Bitkom-Arbeitsmarktstudie

Cloud Computing kostet Arbeitsplätze

12.11.2014 von Hans Königes
Zuerst die gute Nachricht für IT-Jobsuchende: In Deutschland werden derzeit rund 41.000 IT-Spezialisten gesucht. Dann die eher durchwachsene: In Anwenderunternehmen gehen durch Cloud Computing vor allem in der IT-Administration Jobs verloren.

Von den 41.000 offenen Stellen entfallen immerhin 24.500 auf die Anwenderunternehmen und 16.500 auf Unternehmen der IT-und Telekommunikationsindustrie. Damit ist die Zahl der offenen Stellen laut dem Branchenverband Bitkom im Vergleich zum Vorjahr um rund fünf Prozent gestiegen. Das ist das Ergebnis einer Studie zum Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte, die in einer repräsentativen Umfrage unter mehr als 1.500 Geschäftsführern und Personalverantwortlichen von Unternehmen aller Branchen stattfand.

"Je mehr Cloud, desto weniger eigene IT-Mitarbeiter"

"Wir haben - von Ausnahmejahren in der Wirtschafts- und Finanzkrise abgesehen - nahezu konstant einen ungedeckten Fachkräftebedarf von rund 40.000 IT-Experten", berichtet Bitkom-Präsident Dieter Kempf bei der Vorstellung der Studie. "Wenn nicht genügend Fachkräfte vorhanden sind, besteht die Gefahr, dass Arbeit ins Ausland abwandert." Mehr als jedes zweite ITK-Unternehmen gibt an, dass aktuell ein Mangel an IT-Spezialisten herrscht. 42 Prozent erwarten sogar, dass sich der Fachkräftemangel in Zukunft weiter verschärfen wird.

Bitkom-Report: 41.000 offene IT-Stellen
Bitkom-Präsident Dieter Kempf ...
... hat positive Nachrichten: "Wir haben – von Ausnahmejahren in der Wirtschafts- und Finanzkrise abgesehen – nahezu konstant einen ungedeckten Fachkräftebedarf von rund 40.000 IT-Experten."
Rund 41.000 IT-Spezialisten ...
... werden derzeit in Deutschland gesucht. Damit ist die Zahl der offenen Stellen im Vergleich zum Vorjahr um rund 5 Prozent gestiegen.
10.000 zusätzliche Arbeitsplätze ...
... sind in diesem Jahr in der IT entstanden. Am Ende des Jahres werden in den Unternehmen voraussichtlich 953.000 Menschen beschäftigt sein, so viele wie nie zuvor. Innerhalb von fünf Jahren sind damit in der ITK-Branche fast 100.000 neue Arbeitsplätze entstanden.
Aber auch Anwenderbranchen ...
... suchen zahlreiche IT-Experten, so die Bitkom-Analyse.
Wer braucht IT-Experten?
16.500 unbesetzte Stellen finden sich bei Unternehmen der Informationstechnologie und Telekommunikation. Weitere 24.500 IT-Experten werden aber auch quer durch alle Wirtschaftszweige in den Anwenderunternehmen gesucht.
Gesuchte Berufe
Die Nachfrage nach Sicherheitsprofis hat sich ebenso deutlich erhöht wie diejenige nach Projekt-Managern.
Softwareentwickler werden ...
... vor allem in ITK-Unternehmen gesucht. 71 Prozent der befragten ITK-Firmen haben offene Positionen für Entwickler, bei den Anwenderunternehmen sind es nur 17 Prozent.
Cloud Computing ...
... ist der Bereich, in dem sich Entwickler vor allem auskennen sollten.
Kenntnisse sollten Entwickler aber auch in anderen Bereichen ...
... mitbringen: Big Data, Social Media, Programmierung von klassischen Webpräsenzen, Apps bzw. mobilen Webseiten.
Netzwerkexperten ...
... sind in jedem fünften Unternehmen gefragt. Insbesondere Anwenderunternehmen suchen Systembetreuer.
Der Fachkräftemangel ...
... wird weiter beklagt: 54 Prozent der ITK-Unternehmen geben an, dass aktuell ein Mangel an IT-Spezialisten herrscht. 42 Prozent erwarten sogar, dass sich der Fachkräftemangel weiter verschärfen wird.
Informatik als Pflichtfach ...
... fordert darum der Bitkom, um früh das Interesse an der IT zu wecken und um langfristig dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Rund die Hälfte der befragten Anwenderfirmen benötigt Administratoren und Anwendungsbetreuer. Dies bedeutet einen Rückgang um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Kempf begründet dieses Minus damit, dass Anwenderbetriebe zunehmend auf Cloud-Computing setzen und damit Jobs im Support und in der Administration verschwinden oder zum Dienstleister wandern. "Je mehr Cloud, desto weniger eigene IT-Mitarbeiter", bringt es der Bitkom-Präsident auf den Punkt. Mit deutlichem Abstand folgen die Softwareentwickler, die von 17 Prozent der Anwenderunternehmen gesucht werden. Im Vergleich zum Vorjahr, als nur neun Prozent dieser Unternehmen entsprechenden Bedarf meldeten, hat sich ihr Anteil nahezu verdoppelt. "Der steigende Bedarf an Softwareentwicklern in den Anwenderbranchen zeigt, dass sich die Digitalisierung in der gesamten Wirtschaft beschleunigt", analysiert Kempf. Ebenfalls häufig gesucht werden IT-Berater (zwölf Prozent) und IT-Sicherheitsexperten (neun Prozent).

