Cloud-Dienste - Das müssen Sie wissen!

Cloud-Anbieter - Die wichtigen Provider im Überblick

26.08.2010 von Klaus Manhart
Cloud-Dienste boomen - doch welcher Provider bietet welche Leistungen? Im derzeitigen Chaos der Cloud-Services fällt es schwer die Übersicht zu wahren. Wir haben das Angebot sortiert und die Spreu vom Weizen getrennt.

Der Markt für Cloud-Services präsentiert sich extrem unübersichtlich. Fast täglich schießen neue Angebote unter dem Label Cloud-Computing hervor - und das in allen drei Bereichen: Infrastructure as a Service (IaaS), Platform as a Service (PaaS) und Software as a Service (SaaS). Diese Vielzahl an Dienstleistern, die auf den abfahrenden Cloud-Zug aufspringen, macht den Markt extrem dynamisch.

Dass bei den boomenden Cloud-Diensten tatsächlich auch immer Cloud drinsteckt, wo Cloud draufsteht, ist dabei nicht sicher. In der Branche kursieren unzählige Definitionen, was zu einer Unschärfe in der Abgrenzung der Dienste führt. So verkaufen viele Provider etwa herkömmliches Hosting oder ASP-Angebote (Application Service Provider) als Cloud-Dienste. Sie heften im Zuge der allgemeinen Cloud-Euphorie das Cloud-Fähnchen an Dienstleistungen, die eigentlich wenig oder nichts mit dem Cloud-Konzept zu tun haben.

Attraktives Angebot: Im Bereich Iaas und PaaS bietet Amazon zusammen mit Microsoft laut Experton-Analyse das beste Portfolio (Quelle: Experton Group).

Diese Dynamik, Unschärfe und Unübersichtlichkeit der Cloud-Dienste erschwert einen über einen längeren Zeitraum validen Marktüberblick. Zumal eine klare Einteilung der Cloud-Services in die etablierten Bereiche IaaS, PaaS und SaaS - wie ursprünglich geplant - bei näherem Hinsehen kaum machbar ist. Denn auch hier verschwimmen zum einen die Grenzen zwischen den einzelnen Bereichen, zum anderen sind viele Dienstleister in mehreren Cloud-Segmenten tätig, die zudem stark vernetzt sind.

Noch am ehesten gemeinsam abhandeln lassen sich die Services in Iaas und PaaS. In diesen tummeln sich die Cloud-Vorreiter - Internet Unternehmen wie Amazon und Google, die ihre RZ-Infrastruktur als Cloud-Plattform für IT-Ressourcen und Entwicklung zur Verfügung stellen. Unser zweiteiliger Marktüberblick startet mit diesen Providern. Im zweiten Teil der Artikelserie stellen wir Cloud-Services von traditionellen IT-Konzernen und -Dienstleistern vor. Den Abschluss bilden die Angebote im Segment Software as a Service.

Quelle Teaser-Bild: Fotolia, L. Vynogradova

IaaS und PaaS: Amazon Web Services - Elastic Cloud-E2C

Die IaaS- und PaaS-Angebote von Amazon laufen unter dem Dach der Amazon Web Services (AWS). Warum ein Online-Buchversender zum Gemischtwaren-Laden und schließlich zum Cloud-Provider mutiert und dabei noch eine Vorreiterrolle einnimmt, mag auf den ersten Blick überraschen.

Einsichtig wird das aber, wenn man bedenkt, dass Amazon erhebliche IT-Ressourcen für Spitzenzeiten wie dem Weihnachtsgeschäft vorhalten muss. Diese würden den Rest des Jahres brach liegen. So entstand die Idee, die meist ungenutzte Hardware gegen Entgelt in Zeiten schwacher Nachfrage der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

AWS besteht aus mehreren Diensten. Herzstück und infrastrukturelle Basis aller Services ist die Amazon Elastic Cloud (EC2). EC2 stellt Nutzern virtuelle Server zur Verfügung, die physisch in den Rechenzentren von Amazon angesiedelt sind. Der Name "Elastic" in EC2 rührt daher, dass sich zu jedem Zeitpunkt neue Ressourcen hinzufügen und entfernen lassen. Die Kapazitäten können innerhalb von Minuten geändert werden - eine perfekte Umsetzung der Cloud-Philosophie.

