Computex: Transmeta-Produkte ab Juni

06.06.2000 von Frank Klinkenberg-Haass und Christian Vilsbeck
Die Anfang des Jahres vorgestellten Crusoe-Prozessoren von Transmeta sind auf der Computex in ersten Produkten zu sehen. ALi zeigt Board-Lösungen und FIC ein serienreifes Webpad. Zudem wollen FIC und Twinhead in Kürze Notebooks mit dem Stromsparwunder auf den Markt bringen.

Schon kurz nach der Vorstellung der Transmeta Crusoe-CPU am 19. Januar diesen Jahres wurde es ruhig um den als Stromsparwunder angepriesenen Prozessor. Einzig von S3 war kurz nach der Vorstellung zu hören, dass man eine Reihe von Internetgeräten wie Webpads und andere Consumer-Geräte auf Basis des Crusoe-Prozessors bauen wolle. Die nächste größere Ankündigung eines namhaften Hardwareherstellers folgte erst deutlich später, im Mai diesen Jahres. Gateway gab bekannt, dass man in Zusammenarbeit mit AOL ebenfalls Internetgeräte mit einer Mobile-Linux-Version entwickeln werde.

Auf der diesjährigen Computex sind hingegen zahlreiche Lösungen mit dem Crusoe zu sehen, die das Prototypenstadium bereits überschritten haben. Erste Produkte soll es bereits Ende Juni geben.

Webpad von FIC

Mit dem Aqua 3200 folgt FIC dem Trend hin zu IAs (Internet Appliances). Im Vordergrund steht bei diesen Geräten ein möglichst einfacher und komfortabler Internetzugriff. FIC entschied sich bei der Prozessorwahl für den Transmeta Crusoe 3120 mit 366 und 400 MHz. Die Laufzeit mit Lithium-Akkus soll sechs Stunden betragen. Die Southbridge M1535 auf dem Mainboard stammt von ALi, die auf ihrem Computex-Stand ebenfalls mit Transmeta-Prozessoren wirbt.

Das nur 700 Gramm schwere Aqua 3200 ist 245x150x25 mm klein. Es kann auf 64 MByte SDRAM-Arbeitsspeicher zurückgreifen. Zum Speichern von Daten dient eine 16 MByte große Compact-Flash-Karte, die jederzeit tauschbar ist. Die Bedienung des Aqua erfolgt über den 7,4 Zoll großen DSTN-Touchscreen, der eine Auflösung von 480x640 Bildpunkten bietet. Die Zeicheneingabe übernimmt ein virtuelles Keyboard, dass auf Knopfdruck einblendbar ist. Zur Navigation steht zudem eine Cursor-Wipptaste zur Verfügung.

Als Betriebssystem fungiert beim FIC Webpad eine Mobile-Linux-Version. Der Browser stammt von Netscape und unterstützt die üblichen Standards: HTML 4.0, JavaScript, XML und CSS1/2. Viele Browser-Plug-ins sind ebenfalls bereits integriert: Macromedia Flash 4.0, RealPlayer G2, JVM 1.1.7 sowie der MediaPlayer zum Abspielen von MP3- und Wav-Files. Zur Ausstattung zählen noch ein Software-DVD-Player und Videokonferenz-Software.

Verbindung mit der Außenwelt nimmt das Aqua über eine Wireless LAN PC-Card auf. Die drahtlose Datenübertragung nach dem IEEE-802.11-Standard erfolgt mit maximal 11 MBit/s. Alternativ stehen noch zwei USB-Ports sowie eine IrDA-Schnittstelle zur Verfügung. Das Aqua 3200 soll nach Auskunft von FIC bereits Ende Juni weltweit in den Handel kommen. Als Preis wurden 699 US-Dollar genannt.

Notebooks mit Crusoe

ALi zeigt auf der Computex eine 64-Bit-Prozessorkarte mit Crusoe-CPU vom Typ TM 3120 und verwendet als Southbridge einen modifizierten ALi-M1535-Chip. Die Northbridge-Funktionen sind bei Transmeta schon im Prozessor integriert. Zwei DIMM-Sockel können handelsübliche Speichermodule aufnehmen. Die Prozessorkarte befindet sich nach Aussagen von ALi noch im Sample-Stadium, soll aber in Kürze produktionsreif sein.

Serienreif hingegen ist ALis Mobile-Lösung mit dem Transmeta-Prozessor TM 5400. Als Southbridge findet ebenfalls ein modifizierter ALi-1535-Chip seine Verwendung. Abnehmer für das Board kann ALi noch nicht nennen. Doch neben Acer steht auch Twinhead als potenzieller Kandidat im Verdacht.

Im Interview mit tecChannel.de bestätigte Twinhead, dass im Oktober ein erstes Transmeta-Notebook kommen soll. Etwas länger warten muss man auf das erste Crusoe-Notebook von FIC. Es wird voraussichtlich im ersten Quartal 2001 serienreif sein. Etwas vorsichtiger formulierte es gar ein Entwicklungs-Ingenieur von FIC: Er rechnet mit dem zweiten Quartal, ist aber vom Erfolg der Transmeta-Prozessoren wegen ihrer geringen Leistungsaufnahme bei Mobilegeräten voll überzeugt.

Daneben will auch IBM auf der PC Expo 2000 vom 26. bis 29. Juni ein Thinkpad-Notebook mit der Transmeta-CPU zeigen.

Keine Angaben zur Performance

Sehr zurückhaltend sind die Hersteller allerdings, wenn es um Performance-Fragen und Akkulaufzeiten geht. So wollte FIC keinerlei Auskünfte zur Performance des Crusoes im Vergleich zu Intel-Prozessoren geben. Einem Twinhead-Mitarbeiter war nach hartnäckigem Nachfragen zumindest zu entlocken, dass ein Notebook, statt der üblichen drei Stunden, mit der Transmeta-CPU nun auf zirka sechs Stunden Laufzeit kommen soll. Hier könnte die geringe Stromaufnahme des Transmeta-Prozessors tatsächlich Früchte tragen. Ob dies bei vergleichbarer Leistung geschieht, ist jedoch mehr als fraglich.

Es bleibt also spannend, was die angekündigten Produkte tatsächlich leisten und mit welchen Akkulaufzeiten schlussendlich zu rechnen ist. Gerade für letztere liegt die Messlatte, vor allem für die Webpads, auf einem relativ hohen Niveau. Ein einfaches Windows-CE-Notebook wie der HP Jornada 820, mit 8,2-Zoll-DSTN-Display und vollwertiger Tastatur, bringt es mit einem Gesamtgewicht von knapp über einem Kilo auf zehn Stunden Laufzeit, zumindest im Offline-Betrieb ohne Internet. Ob vergleichbare Crusoe-Webpads eine ähnliche Ausdauer haben, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen.

Weitere Details zur Transmeta-Architektur finden Sie in unserem Grundlagen-Beitrag zum Crusoe. (cvi/fkh)