Von den 16.500 unbesetzten Stellen in der ITK-Branche entfallen allein 14.200 auf den Bereich Software und IT-Dienstleistungen. Weitere 1700 IT-Experten werden von Herstellern von Hardware und Unterhaltungselektronik gesucht, 600 von Anbietern von Telekommunikationsdiensten. Wie im Vorjahr benötigen fast drei Viertel der ITK-Unternehmen Softwareentwickler. Bei ihnen sind vor allem Fähigkeiten rund um Cloud Computing (in 53 Prozent der Fälle) und Big Data (44 Prozent) gefragt, gefolgt von Kenntnissen im Bereich Social Media (34 Prozent) sowie zur Programmierung von klassischen Web-Auftritten (28 Prozent) und Apps beziehungsweise mobilen Web-Seiten (26 Prozent).

Hinter den Softwareentwicklern folgen mit deutlichem Abstand Anwendungsbetreuer und Administratoren, die von rund jedem fünften Unternehmen nachgefragt werden, sowie IT-Berater (18 Prozent). Deutlich gestiegen ist der Bedarf an Projektmanagern (von vier auf 15 Prozent) sowie IT-Sicherheitsexperten (von drei auf 15 Prozent). " Hier spiegelt sich die Debatte der vergangenen Monate über Abhörmaßnahmen der Geheimdienste, Industriespionage und die zahlreichen Berichte über Cyber-Attacken deutlich wider", so Kempf.

Big Data: neue Berufsbilder
Big Data: Neue Berufsbilder
In den teilweise euphorischen Einschätzungen von Markforschern und IT-Unternehmen ist immer wieder die Rede von neuen Berufsbildern, die Big Data mit sich bringen soll. Dazu zählen unter anderem folgende Tätigkeiten:
Data Scientist
Er legt fest, welche Analyseformen sich am besten dazu eignen, um die gewünschten Erkenntnisse zu erzielen und welche Rohdaten dafür erforderlich sind. Solche Fachleute benötigen solide Kenntnisse in Bereichen wie Statistik und Mathematik. Hinzu kommen Fachkenntnisse über die Branche, in der ein Unternehmen beziehungsweise tätig ist und über IT-Technologien wie Datenbanken, Netzwerktechniken, Programmierung und Business Intelligence-Applikationen. Ebenso gefordert sind Verhandlungsgeschick und emotionale Kompetenz, wenn es um die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen geht.
Data Artist oder Data Visualizer
Sie sind die "Künstler" unter den Big-Data-Experten. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die Auswertungen so zu präsentieren, dass sie für Business-Verantwortliche verständlich sind. Die Fachleute setzen zu diesem Zweck Daten in Grafiken und Diagramme um.
Data Architect
Sie erstellen Datenmodelle und legen fest, wann welche Analyse-Tools Verwendung finden und welche Datenquellen genutzt werden sollen. Auch sie benötigen ein umfassendes Know-how auf Gebieten wie Datenbanken, Datenanalyse und Business Intelligence.
Daten-Ingenieur
Diese Aufgabe ist stark auf die IT-Infrastruktur ausgerichtet. Der Dateningenieur ist das Big-Data-Analysesystem zuständig, also die Hard- und Software sowie Netzwerkkomponenten, die für das Sammeln und Auswerten von Daten benötigt werden. Eine vergleichbare Funktion haben System- und Netzwerkverwalter im IT-Bereich.
Information Broker
Er kann mehrere Rollen spielen, etwa die eines Datenhändlers, der Kunden Informationen zur Verfügung stellt, oder die eines Inhouse-Experten, der Datenbestände von unterschiedlichen Quellen innerhalb und außerhalb des Unternehmens beschafft. Außerdem soll er Ideen entwickeln, wie sich diese Daten nutzbringend verwenden lassen.
Data Change Agents
Diese Fachleute haben eine eher "politische" Funktion. Sie sollen bestehende Prozesse im Unternehmen analysieren und anpassen, sodass sie mit Big-Data-Initiativen kompatibel sind. Nur dann lässt sich aus solchen Projekten der größtmögliche Nutzen ziehen. Wichtig sind daher ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten, Verständnis für Unternehmensprozesse sowie Kenntnisse im Bereich Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement (Six Sigma, ISO 9000).