Amazon Pricing: Die aktuellen Preise für den Amazon Storage Service im Überblick.

Die virtuellen Server werden mit Amazon Machine Images (AMI) gestartet - einer Art Blaupause für das Definieren eines Servers. Diese Instanzen lassen sich mit verschiedenen Betriebssystemen und Anwendungsumgebungen mit Software-Paketen füllen und speichern. Neben der Erstellung eines individuellen AMI bietet Amazon einige vorkonfigurierte Images an, die als Basis für ein eigenes AMI verwendet werden können.

Die Kosten für den Betrieb von EC2 Instanzen ergeben sich aus mehreren Positionen und werden stundenweise abgerechnet. Das Bild "Preise" zeigt den Preis pro Stunde für Instanzen, die in Europa am Standort Irland ablaufen. Die Größenangaben "Small", "Large" etc, die das Leistungsvermögen der Instanzen angeben, sind hier näher beschrieben. Die Small (S) Instanz umfasst zum Beispiel: 1,7 GByte Arbeitsspeicher, 1 EC2 Compute Unit (1 virtueller Kern mit 1 EC2 Compute Unit), 160 GByte lokaler Instanz-Speicher, 32-Bit-Plattform. Unter Windows kostet eine Stunde für diese Instanz 12 US-Cent.

Übersichtliches Frontend: Die AWS Management Console bietet eine grafische Benutzeroberfläche für EC2 und vereinfacht das Starten und Verwalten von E2C-Instanzen.

Um einen ersten Schritt mit Amazon EC2 machen zu können, ist der Getting Started Guide ein guter Einstieg, der bislang allerdings nur in Englisch zur Verfügung steht. Technisch wird für den Start ein SSH Client und ein JRE der Version 5 oder höher benötigt. Die Daten für Amazon EC2 werden innerhalb von Amazon S3 abgelegt, das heißt, es werden Accounts für beide Systeme benötigt.

Weitere Amazon Cloud-Angebote

Die beiden Amazon Kern Cloud-Dienste werden um weitere Angebote ergänzt, die zum Teil das Handling der erwähnten Services erleichtern. Gesammelt finden Sie diese Dienste auf der Amazon Web Services Einstiegsseite.

Amazon SimpleDB ist eine Cloud-Datenbank, um auf strukturierte Daten zugreifen zu können. Die Datenbank setzt ein einfaches, abgespecktes relationales Datebankmodell um. Die Daten werden automatisch indexiert, ein Schema ist nicht notwendig. Für den Zugriff steht eine einfache API zur Verfügung.

Amazon Simple Queue Service (SQS) ist ein Messaging System, um Daten zwischen verteilten Komponenten austauschen zu können. Schreibende Applikationen (Publisher) können Nachrichten einstellen, empfangende Applikationen (Subscriber) können diese dann auslesen.

Amazon CloudFront dient zur schnellen Auslieferung von großen Datenmengen in Web-Applikationen. Über CDN (Content Distribution Network) werden die Daten geografisch verteilt zwischengespeichert, so dass sie schneller am Zielort sind. Die User erhalten die Daten vom besten für sie erreichbaren Caching-Server. Ein deutscher Knoten steht in Frankfurt/Main.

Mit Amazon Elastic MapReduce können rechen- und datenintensive Anwendungen über eine beliebige Anzahl von Amazon EC2 Instanzen verteilt und beliebig skaliert werden.

AWS Import/Export ist ein Service, über den große Datenmengen auf physischen Datenträgern per Post versendet werden. Amazon bietet diesen Dienst an, weil sich die Praxis bei der Übertragung großer Datenmengen via Internet oft als problematisch herausstellte. Über den Postversand geht das schnell, flexibel und preiswert.

