Customer Relationship Management

CRM-ERP-Integration

21.02.2011 von Klaus Manhart
Soll mit CRM die Beziehung zum Kunden optimiert werden, darf CRM-Software kein Inseldasein in der Unternehmens-IT führen. Erst die Verzahnung von CRM- und ERP-Systemen ermöglicht eine komplette Rundumsicht auf alle Kundendaten.

ERP- und CRM-Software verfolgen grundsätzlich unterschiedliche Aufgaben. CRM-Lösungen unterstützen alle Geschäftsprozesse im kundennahen Front-Office. Dazu gehört die Kontaktverwaltung, die Kontakthistorie, die Vertriebssteuerung oder das Kampagnen-Management. Mit CRM-Software bekommen Unternehmen eine Rundumsicht auf ihre Kunden.

ERP-Systeme unterstützen hingegen das Back-Office. Hier geht es nicht ums Verkaufen, sondern darum, die operativen Prozesse im Hintergrund möglichst effizient abzuwickeln. Typische Aufgaben eines ERP-Systems sind die Erfassung von Warenein- und -ausgängen oder die Generierung von Belegen wie Lieferscheinen und Rechnungen. Allgemein soll ein ERP-System die effektive Planung und Steuerung aller Ressourcen eines Unternehmens gewährleisten.

Unterschiedliche Aufgaben: CRM-Systeme unterstützen eher kundennahe Prozesse, ERP-Systeme operative Prozesse im Hintergrund.

Damit Geschäftsprozesse reibungslos und ohne Medienbrüche funktionieren, sollten ERP- und CRM-Systeme zusammenarbeiten. Ansonsten weiß CRM nicht, was ERP tut und umgekehrt – Datenlücken und die Unterbrechung von Geschäftsprozessen zwischen Frontend und Backend können die Folge sein. Beispielsweise ist ein Kunde dem ERP-System erst bekannt, wenn er im System angelegt ist. Die Vorgeschichte findet hingegen im CRM-System statt, wovon ERP nichts mitbekommt.

Oder ein Servicevertrag: Wenn der Vertrag laut CRM-Software verlängert werden soll, muss die Buchhaltung davon erfahren, damit eine Rechnung gestellt werden kann. Die ERP-Software sollte vom CRM-System darüber informiert werden. Aber auch umgekehrt muss das CRM-System wissen, wenn der Kunde den Servicevertrag bezahlt hat.

Beispiel Auftragsabwicklung

Wie wichtig die Durchgängigkeit von Prozessen zwischen Frontend und Backend für die Bearbeitung von Kundenprozessen ist, soll am Beispiel für die „Auftragsabwicklung“ in einem Call Center verdeutlicht werden. Dabei wird dem CRM-System die Rolle der Auftragserfassung zugeteilt, dem ERP-System die der Auftragsdurchführung.

Ein potenzieller Kunde ruft bei einem Call-Center-Mitarbeiter und fragt, ob ihm zu einem bestimmten Termin verschiedene Produkte geliefert werden können

  1. Der Call-Center-Agent stellt fest, dass sein CRM-System den Anrufenden noch nicht als Kunden führt. Um ein Angebot zu erstellen muss er Kundendaten im CRM-System erfassen. Diese werden später auch im ERP-System gebraucht.

  2. Der Mitarbeiter sucht die gewünschten Produkte im elektronischen Katalog und erstellt ein Angebot: Dazu gibt er die erforderlichen Produktdaten in das CRM-System ein, sowie die vom Kunden gewünschte Stückzahlen und Liefertermine.

  3. Wiederum müssen diese Daten in das ERP-System transferiert werden, das für die weitere Auftragsabwicklung zuständig sind.

  4. Mit Hilfe des ERP-Systems wird geprüft, ob die Produkte verfügbar sind und welche Konditionen für einen Neukunden gelten. Das ERP-System informiert, dass ein Teil der gewünschten Produkte nicht zum angegebenen Termin geliefert werden kann.

  5. Dies muss der Call-Center-Mitarbeiter dem Kunden mitteilen und mit ihm eine entsprechende Modifizierung des Auftrags besprechen.

  6. Nachdem der Kunde mit der Änderung des Auftrags einverstanden ist kann der Agent die Änderung ins CRM-System eingeben.

  7. Auch im ERP-System müssen die Auftragsdaten geändert werden, um die korrekte Ausführung zu gewährleisten.

Das Beispiel zeigt: Bei der Auftragsabwicklung muss der Call-Center-Mitarbeiter gleichzeitig mit zwei unterschiedlichen Systemen interagieren. Dies erfordert einen dauernden, ineffizienten Wechsel zwischen den zwei Programmen.

