IT im Mittelstand

CRM meets ERP - warum das eine mit dem anderen können muss

24.09.2014 von Ingo Käsehage
Eine enge Verknüpfung von Customer-Relationship-Management (CRM)- und ERP-Software ist mehr als eine Pflichtaufgabe. Sie eröffnet gerade auch kleinen und mittelständischen Unternehmen zusätzliche Chancen – vom verbesserten Kundenservice bis hin zu neuen Umsatzströmen.

Es gibt nicht viele Unternehmen, die ohne ein ERP-System auskommen. Traditionell stellt ein ERP-System die Basis für ein Unternehmen dar. Die Verwaltung der Produkte und Leistungen eines Unternehmens, die es am Markt anbietet, ist essentiell. Hätte man diese Möglichkeiten nicht, würde das reine Chaos herrschen. Von daher starten die meisten Unternehmen auch mit einem ERP-System und haben bereits entsprechende Erfahrungen gesammelt.

Wenn sich das Geschäft entwickelt, stellendie meisten Unternehmen fest, dass ein ERP-System für die Kundenbetreuung einfach nicht ausreicht und ein CRM-System nicht ersetzen kann. Teilweise versucht man, mit dem ERP-System einfache CRM-Funktionen abzubilden; hier kommt man jedoch erfahrungsgemäß nicht weit.

CRM- und ERP-Systeme sollten in der Praxis reibungslos zusammenspielen.
Foto: Käsehage & Lauterhahn CRM-Beratung GmbH

Wenn man sich für die Anschaffung einer CRM-Software entschieden hat, kommt neben dem allgemeinen CRM-Projekt auch die Fragestellung auf, ob und wie CRM und ERP aneinander angebunden werden können. Der gerne genommene Ansatz "weniger ist oft mehr" gilt hier allerdings nicht. Für einen erfolgreichen Auftritt am Markt bedarf es einer optimalen Anbindung von ERP und CRM.

Welchem System "gehören" die Daten?

Zuerst ist zu entscheiden, welches System für welche Daten die Datenhoheit erhält. Diese Fragestellung ist im Detail oft viel schwieriger, als man im ersten Moment annimmt. Normalerweise liegen die Stammdaten zu Produkten und Kunden im ERP-System und dürfen auch nur dort geändert werden. Informationen zu Änderungen von Stammdaten auf Kundenseite werden allerdings meistens im direkten Kundenkontakt aufgedeckt. Die Mitarbeiter im Vertrieb arbeiten aber klassischerweise mit dem CRM-System und nicht mit dem ERP. Hier gilt es, für alle Entitäten die Prozesse genau abzustimmen und zu entscheiden,

In diese Abstimmung entsprechenden Aufwand zu investieren macht sich im späteren Einsatz einer CRM-Software bezahlt. Dazu drei Beispiele aus der Praxis:

1) Kundenservice: Kundenzufriedenheit durch 360-Grad-Kundensicht

Der Kundenservice arbeitet mit einem entsprechenden Servicemodul inklusive eines Ticketsystems in der CRM-Software. Hier werden alle Kundenanfragen gebündelt, beispielsweise. bei einer Bestellung von Ersatzteilen, Störungen, Reklamationen oder Fragen im Bereich des Zahlungsverkehrs.

Für den Kundenservice ist es entscheidend, alle Kundenanfragen in der CRM-Software zu kategorisieren und zu priorisieren. Anschließend müssen entsprechende Prozesse greifen, um die Anfrage an die zu bearbeitende Stelle weiterzuleiten. Die Organisation des gesamten Vorfalls erfolgt also im CRM-System.

Die wesentlichen Informationen, die Mitarbeiter zur Bearbeitung von Serviceanfragen benötigen, kommen jedoch aus dem ERP-System. Für den Servicemitarbeiter ist es essentiell, auf Kundenebene im CRM-System unmittelbar die für ihn relevanten Informationen abrufen zu können, wie etwa Artikel- und Seriennummern, Preise sowie Wartungszyklen zu allen Produkten, die der Kunde gekauft hat. Darüber hinaus müssen Fragen zu Zahlungsbedingungen und offenen Posten, aber auch zu Vertragsbestandteilen oder Marketingaktionen beantwortet werden können.

