-Anwendungen wie Call-Center-Lösungen oder Sales-Force-Automation-Tools. Mit diesen lassen sich Aktivitäten des direkten Kundenkontaktes automatisieren und optimieren. Das Front-Office selbst ist an die vorhandenen Back-Office-Systeme wie beispielweise ein ERP-System oder eine SCM-Lösung angebunden. Die Verbindung zwischen Front-Office und Back-Office ist wichtig, um den Kunden zum Beispiel die Verfügbarkeit oder den Liefertermin eines Produktes angeben zu können.

Operatives CRM findet vor allem im Marketing, Vertrieb und Service Anwendung. Im Vertrieb ist es wichtig, dass der Vertriebsmitarbeiter über den Kunden und die Produkte umfassend informiert ist. Zentrales Instrument ist dabei ein Kontaktmanagement, in dem alle Kundeninteraktionen gespeichert sind. Ein CRM-System stellt darüber hinaus Produktinformationen zur Verfügung und liefert Argumentationshilfen, stellt ein Termin- und Zeitmanagement bereit sowie Auftrags- und Angebotsmanagement.

Grundlegende CRM-Elemente. Der Workflow zwischen Marketing, Sales und Service sowie Backoffice, Kundendatenbank und Analyse/Auswertung.

Im Servicebereich unterstützt ein CRM-System die Aufnahme und Bearbeitung von Beschwerden. Diese lassen sich dann auch gleich auswerten. Analysen von Beschwerden geben Aufschluss über die Qualität der Beschwerdebearbeitung – beispielsweise durch Dauer, Kosten oder Mitarbeitererreichbarkeit. Technische Anfragen lassen sich über einen Helpdesk beantworten, der als wissensbasiertes Datenbank-System Fragen und Problemstellungen der Nutzer aufnimmt.

Beim operativen CRM entstehen Daten, die für das spätere analytische CRM genutzt werden. Es handelt sich dabei meistens um Informationen, die bei typischen Transaktionen gebraucht werden: Kontonummern, Telefonnummern, Produktvorlieben oder andere „gesichtslose“ Datenelemente.

Kommunikatives CRM

Der Fokus beim kommunikativen CRM liegt beim Kundenservice. Hierunter fallen alle Systeme, die mit der Unternehmen-Kunden-Kommunikation zusammenhängen. Konkret macht kommunikatives CRM die verschiedenen Kommunikationskanäle für den Kundenkontakt verfügbar. Es spricht die Kundenkontaktpunkte, also die direkte Schnittstelle zum Kunden, an.

Inzwischen spielen beim kommunikativen CRM sehr viele Kanäle eine Rolle, so dass sich mittlerweile auch der Ausdruck „Multichannel-Management“ etabliert hat. Technisch ist das Handling der unterschiedlichen Kanäle keine einfache Aufgabe, denn jeder Vertriebskanal hat seine eigenen Gesetze.

Ein sehr wichtiger Kanal ist das Call-Center, dessen Telefonanlage mit der Kundendatenbank verbunden sein sollte. Dies erlaubt den Call-Agents direkten Zugriff auf die Daten des anrufenden Kunden. Eine wichtige Unterscheidung ist hier das Outbound-Call-Center, welches einen aktiven Zugang zum Kunden realisiert – etwa Marktforschung via Telefon - und dem Inbound-Call-Center, beim dem der Kunde das Unternehmen kontaktiert – also beispielweise die klassische Hotline.

Das Internet und die damit verknüpften Technologien spielen heute mindestens eine ebenso große Rolle. E-Commerce, E-Business, E-Shopping und die damit verbundenen Aktivitäten wie Suchmaschinen-Marketing, virales Marketing oder Newsletter-Versand werden heute auf breiter Basis eingesetzt. Diese werden um E-Mail, Voicemail und SMS ergänzt.