Auftragsabwicklung: In der Grafik links wird der beschriebene Ablauf der Auftragsabwicklung ohne Integration der beteiligten System dargestellt, rechts mit Integration.

Durch die mehrfache Dateneingabe entsteht nicht nur ein zusätzlicher Zeit- und Kostenaufwand, sondern auch das Problem der Inkonsistenz der Daten. Da CRM- und ERP-Software unabhängig voneinander eingesetzt werden, gibt es bestimmte Objekte, die auch in beiden Systemen vorhanden sind. Beide beinhalten beispielsweise Kundeninformationen, Verträge oder auch Teile der Auftragsabwicklung.

Vorteile der CRM-ERP-Integration

Die Probleme treten nicht auf, wenn CRM- und ERP-System integriert sind. Kundenprozesse und das Kundenbeziehungs-Management lassen sich dann reibungsloser abwickeln und mit anderen Unternehmensprozessen besser verzahnen. Vor allem fördert eine Integration beider Systeme die Zusammenarbeit von kundennahen Bereichen wie dem Vertrieb und abwicklungsnahen Bereichen wie dem Back-Office.

Die Kopplung beider Systeme hilft ferner, doppelte Datenpflege zu vermeiden. Anwender der einen Business-Lösung lassen sich komfortabel mit Informationen aus dem anderen Datentopf versorgen. Legt der Sachbearbeiter einen neuen Auftrag an, werden zum Beispiel die Auftragskopfdaten und die Kundendaten aus dem CRM-System in das ERP-System überführt.

Einfache Datenhaltung: Die Koppelung von CRM und ERP hilft, doppelte Datenpflege und damit Inkonsistenzen zu vermeiden.

Im Idealfall stehen Schlüsseldaten wie Kunden, Ansprechpartner, Artikel, Verkaufsbelege und Statistiken unabhängig vom Ort der Datenspeicherung unter einer vertrauten, einheitlichen Oberfläche zur Verfügung. Die Integration von CRM- und ERP-Daten wird automatisch vorgenommen. Gleichzeitig lässt sich durch die intelligente Verbindung der beiden Systeme redundante Datenhaltung vermeiden. Eine Synchronisierungsoption sorgt zusätzlich dafür, dass die Kundendaten in beiden Systemen immer auf dem aktuellsten Stand sind.

Geschäftsprozesse festlegen

Damit CRM und ERP kooperieren, müssen die Geschäftsabläufe und -prozesse aufeinander abgestimmt werden. Dabei gilt: Das Zusammenspiel von CRM und ERP hat sich an den Vertriebsprozessen und der Software auszurichten. Voraussetzung für eine CRM-ERP-Integration ist deshalb eine Neudefinition der Geschäftsprozesse und eine Überprüfung der vorhandenen Datenmodelle.

Grundsätzlich sollten bestimmte Daten ausschließlich im ERP-System, andere ausschließlich im CRM-System gespeichert sein. Beispielsweise muss man festlegen, wo sich die Adressdaten befinden sollen oder wer die Zahlungserinnerungen überwacht. Daten, die dann vom anderen System benötigt werden, werden zwischen den beiden Systemen über eine Schnittstelle ausgetauscht.

Normalerweise werden die Daten potentieller Kunden und Ansprechpartner im CRM-System geführt. Wird ein solcher Kunde zu einem reellen Kunden wandern die Daten ins ERP-System. Strategisch muss dabei festgelegt werden, wo der Schnitt im Vertriebsprozess zwischen CRM und ERP gemacht wird. Im Normalfall liegt dieser Schnitt vor bzw. hinter dem Angebot, konkreter: Vor der Auftragserteilung übernimmt das CRM-System die Masterrolle, nachdem der Auftrag fixiert wurde, das ERP-System.

CRM-ERP-Wechsel: Bei der Ausführung von Geschäftsprozessen wird die Grenze der jeweiligen Software überschritten und man muss zum anderen System wechseln.

Sobald Daten ausgetauscht werden, muss festgelegt werden, ob diese nur in eine Richtung oder in beide Richtungen transferiert werden. In diesem Fall übernimmt das eine System die Masterrolle, bei der die Daten bearbeitet werden, das andere eine reine Lesefunktion. In den meisten Fällen genügt die unidirektionale Richtung. Sie ist einfach und preiswert umsetzbar und verursacht keine Betriebsprobleme. Bei bidirektionalem Austausch muss hingegen definiert werden, was bei Konflikten und gleichzeitiger Bearbeitung eines Datensatzes im ERP- und CRM-System passiert.