Wie negativ es sich auf die Kundenzufriedenheit auswirkt, wenn der Servicemitarbeiter Informationen nicht vorliegen hat, weiterverbinden muss oder einen - vielleicht Tage später erfolgenden - Rückruf ankündigt, kann sicherlich jeder aus eigener Erfahrung beurteilen. Umgekehrt ergibt sich die Chance, aus einer Anfrage mit negativem Hintergrund - etwa einem Störungsfall - mit gutem Service den Kunden von seiner Kompetenz und Kundenorientierung zu überzeugen.

2) Rückrufaktion: Kostenersparnis durch operative CRM-Umsetzung

Anhand einer Auswertung fiel auf, dass sich eine Häufung gleichartiger Servicefälle ergab. Ursache ist immer ein bestimmtes Produkt oder eine Baureihe. Anhand näherer Untersuchungen konnte anschließend festgestellt werden, dass dieses Produkt mit einem Mangel behaftet ist, der einen Rückruf unvermeidbar macht. Der Anlass gibt natürlich keinen Grund zur Freude. Umso mehr kommt es darauf an, den Vorfall professionell anzugehen und dem Kunden aufzuzeigen, dass man auch in schlechten Zeiten ein verlässlicher Partner ist.

Wie sieht ein konkretes Vorgehen nun aus?

Die Umsetzung erfolgt mit dem Marketingmodul des CRM-Systems. Was normalerweise im Rahmen einer Zielgruppendefinition für Vertriebskampagnen erfolgt, wird nun für eine Rückrufkampagne genutzt.

Die Informationen darüber, welcher Kunde das fehlerbehaftete Produkt gekauft hat, sind originär im ERP-System vorhanden. Über die CRM-ERP-Anbindung können die Daten nun auch im CRM-System verfügbar gemacht werden. Über eine Selektion werden im CRM die geeigneten Ansprechpartner abgefragt, ebenso die präferierten Kommunikationskanäle und -merkmale. Die Erstansprache der Kunden, die anschließende Nachverfolgung und die Erfassung der Kunden-Response erfolgen ebenfalls in der CRM-Software direkt in der Rückrufkampagne.

Sowohl die Steuerung als auch die operative Umsetzung erfolgt hier mit dem CRM-System. Ein aktueller Stand über den Verlauf der Aktion ist jederzeit auswertbar. Das hätte das ERP-System nicht leisten können. Umgekehrt wäre der Nutzen des CRM-Systems ohne die Informationen aus dem ERP-System nur begrenzt. Ein hoher manueller Aufwand wäre die Folge gewesen. Auch hier zeigt sich, dass ein System allein in der Situation dem Unternehmen nicht ausreichend weiterhilft: es kommt auf das Zusammenspiel beider Systeme an.

3) Vertriebsmitarbeiter: Ertragssteigerung durch Vertriebshinweise

Der Mitarbeiter im Vertrieb nutzt die CRM-Software in seiner täglichen Arbeit. Ob zur Nachverfolgung von offenen Vorgängen oder zur direkten Vorbereitung von Telefonaten oder Kundenterminen: Auch hier benötigt er eine umfassende Sicht auf alle Kundendaten. Neben der reinen Zurverfügungstellung von Daten kann das CRM-System aber noch mehr. Im Rahmen eines analytischen CRMs werden die zur Verfügung stehenden Daten ausgewertet. Auf Basis dieser Auswertung werden anschließend Vertriebshinweise für die Mitarbeiter generiert.

Über das ERP-System wird etwa die Kaufhistorie eines Kunden im CRM-System abgebildet. Durch entsprechende Analysefunktionen und auf Basis einer Kundensegmentierung kann das CRM nun dem Mitarbeiter im Rahmen eines Potenzialmanagements Vertriebshinweise anzeigen. Ziel wird es natürlich sein, die Produkte mit den höchsten Gewinnpotenzialen (Informationen aus ERP oder einem Data Warehouse) und der höchsten Kaufwahrscheinlichkeit (analysiert im CRM auf Basis der Kundensegmentierung und der damit einhergehenden Kundenbedürfnisse) als Erstes im Kundengespräch anzubieten.