Informatik als Pflichtfach in der Schule?

Trotz des unverändert hohen Fachkräftemangels in der ITK-Branche werden die Unternehmen in diesem Jahr voraussichtlich 10.000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Am Ende des Jahres werden in den Unternehmen dann 953.000 Menschen beschäftigt sein, so viele wie nie zuvor. Innerhalb von fünf Jahren sind damit in der ITK-Branche fast 100.000 neue Arbeitsplätze entstanden.

Angesichts des hohen Bedarfs an IT-Experten hat der Bitkom seine Forderung nach einem Pflichtfach Informatik in der Sekundarstufe I bekräftigt. "Wir müssen bei unseren Kindern ansetzen und schon in der Schule das Interesse an der Informatik und anderen technischen Berufen wecken", fordert Kempf. Repräsentative Umfragen im Auftrag des Verbands haben ergeben, dass eine deutliche Mehrheit der Eltern (85 Prozent) und Lehrer (73 Prozent) die Einführung eines Informatikpflichtfachs befürwortet. Auch in der Gesamtbevölkerung stimmen mehr als drei Viertel der Forderung zu.

Unterwegs mit IT-Experten
Unterwegs mit IT-Experten
Was macht ein Softwareentwickler den ganzen Tag? Wie schaut der Alltag von IT-Beratern, IT-Architekten, Projekt-, Support- und technischen Leitern sowie CIOs aus? Wir haben acht IT-Profis einen Tag begleitet und hinter die Kulissen geblickt.
Clemens Blamauer..
arbeitet als IT-Berater bei Accenture.
Blamauer (Mitte) muss...
reden, zuhören und erklären. Er spricht den ganzen Tag mehr Englisch als Deutsch, obwohl er als Österreicher in einer deutschen Großstadt arbeitet.
Günther Reisner...
arbeitet als Softwareentwickler beim Münchner Systemhaus Pentasys. Begleiten Sie ihn durch seinen Tag.
Entwickler Reisner...
...muss komplexe Strukturen begreifen, durchdenken, verändern oder neu entwerfen, aber manchmal auch zwei Tage nach einem Fehler fahnden.
Claudia Payer
....war einmal Netzwerkadministratorin und hat die IT von der Pike auf gelernt. Heute arbeitet sie als IT-Projektleiterin bei der Commerzfinanz GmbH.
Der Tag von IT-Projektleiterin Payer...
....besteht aus Reden, Verhandeln und Präsentieren.
Steffen Schäfer...
...arbeitet als Softwarearchitekt und verantwortet bei IBM Deutschland die strategische Geschäftsentwicklung für Mobilität und Umwelt im Bereich "Smarter Cities".
Andreas König....
....braucht seinen Schrank voller dunkelblauer Nadelstreifenanzüge nicht mehr, seit er CIO von ProSiebenSat1 ist.
Zwischen Tonstudio und Rechenzentrum...
...verbringt CIO König seinen Tag und ist froh, dass sein iPhone ihn an jeden Termin des Tages erinnert, sonst würde er wahrscheinlich den Überblick verlieren.
Für Tobias Kuhnt,...
Berater für SAP Business Intelligence, gehört Autofahren zu seinem Job. Er ist für das IT-Beratungshaus Itelligence immer vor Ort beim Kunden....
wie bei Bühler Motor in Nürnberg.
Zusammen mit Finanzanalystin Monika Holler entwickelt Kuhnt eine Business-Intelligence-Lösung für die Manager des Antriebstechnikherstellers.
Sandra Köpf...
...ist als Usability-Expertin bei Exact Software dafür verantwortlich, dass die Benutzeroberfläche der Lohnsoftware neu entwickelt und den Bedürfnissen der Kunden entsprechend verbessert wird.
Lohnbuchhalter wie Ulrike Wagner (links)..
.... müssen viele Daten eingeben, sicher und schnell. Usability-Expertin Köpf zeigt der Kundin Abkürzungswege im neuen System.
Thorsten Luft....
...verbringt als technischer Leister des Frankfurter Systemhauses Systrade viel zeit vor dem Bildschirm....
Meetings im Sitzen...
..sind für Thorsten Luft die Ausnahme. Als technischer Leiter ist er Joker und Feuerwehrmann zugleich: Alle Aufgaben, die seine Mitarbeiter nicht lösen können, landen bei ihm.
Janice Kwiatkowski...
.. leitet beim Berliner Softwarehersteller Projektron die Abteilung Technische Beratung & Support.
Jeden Morgen verteilt Teamleiterin Kwiatkowski...
... gemeinsam mit Tobias Feldker die neu angefallene Tickets auf die Kollegen.
Gemeinsame Mittagspause
Wer möchte, kann die Mittagspause mit Kollegen am gedeckten Mittagstisch verbringen. Kwiatkowski sitzt heute neben Projektron-Geschäftsführer Maik Dorl.