Zudem muss definiert werden, welche Daten vom Kunden-Frontend zu welchen Zeiten ins ERP-Backend geschrieben werden. In der Regel erfolgt die Synchronisation der ERP- und CRM-Daten zu einer festgelegten Zeit, beispielsweise nachts. Bisweilen ist es auch sinnvoll, einzelne Datensätze wie Auftragsdaten auf Knopfdruck zu übertragen.

CRM-/ERP-Lösungen aus einer Hand

Am unproblematischsten ist die Verwendung einer bereits integrierten Allroundsystems, das sowohl ERP als auch CRM beherrscht. Da beides, ERP und CRM, eine Softwareeinheit bildet, gibt es bei der Zusammenarbeit und dem Datenaustausch keine Komplikationen. Die SAP-ERP-Lösung business one hat beispielsweise bereits ein CRM-Modul an Bord, das kleineren Unternehmen genügen dürfte. Viele andere ERP-Hersteller bieten ebenfalls CRM-Zusatzmodule an.

Auch die Nutzung getrennter Produkte desselben Herstellers bietet großen Komfort. Hier können ohne umfangreichere Anpassungen Prozesse und Datenobjekte unter Verzicht auf die Entwicklung von Schnittstellen systemübergreifend genutzt werden. Auch nach Updates und Bug Fixes kooperieren beide Lösungen komplikationslos weiter. Schließlich trägt der Hersteller die Verantwortung für die reibungslose Zusammenarbeit.

Schnittstelle Scribe: Der Datenfluss zwischen Microsoft Dynamics CRM und der ERP-Software Dynamics NAV (Quelle: Scribesoft)

In der SAP-Welt haben Vertriebsmitarbeiter beispielsweise die Wahl, Angebote und Aufträge wahlweise im ERP- oder CRM-System zu erfassen - das Resultat bleibt das gleiche. Microsoft bietet ebenfalls je ein CRM- und ein ERP-System: Microsoft Dynamics CRM und die ERP-Software Microsoft Dynamics NAV. Für den Datenabgleich zwischen den beiden Systemen lässt sich beispielsweise die Standardschnittstelle Scribe einsetzen. Angebote und Aufträge lassen sich damit in beiden Systemen synchron halten, die Preise kalkuliert das ERP-System.

Standard-Schnittstellen und Konnektoren

Doch nicht immer ist die CRM-Lösung des ERP-Anbieters und umgekehrt die erste Wahl. Tatsächlich betreiben viele Unternehmen aus historischen oder strategischen Gründen CRM- und ERP-Systeme unterschiedlicher Hersteller. Gewachsenen IT-Strukturen haben oft eine heterogene Landschaft unterschiedlichster Systeme entstehen lassen. Vor allem aber wollen sich viele Unternehmen nicht einem einzigen Hersteller auf Gedeih und Verderben ausliefern.

Verfügen CRM- und ERP-Software über systemunabhängige Techniken, ist auch eine CRM-ERP-Integration von Software unterschiedlicher Hersteller gut implementierbar. Zumindest für neuere Systeme existieren standardisierte Konnektoren von ERP-Systemen zu CRM-Systemen oder umgekehrt, die vom jeweiligen Hersteller oder von Integratoren angeboten werden. Die Konnektoren werden dabei innerhalb der Ablaufumgebung eines Application Servers ausgeführt, etwa eines Java-basierenden Applikations-Servers.

Im Normalfall beinhalten CRM-Lösungen Schnittstellen (APIs), um sie an ERP-Lösungen bzw. die Stammdaten der ERP-Lösung anzubinden. Über diese APIs stellen die Systeme eine Reihe von Funktionen und Prozeduren bereit, die außerhalb der Anwendungen aufgerufen werden können.

Die Schnittstellen operieren nicht auf dem Datenlayer sondern auf dem Businesslayer, sind oft über Web Services zugänglich und unterstützen den Entwickler in der Validierung von Dateneingaben. Einige Lösungen sind sogar SOA-ready, etwa Microsofts CRM-Lösung.

Integration auf Datenbankebene

Wichtig bei der Realisierung von Schnittstellen ist der Einbezug von Updates des ERP-Systems und des CRM-Systems. Um bei einem Update des einen oder anderen Systems nicht die komplette Schnittstelle neu entwickeln oder anpassen zu müssen, empfiehlt sich die Nutzung von Schnittstellen, die von den Herstellern unterstützt werden und für die der Hersteller die Kompatibilität auch über Releasewechseln hinaus gewährleistet.

