Tegra 600 und 650: Basis für Mobile Internet Devices

Computex 2008: Nvidia zeigt Atom-Rivalen Tegra

04.06.2008 von Bernhard Haluschak
Nvidia präsentiert auf der Computex 2008 in Taipeh mit dem Tegra 600 und dem Tegra 650 zwei neue Single-Chip-Lösungen für Mobile Internet Devices (MID). Laut Nvidia sollen sie lange Akkulaufzeiten erlauben und darüber hinaus eine Performance erreichen, mit der die Wiedergabe von HD-Videoformaten möglich ist.

Der Hersteller positioniert Tegra als direkten Konkurrenten zu Intels Atom-CPU. Bereits im Februar 2008 hat Nvidia den Tegra APX2500 vorgestellt. Dieser Tegra-Prozessor ist ausschließlich den Smartphones vorbehalten. Dagegen sollen die Tegra-Lösungen 600/650 für sogenannte Mobile Internet Devices (MID) eingesetzt werden. Diese Geräteklasse positioniert sich zwischen einem Smartphone und einem Notebook und wurde von Intel ins Leben gerufen.

Tegra-Familie: Nvidia enthüllte auf der Computex 2008 mit viel Pomp den kleinsten „Visual-Computer“ der Welt.

Der Markt für diese mobilen Geräte liegt zumindest nach Herstellersicht im Trend, und so ist es nicht verwunderlich, dass neben Intel mit dem Atom-Prozessor auch Nvidia mit Tegra dieses Segment für sich erschließen will. Daher machte Nvidia auf der Vorstellungsveranstaltung auf der Computex auch kein Hehl daraus, dass Tegra Intels Atom-Prozessor Paroli bieten soll und als direkter Konkurrent gegen die Intel-basierenden Lösungen antritt. Nvidia präsentierte neben technischen Details auch die Performance und die Akkulaufzeit von entsprechenden Tegra-Systemen.

Informationen zu Intels Atom-Plattformen liefern Ihnen die Artikel Intel: Netbooks und Nettops auf Atom-Prozessor-Basis sowie Intel Atom: Neue Ultra Mobile CPUs mit 0,6 Watt.

Die Tegra-Architektur

Die Tegra-Lösung besteht aus einem ARM11-MPCore und einer GeForce-Grafikeinheit samt Image- und HD-Videoprozessor. Dabei übernimmt der ARM-Prozessor die zentralen Steueraufgaben, und der GeForce kümmert sich um die grafische Aufbereitung der Daten. Über einen 16 beziehungsweise 32 Bit breiten Speicherbus lassen sich Low-Power-Speicherchips verwalten.

Tegra-System: Auf einer kleinen Platine vereint Nvidia alle wichtigen Funktionseinheiten für ein Tegra-basierendes MID.

Auf dem Tegra-Chip befinden sich zusätzliche Komponenten wie eine Display- und eine HDMI-Schnittstelle, NAND-Flash-Speicher, USB-Ports und eine Security-Engine sowie weitere Interfaces und Funktionseinheiten.

Tegra-Architektur: Das Tegra-System enthält alle notwendigen Funktionseinheiten für ein leistungsfähiges mobiles Gerät.

Die Tegra-Familie hat Nvidia für einen modularen Einsatz konzipiert, so können die Hersteller entsprechender mobiler Geräte individuell ihre Anforderungen anpassen.

Tegra-Funktions-Stack: Das Diagramm verdeutlicht die Funktionsweise der Tegra-Architektur auf der Software-Seite.

Die Tegra-Familie unterstützt von Hause aus das mobile Betriebssystem von Microsoft WinCE. Intel setzt bei den Atom-basierenden Geräten hingegen auf Windows XP oder Linux. Ein wichtiger Bestandteil des Tegra-Stacks ist die 3D- und Multimedia-API. Dieser bildet das grafische Bindeglied zwischen den Gerätetreibern und dem Betriebssystem und sorgt für die nötige Performance im Grafikbereich.

Tegra-Familie im Detail

Die Tegra-Serie für Mobile Internet Devices besteht aktuell aus dem Tegra 600 und dem Tegra 650. Die Abmaße der Prozessoren beträgt einheitlich 12 x12 mm – sie sind also kaum größer als ein Fingernagel.

Tegra-Chip: Die Tegra-Komponenten hat Nvidia in einen 144 Quadratmillimeter großen Chip gepackt.

Die Tegra-Chips unterschieden sich hauptsächlich in puncto Taktfrequenz der ARM-Prozessorkerne und des Speichers sowie der grafischen Leistungsfähigkeit bei der HD-Video-Wiedergabe sowie der unterstützten LCD-Auflösung.

Tegra-Familie: Je nach Anforderungen des Kunden haben die einzelnen Tegra-Chips unterschiedliche technische Parameter.