Nicht zu vergessen sind schließlich noch die klassischen Direkt-Marketing-Instrumente wie Post, Fax und Face-to-Face-Kommunikation. Angesichts der zunehmenden Bedeutung des „E-Channel“ rücken die klassischen Medien allerdings etwas in den Hintergrund und die Internet-basierte Kommunikation entwickelt sich mehr und mehr zu einer der Hauptquellen für Kundendaten. Kombiniert mit Daten aus anderen Bereichen eröffnet dieser Vertriebsweg neue Möglichkeiten bei der Interpretation des Kundenverhaltens.

Kollaboratives CRM

Die dritte Säule des Kundenbeziehungs-Managements, kollaboratives CRM, erweitert den Aktionsradius über die unmittelbar kundenbezogenen Bereiche Marketing, Vertrieb und Service hinaus. Es bezieht die übrigen Funktionsbereiche von Unternehmen und vor allem auch externe Partner, Dienstleister und Lieferanten stark ein.

In der Praxis kann dies zum Beispiel bedeuten, dass CRM nicht nur im Unternehmen eingesetzt wird, sondern ausgedehnt wird auf Zulieferer und Agenturen. Auf diese Weise sollen Optimierungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette möglich werden und alle bislang erwähnten Aspekte zu einem integrativen Management-Ansatz zusammengefasst werden.

Ein Beispiel aus der Automobilbranche soll kollaboratives CRM verdeutlichen: In die Wertschöpfungskette lässt sich hier neben dem eigentlichen Händler, den der Kunde aufsucht bzw. zuerst kontaktiert, noch der Automobilhersteller via CRM einbeziehen. Als Kommunikationskanäle stehen unter anderem Brief, Telefon, Internet, E-Mail oder der Außendienst zur Verfügung. Die Kundenkommunikation übernimmt in der Automobilindustrie oft ein Customer Interaction Center des Automobilherstellers, das alle Kanäle nutzt. Zur Unterstützung werden Technologien wie Computer Telefony Integration eingesetzt, die eine Verbindung zwischen einer TK-Anlage und dem Computersystem übernimmt.

Bei einem eingehenden Anruf wird der Kunde automatisch mit Hilfe einer Rufnummernerkennung identifiziert. Gleichzeitig werden sofort relevante Daten wie Kundenbesonderheiten, frühere Gesprächsergebnisse, Mail- und Briefinhalte sowie Argumentationshilfen auf dem Bildschirm des Mitarbeiters platziert. Aktivitäten vom Automobilhändler und –hersteller lassen sich so koordinieren. Durch solche Aktivitäten entlang der gesamten Wertschöpfungskette können die Prozesskosten, der Medieneinsatz sowie die Prozessgeschwindigkeit noch weitreichender optimiert werden.

Fazit

Ziel des CRM ist, das Tante Emma Prinzip ins Informationszeitalter zu übertragen. Es soll dafür sorgen, dass Kundendaten zentral zur Verfügung stehen und die Prozesse um den Kunden transparenter und effektiver gestaltet werden können. IT-Systeme helfen dabei, jedoch sollte CRM zuoberst einer Unternehmensstrategie unterliegen, auf deren Basis IT-Systeme dann eingesetzt werden.

Ein CRM-System kann mehrere Aufgaben erfüllen. Im operativen CRM werden durch die IT-Systeme gewonnenen Kundendaten automatisiert Mitarbeitern zur Verfügung gestellt. Das kommunikative CRM spricht direkt die Kundenkontaktpunkte an und bündelt die verschiedenen Kommunikationskanäle. Kollaboratives CRM versucht, alle Kundenkontakte entlang der gesamten Wertschöpfungskette einzubeziehen und zu nutzen.

Ein eher komplexeres Thema ist der vierte Aufgabenbereich, der bislang ausgespart wurde: Analytisches CRM. Dieser Aufgabenbereich verarbeitet und analysiert die Kundendaten mit Hilfe bestimmter Verfahren und Tools wie Data Mining. Analytisches CRM ist Thema des zweiten Teils der Artikelserie. (ala)

Artikelserie

Teil 1: CRM - Ziele, Aufgaben und Komponenten

Teil 2: Analytisches CRM - Methoden und Fallbeispiele

Teil 3: Die wichtigsten Komponenten von CRM-Systemen

TecChannel-Studie: Welche CRM-Lösungen sind die Besten?