Zu bedenken ist aber immer: Standardschnittstellen bringen zwar einen vordefinierten Funktionsumfang mit, wodurch der Einführungsaufwand minimiert wird. Allerdings weichen ERP-Systeme oft stark vom Standard ab. Zudem sind die Anforderungen an die Schnittstelle teilweise individuell. Manchmal kommt man deshalb um manuelle Anpassungen nicht umhin.

Schnittstellen lassen sich aber nicht nur auf der Funktionsebene, sondern auch auf der Datenbankebene realisieren. Schließlich sind in der Praxis meistens die Datenbanken von ERP und CRM getrennt, da Funktionalität, Bedienungskomfort, und Struktur von ERP-Datenbanken den operativen Anforderungen der Mitarbeiter im Marketing, Vertrieb und im Service oft nicht genügen.

Die Integration auf Datenbankebene ermöglicht es, Daten zwischen den Datenbanken des CRM- und ERP-Systems zu bewegen. Die Funktionsschicht wird dabei umgangen und es wird direkt auf die Daten zugegriffen, die ERP- bzw. CRM-System verwalten. Die Datenbanken des ERP- und des CRM-Systems werden bei einer Datenbank-Integration wechselseitig repliziert, so dass immer alle Daten in beiden Systemteilen zur Verfügung stehen.

Diese Integrationsform ist sehr flexibel, weil alle Daten der beiden Systeme im Zugriff stehen. Sie erfordert allerdings auch eine genaue Kenntnis des Datenmodells, da es durch die fehlende Geschäftslogik zu Fehlinterpretationen kommen kann.

Integrations-Middleware

Neben einer direkten CRM-ERP-Koppelung kommt schließlich auch die Verbindung über eine Integrations-Middleware in Frage. Ein Beispiel ist Oracles Application Integration Architecture (AIA) und Oracle Fusion Applications. Das Framework basiert auf der Business Process Execution Language (BPEL) und bietet Anwendern von Oracle-Produkten und ERP-Systemen vorgefertigte Integrationsschnittstellen.

Unternehmen, die viele unterschiedliche Oracle-Applikationen einsetzen, erhalten mit der AIA-Plattform die Möglichkeit, diese nahtlos miteinander zu verbinden. AIA und Anwendungen auf der Basis von Oracle Fusion nutzen für die Einbindung von Anwendungen jeweils eine SOA-basierte Integrationsschicht. Die technischen Grundlagen für die Integrations-Plattform AIA sowie für die Entwicklung von Fusion-basierten Applikationen stellt Oracles Fusion Middleware bereit.

SOA-basierte Integrationsschicht: Oracle Fusion Middleware ist die Basistechnologie, um mit AIA Anwendungen zu integrieren. (Quelle: Oracle)

Sinnvoll ist eine Integrations-Middleware aber nur, wenn nicht nur ERP- und CRM-Software, sondern mehrere Systeme in einer n-zu-m-Beziehungen miteinander verbunden werden müssen. Andernfalls ist eine so hohe Investition kaum zweckmäßig.

Fazit

Ein direkter Zugriff aus dem ERP-System auf Kundendaten der CRM-Software bietet einige Vorteile. Umgekehrt sollten auch ERP-Anwendungen auf CRM-Daten zugreifen können. Ohne entsprechende Verbindung von ERP- und CRM-Systemen ist professionelles Kundenbeziehungs-Management heute kaum mehr realisierbar.

Vor allem Unternehmen, die einen großen Kundenstamm und damit hohen Auftragsdurchsatz haben, kommen um eine CRM-ERP-Kopplung kaum umhin. Schon allein die Automatisierung des Auftragseingangs erhöht die Effizienz beträchtlich.

In welcher Form die Integration ablaufen sollte ist stark abhängig von den Anforderungen und der IT-Situation des Unternehmens. Unterschiedliche Arten des Zugriffs wie Zugriff auf Applikations- oder Datenbankebene sind ebenso zu bedenken, wie die Art der Datenintegration.

Entsprechend lässt sich eine CRM-ERP-Integration in vielen Varianten umsetzen. Feste Regeln bei der Abstimmung bestehen nicht, die Anforderungen sind so individuell wie jedes Unternehmen. Das Maximalszenario für die Abstimmung zwischen ERP und CRM liegt im Datenaustausch auf Datenbankebene und über eine Integrations-Middleware. (ala)