So taktet der Tegra 600 seine ARM-Core mit einer Frequenz von 700 MHz und seine Low-Voltage-DDR-Speicher mit 166 MHz. Dagegen arbeitet der große Bruder Tegra 650 mit einer Taktrate von 800 MHz beziehungsweise 200 MHz. Das Video-Decoding schafft der 650er mit 24 fps und einer Auflösung von 1080p, und der 600er begnügt sich mit 30 fps bei einer Auflösung von 720p. Die Bildauflösung beträgt beim Tegra 650 1680 x 1050 Bildpunkte, und der Tegra 600 erreicht eine Auflösung von 1280 x 1024 Pixeln. Weiterführende technische Informationen über den GeForce-Grafikkern wollte Nvidia nicht preisgeben.

Performance und Akkulaufdauer

Während der Präsentation enthüllte Nvidia auf einer Folie auch einige Performance- und Batterielaufdauerdaten zwischen einem Tegra- und einem Atom-basierenden System.

Internet-Performance: Laut Nvidia sind sich der ARM-Prozessor und die X86-Architektur der Intel-CPU ebenbürtig.

Besonders hervorgehoben hat Nvidia auf einer Präsentationsfolie, dass der ARM-Prozessor in puncto Webseitendarstellung im Internet durchaus mit der vergleichbaren Intel-x86-Architektur mithalten kann. So sei die Fehlerrate bei der Darstellung von Webseiten mit dem Mozilla-Browser und Flash 9 inklusive Fonts gleich. Intel hatte Anfang des Jahres an den gängigen Handy-Prozessoren entsprechend Kritik geübt. Auf dem IDF in Schanghai zeigte Intel Werte, die den ARM-Prozessor nicht so vorteilhaft zeigten.

ARM11-Performance: In Bezug auf Webseiten-Performance kann sich der ARM11-Core mit dem Atom Z500 von Intel messen. Laut Nvidia soll der ARM11 in Sachen Batterielaufdauer der schwächsten und sparsamsten Atom-CPU überlegen sein.

Nach Meinung von Nvidia soll der Atom-Prozessor mit einer 1400-mAh-Batterie etwa acht Stunden arbeiten können. Dagegen schaffe der ARM-11-Prozessor beachtliche 10,6 Tage bezogen auf einen Core. In dieser Form sind die Werte zwar beeindruckend, in Bezug auf Betrachtung der Gesamtsysteme aber nicht sehr aussagekräftig.

Tegra gegen Atom: Nvidias Tegra soll nach den hauseigenen Batterielaufdauer-Benchmarks dem Atom davoneilen.

Die von Nvidia gezeigten Werte sollen deutlich demonstrieren, wie überlegen der Tegra gegenüber einem Atom-Prozessor in Sachen Akkulaufzeit ist. Allerdings macht Nvidia auch keine detaillierten Angaben, wie diese Werte zustande gekommen sind. Zusätzlich soll er zehnmal schneller sein als sein Intel-Pendant und zudem HD1080-Video-Wiedergabe beherrschen. Was schließlich Schein und Wirklichkeit ist, werden erste unabhängige Tests ans Tageslicht bringen. Aber wenn die Tegra-CPU nur einen Teil dessen einlöst, was der Hersteller verspricht, kann der Prozessor ein ernsthafter Konkurrent für Intels Atom-CPU werden.

Tegra-Geräte

Nvidia zielt mit der neuen Prozessorfamilie auf den Notebook-, Nettop- und MID-Bereich. Bedingt durch den geringen Energieverbrauch können diese mobilen Geräte mit entsprechend hohen Betriebslaufzeiten aufwarten.

Mobile Internet Device: Nvidia zeigte auf der Computex-Auftaktveranstaltung bereits ein lauffähiges MID-Gerät mit einem Tegra-Prozessor.

Auch für Mini- und Standard-Notebooks liefert die Tegra-CPU genügend Rechenleistung und soll den Akku schonen. Wie Nvidia auf dem Produktlaunch demonstrierte, sind HD-Videos in der Kombination ARM-CPU- und GeForce-CPU-Core kein Problem – sie werden flüssig und fehlerfrei abgespielt.

Tegra-Notebook: Laut Nvidia soll der Tegra-Prozessor auch für Notebooks geeignet sein, wie ein Demogerät eindringlich zeigte.

Fazit und Ausblick

Nvidia hat auf der Computex 2008 die Tegra-Prozessoren mit sehr eindrucksvollen Leistungsangaben vorgestellt. Allerdings wurden nur einige wenige technische Eckdaten verraten. Darüber hinaus sind die Benchmark-Ergebnisse, die der Hersteller präsentierte, mit Vorsicht zu behandeln, denn der Vergleich zwischen einem Eee PC und einer entsprechenden Tegra-Plattform wies einige Ungereimtheiten auf.

Zuverlässige Resultate wird erst ein neutraler Test liefern. Dann können auch finale Aussagen über das Kräftemessen zwischen Intel-Atom und Nvidia-Tegra getroffen werden. Allerdings könnte die Nvidia-Tegra-CPU durchaus das Potenzial besitzen, dem Intel-Atom-Prozessor ernsthaft Paroli zu bieten. Nach Nvidias Einschätzungen sollen erste Tegra-Produkte noch dieses Jahr auf den Markt kommen. Der Preis für die Geräte soll bei zirka 200 US-Dollar beginnen. (hal)