Dieses Beispiel zeigt ebenfalls, dass die Daten aus dem ERP-System die Basis darstellen, aufgrund dessen in der CRM-Software Prozesse in Gang gesetzt werden.

Fazit

Die Nutzenpotenziale einer guten Anbindung von ERP- und CRM-Systemen sind offensichtlich. Allerdings muss diese auch wirklich reibungslos funktionieren und die Prozesse optimal unterstützen. Hierauf sollten gerade kleinere und mittelständische Unternehmen beim Einführen einer CRM-Software besonders achten und sich gegebenenfalls externe Hilfe holen. (wh)

CRM: Die sechs wichtigsten Grundbausteine -
CRM: Die sechs wichtigsten Grundbausteine
Die folgenden sechs Aspekte sind wesentliche Elemente, die Ihr CRM-System für eine effektives und erfolgreiches Kunden-Management beherrschen sollte.
1. Marketing-Operations-Management
Tool-Unterstützung ist heute in allen Phasen des Kampagnen-Managements von der Workflow-Definition über die Kampagnenplanung bis hin zur -ausführung und -berichterstattung Standard. Wirkliche Wettbewerbsvorteile lassen sich dann erzielen, wenn das Tool auch finanzielle und personelle Ressourcen wie zum Beispiel Call Agents steuert, und wenn Digital-Asset-Management integriert ist, um zusätzlich Kundenloyalität aufzubauen.
2. Kampagnen-Management
Hier entsteht Customer Experience! Es muss zwar nicht gleich die Stelle eines Chief Customer Experience Officer geschaffen werden. Es sollten jedoch alle wichtigen Bereiche der werthaltigen Kundenselektion, Terminplanung, Echtzeitsteuerung der Kampagnen sowie Response-Verarbeitung inklusive Next-Best-Offer abgedeckt werden. Ein hoher Automatisierungsgrad ist Grundvoraussetzung für schnelles Handeln.
3. Omi-Channel-Integration
Die integrierte Aussteuerung in unterschiedliche Kanäle sollte nahtlos erfolgen. Für ein effektives Cross-Channel-Campaigning reicht es nicht, die verfügbaren Kanäle wie Social Media, Web, Call und Print zu bedienen. Darüber hinaus müssen Reports der Kampagnen stetig die Kosten-Nutzen-Kalkulation berücksichtigen und die Kanalauswahl proaktiv an die Kundenbedürfnisse anpassen. Erst wenn auch externe Dienstleister wie beispielsweise Call Center an das Kampagnen-Management gekoppelt sind, ist der Closed-Loop-Ansatz komplett.
4. Reporting
Um den Überblick über die steigende Zahl von Kundenkontakten zu behalten, gewinnt die visuelle Darstellung eine immer höhere Bedeutung. Dabei sind anwenderfreundliche, interaktive Dashboards, die auch mobil abgerufen werden können, schon lange keine netten Zusatzfunktionen mehr, sondern haben sich zum Standard entwickelt. Reporting ermöglicht Unternehmen ein Mehr an Quantität und Qualität in der Analyse von Kampagnenergebnissen.
5. Customer Insight
Zielgerichtetes Data Mining kann als das Schmieröl des CRM bezeichnet werden. Erst durch reibungslosen Informationsfluss zwischen den einzelnen CRM-Aspekten kann eine Rundum-Sicht auf den Kunden gewonnen werden. Analytische Modelle sollten beispielsweise den Kundenwert in Echtzeit prognostizieren, Segmentierungen vornehmen sowie Social Media Analytics und Geoanalysen ermöglichen.
6. Data Management
Als "Sockel des CRM" gilt ein stabiles und umfassendes Data- Management. Es schafft die operationale und technische Voraussetzung, um die Datenbasis in gepflegtem Zustand zu halten und die Performance für das Kampagnen-Management bereitzustellen. Um die Kontrolle über die Datenqualität zu behalten, wird im Rahmen der Data Governance die Datenverantwortung geregelt.