Web-Anwendungen entwickeln- Google App Engine

Die Google App Engine ist eine PaaS-Plattform zum Entwickeln und Hosten von Web-Anwendungen auf Google-Servern. Das Angebot stellt eine Programmierumgebung, Werkzeuge und ein Ausführungs-Environment bereit. Ohne sich mit der Administration von Servern beschäftigen zu müssen lassen sich damit Web Applikationen für die Infrastruktur von Google entwickeln.

Die App Engine wurde bereit gestellt um Anwendungen auch bei hoher Last oder der Verarbeitung vieler Daten zuverlässig ausführen zu lassen. Dazu unterstützt die Engine unter anderem dynamische Webdienste inklusive der gängigen Web-Technologien, persistenten Speicher einschließlich der Möglichkeit für Abfragen, Sortierungen sowie Transaktionen und automatisches Skalieren sowie Loadbalancing.

Als Programmiersprachen werden Python und Java angeboten, die lokale Laufzeitumgebung erlaubt das probeweise Ausführen und Testen von Web-Applikationen. Läuft die Anwendung fehlerfrei wird sie der Google Infrastruktur übergeben und dort ausgeführt. Zusätzlich können weitere Services in Anspruch genommen werden.

Immer im Bild: Der System Status von Google App Engine zeigt die aktuell zur Verfügung stehenden Dienste und Systeme an.

Die dauerhafte Speicherung von Daten erlaubt die objektorientierte Datastore API. Zum Versenden und Empfangen von E-Mails kann in die Web-Applikation ein Google E-Mail Account eingebunden werden. Zur Identifizierung der Benutzer der Web-Applikation kommen Google Accounts zum Einsatz. Darüber hinaus gibt es viele weitere Tools wie das Google PlugIn for Eclipse für die Entwicklung von Google Web Toolkit Anwendungen.

Der Google Service ist für nicht kommerzielle Systeme und unter gewissen Mengenbeschränkungen kostenlos. Es gibt ein Freikontingent je Entwickler für CPU-Auslastung, Speichernutzung und Datentransfer, das tageweise ausgeschöpft werden kann. So darf beispielsweise eine Applikation maximal 6,5 CPU-Stunden pro Tag verwenden und der eingehende bzw. ausgehende Datenfluss maximal 1 GByte pro Tag und 56 MByte pro Minute.

Weitere Ressourcen sind zukaufbar, wobei sich die Preise auf dem Niveau der Amazon Web Services bewegen. Abgerechnet wird entsprechend dem tatsächlichen Mehrverbrauch. Eine leicht nachvollziehbare, bebilderte Schritt für Schritt Anleitung für Google Apps finden Sie hier.

Cloud-Plattform Force.com

Salesforce.com ist einer der Pioniere im Cloud-Computing - und das sowohl bei SaaS als auch bei PaaS. Im Zentrum des SaaS-Angebots stehen webbasierte Anwendungen für das Kundenbeziehungsmanagement (CRM), auf das wir im zweiten Artikelteil eingehen. Seit 2007 stellt salesforce.com seine eigene Entwicklungs- und Betriebs-Plattform Force.com über das Internet öffentlich zur Verfügung. Dies ermöglicht Kunden, Partnern und freien Entwicklern Cloud-basierte Geschäftsanwendungen selbst zu programmieren und gegen Miete zu betreiben.

Force.com stellt in einer Umgebung alle Programmier-Werkzeuge und -Funktionen bereit: Bestandteil von Force.com ist unter anderem die Java-ähnliche Apex-Programmiersprache Apex Code. Alle Apex-Komponenten können über das AppExchange Directory ausgetauscht und installiert werden.

Weiter gibt es Tools wie zum Beispiel VisualForce für die Entwicklung beliebiger GUIs sowie einsatzbereite Funktionalitäten und Methoden wie etwa Benutzerverwaltung, Datenmanagement, Workflows und Reporting. Für Anpassungen und die Integration von salesforce.com-Lösungen in bestehende IT-Umgebungen oder an andere Systeme stehen weitere Development-Tools zur Verfügung.

Die auf Force.com entwickelten Geschäftsanwendungen können über den Marktplatz AppExchange kostenlos oder gegen Miete vertrieben werden. Die Applikationen sind über Force.com vorintegriert mit Salesforce.com CRM. Unterstützt werden Force.com und Salesforce.com von einer Benutzergemeinde namens DeveloperForce beziehungsweise Salesforce.com Community. Benutzer können sich darüber vernetzen und Beratungsleistungen austauschen.

Microsoft Azure Platform

Microsoft bietet mit seiner Azure-Plattform das wohl breiteste Angebot an Cloud-Services im Bereich Iaas und PaaS. So können Anwender über die Azure Plattform Infrastruktur wie CPU und Storage, aber auch entsprechende Entwicklungs-Tools nutzungsabhängig beziehen und die erstellten Anwendungen auch mit der bestehenden IT-Infrastruktur verbinden.

Die Windows Azure-Plattform besteht aus drei Kernbestandteilen: Windows Azure, SQL Azure und AppFabric. Windows Azure als Teil der Azure-Plattform ist der Kern der Microsoft-Dienste und verbindet Cloud-basierte Entwicklungsfunktionen mit Infrastrukturdiensten für Speicherung, PC und Netzwerk. Unternehmen, IT-Dienstleister, und Entwickler können damit Web-Anwendungen und -Dienste sowie Speicherplatz ohne Administrationsaufwand hoch verfügbar und skalierbar in Microsoft Rechenzentren mieten und bereitstellen. Für die Entwicklung von Anwendungen auf Basis der Azure-Plattform lassen sich bekannte Techniken und Werkzeuge nutzen wie Microsoft .Net und Visual Studio.

Die Microsoft Azure-Plattform im Überblick

Windows Azure ist im Kern ein Windows Server 2008, der dank einer eigenen, parallel zur Virtualisierungssoftware HyperV entwickelten Virtualisierungstechnik so oft vervielfacht werden kann, wie es der Leistungsanforderung einer Applikation entspricht. Wie viele Server, wie viel Storage und wie viele andere Ressourcen von der Cloud-Plattform einer Anwendung zur Verfügung gestellt werden, wird über den Fabric-Controller-Dienst gesteuert.

Berechnet werden Gebühren für die genutzte Rechenleistung, den belegten Speicherplatz und anderes. Eine Stunde Prozessorleistung kostet beispielweise 12 Cent. Pro Gigabyte gespeicherter Daten werden zusätzlich 15 Cent pro Monat berechnet. Weiterhin verlangt Microsoft 10 Cent pro Gigabyte hochgeladener Daten, beim Download sind es 15 Cent. Näheres zum Pricing finden Sie hier.

Die Windows Azure Platform umfasst weitere Dienste wie SQL Azure, welches relationale Datenbanken hochverfügbar in der Cloud-bereitstellt. Mit dem Service Bus der Windows Azure Platform AppFabric lassen sich ferner herkömmliche IT-Systeme, die Inhouse bereitgestellt werden, mit einbinden - ganz gleich ob diese in Java, .NET, PHP oder anderen Sprachen entwickelt wurden.

Fazit

Amazon, Google und Salesforce bilden die Speerspitze der Cloud-Bewegung. Sie sind populär, genießen hohe Präsenz und spielen in ihren jeweiligen Kategorien eine hervorgehobene Rolle. Zudem verkörpern sie die Cloud-Philosophie in Perfektion: Kunden können die Dienste ohne Zugangsbeschränkung bei hoher Flexibilität und Skalierbarkeit über das Internet nutzen: Einloggen, Dienst ordern, bezahlen - fertig.

Wer Web-Anwendungen entwickelt, Applikationen testet oder einfach mal für kurze Zeit Storage oder massive Computing Power etwa für Genom-Analysen braucht ist bei den PaaS und Iaas Diensten von Amazon, Google und Konsorten gut aufgehoben. Das gilt über alle Unternehmensgrößen hinweg - auch für Großkonzerne. (mec)